Gereimtes oder Ungereimtes

Ich möchte hier einen Versuch wiederholen. Beim für immer entschlafenen
Kulturblog Westropolis (2007-2010) hat es der entsprechende Thread über die
Jahre hinweg auf rund 1500 Wortmeldungen gebracht. Man verzeihe mir den preiswerten kleinen
Stolz, damit einen Rekord angestoßen zu haben, der dort nicht mehr gebrochen werden kann, weil jene Plattform der WAZ-Mediengruppe Anfang 2011
unwiederbringlich gelöscht worden ist.

Die Idee, wenn man sie überhaupt so nennen soll, ist denkbar
simpel und keineswegs originell:

Statt eines Kommentars hinterlässt man/frau hier just einen selbst verfassten Zweizeiler, Vierzeiler,
ein Sonett oder sonst etwas Gereimtes / Ungereimtes mit lyrischer Anmutung bis Zumutung.

Einstiegsschwelle niedrig, Skala der Ansprüche nach oben offen.

Als die A40/Bundesstraße 1 im Sommer 2010 fürs
kulturhauptstädtische „Stilleben“ gesperrt wurde, gab es etliche Stände, an
denen die Passanten Gedichtetes hinterlassen sollten, meist auf meterlangen
Textrollen. Ein Werk der Vielen. Es sollte „volkstümlich“ sein, und da ist – bei halbwegs strenger Observanz – peinliche „Volkstümelei“ nie allzu weit
entfernt. Kulturell etwas kleidsamer, doch ebenfalls zwiespältig, ist die immer wieder
gern kolportierte Auffassung von Joseph Beuys, jeder Mensch sei Künstler.

Hier möge es, wenn es denn in Gang kommt, vor allem freudig
zugehen. Gerade gereimte Zwei- oder Vierzeiler führen nicht selten zu (höherem) Nonsens und
blühendem Blödsinn.

Warum auch nicht? Wir werden sehen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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120 Antworten zu Gereimtes oder Ungereimtes

  1. Michaela sagt:

    Lieber Bernd, die Hundertzwanzig
    schreib‘ ich jetzt, und danach tanz‘ ich.

  2. Bernd Berke sagt:

    Etwas Gereimtes. Dass ich das noch erleben darf!

  3. Michaela sagt:

    Regen fällt und fällt und fällt
    ausem Himmel auf die Welt.
    Willze Rasen mäh’n – is schlecht.
    Findich einfach ungerecht!

  4. Günter Landsberger sagt:

    TURBOABITUR

    Sieh mal an,
    ein Jahr weniger Schule
    und gleich bessere Noten.

    (GFL, 12.06.2015)

  5. Günter Landsberger sagt:

    ENTSCHEIDUNGS-
    TORE

    Das Eins
    zu Null
    von Götze

    ergänzt‘ sein
    bisher eines
    von den viern
    im ersten Spiel.

    …………………..

    Dazwischen ist er
    wieder abgetaucht.

    ————————-

    Doch nur zum Schein.

    Zum Schluss
    wurd‘ er –
    gerade er –
    erneut
    gebraucht.

    (GFL, 14. Juli 2014)

  6. Günter Landsberger sagt:

    IN DER
    MORGENSONNE
    GEGENÜBER
    die noch kleinen
    jungen Meisen
    setzen schon
    zu kurzen Flügen an
    und begrüßen
    munter schwungvoll
    das noch junge Jahr.

    (GFL, 1. 1. 2013)

  7. Michaela sagt:

    Ach, mich usselt ’s: Vor der Tür
    weht ein kühler Wind herfür.
    Grauer Himmel, wolkenschwer,
    dräut und drückt; und hellt nicht mehr.
    Unten wabern Nebelschwaden –
    heißer Tee kann jetzt nicht schaden.
    Kuschel tief mich in die Kissen,
    in der Schüssel Leckerbissen:
    Daran tu ich mich jetzt gütlich –
    Buch zur Hand, ach, wie gemütlich!

  8. Michaela sagt:

    Es sprach der Brav- zum Bösewicht:
    „Du bist so bös‘ – das bin ich nicht!“
    Da sprach der Bösewicht gemein:
    „Das soll dein ew’ges Schicksal sein!“

  9. Cala Jane sagt:

    Urkundliches

    Als die Uhr zum Uhrkunde sprach:

    »Ur, Kunde, bin ich, ich blök‘ sogar im Schlaf.

    Du aber, du bist das zeitgegeißelte Schaf.«

    (a. h. alias c. j., im August 2013)

  10. Romy sagt:

    Wie bin ich hier nur hergekommen?
    Hab wohl den falschen Pfad genommen.
    Mir scheint, hier würden Denker schreiben.
    Ich glaub, ich werd ein bißchen bleiben.

  11. Günter Landsberger sagt:

    DURCHBLICK
    (oder:
    WAS SO RÜBER KOMMT)

    Größte Vorsicht
    walten lassen. –

    „Danke für das Gespräch.“
    „Danke I h n e n.“

    Öh öh öh …
    als verantwortlich
    öh öh öh …
    zeigt er sich
    öh öh öh …
    doch gerade
    dadurch
    öh öh öh …
    dass er politisch
    öh öh öh …
    nicht zurücktritt
    öh öh öh …
    seine Verantwortung
    öh öh öh …
    vielmehr weiter
    öh öh öh …
    übernimmt
    öh öh öh …
    und wahrnimmt.

    „Danke für das Gespräch.“
    „Danke I h n e n.“

    Größte Vorsicht
    walten lassen.

    In der Aufklärung.

    Von Missbrauchsfällen.

    „Danke für das Gespräch.“
    „Danke I h n e n.“

    (GFL, 10. 01. 2013)

  12. Michaela sagt:

    Endlich gibt es doch noch eine
    Reaktion auf mein Gegreine.
    Hätt‘ ich länger warten müssen,
    hätt‘ ich alles hingeschmissen,
    wär‘ verbittert abgezogen
    und – und das ist nicht gelogen! –
    hätt‘ mit Rumpeln und Rumoren,
    mit Genöle
    und Gejaule,
    und Gegröle
    und Gemaule
    diesem Faden abgeschworen.
    Die neue Wendung stimmt mich heiter:
    Das Reimen geht nun wieder weiter.
    Juhu!

