Nach dem Schaulaufen der Hochschulen: „Exzellenz“ im Ruhrgebiet? Nu ja ja, nu nee nee…

Als einzige Ruhrgebiets-Uni im Rennen um die elf Exzellenz-Plätze: die Ruhr-Uni Bochum (RUB). (Luftbild: © RUB/Marquard)

Als einzige Ruhrgebiets-Uni in der Endausscheidung um die elf Exzellenz-Plätze: die Ruhr-Uni Bochum (RUB). (Luftbild: © RUB/Marquard)

Mal etwas übertrieben gesagt: Es ist fast wieder wie zu Kaiser Wilhelms Zeiten, als es im Revier keine Alma Mater gab und auch keine geben sollte, damit die Malocher nicht geistig aufgewiegelt wurden. Und jetzt? Verhält es sich auf vielen Gebieten ganz anders. Aber eins gilt offenbar immer noch: Deutschland hat seit gestern offiziell elf Exzellenz-Universitäten – und keine einzige liegt im Ruhrgebiet.

Überregionale Blätter (sowohl die Frankfurter Allgemeine als auch die Süddeutsche Zeitung) lassen heute in ihren Kommentaren gehörige Skepsis erkennen, was das Verfahren und überhaupt die Sinnhaftigkeit einer solchen Bestenauswahl angeht. Zitat aus der FAZ: „Kriterien für die Kür gibt es ohnehin nicht, es entscheidet das Dafürhalten beim Betrachten von Folien und Prospekten.“ In der langwierigen Bewerbungsphase, so die FAZ glaubhaft weiter, kämen die Rektorate kaum zu etwas anderem als zur Entwicklung von Konzepten, die den Juroren gefallen könnten.

Ganz ohne Netzwerk geht die Chose nicht…

Man darf wohl argwöhnen, dass Lobbyarbeit und nicht zuletzt persönliche Beziehungs-Geflechte hier ebenso wichtig waren wie wissenschaftliche Einschätzungen. Auch stellt sich ja seit jeher die Frage, ob wirklich ganze Unis gekürt werden müssen oder ob es nicht sinnvoller wäre, bestimmte Forschungsbereiche auszuwählen und gezielt zu fördern. Aber nein! Auch hier hat sich der allgegenwärtige Ranking-Wahnsinn breitgemacht. Und die Sache mit den „Exzellenz-Clustern“ schwillt zusehends an: In der ersten Runde wurden vor Jahren drei Unis ausgeguckt, dann sechs, jetzt eben elf.

Ein paar Milliönchen (gar nicht so doll, nämlich je 10 bis 15 Mio. pro Gewinner) fließen nun für die nächsten sieben Jahre (lyrische Assoziation nach Fontane: „Ich hab‘ es getragen sieben Jahr, und ich kann es nicht tragen mehr…“) zusätzlich in die angeblich eh schon besonders exzellenten Hochschulen.

Ungleiche Verhältnisse werden bekräftigt

Zuletzt war häufig von den (un)gleichen Lebensverhältnissen in der Republik die Rede, werden hier nun die herrschenden Verhältnisse tendenziell zementiert? Wer laut Bewertung eh schon hat und kann, dem wird gegeben. Also driften die Universitäten womöglich noch weiter auseinander. Man kann darauf wetten, dass die Exzellenz-Unis nun schnellstens Ausschreibungen herausbringen, um sich mit Extra-Argumenten die (vermeintlich) allerbesten oder wenigstens die renommiertesten Fachkräfte zu sichern. Auch die „Süddeutsche“ befindet: „Kleine Unterschiede zwischen den Unis werden so immer größer. Die Breite verblasst. Die Hochschullandschaft zerfällt in zwei Klassen.“

Zurück ins Ruhrgebiet: In der Berichterstattung werden Duisburg/Essen sowie Dortmund nicht einmal erwähnt, sie standen überhaupt nicht zur Auswahl. Bielefeld und Siegen stehen auch nicht auf der Liste. Bundesweit kamen jedenfalls 19 Unis in die Entscheidungsrunde. Die Ruhr-Uni Bochum (RUB) hat sich dabei nicht durchsetzen können, die Rede ist von einem knappen Scheitern, trotzdem ist man in Bochum gelinde enttäuscht. Kaum tröstlich: In NRW blieben Münster und Köln ebenfalls auf der Strecke, Köln verlor sogar seinen bisherigen Exzellenz-Status. Nur Aachen und Bonn vertreten somit die Farben des einwohnerstärksten Bundeslandes. Die WAZ, die sich stets gern als Stimme des ganzen Ruhrgebiets geriert, redet die Niederlage schön. Auch die bloße Bewerbung habe schon Kräfte freigesetzt. Mögen sie recht behalten.

