Spaniens Kunst zwischen Tradition und Zeitströmung – Ausstellung zu den Dortmunder Auslandskulturtagen

Von Bernd Berke

Dortmund. Die Tradition lugt immer wieder hervor,aber auch das Zeitklima ist nicht spurlos an den spanischen Künstlern vorübergegangen. Zitate, vornehmlich aus der eigenen Kunstgeschichte (Miró, Picasso) oder der kolonialistischen Vergangenheit (Azteken-Symbole) werden heutigen Stilrichtungen anverwandelt – und natürlich hat auch die demonstrative Heftigkeit der „Wilden“ auf der iberischen Halbinsel ihre Protagonisten.

So wenigstens vermittelt es jetzt im Dortmunder Ostwall-Museum die Ausstellung „Spanien zum Beispiel – Junge Kunst der 80er Jahre“, die aus Anlaß der Auslandskulturtage annähernd 100 Arbeiten von Künstlern aus allen spanischen Regionen versammelt. Sollte die von der Stiftung „General Mediterranea“ organisierte Ausstellung repräsentativ sein (was beabsichtigt ist), so ließe sich danach schwerlich ausmachen, welche Stilauffassungen sich in Spanien durchsetzen werden, vielmehr werden Spannungsfelder sichtbar.

Die auf dekorative, ja fast folkloristische Wirkung angelegten Bilder von Gines Sanchez Hevia (Blumenstilleben, mythologische Motive) sind sozusagen Lichtjahre entfernt etwa von den LSD-HaIluzinationen von „Zush“, von Miquel Barcelos pastosem „Selbstbildnis in der Bibliothek“ oder von Alfonso Galvan, dessen „Triptychon Meeresgrund“ an schaurig-monströse Illustrationen zu gewissen Spielarten der Fantasy-Literatur erinnert.

Als ausgesprochene Blickfänger erweisen sich die plastischen Arbeiten von Andres Nagel aus San Sebastian. Sein „Vogel“ aus Polyester wird von Neonröhren durchbohrt, sein altägyptischer Kellner serviert im Touristenort, seine „Kartenleserin“ steckt als bizarre Figur mit schnorchelartigem Gesicht in einem windschiefen Tisch. Die gleichermaßen sentimentalen wie grotesken Skulpturen gehören zum Plakativsten, aber auch zum Anregendsten, was diese Ausstellung zu bieten hat.

Menchu Lamas großformatige Bilder fügen sich am deutlichsten ins international Gängige. Es könnten Umsetzungen der „Kopffüßler“ von Horst Antes in die Zeichensprache der „Wilden“ sein.

„Spanien zum Beispiel – Junge Kunst der 80er Jahre“. Ostwall-Museum Dortmund, bis 30. Juni. Öffnungszeiten Di. bis Sa. 9.30 bis 18 Uhr, So. 10 bis 14 Uhr.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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