  13. Bernd Berke sagt:

    Dass wieder anhebt jenes Reimen,
    hofft manche(r) nicht nur im Geheimen,
    nebst Nymphe braucht’s nur einen Faun…
    Mal schau’n.

  14. Michaela sagt:

    Ach, verflucht,
    ich hab’s versucht.
    War nicht allein,
    doch sollt ’s nicht sein:
    Dem Faden hier ein neues Leben
    und etwas Resonanz zu geben.
    Aus und vorbei?
    Au wei!

  15. Michaela sagt:

    Behauptet einer, er sei Chap-
    lin, so sage ich: „Du Depp!
    Charlie ist doch längst passé,
    während ich gerade seh,
    wie du gehst und stehst und kuckst,
    sogar auf den Boden spuckst –
    nein, du Ferkel, nie und nimmer,
    nicht in echt noch Kistenflimmer,
    bist du Chaplin oder Kea-
    ton, drum sag das bitte nie!

  16. Michaela sagt:

    Eine Woche weilte ich
    mit einer ganzen Bande
    junger Menschen lustiglich
    in fremdsprachlichem Lande.
    Jetzt bin ich wieder da –
    hurra!

  17. Michaela sagt:

    Manchmal läuft der schwarze Stift
    dorthin, wo er, statt zu schreiben,
    einfach alles nur versifft.
    Stift! Verdammt! Jetzt lass das bleiben!

  18. Günter Landsberger sagt:

    IM SEPTEMBER 1952
    (ursprüngliche Langfassung)

    Mit meiner Mutter im Zug.
    Erstmals auf einer langen
    Reise.
    Lebensbestimmend.

    Salzburg, Freilassing …
    und nur mit Grenzschein,
    ohne Pass. –
    Traunstein, Übersee, Bergen,
    der Chiemsee.

    Am Abend
    – ungesehn –
    die Donau
    bei Ingolstadt.

    In Nacht und Nebel
    – ungesehn –
    dann der Rhein.

    An der eingenebelten
    Rheinromantik
    fuhren wir vorbei.

    Ein fremder Mitreisender
    im Abteil
    machte sie uns
    gegenwärtig:
    die Loreley,
    zu Bacharach am Rheine,
    die Germania,
    die Pfalz bei Caub,
    die Ehrenbreitstein …
    dann Rhöndorf, Bonn,
    und Conny dort,
    der alte Adenauer,
    damals schon Legende,
    und doch auch Realität.

    War das
    mein erster Eindruck
    von der beginnenden
    deutschen Demokratie?
    Prägender wohl erst
    mein Vater in Essen,
    der erkennbar stolz
    darauf war,
    frei wählen
    zu dürfen.

    Niflheimfern
    im Morgenlichte dann
    die Restruinen
    von Köln,
    unfern am Schienenrand.
    Und dann
    der Hauptbahnhof,
    die Hohenzollernbrücke,
    ihre herrscherlichen Reiter.

    (Waren die denn
    damals noch da?
    Oder schon wieder?)

    (GFL, 2. und 3. 9. 2012)

  19. Michaela sagt:

    Und außerdem, falls ihr euch wundert:
    Ich reime grad die Nummer Hundert.

  20. Michaela sagt:

    Wenn heute, nicht ganz unerwartet,
    in Moers das Festival wohl startet,
    kann man ’s nur teilweise genießen,
    denn pünktlich fing ’s auch an zu gießen.

  21. Michaela sagt:

    Ich sitze hier
    und schwitze schier.
    Gleich flitzen wir
    nach Haus zum Tee.

  22. Günter Landsberger sagt:

    SCHLAFZWISCHENRAUM

    Vorhin
    auf dem Klo
    sah ich die zwei
    rotbraunen Schuhe,
    die ich gestern anhatte.
    Jener gähnte,
    dieser lachte.
    Und umgekehrt.
    Und abwechselnd.
    Sekundenlang.

    (GFL, 16. 07. 2012,
    am frühen Morgen)

  23. Günter Landsberger sagt:

    KIRCHREINIGUNG IN KAUNAS
    (07. 06. 2012)

    Als wir
    in Kaunas
    nach zwei anderen
    höchst unterschiedlichen
    auch noch eine dritte Kirche
    aufsuchten,
    taten wir das
    in der gebotenen
    leisen Zurückhaltung;
    zumal wir merkten,
    dass in dem Hauptraum,
    den wir,
    möglichst diskret sein wollend,
    nicht betraten,
    gerade eine Andacht
    stattfand.

    Trotz aller Obacht
    stieß ich
    aus Versehen
    (vor allem mich selber
    dadurch erschreckend)
    gegen ein Opferlicht
    vor meinen Füßen,
    woraufhin
    es verlosch. –

    Minuten verstrichen.

    Scheinbar
    hatte niemand
    irgendwas bemerkt.

    Als aber
    einer von uns
    (der Chef kennt ihn genau)
    seine Digitalkamera
    durch das Gitter hindurch
    auf den Andachtsraum richtete,
    am Ende gar schon ein Photo machte,
    (oder irre ich mich da?)
    da stürzte sich jäh,
    wie ein Tiger,
    wie ein Habicht,
    ein Zelot,
    (wie ein Piehahn –
    würde vielleicht so manch ein Österreicher sagen)
    von irgendwoher
    eine männliche Gestalt
    auf ihn,
    ihn gewiss zwar nicht berührend,
    aber ihn doch heftigst
    wie einen Teufel,
    ja, den Satan selber
    abwehrend,
    ihn in die Flucht
    schlagen wollend.

    Wie schnell sie da flogen
    in der Luft
    seine stummen Gesten,
    sein wildes Gestikulieren
    und seine in rasender Eile
    bannenden Kreuzeszeichen!

    Dazu der finstere,
    wortlos sprechende, streng durchbohrende Blick;
    und der spitz
    aus der Kirche hinausweisende
    Finger!

    So muss Jesus gewesen sein,
    als er die Händler
    aus dem Tempel vertrieb. –

    Wirklich? –

    Wir gingen
    gemessenen Schritts
    und selbstbewusst
    dann alle hinaus,
    stillschweigend uns
    in einem Boot fühlend
    mit unsrem Verbannten.