„Cooperating for a Sustainable Future“

Hat das Revier mit seinen Unis also etwa nicht genug „Exzellenz“ vorzuweisen? Da fällt einem vielleicht jene legendäre Nicht-Antwort ein, die Gerhart Hauptmann im „Weber“-Drama seiner Figur Ansorge in den Mund legte: „Nu ja ja, nu nee nee…“

Und nun zu den Pokalen. Auf der geradezu gähnträchtigen bundesweiten Siegerliste stehen vor allem die üblichen Verdächtigen: Heidelberg und Tübingen natürlich, ebenso Hamburg, München (zweifach) und selbstverständlich die Hauptstadt Berlin (mit einem Dreier-Verbund aus Humboldt, FU und TU). Von Aachen und Bonn war die Rede. Hinzu kommen, um das südwestliche Übermaß vollzumachen, Konstanz und Karlsruhe. Das Alibi im Osten heißt TU Dresden.

Ziemlich grotesk hören sich übrigens einige Wortfetzen aus der (erfolgreichen) Hamburger Bewerbung an. Offenbar wollte man mit Harvard gleichziehen – oder so ähnlich. Angetreten war man demnach als „Flagship University“, und zwar unter dem Etikett „Innovating and Cooperating for a Sustainable Future“. So inhaltsleer schwafeln manche Sieger.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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18 Antworten zu Nach dem Schaulaufen der Hochschulen: „Exzellenz“ im Ruhrgebiet? Nu ja ja, nu nee nee…

  1. Da wirst Du lange warten müssen!
    Aber ich erwarte von Zeitungen, dass sie ihre Quellen angeben, wenn sie etwas behaupten, und zudem bei Zitaten die Ansichten der zitierten Personen auch mal hinterfragen. Das fehlt mir zu häufig, auch oder insbesondere in den Funke-Medien …

  2. Bernd Berke sagt:

    Nana, jetzt kommste gleich noch mit „Lügenpresse“…

  3. Gern – auch dann, wenn Du den „sprichwörtlichen Bayern-Dussel“ beklagst? 😉

    Im ernst: Nachkarren bringt einfach nichts, ändert nachträglich keine Entscheidung und andere werden sehr wohl denken: „Schlechte Verlierer“. Außerdem, wenn es Beweise für die Klagen gibt, dann gehören sie „auf den Tisch“, aber Zeitungen sind mir schon eh zu voll mit Vermutungen.

  4. Bernd Berke sagt:

    Ach Josef, von wegen „schlechte Verlierer“: Wir sprechen uns wieder, wenn ihr Schalker mal wieder wegen vermeintlicher Schiri-Fehlentscheidungen jammert. 😉

  5. Josef König sagt:

    Natürlich kann man es „extrem bedauerlich“ finden, dem stimme auch ich zu. Und im ersten Ärger sagt man häufig etwas, das man vielleicht später so nicht sagen würde. Aber Nachkarren halte ich als als wenig gutes Stilmittel. Zeugt von schlechten Verlierern und bringt keine Früchte mehr ein. Und alles, das Prof Bogumil oder Onkelbach sagen/schreiben, sind reine Spekulationen. Wenn Sie wirklich Beweise haben sollten, hätten sie die doch längst präsentiert.
    Abhaken und nach vorne schauen – in fünf Jahren geht es wieder los. Sicher sind aufgrund veränderten Wettbewerbsbedingungen dann die Chancen etwas kleiner, aber „nichts ist unmöglich“, meint mein Autobauer …

