Ja, das Schreiben und das Lesen…

Seit Jahrzehnten, seit Jahrhunderten – ach, eigentlich immer schon, seit es Schriftzeichen gibt – wird um den Bestand der Lese- und Schreibkultur gebangt. Zugegeben: Man bangt ja auch gerne mit.

Aber: Es ist auch schon eine Binsenweisheit, dass – allen Bilderfluten zum Trotz – das Internet eine neue Verschriftlichtung mit sich bringt. Früher war die Schwelle zum Schreiben und vor allem zum freimütigen Herzeigen des Geschriebenen bedeutend höher. Doch nun darf jede(r) ‚ran, auch wenn sämtliche Balken der Rechtschreibung und Sinngebung sich biegen. Manche feiern das als Zeichen der Demokratisierung und wollen alles, alles gelten lassen. Jeder Mumpitz speichert und versendet sich, ob gesimst, im Netzwerk, im Chat oder sonstwo. Herrje!

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Und die Lesekultur, wenn wir denn großzügig von „Kultur“ reden wollen? Hat sich natürlich längst vom Papier gelöst. Beim Urlaub auf einer südlichen Insel ist es mir jetzt abermals aufgefallen, deutlicher denn je: Die Zahl der elektronischen Lesegeräte übersteigt inzwischen an den Stränden die der herkömmlichen Bücher. Da kalauerte mir durch den Kopf, es gebe entlang der Küstenlinie mehr Kindles als Kinder. Hehe, Hauptgag! Tä-tääää!

Gut, manchmal muss jemand sein ach so schickes Apparätchen schwenken und schwenken, bis das Sonnenlicht nicht mehr blendet. Aber dafür flattert auch nichts im Winde. Außerdem kann diese Jemandin theoretisch fünfzig Romane mit sich führen – praktisch ohne Mehrgepäck; während Unsereiner schleppt und ächzt.

Derlei Vorteile könnten einen fast zum Umstieg bewegen. Doch wenn ich dann diese lässigen Wischbewegungen sehe, die das Umblättern simulieren sollen! Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass man auf diese Weise mit solch heißem Herzen liest wie ehedem. Aus dem schier atemlosen Leser von einst wird ein Achwasweißich. Ein Seitenwichser. Ach, da habe ich mich doch glatt vertippt. Egal. Ist doch eh alles wurscht.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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6 Antworten zu Ja, das Schreiben und das Lesen…

  1. Bernd Berke sagt:

    Wie schön, wenn man mit all dem nur typographische Probleme hat.

  2. Michaela sagt:

    Ich weiß doch, dass es dir nicht wurscht ist – wollte dich nur unterstützen.
    Und die Schlussfrage war auch nicht ganz ernstgemeint.

  3. Bernd Berke sagt:

    Natürlich ist es n i c h t wurscht. Widerstand bis zum letzten Buchstaben heißt (nach wie vor) die Parole, möge es auch martialisch klingen.

    Leider gibt es eine Germanisten-Fraktion, die den Leuten alles durchgehen lassen will. Wahrscheinlich finden sie sich selber volksfreundlich und fortschrittlich.

    Niemand schafft 50 Bücher im Urlaub. Aber vielleicht sind manche so wählerisch, dass sie eine große Auswahl brauchen. Und auch 5 Bücher können das Gepäck schon ziemlich belasten, wenn man fliegt.

  4. Michaela sagt:

    Wurscht? Nein, ist es nicht! Nein, nein und nochmals nein! Und wenn jeder jeden Salch von sich geben darf, in welcher Form auch immer, heißt das noch lange nicht, dass dies zu feiern wäre – Humbug bleibt Humbug, und millionenfach produzierter Humbug bleibt ebenfalls Humbug (höchstens noch schwerer zu ertragen als einfacher Humbug). Und dies ist der einzige positive Aspekt, den ich der grassierenden Legasthenie abgewinnen kann: Manchmal kann man den Humbug vor lauter Fehlern nicht mehr entziffern.

    Zum guten (?) Schluss: Wer schafft denn 50 Bücher in einem Urlaub?

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