    Doch kaum standen wir
    allesamt ruhig im
    umzäunten Bezirk vor der Kirche,
    als der von Gottesdiensteifer brünstig Erfüllte,
    der fromm Aggressive,
    der rasend Demütige,
    erneut erschien
    und uns nun alle ausnahmslos
    mit gegen uns alle gewandten
    stummen heftigen
    Gebärdungen und abermaligen,
    wiederum rasend schnellen Bekreuzigungen
    auch noch aus diesem unjuristisch vorkirchlichen Freiraum
    verstieß.

    (GFL, 17. Juli 2012)

  24. Michaela sagt:

    Der Boulevard
    ist unschlagbar
    gerecht und klar
    und immerdar
    wahr.

  25. Günter Landsberger sagt:

    Günter F. Landsberger:
    13 REISEGEDICHTE VOR, WÄHREND UND NACH UNSERER REISE NACH LITAUEN 2012
    (wie andere Reiseteilnehmer… ihre Photos machten, schrieb ich diese dilettantischen lyrischen Gebilde auf, wie sie mir gelegentlich in den Sinn kamen)

    THOMAS MANNS SOMMERHAUS

    Bezaubernd der Blick
    aus des Zauberers
    Fenster zu Nida!

    Der empathische Zauber
    (emphatisch gewinnend
    wie 30 Jahre zuvor einst
    bei Haydn in Rohrau)
    stellt sich
    indessen
    nicht ein.

    (GFL, 04.06. 2012)

    LITAUISCHER UFERWALD

    Pirol, Goldammer und
    Mönchsgrasmücke
    ließen sich hören im Wald
    am Ufer der Memel,

    nah ihren Schleifen,

    während wir schon leise
    gedachten der Floßfahrt
    des folgenden Tags.

    (GFL, 08. 06. 2012)

    OSTSEE

    Kreisrund der Horizont
    auf dem Meer.

    Unser Fährschiff wird
    zum Zentrum der Welt.

    ———————————

    Was aber blenden wir aus?

    Die massierte Menge
    der Lastwägen
    auf dem Schiff?

    Den schiffseigenen Treibstoffgestank,
    der den Meerduft verdrängt,
    ja beinahe vollständig
    frisst?

    Oder was sonst?

    (GFL, 02. 06. 2012)

    LOCKBUCH

    Anders als für Odysseus
    steht das Ziel meiner Reise
    nicht fest.

    Anders als bei Odysseus
    fährt meine Frau
    schon mit.

    Irr ich auch so?

    (GFL, 02. 06. 2012)

    AUFSTEHFREUDEN

    Die allererste Musik,
    die ich heute morgen,
    als noch ungesuchte,
    im Radio zu hören bekam,
    war die des letzten Satzes
    des Klarinettenquintettes
    von Brahms.

    Wie beglückend stark
    sie doch immer noch
    auf mich zu wirken weiß –

    zumal nach zehntägiger,
    unfreiwilliger Musikaskese –

    die große Musik!

    Musa sei Dank.

    (GFL, 12. 06. 2012)

    TREUE

    Musa, Geliebte,
    jetzt hör ich wieder
    ganz auf Dich,
    jetzt lass ich Dein
    Gedicht in mir
    wieder zu.

    (GFL, 11. 06. 2012)

    VORSICHT. KEIN GEDICHT.

    Welch unvergleichliche
    Sprache!
    Das war nicht lettisch, nicht estnisch,
    nicht polnisch, nicht russisch:
    Litauisch.

    (GFL, 11. 06. 2012)

    AN MICH SELBST
    (6. Juni 2012)

    Am 70. Hochzeitstag
    Deiner nun schon mehr
    als zehn Jahre lang
    toten Eltern,
    dem Tag, an dem
    in der Nacht danach
    vor siebzig Jahren in Liebe
    Deine Zeugungsstunde war,
    bist Du,
    anders als sie
    vormittags vor 70 Jahren,
    und unversehens
    mit den 16 Freund…en
    in einer Kirche gewesen,
    die heute noch –
    und nicht nur
    von den paar hundert
    Evangelischen daselbst –
    Martin-Luther-Kirche
    genannt wird,
    dort in Šilutė,
    das sich vor kurzem noch
    russisch schrieb
    und noch viel früher,
    sagen wir
    zu Sudermanns Zeiten,
    mit bezeichnendem Ypsilon
    Heydekrug hieß.

    (GFL, 11. 06. 2012)

    Wie sich des Nachts
    das volle Mondlicht
    und am Tage
    das grelle Sonnenlicht
    auf den gischtenden
    Wogen der Ostsee
    funkelnd und
    strahlend und leuchtend
    verteilt und
    sei’s silbrig, sei’s flirrend
    gleichzeitig
    zu einem Ganzen sich eint.

    (GFL, 02. 06. 2012)

    ABEND UND MORGEN

    Als wir uns sonntags in Vilnius
    nichts Böses ahnend
    zu viert auf eine Wirtshausbank
    mit Fernblick
    im Freien setzten,
    sagte ich gerade zu meinem linken Nachbarn:
    „Pass auf, dass Du nicht runterfällst.“

    Und kaum gesagt,
    da brach die Bank
    mit lautem Krachen
    schon entzwei – ,
    und wir acht,
    wir vier also
    und die vier
    uns gleich vis-à-vis am Tisch,
    stoben sehr rasch
    und entgeistert lachend
    miteinander auseinander
    zu einer deutlich entfernteren Bank,
    mit großem Respekt
    vom nahen Abgrund weg.

    Als meine Frau heute morgen erwachte,
    brachte der Radiowecker
    wie zum Abschluss unsrer Reise
    gerade ein Gedicht von Johannes Bobrowski:
    „Letztes Boot darin ich fahr“.

    (GFL, 12. 06. 2012)

    SUDERMANN MIT FOLGEN

    Auf einer Wiese
    hinter der Evangelischen Kirche
    von Šilutė / Heydekrug
    las ich laut aus Sudermanns
    „Litauischen Geschichten“
    unserer Reisegruppe vor,
    meinen aus Prag und München,
    aus Polen und Litauen,
    aus Bottrop, Bremen und Freising,
    aus Köln, Berlin und Hannover,
    aus Regensburg und Frankfurt an der Oder
    stammenden Freund…en.