  6. Bernd Berke sagt:

    Nicht nur „einzelne verärgerte“ Profs, sondern u. a. auch der Rektor. Zitat: „Wir finden es extrem bedauerlich, dass in NRW nur zwei Unis dabei sind“, hatte Bochums Rektor Axel Schölmerich nach der Entscheidung gesagt. „Das halten wir für eine erstaunliche Entwicklung.“
    Und in seinem WAZ-Kommentar schreibt Christopher Onkelbach, in Bochum wachse der Zweifel, ob sich die Politik nicht in die Entscheidung eingemischt habe. Und weiter: „Wurde hinter den Kulissen gekungelt?…Die Landesregierung ist aufgefordert, für Transparenz zu sorgen.“
    Ob man das als bloße Sommerloch-Geschichte abtun kann, weiß ich nicht.

  7. Josef König sagt:

    Ob es die „Sicht der RUB“, da würde ich zurückhaltender urteilen. Es ist die Sicht einzelner verärgerter Professoren. Ich war bei der Verkündung dort, habe dieses „Gerücht“ gehört, aber dagegen steht das eindeutige Votum der 39 Wissenschaftler, dem die Politiker gefolgt sind.

    Über die Entscheidung über die Batterieforschung für MS wird die Ministerin morgen Rede und Antwort stehen. Diese Entscheidung hatte m.W. nichts mit dem Exz-Wettbewerb zu tun.

    Ich bedauere von Herzen, dass die RUB nicht zum Zuge gekommen ist, und ich erlebte zum dritten Mal diese Enttäuschung. Ich sah auch die Enttäuschung und den Ärger bei einzelnen im Gesicht, aber genug Besonnene sprachen auch anders. Man muss die Zahlen zu Grunde legen und vergleichen, bevor man „Verschwörungstheorien“ verbreitet. Ich finde es unglücklich, die RUB als Opfer zu stilisieren. Aber das ist heutzutage in allen unseren gesellschaftlichen Bereichen mittlerweile üblich geworden, denn auf lange Sicht gewinnen jene, die sich zum Opfer stilisieren.

  8. Bernd Berke sagt:

    Jetzt muss ich das dicke Fass doch noch einmal aufmachen, nachdem die Blätter der Funke-Gruppe (WAZ & Co.) heute mit dieser Geschichte einsteigen. Aus Sicht der Uni Bochum scheint es sich eben doch nicht um ein rein objektives Verfahren gehandelt zu haben. Es steht sogar der Verdacht politischer Kungelei im Raum: https://www.google.de/amp/s/www.ikz-online.de/politik/landespolitik/aus-im-elite-wettbewerb-ruhr-uni-greift-landesregierung-an-id226556549.html%3fservice=amp

  9. Den Ärger teile ich gern mit Dir, ebenso wie ich mich über die Aufgeschlossenheit hier im Ruhrgebiet freue. Aber es gibt auch genug, über das ich mich hier eher ärgere, etwa die verdreckten und vernachlässigten Regionalbahnen und Busse, das mangelhafte Angebot an höhenwertigen und ausgewählten Lebensmitteln und auch die sichtbare fehlende „Kaufmannschaft“, die besondere Qualität bietet. Wenn ich meinen Freund in HH besuche oder in anderen Städten Deutschlands unterwegs bin, fällt mir der große Unterschied auf: Hier sieht man leider den Menschen die Armut häufig im Gesicht an – mehr als in anderen deutschen Städten (zumindest in Westdeutschland). Und das ist eine Folge des wirtschaftlichen Niedgangs des Ruhrgebiets. Den Leerstand, den die Stadt hier zum Teil haben, siehst Du in Hamburg, Frankfurt, München, Stuttgart, Freiburg usw. so nicht. Und wer nach Studium besser bezahlte Jobs haben will, muss leider die Gegend hier meist verlassen. Ich bin fast versucht, Karl Kraus abzuwandeln und zu behaupten, hier sei „die Experimentstation Armut mit der Fratze des allmählichen Siechtums“. Aber, um versöhnlich zu enden, letztlich lebt es sich hier gut und preiswert – vor allem im Süden von Bochum.

  10. Bernd Berke sagt:

    Kein allerletztes Wort, nur eine kurze Anmerkung. Nein, nachtragend wollen wir beide nicht sein.

