Von Bernd Berke
Mülheim. Gegen 11.27 Uhr schwebte gestern ein Hubschrauber über die Ruhr auf die Mülheimer Schloßbrücke zu und warf ein verwittertes HoIz-Quadrat ab. Eine Viertelstunde später hing das Objekt im Städtischen Museum – spektakulärer Abschluß einer Kunst-Aktion, deren Anfänge fünf Jahre zurückreichen.
Seit 1978 hat der Mülheimer Willi Brands (38) vier quadratische Holzleistenkonstruktionen auf Stahlrahmen den klassisecen „Elementen“ ausgesetzt: Feuer, Wasser, Erde, Luft. Aktionstitel: „Die vier Elemente“. Das „Erde“-Gestell wurde am 15. Juli 1978, im geschichtsträchtigen Boden von Xanten vergraben und sieht heute aus wie ein von Archäologen geborgenes Relikt aus der Vorgeschichte. Bücher, die man damals gleichfalls im Erdreich versenkte, wurden restlos weggefressen – für Dr. Dirk Soechting, Ex-Direktor des Regionalmuseums Xanten, ein „eindrucksvolles Zeichen für Vergänglichkeit“.
Ein weiteres Exemplar wurde dem „Feuer“ der Krupp Hüttenwerke in Duisburg-Rheinhausen überantwortet, genauer: es wurde dicht bei einem Hochofen plaziert. Es blieb nur der Stahlrahmen übrig, nicht etwa, weil die Hochofen-Glut dem Holz derart zusetzte, sondern weil ein unbekannter Wüterich einen Kunst-Brand stiftete. Das „Wasser“-Werk wurde im Duisburger Ruhrort-Hafen versenkt – ein Kiesbagger demolierte es so gründlich, daß nur zersplitterte Holzplankenreste und verbogene Stahlteile noch von seiner einstigen Existenz zeugen.
Schließlich die „Luft“: Was gestern per Helikopter zum Museum geflogen wurde (der von einer Kopiererfirma gesponsorte Schlußakt lockte zahlreiche Zaungäste an), lag seit 1978 auf dem Dach des Ruhrreeder-Hochhauses in Mülheim – der Revierluft schutzlos preisgegeben. Mehr als manche Abhandlung über „sauren Regen“ verdeutlicht der heutige Zustand des Bilds, was im Gange ist. Der sechsfache (!) Anstrich ist fast an allen Stellen abgeblättert, man blickt auf rohes, angegriffenes Holz.
Alle vier „Bilder“ sind jetzt im zweiten Stock des Mülheimer Museums (Leineweberstraße 1) zu sehen. Künstler Will Brands, anfangs noch erschrocken über die in einem halben Jahrzehnt entstandenen Veränderungen und Zerstörungen: „Da ich Prozesse zeigen möchte, die von der Umweit beeinflußt werden, bin ich mit dem Ergebnis zufrieden“. Die nunmehr zu Exponaten gewordenen Umwelt-Bilder zeigen, daß die Ur-„Elemente“ nicht mehr jene Stoffe sind, von denen die alten Griechen glaubten, sie hielten die Welt zusammen. Eher das Gegenteil scheint heute der Fall zu sein.
Will Brands: „Die vier Elemente“, Städtisches Museum Mülheim / Ruhr, Leineweberstraße 1, di-f r 10 bis 12.30 und 15 bis 18 Uhr, donn. auch 18 bis 21 Uhr, sa/so 11 bis 17 Uhr