    Unversehens danach,
    einige von uns
    saßen bereits wieder im Bus,
    kam eine kleine, agile,
    wie sich alsbald herausstellte,
    aufgeweckt fromme Frau
    auf uns zu,
    die uns bereitwilligst
    die Kirche öffnete,
    diese uns kundig zeigte
    und die uns zudem
    Simon Dachs schönes,
    so würdig ergreifendes
    „Lied von der Freundschaft“
    mit lauter, fester Stimme
    abschließend vorlas.

    (GFL, 12. 06. 2012)

    FRECHHEIT?

    Als wir siebzehn
    in einem Lokal in Vilnius
    am Abend zum letzten Mal
    zusammensaßen,
    fragte mich
    die neben mir sitzende
    Litauerin
    was ich von der Schönheit
    der litauischen Frauen
    hielte.

    Angesichts der Anmut,
    des besonderen Liebreizes,
    ja, der Schönheit
    unserer jungen
    litauischen Aufwärterin
    und mit ausdrücklichem Bezug
    auf diese,
    fiel mir
    meine Antwort leicht.

    Diese Schönheit
    der litauischen Frauen
    komme
    von dem litauischen
    Völkergemisch,
    fuhr sie fort,
    die bei den litauischen Männern
    indessen
    nicht durchschlage.

    Dafür seien umgekehrt
    die deutschen Frauen
    nicht schön,
    wohl aber
    die deutschen Männer. –

    Daraufhin schwieg ich,
    fühlte mich nicht zuständig.

    (GFL, 14. 06. 2012)

    WEISS DER KUCKUCK
    (= Weiß
    der Kuckuck)

    Heute morgen
    versuchte ich
    den Kuckucksdialekt
    zu buchstabieren.

    Da ich dies nicht konnte,
    verlegte ich mich
    aufs Zählen.

    Der deutsche Kuckuck
    am Heidsee heute
    rief auch zwölf-,
    dreizehnmal hinter-
    einander
    wie vor kurzem noch
    der litauische Kuckuck
    an der großen Memelschleife.

    Glücklicherweise
    hatte ich meine
    Geldbörse
    münzvermehrungswillig
    auch hier
    mit dabei.

    (GFL, 17. 06. 2012)

  26. Michaela sagt:

    Paul McCartney wurde siebzig.
    Mancher denkt vielleicht, das gibt sich.
    Doch seid sicher, ’s gibt sich nimmer,
    allerhöchstens wird ’s noch schlimmer.

  27. Günter Landsberger sagt:

    FRECHHEIT?

    Als wir siebzehn
    in einem Lokal in Vilnius
    am Abend zum letzten Mal
    zusammensaßen,
    fragte mich
    die neben mir sitzende
    Litauerin,
    was ich von der Schönheit
    der litauischen Frauen
    hielte.

    Angesichts der Anmut,
    des besonderen Liebreizes,
    ja, der Schönheit
    unserer jungen
    litauischen Aufwärterin
    und mit ausdrücklichem Bezug
    auf diese,
    fiel mir
    meine Antwort leicht.

    Diese Schönheit
    der litauischen Frauen
    komme
    von dem litauischen
    Völkergemisch,
    fuhr sie fort,
    die bei den litauischen Männern
    indessen
    nicht durchschlage.

    Dafür seien umgekehrt
    die deutschen Frauen
    nicht schön,
    wohl aber
    die deutschen Männer. –

    Daraufhin schwieg ich,
    fühlte mich nicht zuständig.

    (GFL, 14. 06. 2012)

  28. Michaela sagt:

    Halbmittelinksrechtsinnen;
    doch wird er sicher binnen
    3-Jahresfrist befördert und
    spielt Kreisläufer am Mittelrund.

  29. Bernd Berke sagt:

    Kevin Konsorten, bitte sehr,
    auf welchem Posten spielt denn der?

  30. Michaela sagt:

    Gomez, Neuer
    und Konsorten
    kennt man heuer
    allerorten.

  31. Michaela sagt:

    Kuckt ein schlechtgelaunter Fisch
    mir vom Teller auf den Tisch,
    schmeiß ich ihn, frag nicht warum,
    wieder ins Aquarium.

    Lacht er mich stattdessen froh
    an und ruft:“Haha! Hoho!“,
    flüstre ich ganz leis:“Tschi Minh!“,
    weil ich so erschüttert bin.

  32. Michaela sagt:

    Alles zu viel.
    Alles – zu wenig.
    Aber
    wie?

  33. Günter Landsberger sagt:

    FREUDSCHES

    versprechen
    verlesen
    verhören

    vergessen
    verlegen
    verlieren

    kurz
    freudig
    verleisten
    verfehlen

    (GFL, 6. 5. 2012)

  34. Günter Landsberger sagt:

    Die einen, die’s
    kraft sozialer Herkunft
    angeblich haben,
    haben’s meist nicht.

    Den andern wird es vermiest
    durch idiotischen Hohn.

    So wird kulturlos Kultur überhaupt
    mit HOCHKULTUR gleichgesetzt
    und so ihr selbst der Garaus gemacht.

    (GFL, 05.05.2012)

