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Monatsarchive: Oktober 1996
„Die Ermittlung“: Eine Form für das Ungeheuerliche
Von Bernd Berke
Wuppertal. Aus dem blauen Bühnenhorizont schälen sich Dia-Projektionen heraus: ein Berg von Brillen, der Weg zu einem Lagertor, Blechdosen mit der Aufschrift „Zyklon B“. Man kann die unbegreiflichen Leiden im KZ nicht wirklich abbilden, man kann aber darauf hinweisen, Zeichen setzen. Man kann? Nein, man muss! Peter Weiss‘ „Die Ermittlung“, uraufgeführt 1965, bleibt nicht nur ein wichtiges, sondern ein notwendiges Stück.
Weiss (1916-1982) verhandelte in dem dokumentarischen Drama das ungeheuerlichste Verbrechen der Geschichte, den Massenmord in Auschwitz. Hauptsächliche Quelle war der Frankfurter Auschwitz-Prozeß (1963-65), ein literarisches Muster gaben Dantes Gesänge aus dem „Inferno“ der „Göttlichen Komödie“ vor. Eine Form für das Formloseste, was sich denken läßt. Und ein Inhalt, der es sehr schwer macht, überhaupt von theatralischer … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Die Ermittlung, Holk Freytag, Peter Weiss, Wuppertal
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Bilder, die wie offene Wunden bluten – Der frühere Wiener Aktionist Adolf Frohner im Dortmunder Harenberg-Haus
Von Bernd Berke
Dortmund. Seltsam, einen „Wiener Aktionisten“ stellt man sich anders vor: Prof. Adolf Frohner war in den frühen 60er Jahren als „Mittäter“ dabei, als Otto Mühl, Hermann Nitsch & Co. mit wüsten Kunst-Exzessen schockierten. Wenn Frohner jetzt in Dortmund seine Bilder erläutert, ist von jener Wildheit, die zwecks psychischer Entgrenzung alle, aber auch wirklich alle Körpersäfte öffentlich fließen ließ, kaum ein Rinnsal zu ahnen.
Keineswegs mit messianischem Eifer, sondern mit milder Ironie spricht Frohner (62) heute über seine Kunst. Doch die hat es, auch wenn der Österreicher sich früh von den blutigen Ritualen der Aktionisten abgewandt hat, eben doch „in sich“. Wenn man jetzt etwa ins Tiefgeschoß des Harenberg City-Centers kommt, meint man, einem Blutbad beizuwohnen – nur … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kunst & Museen
Verschlagwortet mit Adolf Frohner, Dortmund, Harenberg City Center, Mühl, Nitsch, Wieder Malerei, Wiener Aktionismus
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Kunst ohne Hemmschwellen – Wie sich die Galerie Bengelsträter in Iserlohn etabliert
Von Bernd Berke
Iserlohn. Jutta Bengelsträter ist wohl das, was man im häßlichen Neudeutsch eine „Power-Frau“ nennt. Im März 1995 hat sie ihre Galerie in Iserlohn eröffnet, jetzt kann sie mit Heinz Mack schon eine Leitfigur der neueren Kunst präsentieren.
Dabei hat sich die heute 36-Jährige zuerst weitab vom Pfad der Kunst bewegt. Sie begann als Betriebssoziologin in Duisburg und steuerte auf eine Karriere im Management zu. Doch nebenher hatte sie ein paar Semester Kunst studiert. Und nach einer privaten Trennung zog sie mit Sohn Felix auf die Insel Borkum – der guten Luft wegen. Dort gab sie Malkurse, sie eröffnete eine Buchhandlung, arbeitete im Jugendzentrum.
Dann kam sie ins Sauerland, war als Kunstpädagogin im Drahtmuseum Altena und an der … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kunst & Museen
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Ein Kommentar
Gesichter gleichen der Musik – Kunsthalle Bielefeld zeigt Porträts aus dem Spätwerk von Henri Matisse
Von Bernd Berke
Bielefeld. Man mag es kaum glauben, daß ein Weltkünstler wie Henri Matisse (1869-1954) erst viermal mit größeren Ausstellungen in Deutschland vertreten war. Den Anfang machte (erst 1981) die Kunsthalle Bielefeld. Jetzt ist es wiederum dasselbe Haus, das mit einer bundesweit exklusiven Schau aufwartet.
Sie heißt im Original „Visages découverts“, was man etwa mit „enthüllte“ oder gar „entdeckte Gesichter“ übersetzen könnte. Entdeckung ist in keiner Hinsicht übertrieben: Fast die Hälfte der Bilder war noch nie in Deutschland zu sehen. Es handelt sich bei den rund 130 Zeichnungen und Graphiken (ergänzt um wenige Ölgemälde) samt und sonders um Porträts aus dem Spätwerk.
