St. Maria zur Wiese in Soest wird 700 Jahre alt

Stolz stehen die beiden Türme am Stadtrand der Hansestadt Soest: St. Maria zur Wiese nennt sich die imposante Kirche, die uns so unverfälscht gotisch vorkommt. Tatsächlich kann die Kirche in diesem Jahr ihren 700. Geburtstag feiern, aber die Turmspitzen entstanden erst im 19. Jahrhundert.

Das „Westfälische Abendmal“ in der Wiesenkirche Soest.

Da teilen die Soester das Schicksal der Kölner Kirchenbauer, die auch erst auf die Hilfe des protestantischen Herrschers aus Berlin für die Fertigstellung ihres Domes warten mussten. In Soest findet sich im Hauptchor eine Inschrift, die auf den Baubeginn hindeutet: Im Jahre 1313 habe der Meister mit dem Namen Johannes Schendeler den Grundstein gelegt. Im kleinen Kirchenführer für die Wiesenkirche wird vermutet, dass Schendeler zuvor schon am Bau des Kölner Domes beteiligt war.

St. Maria zur Wiese bekam ihren Namen von ihrem Standort: „Maria in pratis“ heißt sie in frühen Quellen, also „in den Wiesen“, aber auch „Maria in palude“ ist überliefert, was „Maria im Sumpf“ bedeutet. Seit 1985 wird die Kirche grundlegend renoviert, und zurzeit steht noch ein Gerüst am Südportal, dem Haupteingang. Diese letzten Arbeiten sollen im Jubiläumsjahr abgeschlossen werden.

Besonderen Ruhm erlangte die heute evangelische Kirche durch ihre wunderbaren Glasfenster, die nicht, wie in anderen Kirchen nach der Reformation, entfernt oder zerstört worden waren. Vor allem das „Westfälische Abendmahl“ im Fenster an der Nordseite zieht immer wieder Besucher an:  Die Tendenz zu lebensnahen Darstellungen hat hier nicht nur zu zeitgenössischen Trachten der Figuren geführt, sondern auch die Gaben auf und dem Tisch zeigen regionale Besonderheiten: Jesus und seine Jünger sitzen bei ihrem letzten gemeinsamen Mahl vor westfälischem Schinken und einem Schweinskopf, und statt Wein gibt es Bier aus Krügen und einen großen Korb mit Landbrot.

Im Zweiten Weltkrieg waren die wertvollen mittelalterlichen Glasbilder ausgebaut und sicher gelagert worden, sodass man sie heute beglückt bewundern kann. Soest ist also nicht nur wegen seiner schönen Altstadt einen Ausflug wert, sondern auch wegen seines berühmten Geburtstagskindes, der Kirche St. Maria zur Wiese.

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Über Hans Hermann Pöpsel

Historiker und Germanist. Pensionierter Redakteur
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