  35. Günter Landsberger sagt:

    KINDHEITSWORTE (2)
    AUS BERGEBORBECK

    „Ach watt! Datt oll Getimpsere.“,
    sagte meine Oma Auguste.
    So oder so. Meine Mutter, auch ich,
    stellten unser Klavierspiel ein.
    Nur, wenn ich nicht gehört wurde,
    phantasierte ich unbedacht und frei
    auf dem Klavier herum. Das Malen
    mit Wasserfarben und Deckweiß war
    ohnehin stiller und weniger anstößig.
    Fußballspielen und Skat waren
    die sozial rettende Entdeckung
    und die beste Eingliederungshilfe.
    Die alte Heegstraße, die Bleichen,
    die Bahndämme,
    (fürs Skatspiel die Laube,)
    die waren unser Revier.
    Der alte Arbeitsinvalide Dill
    fing das Reizen, ohne hinzusehen,
    immer gleich mit Null an.
    Die andern Alten, der Bredel,
    der Berendonk, mein Opa Franz –
    und ich, das als Mitspieler
    für voll genommene Kind –
    kannten das schon,
    waren daran gewöhnt.
    Bei Linneweber, gleich gegenüber,
    gab’s die Brötchen schon
    für fünf Pfenninge,
    „Pfenninge“,
    wie ich damals noch sagte.
    Der Milchmann Deinert
    kam Tag für Tag
    und der Kartoffelmann
    und der Fischmann
    Woche für Woche.
    „Natura non facit saltus.“
    Die Sprache schon.
    Vom September 52
    bis Juli 53
    wechselte ich
    aus dem Salzburger Dialekt
    ins Hochdeutsche.
    Wie eine Raupe in
    einen Schmetterling.
    Mit einem Male!
    Übergänge sind mir nicht bewusst,
    wurden mir auch nicht mitgeteilt.
    Im Juli / August 53
    dann die Metzgers-,
    die Fleischerfrau
    Hawel in Salzburg:
    „Wie redtst denn du daher?
    Red du do a so, wia dir
    der Schnobl gwochsn is!“

    (GFL, 05. 05. 2012)

  36. Günter Landsberger sagt:

    KINDHEITSWORTE (1)
    AUS SALZBURG

    „Gott im Himmel, steh mir bei,
    daß ich brav und fleißig sei.
    Gott, schütze meine Eltern,
    meine Verwandten
    und alle, die ich lieb habe,
    und mich selber, amen.“

    Psyche, Schaamerl, Tisch,
    Kasten, Speis‘, Kredenz,
    Gastgarten, Kegelpud’l, Wunderwelt.

    Kühlhaus, Vorhaus, Gassenschank,
    Fenstergitter, Teppichstange,Weinlaub,
    Kastanie, Birn- und Apfelbaum.

    Dreiradl, Pracker, Biertatzerln,
    Bortwisch und Abort,
    Bensdorpschokolade für aan Schilling,
    Kinderpost, Ruderleiberln, Vierteltelephon,
    Leberkaas und: „Die Mistmonna hom an Durscht.“ –

    „Gib schön der Tante, der Frau Frida a Bussi.“
    „Mog i ned.“
    „Jò warrum denn net?“
    „Sie san ma vü z’schiach.“

    (GFL, 04. 05. 2012)

  37. Günter Landsberger sagt:

    KEIN GOETHEPLAGIAT:
    GOETHE GANZ OFFEN

    Wie Du mich anschaust,
    während Du redest,
    und ich Dich anschaue,
    Frühling! Geliebte!

    Wir wir uns unentwegt anschauen
    und Du ins Stottern gerätst,
    hinein ins Stottern kommst,
    beim Reden über ganz andere
    – belanglose – Dinge.
    Wie unsere Gesichter
    einander ganz nahe sind,
    unaufdringlich zudringlich nahe,
    und unser inniger Kuss
    inmitten der vielen Menschen
    noch aussteht,
    noch aufgespart wird,
    und im Gedenken daran
    meine Schwertlilie jetzt
    noch immer schwillt.

    Und wie ich Dich
    auch im Nachhinein
    immer noch erbarmungslos
    stottern lasse
    und unentwegt mitten hinein
    in Dein Gesicht schaue,
    Dein liebes liebliches,
    das mehr und mehr zu glühen beginnt
    mit seinem fiebrig verschwimmenden Blick.

    (GFL, 25. 04. 2012)

  38. Günter Landsberger sagt:

    FÜR MANUEL H.
    (gest. am Ostersonntag 2012)

    Kein Kraut
    sei gewachsen
    gegen den Tod? –

    Wie von ungefähr
    -von Ungefährlich?- kommt mir jetzt dennoch

    das gewaltig schöne Blühen
    des haushohen,
    des kugelturmhohen,

    Kamelienstrauches
    im Schloßpark zu Pillnitz
    in den Sinn.

    ———————————–

    Eines übergroßen Strauches,
    der dennoch
    glaub ich
    nur eine einzige
    große Kamelie
    ist.

    (GFL, 11. 04. 2012)

  39. Günter Landsberger sagt:

    MAYLESE

    Fern aller Im-
    und Komplikationen
    des Zeitgeistes
    von damals und
    noch etwas früher
    las ich mit 6
    (undsofort)
    mit fliegender Lust
    Karl Mays „Durch die Wüste“;

    war dabei im Schott-el-Dscherid
    und beim Tauchen zum
    Gitter der schönen Senitza,
    hatte Nschtschotschi
    lieber als Winnetou selber,
    so sehr ich die Sehnsucht
    nach seiner Freundschaft
    verstand.

    Voll unheimlicher
    Geheimnisse
    blieb mir, dem Kinde:
    der böse Blick,
    Marah-Durimeh,
    auch der Schut.

    (GFL, 28.03.2012)

  40. Günter Landsberger sagt:

    STELLVERTRETER

    Stellvertretend für mich
    war mein Mantel da,
    als du kamst.

    Stellvertretend für mich
    war mein Mantel immer noch da,
    als du gingst.

    (GFL, 23.03.2012)

  41. Philipp Höß sagt:

    In allen Blütenkelchen ist Ruh
    nur Krokus zeigt stolz seine Stempel
    Schneeglöckchen hält sich bedeckt
    Narzisse und Tulpe sie warten

    nur Anemonen gesellt sich hinzu,
    staubt wie unterm Sofa von Hempel
    geil drauf von der Biene befleckt
    zu werden, zum Schutz ihrer Arten.

    (Fortpflanzung folgt)

  42. Günter Landsberger sagt:

    EINSIEDLERKREBS

    Wie ein Krebs
    hat sich in ihm
    die Liebe
    eingesiedelt.

    Was sind das
    für Zeiten
    und Umstände,
    in denen
    die Liebe
    zum Krebs
    wird?

    (GFL, 20.03.2012)

  43. Michaela sagt:

    Welche Qual
    bereitet Wahl
    im lokalen Wahllokal!

    Wohingegen,
    welch ein Segen,
    Brotbeläge Brot belegen.

  44. Bernd Berke sagt:

    Ja, und denk Dir nur, bald dürfen wir auch wieder wählen. Ist das Leben nicht herrlich?!

