New Yorks Ruf wird aufpoliert – Neue Aufmerksamkeit für die Kunstmetropole

Von Bernd Berke

Düsseldorf. Seit die gar nicht mehr so neuen europäischen „Wilden“, allen voran die Italiener Clemente und Cucchi, weltweit Furore machen, steht eine Stadt nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die bis weit in die Siebziger Jahre als d i e Metropole aktueller Kunstströmungen galt: New York.

Der Düsseldorfer Kunstverein führt daher jetzt in seiner Ausstellung „New York Now“ (New York jetzt!) die neuesten Stimmungen an der US-Ostküste vor, wie sie sich in der Malerei äußern. Und siehe da: Auch jenseits des „großen Teiches“ geht der Trend offenbar stracks in Richtung „Gegenständliches“.

Auch in New York hat sich, nimmt man diese Ausstellung zum Maßstab, eine meist expressive, grelle Malweise durchgesetzt, die oft auf ganz einfache Chiffren, wie sie in Zeichnungen von Kindern vorkommen, zurückgreift (besonders deutlich bei Richard Bosman und Jean Michel Basquiat).

Weitere Rückbesinnungen, nämlich auf zurückliegende Epochen der Bildenden Kunst, sind ebenfalls kaum zu übersehen. So malt Jonathan Borofsky ein skurriles Portrat von Frans Hals, und der heute zur New Yorker Kunstszene zählende, gebürtige Kölner Rainer Gross nicht minder ironische Werke, die auf Rubens anspielen. Daß der Umgang mit der Tradition nicht bierernst gemeint ist, zeigen schon die Titel. So nennt Gross eine seiner Rubens-Szenen mit drei beleibten Grazien „Schokolade, Erdbeer und Vanille“. Thomas Lanigan-Schmidt geht noch einen Schritt weiter: Mit bewußt überkitschten Arrangements aus golden und silbrig glitzernder Alufolie umkränzt er Imitationen russischer Ikonen, jener Heiligenbilder also, die als Abklatsch mittlerweile in jedem halbwegs gutsortierten Kaufhaus zu haben sind.

An US-„Pop“-Väter wie Warhol, Oldenburg und Rauschenberg wird kaum angeknüpft. Eher scheint sich eine amerikanisch-europäische Wechselwirkung anzudeuten. Nur wenige der Künstler, die in Düsseldorf präsentiert werden, sind einem breiteren deutschen Publikum schon ein Begriff. Manche waren zwar auf der letzten „documenta“ oder der Berliner „Zeitgeist“-Ausstellung vertreten (John Ahearn, Judy Pfaff mit ihren grellbunten Papierstreifen-Collagen, Julian Schnabel) die meisten aber entstammen den jungen Jahrgängen 1950 bis 1960 und haben teilweise gerade erst ihr Einzelausstellungs-Debüt in den USA gegeben („Futura 2000″, Rainer Gross).

Insgesamt sind von 25 Künstlern 70 Arbeiten zu sehen, die vornehmlich in den Jahren 1980 bis 1983 entstanden sind. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, daß diese Schau – soweit es das durch parallel laufende Expositionen begrenzte Raumangebot in der Kunsthalle zuläßt – einen, wenn auch nicht repräsentativen, so doch auch nicht völlig dem Zufall überlassenen Querschnitt durch die New Yorker „Szene“ bietet.

Dem Zufall zu verdanken ist hingegen die Chance eines interessanten Kulturvergleichs, der dadurch möglich wird, daß ebenfalls seit gestern eine Ausstellung mit Werken des japanischen Landschaftsmalers Kaii Higashiyama im selben Haus gezeigt wird. Wir werden auf diese Ausstellung (in Tokyo sahen sage und schreibe 300 000 Besucher die Bilder des Altmeisters) noch zurückkommen.

Düsseldorf, Kunsthalle am Grabbeplatz: „New York Now!“ (bis 4. September)

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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