Die Summe des Künstlerlebens besteht in grandioser Einfachheit. Meist genügt Matisse eine berückend schlichte Linienführung, um ein … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Bielefeld, Das unbekannte Gesicht, Henri Matisse, Kunsthalle Bielefeld, Porträts, Spätwerk, Thomas Kellein
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„Mit Normen lässt sich Sprache nicht lenken“ – Gespräch mit Martin Walser, nicht nur über die Rechtschreibreform
Von Bernd Berke
Dortmund. Mit seinem Roman „Finks Krieg“ hat Martin Walser (69) tiefen Einblick ins Innenleben eines Ministerialbeamten gegeben, der im Zuge eines Regierungswechsels auf einen minderen Posten abgeschoben wird. Dieser Fink, einer wirklichen Person nachgebildet, aber literarisch zur Kenntlichkeit gebracht, wird zum angstgepeinigten Kämpfer für sein Recht. Walser stellte das bei Suhrkamp erschienene Buch jetzt mit einer Lesung im Dortmunder Harenberg City-Center vor. Dort traf ihn die Westfälische Rundschau zum Gespräch.
Sie haben die vor wenigen Tagen publizierte „Frankfurter Erklärung“ mitunterzeichnet, einen entschiedenen Protest vieler Autoren gegen die Rechtschreibreform. Kommt das nicht zu spät?
Martin Walser: Ich hatte immer mein Leid mit dem Duden und mußte mich immer gegen Lektoren durchsetzen, die unter Duden-Diktat meine Manuskripte korrigiert haben. … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Geschichte, Gesellschaft, Literatur, Politik und so, Schule, Uni, Bildung, Sprache
Verschlagwortet mit 1996, Finks Krieg, Interview, Martin Walser, Rechtschreibreform
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„Der Mensch ist niemals ganz zufrieden“ – Gespräch mit Gabriele Wohmann
Von Bernd Berke
Frankfurt. Seit Jahrzehnten zählt Gabriele Wohmann zu den etablierten Autorinnen. Die Mittvierzigerin Sue ist Hauptperson ihres neuen Romans „Das Handicap“ (Piper Verlag). Durch einen Treppensturz verliert sie die Sehkraft und muß sich in ihrer häuslichen Welt einrichten. Als sie durch besondere Umstände das Augenlicht wiedererlangt, betrachtet sie ihr Leben mit hellsichtigem Argwohn. Ein Gespräch mit Gabriele Wohmann auf der Buchmesse.
Wie sind Sie an Ihr Thema geraten?
Gabriele Wohmann: Es gab keinen biographischen Anlaß. Niemand, den ich kenne, ist von der Treppe gefallen. Wie man zu Themen kommt, sollte man sich als Autor wohl gar nicht fragen, sonst kommt man vielleicht zu gar keinem mehr.
„Die Summe des Elends ist immer gleich.“ Dieser Satz fällt, als Sue … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Literatur
Verschlagwortet mit 1996, Das Handicap, Gabriele Wohmann, Interview
Kommentare deaktiviert für „Der Mensch ist niemals ganz zufrieden“ – Gespräch mit Gabriele Wohmann
„Es gibt auch frommes und notwendiges Verschweigen“ – Gespräch mit Hellmuth Karasek
Von Bernd Berke
Frankfurt. Der Kritiker Hellmuth Karasek, Mitstreiter von Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler beim „Literarischen Quartett“, zählt durch seine TV-Auftritte zur kulturellen Hoch-Prominenz. Sein neues Buch „Go West!“ (Hoffmann & Campe Verlag) zeichnet ein Bild der 50er Jahre, anhand der eigenen Lebensgeschichte. Die WR sprach mit Karasek auf der Frankfurter Buchmesse.
Herr Karasek, warum hören Sie beim „Spiegel“ auf?
Hellmuth Karasek: Dazu nur soviel. Der „Spiegel“ hat es einerseits ganz gern gesehen, daß ich auf vielen Hochzeiten tanze, weil das auch Werbung für ihn war, andererseits höchst ungern, weil das ein schlechtes Beispiel für eine strikte Kompanie von Journalisten gewesen ist.
Sie planen eine neue Fernseh-Talkshow?
Karasek: Ja, es ist ein Projekt für die ARD. Eine Versuchs-Folge soll … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Fernsehen und Hörfunk, Lebenswege, Literatur
Verschlagwortet mit 1996, 50er Jahre, Das Literarische Quartett, Go West!, Hellmuth Karasek, Interview, Reich-Ranicki
Kommentare deaktiviert für „Es gibt auch frommes und notwendiges Verschweigen“ – Gespräch mit Hellmuth Karasek