  45. Michaela sagt:

    Die Sonne
    scheint ins Zimmer.
    Oh Wonne,
    nie und nimmer
    hätt‘ gestern wer gedacht,
    dass Frühling heut‘ erwacht.

  46. Günter Landsberger sagt:

    REGENLIED

    Wenn es regnet, Musa,
    gar nicht schlimm,
    wenn nur Du nicht weinst.
    Statt zu weinen,
    lass die Regentropfen
    tanzen auf dem Schirm,
    mit dem ich Dich zu schirmen weiß.
    Auf der nassen Straße
    komm ich Dir entgegen,
    freu mich,
    bin bald unter einem Schirm
    mit Dir.

    (GFL, 15.02.2012)

  47. MEHRWERT?

    Kein Gedicht
    ist heute
    entstanden,
    aber
    die Freude
    des Wahrgenommenwerdens,
    des nicht abreißenden
    Gesprächs,
    der wechselseitig
    in Gewissheit
    empfundenen Nähe.

    (GFL, 07.02.2012)

  48. Warteraum?
    Pausenzeit?

    Wie unser
    nicht enden
    wollendes
    Gespräch
    beginnen
    im wachen
    Wissen,
    dass es
    abrupt
    endet?

    Dann schon
    lieber kurze,
    ein-
    leuchtende Blicke
    füreinander,
    versprengte Worte
    des Einverständnisses,
    schweigensnah?

    (GFL, 03.02.2012)

  49. RELATIVITÄT

    Als ich mit neuneinhalb
    aus den Alpen der Heimat
    nachhaltig nach Essen kam,
    zeigte mein jüngster Vetter mir
    ganz stolz als erstes die Bergeborbecker Berge.

    Was also wohl?
    Na klar:
    Bahndämme, Schlackenberge und Halden.

    (GFL, 25.01.2012)

  50. Vorbei das unverbindliche Getändel
    die Liebesspiele
    die Handys stehen läutend auf Sturm
    der Tod greift zu
    hält unerbittlich sich bereit.

    Hinter der Stirnwand
    wartet der Tumor.

  51. BISCHOF BERKELEY

    Sein ist
    Wahrgenommen-
    werden?

    Wahrgenommenwerden
    durch jene,
    die du liebst,
    ist Sein,

    gibt dir
    dich selbst
    beglückend zurück.

    (GFL, 19.01.2012)

  52. Sprich nicht
    zu sehr mit mir
    schau mich nicht
    allzulange an.

    Wir könnten doch
    so leicht uns nun
    abgründig tief
    verirr’n.

    Dein Händedruck
    allein …
    hält lang schon
    vor.

    (GFL, 18.01.2012)

  53. Wie freundlich ist’s,
    vom Wulff zu schweigen?
    Er wird sein Amt
    auch so vergeigen.

    (GFL, 13.01.2012)

  54. G e f ü h l s t e s t

    Den Gefühlstest heute
    hat er bestanden.

    Kurz sehen k ö n n e n
    hätte er heute jene,
    die er noch immer sehr mag.

    Nicht zu sehen,
    nicht zu sprechen
    hat er g e s u c h t sie,
    ging schnell davon

    und weiß jetzt genau:
    Es ist, wie es ist.

    (GFL, 10.01.2012)

  55. Bernd Berke sagt:

    Immerhin

    Ein Unterschied, wenn man’s bedenkt,
    ist, dass er nicht mehr selber lenkt.

    Drum bringt ihn die Promillefrage
    in keine unbequeme Lage.

  56. Wulff ist nicht
    Kässmann.
    Oh, hätte er doch
    was von ihr!

  57. M a c h t g r e n z e n a b s c h r e i t u n g

    Wenn der Mantel fällt,
    fällt die Herzogin nach,

    so weiß es die SPD –
    und so weiß es
    die Kanzlerin auch.

    Und so bleibt
    der Mantel
    im Amt.

    (GFL, 10.01.2012)

  58. MANITOBAK
    ABSURD?

    „man“
    „Manta“
    „Mantra“
    „Jeeeeeedermaaaaannnn!!!“

    (ein Bewohner
    des „Wulffslandes“,
    GFL, 05.01.2011)

  59. UNMUT

    Schleudere dein Herz in den Müll
    Du wirst es nicht mehr brauchen
    Nur die Hunde werden es noch suchen
    Weibliche natürlich

    Denk an den alten Fritz
    der fühlte sich auch nur noch
    bei den Hunden wohl

    Dann kriech wie jener wildgewordene
    Sokrates in die Tonne
    da steht sie
    und betrachte den Mond.

    (GFL, 09.12.2011)

  60. RESTSTATUS

    Melancholisch hat gestern Herr Tulp
    seine Nelken, Lilien und Rosen
    zersägt.

    Gesang von Porgy, Gesang von Bess.
    In europäischer Rückübersetzung.

    „Und blinde Fische
    weichen
    aus blinden Teichen
    ewig fort.“

    (GFL, 09.12.2011)

  61. ALTER MANN UND JUNGE FRAU (3)

    Wären wir gleichen Alters
    und auch ich noch 25 Jahre jünger
    und wir beide frei,

    dann, ja dann, dann
    stellte sich alles anders
    und wir würden fliegen
    und erinnerten uns glückhaft der
    beiden Kraniche Brechts und
    brächten jäh den Augenblick
    zum Verweilen.

    (GFL, 07.12.2011)

  62. ALTER MANN UND JUNGE FRAU (2)

    Dass ich Dich sehe und spreche
    und auch Du mich erkennbar magst,
    ist schon viel.
    Wenn ich Dich liebe,
    was geht’s Dich an?

    Zerstörung sei ferne.

    (GFL, 07.12.2011)

  63. ALTER MANN UND JUNGE FRAU (1)

    Wie erstaunt war ich,
    wie überrascht und beglückt
    als sie plötzlich wieder in mir war
    in diesem Frühjahr
    so spät noch im Leben:
    die Liebe.

    Meine vielleicht letzte große Liebe.

    Die ich dennoch
    nicht leben werde:
    aus Rücksicht,
    aus Einsicht
    und –

    aus Liebe.