    Bei aller Skepsis gegenüber dem Begriff der so gravitätisch klingenden „Objektivität“ (ich würde immer die intersubjektive Überprüfbarkeit vorziehen): Ich habe ja nicht behauptet, dass „das Revier“ eigentlich vorn liege und durch eine Verschwörung um den Lohn gebracht worden sei. Allerdings finde ich es nach wie vor ärgerlich, dass eine Region mit fünf Millionen Einwohnern in einem solchen Ranking immer noch ziemlich randständig vorkommt. Dass dies auch mit einem erst spät und sehr unvollkommen gewachsenen Bürgertum innigst zusammenhängt, ist klar. Und es ist mir kürzlich wieder klarer geworden, als ich in der rheinhessischen Gegend unterwegs war. Dort gibt es einen ganz anderen (herkömmlicheren, konservativeren) Typus von Kulturgängern als im Ruhrgebiet. Insofern verstehe ich auch die immer mal wieder gehörte Äußerung von Künstler(inne)n und Kulturveranstaltern, das hiesige Publikum sei aufgeschlossener. Es ist wohl einfach offener für Neues und weniger saturiert. Immer noch. Und das ist wiederum ein durchaus positiver Aspekt des Themas.

  11. Lieber Bernd,

    da nun Du mir freundlicherweise das letzte Wort zubilligen willst, hier einige Hinweise zu Deiner letzten Replik:
    1) Da Du die beiden Sätze mit einem Doppelpunkt trennst, lese ich das anders – den zweiten als Präzisierung des ersten. Und daher ist die Aussage nach meiner Lesart sachlich falsch (dass ich nicht vollständig zitiert habe, war Faulheit: Über Safari konnte ich den Satz auf dem Mac nicht kopieren und habe daher nur die wesentlichen Worte übernommen).
    2) Du magst es gern bezweifeln, ob man an München, Heidelberg oder Berlin ob der Netzwerke nicht hätte vorbei gehen können (ich hatte sogar angenommen, dass Heidelberg es schwer haben würde, weil die Uni nur Cluster mit anderen aber keine eigenen hat und zudem derzeit mit dem Klinik-Skandal schwer zu kämpfen hat – Stichwort Brustkrebserkennung), aber es gibt objektive Vergleichszahlen, die die Entscheidung rechtfertigen, und da sind die Unis in diesen Städten einfach um Längen besser, als Bochum (von Du-E oder TU Do nicht zu reden). Du hast Deinen Beitrag ja mit den – aus meiner Kenntnis bislang unbelegten – Kaiserworten begonnen, und das zurecht: Das Ruhrgebiet hat spät angefangen, Wissenschaft und Forschung aufzubauen und noch immer nicht die genug aufgeholt gegenüber den anderen. Das hängt sowohl an den Landesregierungen und dem Ruhrgebiet selbst, dessen Städte und Bewohner lange genug vor den Unis gefremdelt haben, als auch an ihrer mangelnden Unterstützung und ungenügendem Lobbyismus. Alle anderen Regionen sind Städte mit seit dem Mittelalter gewachsener bürgerlich-akademischer Kultur. Daher, ob Du glaubst oder nicht: Die anderen haben einfach mehr wissenschaftliche Potenz. Bochum hat zwar viel aufgeholt in den letzten Jahren, hat aber mit Mühe und Not den zweiten Cluster hinbekommen, aber steht noch nicht da, wo es hinwill. Es ist an uns allen also das Ziel zu unterstützen.
    3) und zu guter Letzt: Meine „Dünnhäutigkeit“ hat absolut nichts mit der fehlenden oder früheren Position zu tun (zudem wirst Du nach einigem Nachfragen leicht erfahren können, dass ich häufig genug eine „dicke Lippe“ riskiert habe und nicht immer die Positionen meiner Rektoren vertreten habe. Das ging soweit, dass manche nachfragten, ob sich die RUB einen „unabhängigen Journalisten als Pressesprecher“ leistet, und erst unlängst hat mir ein früherer Prorektor gesagt, dass heute „jemand wie Sie dort oben fehlt“). „Dünnhäutig“ (nicht meine Wortwahl) habe ich reagiert, weil ich mich immer wieder darüber ärgere, wenn auf ihrem Gebiet kompetente und ausgewiesene Journalisten sich zu Themen äußern, von denen sie keine Ahnung haben, sich dann aber auch nicht die Mühe machen, das Thema ausreichend zu recherchieren und das in ihren Texten offen zu Tage tritt, und wenn sie dann noch selbst „dünnlippig“ reagieren, wenn man ihnen das unter die Nase reibt. So einfach ist das. Du bist nicht „über das Ziel hinausgeschossen“, sondern, um im Bild zu bleiben: Dein Pfeil ist Kilometer vor dem Ziel verkümmert.
    Nix für Ungut. Ich geh zwar gern in den Streit hinein, komme auch wieder da heraus, und – trotz mancher Fehler in meinem Charakter: Nachtragend bin ich nicht – und hoffentlich Du auch nicht.
    Daher viele Grüße und bis zum nächsten Disput.
    Josef

