Alarm-Signale aus dem Museum Bochum: Das Geld reicht überhaupt nicht mehr

Von Bernd Berke

Bochum. Museumsleiter Dr. Peter Spielmann fühlt sich unter Druck gesetzt: „Andauernd verlangen die Politiker, wir sollten spektakuläre Ausstellungen zeigen. Die Besucherschlange soll möglichst bis zum Rathaus reichen. Ständig hält man uns als leuchtende Beispiele Van Gogh in Essen und die ,Terrakotta-Armee‘ in Dortmund vor.“ Und das alles, wo doch eben diese Politiker den jährlichen Ausstellungsetat bei 150 000 DM eingefroren hätten.

Mit diesem Betrag sei kein Auskommen. Bochums Museumschef, fast verzweifelt: „Immer mehr Leihgeber verlangen inzwischen Gebühren und Begleitschutz für den Kunsttransport.“ Den aber erledigt die Polizei seit einiger Zeit nicht mehr. Folge: Man müsse teure private Sicherheitsdienste anheuern. Und damit stecke man vollends im Teufelskreis: Kein Geld für spektakuläre Ausstellungen – das heiße, daß man bei Leihanfragen fast nur noch Absagen kassiere. Spielmann: Nur wer in der Museums-„Bundesliga“ sei, werde noch berücksichtigt.

Als hätte es eines Beleges für die Finanzknappheit noch bedürft, präsentierte Spielmann als neue Ausstellung seines Hauses erneut „nur“ eine quasi kostenfreie Zusammenstellung aus Eigenbesitz – ohne Katalog, nur mit Handzetteln zur Kurzinformation.

Das Konzept ist aus der Not geboren, doch Spielmann steht dahinter: Die eigene Kollektion in immer neuen Kombinationen zu zeigen, sei auch ein Abenteuer: „Da lernt man, die Kunst nicht in Schubladen einzusortieren, sondern immer wieder anders zu sehen.“

Eigenbesitz-Ausstellung in Beweisnot 

„Signal-Kunst/Kunst-Signal“, so hat man die Schau getauft. Kustos Hans Günter Golinski hat die Arbeiten ausgesucht. Leitlinie der Auswahl: Werke, die den Betrachter durch grelle Farbgebung und/oder Signalcharakter gleichsam „anspringen“ oder mit optischen Mitteln „bremsen“.

Nach solchen Allerwelts-Vorgaben hat man wahrlich breite Auswahl. Es kamen denn auch Arbeiten zusammen, die teilweise formal geradezu unvereinbar sind. Ein Wechselbad der Beliebigkeiten? Das denn doch nicht. Aber eine Ausstellung, die in Beweisnot gerät, will man doch u. a. zeigen, daß die Quellen anderer Signale (Verkehrszeichen/Reklame) in der Kunst zu suchen sind. Wer wollte da Aufschlüsse von einer so begrenzten Auswahl erwarten?

Anregungen zum Nachdenken und zur Meditation will man geben. Gewiß wird dieser Anspruch von einzelnen Kunstwerken eingelöst, so etwa von Akais leuchtende Farbkreisen. Die Schwerpunkte liegen in den 60er und 70er Jahren, geometrische Formgebung in der konstruktiven Tradition (Kreise, Rechtecke, Dreiecke) dominiert. Otto Herbert Hajeks Zeichenwelt begegnet man ebenso wie einem Beuys’schen Signalkreuz auf Filz. Hier überlagert das Markenzeichen des Künstlers bereits das Kunst-Signal. Auch andere bekannte Namen wie Fruhtrunk, Kriwet oder Gaul sind vertreten.

Etwas problematisch an der Ausstellung ist die Überfülle der „Signale“, die sich hier und da gegenseitig stören. Doch im Grunde ist ja die ganze Schau auch ein Not-Signal des Museums.

„Kunst-Signale“ (Eigenbesitz). Museum Bochum, Kortumstraße 147. Bis 19. September. Di-Fr 10-18 Uhr. Kein Katalog.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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