    (GFL, 07.12.2011)

  64. Michaela sagt:

    Es dröhnt die Drohne, es scheint der Schimmer,
    es klönen die Klone, es weint der Gewinner,
    es wächst das Wachs und es hütet der Hut,
    es kleckst der Klacks, und dann wütet die Wut.
    Und wenn man sich mal mit dem Reim vertut:
    Ist gar nicht schlimm, es wird alles gut!

  65. Kaum sah ich sie
    da wusste ich
    Kaum schwand sie mir
    da wusste ich

  66. PRIVATISIERTER TRANSTRÖMER
    (HINZUFÜGUNG UND ERSATZ)

    Zikaden.
    Menschenvögel.
    Die Kirschbäume blühten.
    Das große Rätsel.

    (GFL, 29. 10. 2011)

    Vgl. den Ausgangstext,
    da noch ein Haiku,

    in: Tomas Tranströmer: Das große Rätsel / Gedichte,
    München 2005, S.79

  67. Michaela sagt:

    Wenn Sekunden
    sich im Guten
    nicht zu Stunden,
    nur Minuten,
    strecken, dehnen
    und sich ziehen,
    wird man sehnen
    fortzufliehen.

  68. Hans Hermann Pöpsel sagt:

    Ein Glasbau für die Fußballwelt
    verspricht ein Bild vom großen Held
    auf Rasen und im Bilderblatt:
    Du bist schon vor dem Eintritt platt.

  69. Kaum als ich ihn sah,

    den merkwürdigen Granitblock
    am Wege
    im Böhmischen Wald,

    da war er schon da:

    der Granitelefant
    mit dem vergrabenen Rüssel.
    (GFL, 2005)

  70. Michaela sagt:

    Ach, wie man sich irren kann!
    Man denkt froh: „Die Plackerei
    ist für zwei
    Tag‘ vorbei!“
    Und schon musste wieder ran:
    Schreibtisch wartet, Mann o Mann!

  71. Bernd Berke sagt:

    Hört sich an, als wenn die Woche
    fast so lang wie ’ne Epoche
    grad für Dich gedauert hat
    und nun bisse ganz schön platt.

  72. Michaela sagt:

    Ist die Woche fast zuende,
    klatschen alle in die Hände,
    rufen froh und laut:“Hurra!
    Wochenende ist bald da!“

  73. Irgendwie schön
    dass es immer noch
    schön ist.

    Eine kleine Kohlmeise
    immer noch unsicher
    wagt den Flug
    in den Vorgarten
    von der Dachrinne aus.

  74. Kennst Du das Land, wo die Zitronen rösten? –
    Der Vers ist nicht vom besten.

  75. IM GASTGARTEN VON „PEPE ROSA“ IN CANDELI

    Den letzten beißen die Hunde
    den ersten die Mücken.

    (07.09.2011)

  76. HERR KAUM IN DEN HÜGELN
    UND BERGEN UM VILLAMAGNA

    Eidechsen, Vögel und Schlangen
    rascheln im Gebüsch –
    Oder doch nur Eidechsen?

  77. ÖSTERREICHISCHE REAKTION AUF DEN FILM „AM ENDE DES TAGES“

    „Jo, so sans di Politika.“

    Pauschalverurteilung?

    „Naa. Nur ein Einzelfall.
    Eh nur a Thriller.
    Oba. So sans di Politika.“

  78. Michaela sagt:

    Micky, Bessy, Fix und Foxi
    hatten einstmals beinah toxi-
    kologische Wirkung und
    waren dabei doch nur Schund!

  79. Philipp Höß sagt:

    Der Mond am Himmel
    man möchte ihn falten.
    Oh Aug, Nas, oh Ohren

    Oh Stirn
    oh sind wir erkoren
    mein Hirn

    bei all dem Gebimmel
    den Nerv zu behalten?

  80. KALKUL
    Lasse ihn aus
    den Geschenkkorb,
    das Füllhorn!
    Um der Wurst willen,
    um die es,
    na was wohl,
    geht.
    (GFL, 08.08.11)

  81. SAPIENTIA SAT
    Bezähme dich,
    sei nicht zu klug,
    lerne sie schätzen:
    die Weisheit
    der Unklugen.
    (GFL, 08.08.11)

  82. SNOBISMUSVARIANTE
    Sich erfolgreich
    dem Erfolg
    verweigern
    Das Dumme tun
    wider
    besseres Wissen
    (GFL, 08.08.11)

  83. Philipp Höß sagt:

    Die führende Wirtschaftsmacht
    darf weiter anschreiben
    hat nen neuen Deckel
    obgleich das Staatssäckel
    nichts hergibt – mitnichten
    was soll man da dichten?
    So lass ich es bleiben
    Gut Nacht

  84. als konrad duden starb
    am 1. august 1911,
    wurde nur 14 Jahre später
    ernst jandl geboren,
    dessen unorthodoxe
    orthographische
    souveränität
    mir immer wieder
    leise
    zu gefallen vermag.

  85. DIE Karten muss man lesen können,
    ob Grand, ob Null, ob Karo Hand.

  86. Und weiß ich keinen Rat,
    dann geh ich und spiel Skat.

  87. Hans Hermann Pöpsel sagt:

    Ob in Rauxel oder Castrop
    ob in Brakel oder Lanstrop
    ob beim Wasser oder Bier
    alle lieben ihr Revier.

  88. Michaela sagt:

    Sagenhaft!
    Beinah geschafft!
    Wenige Tage nur,
    dann folgt die Korrektur:
    Sagenhaft!
    Geschafft!

  89. Britta Langhoff sagt:

    Drei Monate sind die Passagen nun vernetzt,
    viele sagen schon jetzt: das fetzt.
    Ob Theater, Kino, Pop oder Literatur,
    hier findet der Ruhrie alles zu seiner Kultur.

  90. „den“ statt „denn“ (Korrektur)

  91. Frankreich feiert heute
    national,
    aber nicht Madame de Staël;
    am Samstag dann
    denn Dritten oder Vierten?

  92. Michaela sagt:

    Eieiei, und ich habe einen grauenhaften, ja ehrenrührigen Fehler entdeckt:“… und diese Antworten stehen immer einer unter dem anderen …“ – au! Wei! Ah! Holla! Hossa! *Abgrundtief schäm!*

  93. berka sagt:

    Womit wir das geklärt nun hatten
    es liegt an den zwei Antwortbutton
    Dann lasst zum Reimen uns zurückkehren
    damit sich die andern nicht beschweren!