  12. Bernd Berke sagt:

    Lieber Josef, wenn schon zitieren, dann bitte richtig und vollständig – und nicht mit verfälschenden Auslassungspunkten. So steht es im Beitrag, vielleicht unscharf, aber nicht unrichtig: „Und die Sache mit den ,Exzellenz-Clustern‘ schwillt zusehends an: In der ersten Runde wurden vor Jahren drei Unis ausgeguckt, dann sechs, jetzt eben elf.“ Die Zahl bezieht sich also eindeutig auf Unis, nicht auf Cluster.
    Außerdem lasse ich es ja gerade offen, ob „das Ruhrgebiet“ willkürlich abgewertet worden ist oder ob am Befund „etwas dran“ ist. Ich maße mir nicht an, das zu entscheiden. Dennoch fällt auf, dass jene Hochschulen mit den mutmaßlich bestens funktionierenden Netzwerken auch prompt vorn gelandet sind. Niemand hätte es wagen dürfen, Berlin, Heidelberg oder München außen vor zu lassen. Das Ruhrgebiet hingegen hat man weitaus leichter ignorieren und beiseite schieben können. Ob dieses Muster ausschließlich mit wissenschaftlicher Qualität einhergeht, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht ist es ja so, dass sich immer noch nicht genügend Kräfte für die hiesigen Unis einsetzen.
    Und nun gib doch bitte auch einmal zu, dass Du speziell dünnhäutig reagierst, weil Du Dein Berufsleben lang offizielle Positionen zu vertreten hattest. Auch das ist eine déformation professionelle. Dann räume ich auch gerne ein, dass ich – als „typischer Journalist“ – schon mal etwas übers Ziel hinausschieße. Ob ich aber grundsätzlich falsch liege? Mir scheint, dass Du einzelne Befunde des Beitrags ungewollt bestätigst.

  13. „Und die Sache mit den „Exzellenz-Clustern“ schwillt an … jetzt eben elf“. Der Satz steht in Deinem Text und ist keine Erfindung von mir – und er ist sachlich falsch!

    Ich habe auch nirgendwo geschrieben, dass die Entscheidung in allem unbezweifelbar war. Das kann ich nicht beurteilen, dafür fehlen mir notwendige Informationen, insbesondere die Anträge von 19 Unis und die Besuche der Gutachter. Ich sage nur, dass in den Entscheidungen eine Logik gibt, die sich aus dem Förderatlas der DFG ableiten lässt: Die Gewinner stehen auch dort auf den ersten Plätzen und die Ruhruniversitäten stehen nunmal nicht oben. Dass RUB so weit gekommen ist, freut mich sehr und ich finde es schade, dass sie nicht gewonnen hat. Aber in einem Wettbewerb muss man anerkennen, dass andere einfach besser sind (wie eben der BVB derzeit besser als S04 ist) oder längere Zeit hatten, besser zu werden.

