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Jung sein war für sie keine Frage des Alters: Zum Tod der Schauspielerin Helga Uthmann

Für viele war sie der „Inbegriff von einer Schauspielerin“ und so mancher schaute sich ein Stück nur an, um sie zu erleben: Die Kammerschauspielerin Helga Uthmann ist gestorben.

Als Journalistin hat man Termine, auf die man sich freut und solche, zu denen man sich schleppt. Helga Uthmann zu treffen, war jedes Mal wie ein Lichtstrahl. Stets sorgsam gekleidet, die Haare hoch gesteckt, so zuvorkommend, so freundlich, so lebensfroh und interessiert an ihrer Umwelt, an ihrem Gegenüber. Und so aufgeregt.

Das Theater Dortmund trauert um Helga Uthmann. (Screenshot www.theaterdo.de)

Das Theater Dortmund trauert um Helga Uthmann. (Screenshot www.theaterdo.de)

Jahrzehnte auf der Bühne waren wie weggewischt, wenn Helga Uthmann plötzlich selbst im Zentrum des Interesses stand. Kein Regisseur, kein Text, keine Vorgaben. „So privat zu sein! Grauenhaft! Ich möchte weglaufen“, rief … Weiterlesen

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Ein Glimmen in den Ascheresten der Gefühle – Eric-Emmanuel Schmitts Zweipersonenstück „Enigma“ in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Der Dichter-Titan Abel Znorko lebt seit vielen Jahren als Eremit auf einer Insel in Polarnähe. Nähert sich jemand seiner Behausung, greift er zum Gewehr und feuert. Kein schöner Zug des Nobelpreisträgers.

Reales Vorbild könnte J. D. Salinger („Der Fänger im Roggen“) sein, dem man nachsagt, es mit ungebetenen Gästen ähnlich rabiat zu halten.

Dabei hat Znorko dem vermeintlichen Journalisten Erik Larsen doch schriftlich ein Interview genehmigt. Und nun empfängt er ihn mit solchen Salven. Dann aber lässt er ihn herankommen; freilich nur, um ihn eisgrau abweisend zu behandeln. Eric-EmmanuelSchmitts Erfolgsstück „Enigma“ ergeht sich fortan in dialogischen Sinn-Wendungen, die das Gesagte und für wahr Gehaltene immer wieder umstoßen.

Wenn alle Fassaden abgetragen sind, bleiben zwei verflucht einsame … Weiterlesen

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Im Räderwerk der Korruption – Stefan Zweigs „Volpone“ nach Ben Jonson im Dortmunder Schauspiel

Von Bernd Berke

Dortmund. Schöne Frucht der Vergeßlichkeit: Als Stefan Zweig 1927 Urlaub in Südfrankreich machte, wollte er den „Volpone“ des Ben Jonson (1572-1637) übersetzen. Doch die englische Originalausgabe fehlte im Gepäck. Zweig machte sich an eine freie Nachdichtung – und so haben wir im Deutschen eine gar muntere Commedia über die Folgen der Habsucht. Die Rarität ist jetzt im Dortmunder Theater zu besichtigen.

„Eine lieblose Komödie“ nennt Zweig seine Bearbeitung von „Ben Jonsons Volpone“. Lieblos, weil keine glücklichen Paare sich finden – und weil sich eh alles um Neid und Gier dreht. In Volpones Villa (sparsam effektive Bühnenbilder: Thomas Gabriel) sind die Wände gülden, sie triefen aber, als klebe das Blut der Ausgeplünderten daran.

Volpone ist ledig, kinderlos und … Weiterlesen

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Unglück lauert überall – Ibsens Seelendrama „Gespenster“ in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Es beginnt wie ein Salonstück: So geläufig und scheinbar freimütig parliert Pastor Manders mit Helene Alving über Gottesfurcht und weltliche Geschäfte. Doch es ist nicht die wahre Leichtigkeit des Seins: Insgeheim lauern schon Ibsens „Gespenster“.

Sewan Latchinian hat das Seelendrama im Dortmunder Schauspielhaus inszeniert. Er ist mit dem Stück im großen und ganzen deutlich behutsamer umgegangen als kürzlich mit Shakespeares „Sommernachtstraum“.

Bühnenbildner Tobias Wartenberg hat den hinteren Teil der Szene mit lauter überdimensionalen Kartons vollgestellt. Damit sind sinnfällig Auswege verbaut. In den Kisten steckt wohl fast der gesamte Hausrat der Witwe Alving. Es springt schon mal ein Deckel auf, und dann kollern – wie peinlich! – geleerte Alkoholflaschen zu Boden. Doch ansonsten: alles weggepackt und dem … Weiterlesen

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Holzfäller im Zauberwald – Sewan Latchinian inszeniert Shakespeares „Sommernachtstraum“ in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Beim Griechen um die Ecke wird Ouzo gesoffen und dann Sirtaki auf dem Tisch getanzt, weil Clan-Chef Theseus es so haben will. Was’n das wieder für’n Stück? Na, Shakespeare natürlich, sein „Sommernachtstraum“. Der spielt ja in und um Athen – und da denken wir gleich an Gyros, Tsatsiki & Co. Hier knüpft das Dortmunder Theater an.

Wie gut, daß diese Zauberkomödie vom erotischen Begehren und seinen dunklen Urgründen so unverwüstlich ist. Da schadet es nicht viel, daß Regisseur Sewan Latchinian sie durchstöbert hat. Doch braucht man wirklich Alltagsklamotten, Funktelefon und Rave-Rhythmen, um dieses Stück auf „modern“ zu trimmen? Steckt nicht schon (und immer noch) im Text die ganze Klimakatastrophe der Beziehungen, wie sie heute kaum anders … Weiterlesen

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Farce von Dario Fo in Dortmund: Unbequeme Fragen nach dem Tod eines Anarchisten – und scharfe Kritik am Intendanten

Von Bernd Berke

Dortmund. Mitten in der Premiere des Dario Fo-Stücks „Zufälliger Tod eines Anarchisten“ hielt Claus-Dieter Clausnitzer das Programmheft in die Höhe und rief, im ironischen Brustton der Überzeugung: „Wir haben hier doch keine Zensur!“

Die Zuschauer quittierten die Anspielung mit Beifall. Gemeint war die Entscheidung des Generalintendanten Paul Hager, eine erste Fassung des Programmhefts wegen einiger, nicht gerade polizeifreundlicher Karikaturen und wegen eines Aufsatzes aus der Feder von Peter-Paul Zahl nicht zu veröffentlichen. Schon vor der Aufführung, die sich übrigens auch Paul Hager nicht entgehen ließ, kursierten im Publikum achtseitige Sonderdrucke, herausgebracht von mehreren alternativen Stadtmagazinen, in denen (neben dem von Hager gestrichenen Zahl-Aufsatz) schärfste Angriffe gegen den Intendanten selbst zu lesen waren.

Neben all dem gab es … Weiterlesen

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