  94. Bernd Berke sagt:

    Reimform nicht, aber Gedichtform. Here we go:

    Wenn man auf
    “Antworten”
    direkt unter einem Kommentar
    klickt,
    man unter diesem
    auch direkt
    auf ihn
    antwortet,
    und diese Antworten
    stehen immer einer unter dem anderen,
    innerhalb des Rahmens
    um den ursprünglichen Kommentar.

    Wenn man aber
    nach unten scrollt
    und d o r t
    einen Kommentar
    abgibt,
    steht dieser dann
    in einem neuen,
    eigenen
    Rahmen
    über allen

    älteren.

  95. Michaela sagt:

    Und dies fasst Bernd jetzt mal schön in Reimform.

  96. Michaela sagt:

    Es könnte damit zusammenhängen, dass, wenn man auf „Antworten“ direkt unter einem Kommentar klickt, man unter diesem auch direkt auf ihn antwortet, und diese Antworten stehen immer einer unter dem anderen, innerhalb des Rahmens um den ursprünglichen Kommentar. Wenn man aber nach unten scrollt und d o r t einen Kommentar abgibt, steht dieser dann in einem neuen, eigenen Rahmen über allen älteren.

  97. berka sagt:

    Ich probiers nochmal dahoam,
    vielleicht geht es ja mit Chrome 🙂

    (im Ernst: ganz so krass ist es nicht, ich denke es liegt an dem Unterschied zwischen ‚antworten‘ und ‚eine Antwort kommentieren‘)

  98. Bernd Berke sagt:

    Mal in Prosa: Ich kann weder mit Firefox noch mit IE derlei Unordnung entdecken.

  99. berka sagt:

    Welche Unordnung seh ich hier:
    Juni, Mai – davor Julei
    bestimmt die Lage im Revier
    das Alphabet – oder gar ganz frei –
    der Kommentare Anordnung?
    Mit Mühe ich das nur erduld
    was sagt Eure Erfahrung:
    trägt daran mein Browser schuld?

  100. Philipp Höß sagt:

    Wittgenstein-Lied Strophe Zwei
    (diesmal auf die Melodie von „die Gedanken sind frei“ zu singen)
    Wir sprechen so klar,
    über alles was war,
    vor allem was is‘
    da haben wir Schiß!

    Kein Mensch soll es wissen
    wenn wir uns einpissen

    So bleibt es dabei
    irgendwie einerlei

  101. Philipp Höß sagt:

    wenn doch nur die Angerer
    beim nächsten Turnier schwanger wär.

  102. Nichts gegen
    Prinz und Kunz.
    Das Drumherum,
    der Hype und Rummel,
    wird übersehn.

  103. Bernd Berke sagt:

    Ohne-mich-Lied

    Bajramaj und Garefrekes,
    oh, wie geht’s mir auf den Kekes.

  104. Bernd Berke sagt:

    Mitmachlied

    Garefrekes, Bajramaj,
    jo, do sammer a dabei!

  105. Bernd Berke sagt:

    Wittgenstein-Lied

    (auf die Melodie von „Alle meine Entchen“ zu singen)

    Alles, was der Fall ist,
    das ist uns’re Welt,
    das ist uns’re Welt.
    Köpfchen in das Wasser,
    Schwänzchen in die Höh‘.

  106. Michaela sagt:

    Ach, es ist in diesen Tagen
    oft vergebens alles Klagen,
    einesteils, wenn ungehört,
    es dann niemand weiter stört.
    Andernteils, weil, wenn vernommen,
    dann nur flüchtig und verschwommen.
    Jeder ist stets „ganz bei sich“.
    Manchmal ist das ärgerlich.

  107. Bernd Berke sagt:

    Umsonst, doch nicht vergebens,
    so sei das Los des Lebens!

  108. Potz Blitz,
    das wär doch paradox genug,
    umsonst zu schreiben
    und doch nicht ganz umsonst!

  109. Bernd Berke sagt:

    So mancher roch ja schon den Braten,
    Hans Hermann hat es nun verraten:
    Ob Mamas, Kinderlose, Vatis,
    sie alle schreiben völlig gratis.

  110. Hans Hermann Pöpsel sagt:

    Der Jäger geht gern ins Revier
    Der Musiker haut aufs Klavier
    Der Segler sucht sich die Passage
    Und wir hier schreiben ohne Gage

  111. Michaela sagt:

    Vielleicht fallen aus Versehen
    und aus Zufall nebenher
    mir doch ab und an Ideen
    ein. Dann schreib‘ ich ’s – bitte sehr!

  112. Bernd Berke sagt:

    Deine Reime werd ich missen.
    Ach, wie kannst du jetzt schon wissen,
    dass dein Pulver du verschossen,
    eh‘ ein Tropfen Tint‘ geflossen?

  113. Gereimte Passagen
    in den Revierpassagen
    mögen auch ungereimt
    passen
    und passieren.
    Wo doch auch sonst
    so viel
    passiert.

  114. Bei Düsseldorf
    an Heine denken,
    ist nicht schlecht,

    doch auch bei Ausländer,
    Rose,
    wär´s mir recht.

    Die doch grad heut
    Geburtstag hat.

  115. Hausmeister sagt:

    Hurra, Hurra, der Hausmeister ist auch wieder da,
    Hurra, Hurra, das Reimen klappt ja wunderbar!

    😉

  116. Nadine Albach sagt:

    Die Nussecke
    Wecke
    Gefühle
    Und Ahnungen
    Die Apfelschorle
    Obendrauf
    Löscht alles.

  117. Michaela sagt:

    Eines sag‘ ich klipp und klar:
    Reim und Nonsens hab‘ ich zwar
    bei Westropolis genossen,
    doch mein Pulver auch verschossen. –
    Wenn’s vielleicht auch nicht so scheint:
    Doch! Das ist ganz ernst gemeint!

  118. Bernd Berke sagt:

    Liftboys, Kellner und auch Pagen
    lesen die Revierpassagen,
    einzig der Hoteldirektor
    meidet diesen schrägen Sektor.

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