    Z.B. hat unter Stoiber Bayern sein Tafelsilber verscherbelt und es in die Forschung, insbesondere den beiden Münchener Unis gesteckt, die zudem den Vorteil haben, viele MPI in der Nähe zu haben. Auch B-W fördert seit Jahren massiv die eigenen Unis, die zudem eine lange und besondere Tradition haben. An Heidelberg kommt man nicht vorbei, auch Tübingen ist stark und Konstanz hat die höchste Förderquote pro Prof/Wissenschaftler bei der DFG. Karlsruhe ist ein ganz besonderer Bund-Länder-Zusammenschluss (dafür ist sogar ein Gesetz geändert worden). Selbst Berlin hat zuletzt enorm viel für die eigenen Wissenschaftslandschaft getan.

    Da kommt NRW leider nicht mit. Und hier ist nunmal die Rheinschiene stark. Aachen ist die Ingenieurschmiede Deutschlands – noch immer, und Bonn hat allein sechs Cluster, also mehr als alle anderen. Im Ruhrgebiet haben wir gerade mal zwei MPI, eins in Do und eines in MH. Ein drittes ist gerade bewilligt für Bochum – für die IT-Sicherheit und auf diesem Feld ist die RUB europaweit Spitze. NRW, und insbesondere das Ruhrgebiet, leiden unter – ich sage es nicht gern – 50 Jahren SPD-Misswirtschaft. Aber das ist ein anderes Thema, über das wir gern mal debattieren können. Jedenfalls hat NRW in der Vergangenheit an jeder Kirchtumsspitze eine FH gegründet, die sich vollmundig „University for Applied Science“ nennen darf, und dafür ist zum Teil Personal von Unis abgebaut worden, auch von der RUB. NRW hat zudem die schlechteste Betreuungsquote bei den Studierenden in Deutschland!

    Natürlich gibt es Kritik, sehr berechtigte Kritik am Verfahren. Aber eins ist klar: Ausgewählt haben, anders als vor sieben Jahren, nur externe Wissenschaftler und die Politiker haben abnickt (weil „sie keinen Ärger wollten“ ist eine Unterstellung ohne Grundlage). Es ist sehr wohl berechtigt die Frage, ob man ganze Unis auswählen sollte oder kann. Aber diese Frage wurde vor langer Zeit politisch entschieden, weil man international eigene „Unis“ im Globalen Wettbewerb herausstellen will. Und machen wir uns nichts vor: Die Unterschiede zwischen deutschen Unis sind groß, ebenso wie etwa zwischen Oxbridge und den anderen englischen, oder der Ivy League und er Masse in den USA. Das ist nicht zu leugnen. Aber der Unterschied zwischen den großen anderen und den besten deutschen ist noch beträchtlich. So schaffen es gerade mal die beiden Münchener und Heidelberg unter die weltweit besten 100. Allein der Etat von Harvard ist größer als der aller bayrischen Unis zusammen! Das sind so einige Tatsachen für den Hintergrund eines solchen Wettbewerbs.

    Es gibt reichlich, was schlecht in der Wissenschaft läuft und das hat sehr wohl mit den „Auswüchsen“ des Wettbewerbs um Drittmittel zu tun und mit „publish or perish“. So werden Daten von Forschungsprojekten z.B. häufig in drei Veröffentlichungen aufgeteilt, die besten den A-Journals angeboten, die nächsten den B-Journals usw. Es gibt die Tatsache, dass heute man nur noch über Paper-Tonage zu einer Professur kommt, und dass jemand, der mehrere gute Bücher schreibt, keine Chance auf eine Professur mehr hat.

    Ich könnte einiges hier aufzählen, was nicht gut in den Unis läuft. Aber es geht hier nicht um meine „kritische Distanz“ – nicht ich habe einen Beitrag im Blog dazu verfasst, sondern es geht um Deinen Kommentar, den ich kritisch mir angesehen und für nicht glücklich gehalten habe. Wenn Du also so empfindlich auf Kritik reagierst, so hat das für mich mit der „Déformation professionnelle“ von Journalisten zu tun, die gern austeilen, aber sehr pikiert reagieren, wenn sie selbst sich der Kritik stellen müssen – sorry für die Pauschalierung, aber gelegentlich komme auch nicht nicht da herum.

    Ich werde mir also in Zukunft genauer überlegen, ob ich Deine Blogbeiträge kommentieren will.

