Was den designierten Chefdirigenten Gabriel Feltz in Dortmund erwartet

Der Berliner Gabriel Feltz soll neuer Chefdirigent der Dortmunder Philharmoniker werden. Foto: Stadt Dortmund

Nun also Gabriel Feltz. Er soll 2013 die Nachfolge Jac van Steens als Generalmusikdirektor (GMD) der Stadt Dortmund antreten. So hat es die Findungskommission einstimmig beschlossen. Nun hat der Rat das Wort, dieses Votum zu bestätigen. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Politiker dem folgen. Alles andere wäre eine Sensation, die einem kleinen Eklat gleichkäme.

Dem neuen Mann am Pult der Dortmunder Philharmoniker ist Glück zu wünschen. Denn Fortune wird er brauchen in einer Stadt, deren Kulturdezernent (und Kämmerer) Jörg Stüdemann beim überfallartigen Rauswurf van Steens verkündete, die meisten Dirigenten der Stadt seien nach fünfjähriger Amtszeit ausgewechselt worden. Das mag richtig sein, für die künstlerische Entwicklung eines Orchesters indes ist diese Hire-and-fire-Mentalität eine Katastrophe. Bochum, Essen oder Duisburg haben ohnehin längst bewiesen, dass Kontinuität zum Erfolg führt.

Feltz ist Berliner, 1971 geboren, Absolvent der Hanns-Eisler-Musikhochschule und gegenwärtig Leiter der Stuttgarter Philharmoniker sowie erster Gastdirigent des Theaters Basel. Feste Engagements neben Dortmund wird er sich aber wohl verkneifen müssen. Sein Anstellungsvertrag soll entsprechend streng formuliert sein, ist zu hören. Damit reagiert die Stadt offenbar auf die Causa van Steen, dem sie mangelnde Präsenz vorwarf.

Feltz wird sich zudem wappnen müssen gegen ein höchst kritisches Publikum. Die Musik des 20. oder gar 21. Jahrhunderts hat in dieser Stadt keine ernstzunehmende Lobby. Und viele werden sich daran erinnern, dass Jac van Steen als sympathischer Menschenfischer im Dienste der Tonkunst sehr geschickt zu Werke ging und geht. Feltz, so heißt es, sei eher der analytische, weniger der emotionale Typ.

Damit nicht genug: Jüngst erst hat sich eine Initiative „PPP – Publikum Pro Philharmoniker Dortmund“ gegründet. Das klingt nach Unterstützung des Orchesters, ist aber in Wahrheit eine Bürger-Gruppierung, die sich gezielt gegen den Rauswurf van Steens wendet. Bei Bekanntgabe des Votums der Findungskommission pro Feltz wurde eilends ein Flugblatt gedruckt, das eben jene Entscheidung in Frage stellt und die Ratsmitglieder zumindest indirekt auffordert, den Gang der Ereignisse möglicherweise noch aufzuhalten. Die Initiative sieht vor allem die vertragliche Fesselung des neuen GMD als Problem. Dies würde zu einer künstlerischen Verarmung der Stadt führen, heißt es. Und weiter: „Lokale Fixierung führt schnell zur Degradierung. Wir sehen die Gefahr, dass die Philharmonie, die sich derzeit im Aufwind befindet, auf diese Weise auf das Niveau eines ,Provinzorchesters’ absinken könnte.“

Solcherart Pessimismus mag übertrieben sein, wie es auch seltsam anmutet, dass „PPP“ relativ spät (zu spät?) ans Licht der Öffentlichkeit drängt. Doch andererseits legt sie äußerst gezielt den Finger in eine gefährliche Wunde: Gabriel Feltz ist nicht Wunschkandidat des Orchesters. Eine Tatsache, die übrigens auch der Findungskommission bekannt war. Ulrike Märkel (Grüne), Mitglied der Kommission, wird jedenfalls mit den Worten zitiert, Nicholas Milton (zuletzt GMD in Jena) sei der Favorit der Dortmunder Philharmoniker gewesen. Die Musiker hätten sich indes auch positiv über Feltz geäußert.

Wer das Orchester kennt, weiß, dass dieses Positive sich schnell als Giftpfeil entpuppen kann. Aus dem jubilierenden „Habemus GMD“ wird dann bald ein „Kreuzigt ihn“. Erst den Neuen feiern, dann beginnt die Nörgelei. Ein Insider hat dies mit Blick auf van Steens Rauswurf so umschrieben: Der Dirigent sei an Intrigen, ernsten Problemen und Irrationalität gescheitert.

Deshalb steht am Ende dieser Betrachtung ein (wohlfeiles) Wortspiel: Der neue Chef der Dortmunder Philharmoniker, so er es denn wird, muss sich als „Feltz“ in der Brandung erweisen.

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