Querschnitt durchs Werk von Fritz Winter in drei Museen

Von Bernd Berke

Hamm/Ahlen. Der Beginn seiner Laufbahn war geradezu traumhaft: Fritz Winter, geboren am 22. September 1905 in Altenbögge bei Hamm als Sohn eines westfälischen Bergmanns, bewarb sich 1927 an der damals wichtigsten Kunstschule Deutschlands, dem Bauhaus in Dessau, wo so berühmte Lehrer wie Paul Klee, Josef Albers und Wassilij Kandinsky wirkten. Winter, der seine Jugend in Ahlen/Westfalen verbrachte und auch selbst im Bergbau gearbeitet hatte, war mit seinen 15 eingereichten Zeichnungen erfolgreich.

In den 50er Jahren wurde er international bekannt und mit zahlreichen Preisen bedacht. Nun werden dem 1976 gestorbenen Künstler, der jetzt 80 Jahre alt geworden wäre, in Hamm und Ahlen gleich drei parallele Ausstellungen gewidmet. Das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm zeigt bis 27. Oktober das Frühwerk (1926-1945), das von Winters Nichte Helga Gausling geleitete Ahlener Fritz-Winter-Haus präsentiert seine Arbeiten zwischen 1949 und 1970 (bis 15.12.) und das Ahlener Heimatmuseum die weithin unbekannt gebliebenen Filzstiftzeichnungen seit 1970 (bis 27.10.). Wohl selten war ein derart umfassender Querschnitt durch Winters Werk beisammen. Die frühen Arbeiten werden in Hamm gar erstmals in dieser Geschlossenheit gezeigt.

Winter neigte schon früh zur Abstraktion vom Gegenständlichen, ja er nahm sogar schon lange vor dem Krieg die farbpoetischen Tendenzen vorweg, die in den 50er Jahren unter den Begriffen „Informel“ und „Tachismus“ die Szene beherrschten. Ganz gegenstandsfrei arbeitete Winter allerdings kaum. Zumeist gestaltete er eine kristalline, pflanzen- oder erdhafte Formweit, die sich auf subtile Weise doch wieder auf Natur-Urbilder bezieht.

Winters Weg führte – über eine wohl notwendige formaIe Distanzierung vom übermächtigen Bauhaus-Vorbild Klee – nach Jahren auch in eine dem Lehrer verwandte Richtung (Beispiel: „Spannung zwischen zwei Rot“, 1932). Sein Werk blieb aber letztlich durchweg eigenständig. Dies gilt besonders für einen der Höhepunkte seines Schaffens, die Serie „Triebkräfte der Erde“ (1945), die in der katastrophalen Schlußphase des 2. Weltkrieges (Winter war von den Nazis als„entartet“ verfemt und mit Berufsverbot belegt worden) in einem Akt wohl beispiellosen Aufbäumens so etwas wie eine lichte, rauschhaft-„religiöse“ Gegenwelt der Hoffnung evozieren.

Teile der drei Ausstellungen (Gesamtkatalog 32 DM) kommen Anfang 1986 auch ins Siegener „Haus Seel“.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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