  14. Bernd Berke sagt:

    Ich kann der Es-ist-so-wie-es-ist-Argumentation nicht so recht folgen. Wissenschaftler haben geurteilt, also war alles wissenschaftlich – und somit rundum abgesichert, quasi unbezweifelbar? Gerade das möchte (nicht nur) ich bezweifeln. Und „die“ Politiker haben es abgenickt? Richtig. Aber auch da wird – wohl nicht ganz ohne Grund – von kundiger Seite vermutet, dass diese Politiker just keinen Ärger haben wollten.
    Übrigens habe ich an keiner Stelle behauptet, es seien elf „Exzellenz-Cluster“ (schreckliche Begrifflichkeit) bestimmt worden, sondern elf Exzellenz-Unis. Und das ist ja wohl korrekt. Dass beim Auswahlverfahren die Cluster mitentscheidend waren, dürfte ebenfalls stimmen.

  15. Lieber Bernd,

    natürlich kannst Du schreiben was Du willst. Wie jemand in seinem eigenen Blog seine Kompetenz zeigt, bleibt ihr/hm überlassen. Ich lese gern Deine Literaturkritiken und andere Texte zur Kultur. Daher war ich neugierig, was Du über den Wettbewerb schreiben würdest als jemand, der sich normalerweise auf das Feld der Hochschul- und Wissenschaftspolitik nie begibt.
    Ich schätze Journalisten sehr, die von der Sache etwas verstehen und wenn das nicht der Fall ist, schätze ich sie dann, wenn sie zumindest bei mir den Eindruck hinterlassen, dass sie versucht haben, sich kundig zu machen. Das habe ich in Deinem Kommentar leider vermisst und entsprechend angemerkt – und mit einigen Hinweisen – gespickt. Daher auch Hinweise auf offensichtliche Fehler. Mehr nicht.
    Dass Journalisten aus der FAZ oder der SZ oder anderer Medien Kritik an der Ex-Ini äußern ist völlig ok. Zumeist sind es solche, die die Hochschul- und Wissenschaftspolitik begleiten – und das ist gut so. Auch ich habe einige Kritik am Verfahren und am Wettbewerb. Dieser ist aus meiner Sicht dennoch absolut notwendig. Und er hat zwar manche Verwerfung bedeutet, aber viel Initiative in den Unis ausgelöst und auch viel Geld in sie gespült. Ich habe die Lähmung in den 80er und 90er (und die Etatkürzungen) noch gut in Erinnerung und die zaghaften Versuche, die Unis aus ihrer Lethargie herauszuholen. Das ist mit dem Wettbewerb gelungen. Er ist aus dieser Sicht ein Erfolg.
    Nein, ich kann Dich beruhigen: Ich bin nicht am Verfahren involviert, sondern seit inzwischen sechs Jahren verrentet und raus aus der Chose. Dennoch verbringe ich einen Teil meiner Tage aus persönlichem Interesse oder als Teil der Community, indem ich mich über die Hochschul- und Wissenschaftspolitik informiere. Ansonsten bin ich noch Mitglied im Vorstand der Gesellschaft der Freunde der Ruhr-Universität (möchtest Du nicht eintreten?), die eher kleine Vorhaben fördert, für die es keine Gelder gibt, und noch gelegentlich auf dem Campus, wo mir der Eindruck vermittelt wird, noch immer gern gesehen zu sein. Daher bekomme ich noch einiges mit.
    Also, Dein Text hat mich weder launisch noch launig hinterlassen – auch wenn ich mich in dem Fall verschrieben habe 😉

  16. Bernd Berke sagt:

    Dass Du als (ehemals) Involvierter nicht schweigen können würdest, war klar. Vielleicht warst Du ja am Prozedere noch so oder so beteiligt.
    Natürlich bin ich kein intimer Kenner der Materie, trotzdem ist es mir gewiss nicht verboten, ein paar (meinetwegen laienhafte) Fragen zu stellen. Äußerungen von selbsternannten und sonstigen Experten gibt es doch wahrlich genug. Und wenn ich im Detail nicht so gut Bescheid weiß, sei’s drum. Dürfen nach Deinem Dafürhalten nur Insider über das Thema diskutieren?
    Und wie erklärst Du Dir eigentlich die deutliche Skepsis in den Beiträgen von FAZ und Süddeutscher Zeitung, die ich hier lediglich zeilenweise zitiert habe? Sitzen da auch nur Leute, die keine Ahnung haben?
    Außerdem verwechselt Du launisch und launig.

