Von Bernd Berke
Dortmund. Es hat schon etwas für sich, wenn die Museen einer Stadt nicht immer gleich auf Teilhabe an der ganz großen (und oftmals hochgeredeten) „Weltkunst“ oder „Westkunst“ aus sind, sondern über viele Jahre hinweg auch kontinierlich einheimische Künstler fördern. In Dortmund hat dies eine gute Tradition, die bis heute nicht abgerissen ist: 1957, also vor 30 Jahren, konnte die „Dortmunder Gruppe“ erstmals im Ostwall-Museum ausstellen, 1960 bekam der „Dortmunder Künstlerbund“ diese Gelegenheit.
In jenen Jahren standen die beiden (1956 gegründeten) Vereinigungen noch für ganz verschiedene Konzepte. Der „Bund“ widmete sich nämlich der gegenständlich-figurativen Kunst, während es die „Gruppe“ – dem damaligen internationalen Trend entsprechend – zur Abstraktion zog. Diese Anfangsjahre, aber auch die weitere Entwicklung und Gegenwart, sind Themen der Ausstellung „30 Jahre Dortmunder Gruppe / Dortmunder Künstlerbund“, die ab Sonntag (Eröffnung: 11.30 Uhr) bis zum 12. April im Ostwall-Museum zu sehen ist.
Die anfänglichen Rivalitäten beider Gruppierungen, die übrigens nie erbittert, sondern sozusagen in „friedlicher Koexistenz“ ausgetragen wurden, sind längst vorbei. In den 60er Jahren begann die gegenseitige Annäherung, heute „geht“ auf beiden Seiten praktisch jeder Stil, von einem Gruppenzwang will eh niemand etwas wissend. Fast ist man geneigt zu fragen, warum sie sich nicht alle zusammenschließen, um vielleicht eine noch stärkere .„Lobby“ bilden zu können.
Rund 60 Mitglieder haben die beiden Gruppen heute. 33 Künstler (dazu vier „Gäste“) sind mit insgesamt 130 Arbeiten in der Ausstellung vertreten. Eine Extra-Abteilung ist verstorbenen Mitgliedern gewidmet. Die im großen und ganzen recht sehenswerte Auswahl traf eine Künstlerjury, das Museum behielt sich ein Vetorecht vor. Gezeigt werden Bilder, Skulpturen, Objekte, Fotografien. Das Spektrum ist vielfältig.
Die Bilder aus den frühen Jahren sind vor allem historisch interessant. Zu nennen wären etwa Max Guggenbergers und Otto Honsaleks Trümmerlandschaften, die Dortmunds Zustand nach dem Krieg festhalten. Der Weg in die Abstraktion ist sehr prägnant am Beispiel von Theo Hölscher zu verfolgen: Seine „Landschaft mit Brücke“ (1925, das früheste Bild der Ausstellung) wandelt sich 1952 zu den geschwungenen Formelementen des Bildes „Hängebrücke XXIII“.
Die vermeintlich „typischste“ Ruhrgebietskunst, Hochofen-Motive nämlich, ist mit Bildern Theo Scheerbaums aus den 60er Jahren zwar präsent, aber Kohle und Stahl als bildprägende Realitäten bleiben in dieser Ausstellung Episode.
Hervorstechendes? Da wird sicherlich jeder Betrachter andere Akzente setzen wollen. Bemerkenswert scheinen mir zum Beispiel die abstrakten Arbeiten von Josef Wedewer, Heinrich Brockmeiers Bronzebüsten („Böll“), die Glasreliefs von Hilde Hoffmann-Schulte, Uschi Klaas‘ „Philososphische Skizzen“, die im Lichthof den ersten Blickfang bilden (Ausstellungsmacherin Anna Meseure: „Weil sie Power haben!“) und – höchst erstaunlich für einen Mann des Jahrgangs 1925 – Bilder wie „Der Stadtindianer“ (1986) von Robert Imhof.
Im Schwarz-Weiß-Katalog (10 DM) vermißt man bei vielen Bildern Angaben zur Entstehungszeit. Auch die Namenslisten der Gruppenmitglieder von einst und heute hätte vervollständigt werden sollen.