„Rosa Luxemburg“: Blumen für die Utopie

Von Bernd Berke

Bochum. Eigentlich liebt sie die Natur mehr als alle Parteigenossen. Eigentlich will sie ja nur unbeschwert leben. Aber die Verhältnisse, sie sind nicht so. Sie drängen Rosa Luxemburg zur Agitation, zum revolutionären Kampf mit flammendem Wort.

Jedenfalls ist dies in Margarethe von Trottas Film „Rosa Luxembürg“ der Fall, der das bewegte Leben der Sozialistin (Titelrolle: Barbara Sukowa, Kinostart morgen) von 1899 bis zu ihrer Ermordung 1919 nachzuzeichnen versucht.

Rosa, die die politischen Geschäfte nur notgedrungen und widerstrebend, dann aber um so beherzter in die Hand nimmt, friedet sogar noch in der Haft eine „Gartenlaube“ ein: Ein buntes Beet, das sie gleich neben der hohen Gefängnismauer anlegt, erinnert sie an den utopischen Zustand der Freiheit, des unbehinderten Blühens. Auch in ihrer Zelle hat sie ein schützendes „Gatter“ aus Pflanzen und Büehern errichtet.

Überhaupt steht Rosa Luxemburg bei Frau von Trotta im Zeichen der Natur, vor allem der Blumen. Rückblende in Rosas Kindheit: Sie will unbedingt die Nacht durchwachen, um zu erleben, wie die Rose auf dem Tisch erblüht. Es ist dies, so suggeriert die Szene eindringlich, bereits das unerschütterlich-aufrechte, gleichermaßen geduldige wie dringliche Zu-Warten, das sie später auf politischem Felde auszeichnen wird.

Es geht hier kaum um den historischen Widerstreit von Theorien des Sozialismus, kaum um Richtungskämpfe der damaligen Arbeiterbewegung. Andernfalls stünde der Film in diesen Tagen auch wahrhaftig sperrig in der Kino-„Landschaft“. Es rücken indes ganz andere Dinge in den Mittelpunkt, und die muten „heutig“ an: DerBlick richtet sich nämlich vornehmlich auf Rosa L. als Frau, die gemeinsam mit Clara Zetkin (Doris Schade) nicht nur gegen den Klassenfeind, sondern letztlich auch gegen die zumeist zaudernden Männer in den eigenen Reihen (August Bebel, Karl Kautsky) antreten muß.

Nur Karl Liebknecht (Otto Sander) ist kampfentschlossen, wirkt aber dann doch wie ein leichtfertiger Filou, den es mächtig, aber eher zufällig umtreibt. Zentral auch die Friedensfrage: Rosa Luxemburg im aussichtslosen Kampf gegen die vom Reichstag bewilligten Kriegskredite am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Und schließlich: Rosa Luxemburg als Liebende, die auch von so „bürgerlichen“ Gefühlen wie Eifersucht bedrängt wird.

Seine besten Szenen hat der Film aber doch in den eher politischen Passagen. Dann nämlich, wenn Barbara Sukowa vom Rednerpodium herab mit wahrhaftiger Ausstrahlung Ideen wachruft, die längst vergessen schienen.

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 3 times, 1 visit(s) today

Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
Dieser Beitrag wurde unter Geschichte, Kino abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.