Es siegt die Liebe zur Macht – Kotzebue-Stück „Der weibliche Jacobiner-Club“ bei den Ruhrfestspielen

Von Bernd Berke

August von Kotzebues „Der weibliche Jacobiner-Club“ ist, auf Ehre, ein erzreaktionäres Stück. Der Vielschreiber sah in der Französisehen Revolution von 1789 wohl nur eine pöbelhafte Störung der öffentlichen Ordnung. Das verdient, als bornierte deutsche „Antwort“ auf die Vorgange jenseits des Rheins, bestenfalls historisches Interesse.

Kotzebue projiziert seine Ängste ins Familiäre: Bei den Duports hängt der Segen schief. Töchterlein liebt Adligen, Vater ist angetan, Mutter – als glühende Anhängerin der Republik – hingegen gar nicht. Ihr „weiblicher Jacobiner-Club“ ist ein Hühnerhaufen und kräht Parolen, weil’s Mode ist. Eine Intrige des Dienstmädchens verhilft (so Kotzebue) der „Macht der Liebe“ zum Sieg. Doch eigentlich hat die Liebe zur Macht gewonnen.

Diesen Schmarren kann man nur noch schrill denunzieren. Michael Baumgarten/Horst Schäfer (Regie) tun das in ihrer Ruhrfestspiel-Inszenierung auch. Wacklige Pappmaché-Bühne, grotesk überdrehte Spielweise. Zudem wird das Ganze als Aufführung für Kaiser Joseph II. 1791 in Prag deklariert. Eben die hat es, bezeichnend genug, damals tatäachlich gegeben. Doch derlei Distanzierung und eine machtvolle Sexualattacke auf die Jacobinerinnen am Schluß helfen wenig. Man muß doch Kotzebue folgen, der den Männern den „Vemunft“-Part zuweist.

Helmut Löwentraut-Motschull als tumber Diener ragt heraus, Ingeborg Wolf als Madame Duport darf nach Herzenslust chargieren, Claus Iffländer gibt den Monarchisten Duport noch zu würdevoll.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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