  17. Lieber Bernd,

    bei aller Wertschätzung: Diesen launischen Text hättest Du besser einem Sachkundigen vorher zu lesen gegeben. Denn Sachkunde lässt er vermissen.
    Dass man die Bedingungen eines Wettbewerbs kritisieren kann – geschenkt. Aber wenn die Ergebnisse vorliegen, muss man schon genauer hinsehen, wie sie zustande gekommen sind, bevor man so einen Text aus irgendwelchem wie auch immer gearteten Pflichtgefühl, etwas sagen/schreiben zu müssen, veröffentlicht.
    Dabei hätte schon ein kurzer Blick in den Förderatlas der DFG (https://www.dfg.de/sites/foerderatlas2018/) gereicht, um zu erkennen, dass die „Richtigen“ ausgewählt worden sind. Da ist Bochum, so gut die Uni auch dasteht, doch weiter unten im Vergleich zu den „Gewinnern“ – von Duisburg/Essen und erst recht von Dortmund ganz zu schweigen, die nun wirklich weit ab von dieser Qualität sind und nicht in diese Nähe auch nur geraten (von der TU Do schweige ich lieber, weil ich sonst so manche böse Zunge riskieren müsste …).
    Und die Entscheidung war diesmal (!! sic) weit entfernt von Lobbyismus und Netzwerk. Das Verfahren war komplett wissenschaftsgeleitet, die beteiligten 39 Wissenschaftler – alle aus dem Ausland – haben tatsächlich eine Liste von 11 mit Grün und 8 mit Rot vorgelegt, die die Politiker geprüft und abgenickt haben. Und sie habe nicht nur Power-Point-Folien gewälzt, sondern jeder Uni im Wettbewerb ausführlich besucht, mit Rektoraten, Wissenschaftlern, Assistenten und sogar mit studentischen Vertretungen gesprochen, zudem lagen ausführliche Bewerbungsunterlagen und Gutachten vor.
    Und wenn Du schreibst, dass in erster Runde drei „Exzellenz-Cluster“ gegeben hat, die nun bis auf 11 angeschwollen sind, so wirfst Du manches Durcheinander! Letztes Jahr sind mehr 50 Cluster bewilligt worden (https://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/exzellenzstrategie/exstra_entscheidung_exc_180927.pdf), zwei musste eine Uni vorweisen können, um sich für den „Exzellenz“-Titel zu bewerben, das haben dann 19 getan, darunter Bochum, und 11 bekommen nun, zusätzlich zu den jährlich etwa 10-15 Mio für jedes Cluster weitere 10-15 Mio für die Zukunftsplanung und Gestaltung der Uni nach eigenem Konzept-Antrag. Das ist trotz allem nicht viel Geld, wenn man es mit Harvard, MIT, Stanford oder ETH Zürich vergleicht.
    Kompetent kommentiert das Verfahren und die Entscheidung als wohl inzwischen bester journalistischer Kenner Jan-Martin Wiarda in seinem Blog: https://www.jmwiarda.de – da lohnt sich nachzulesen – und dann darüber nachzudenken.
    Zu guter Letzt: Man kann zur Ex-Ini stehen wie man will: Sie hat zwischen ihrer Ankündigung durch Ministerin Buhlmann bis heute sehr viel bewirkt: Sie hat die Unis, die in den 80ern bis den 00er Jahren in ein Dornröschenschlaf verfallen waren, aufgeweckt, sie gezwungen, über sich nachzudenken, und einen enormen Schub der deutschen Wissenschaftslandschaft gebracht. Zudem hat sie zwei Mythen zerstört, die nie gestimmt haben: Dass alle Unis gleich sind und dass Wettbewerb innerhalb der Wissenschaft zerstörerisch wirkt. Dass die Ex-Ini auch manche Verwerfung und Kritisierbares hat, ist nunmal so. Um mit einem alten Deutschen Spruch zu enden: Wo gehobelt wird, fallen Späne.

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