Monatsarchive: November 1983

Nach mancher Qual doch noch Glanzlichter – Ruhrfestspiel-Ensemble fünf Stunden lang im „Depot“

Von Bernd Berke

Recklinghausen. Gleich vier neue Produktionen stellte jetzt das Ensemble der Ruhrfestspiele vor – und das erstmals in seiner neuen Spielstätte, einem ehemaligen Straßenbahndepot.

Das Depot ist ein vorzüglicher Ort fürs Theater. Es umfaßt eigentlich drei Spielstätten, so daß zur Einweihung zwei Stücke zeitlich parallel gegeben werden konnten (im „Magazin“ und in der „Werkstatt“). Das fünfstündige Mammutprogramm startete jedoch im Theatersaal des früheren Tramschuppens, und zwar mit „Prometheus und Herakles 5″ von Heiner Müller. An diesem gewichtigen Brocken hat man sich überhoben. Mag sein, daß die wahre Fließbandarbeit des Ensembles, deren erste Ergebnisse hier im Zusammenhang zu sehen waren (künftige Aufführungen erfolgen separat), einen Großteil jener Energie aufgesogen hat, die Müllers Aischylos-Bearbeitung kosten müßte.

Wolfgang Lichtensteins Inszenierung konzentrierte … Weiterlesen

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Respektable „Zugabe“: Meister des 19. Jahrhunderts im neuen Dortmunder Museum

Von Bernd Berke

Dortmund. Dortmunds „Museum für Kunst und Kulturgeschichte“ kann schon zur volksfestlichen Eröffnung am Samstag (Beginn: 11 Uhr) mit einer respektablen „Zugabe“ aufwarten.

Im Zwischengeschoß des für 18 Mio. DM mit Um- und Anbau versehenen, ehemaligen Sparkassengebäudes an der Hansastraße (wir berichteten), sind bis 22. Januar Bilder französischer und niederländischer Maler aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu sehen. Die 22 Leihgaben für diese Sonderausstellung stammen aus dem Rijksmuseum Mesdag. Noch nie waren an einem Ort der Bundesrepublik so viele Werke aus der in Den Haag beherbergten Kollektion des Malers Hendrik W. Mesdag versammelt.

„…deutlicher als die Natur selbst“, lautet der Titel dieser Ausstellung. Er geht zurück auf einen bewundernden Ausspruch Vincent van Goghs, der sich wiederum … Weiterlesen

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Kommentar: Rücktritt in letzter Minute

Man darf aufatmen. Fürs erste wenigstens. Ins Gerede war der unglücklich operierende Bundesvorstand des Schriftstellerverbandes (VS) immer häufiger gekommen. Dauer-Querelen haben das Ansehen und letztlich auch die „Schlagkraft“ dieser Interessenvertretung der Autoren arg in Mitleidenschaft gezogen. Der Rücktritt des kompletten VS-Vorstands könnte den Weg zu einem Neubeginn freimachen.

Daß die Rücktrittsbegründung eher selbstgerecht ausfiel, war zu erwarten und spielt kaum noch eine Rolle. Zwar ist bis zur Delegiertenkonferenz im März ’84 noch manches Scharmützel zu erwarten, doch besteht Anlaß zu der Hoffnung, daß solche „Gewitter“ die geladene Atmosphäre bereinigen. Auch in einige – Engelmanns Linie zuneigende – Landesverbände dürfte nun Bewegung kommen. Vor allem, wenn im weitesten Sinne Fragen des Ost-West-Konflikts anstanden, haben Bernt Engelmann und seine Vorstandskollegen mehrfach fragwürdige … Weiterlesen

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„Stilles Sterben im Hinterzimmer“: Über 60 Prozent der westfälischen Museumsbestände in akuter Gefahr

Von Bernd Berke

Im Westen. 60 bis 70 Prozent der westfälischen Museumsbestände sind konservierungs-oder restaurationsbedürftig. Dies ergab eine Überprüfung in 100 von 180 öffentlichen Museen Westfalens, die der Chefrestaurator des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) jetzt abgeschlossen hat.

Bernard Korzus, Leiter des LWL-Museumsamtes, gab die Zahlen gestern in Münster bekannt und warnte: „Während ein Denkmal sichtbar verfällt, gibt es in den Museumsmagazinen ein ,stilles Sterben im Hinterzimmer‘.“

Die vergammelnden Bestände stellen auch materiell enorme Werte dar. „Es es geht um Abermillionen“ (Korzus). Bei einer gestern in Münster beendeten Tagung hochkarätiger Vertreter der Museumsbetreuung, die bundesweit für weit über 2000 Museen in öffentlicher Trägerschaft zuständig sind, kam heraus, daß Westfalen sogar vergleichsweise günstig dasteht. Obwohl die Mittel auch hier nicht reichen (LWL-Restaurierungszuschüsse: 250 … Weiterlesen

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Halbherzig: „Ada und Evald“ von Monika Maron in Wuppertal uraufgeführt

Von Bernd Berke

Wuppertal. Monika Maron DDR-Autorin, Jahrgang 1941, hat ein Prosastück geschrieben, einige Mono- und Dialoge hineinverwoben und das Ganze ..Ada und Evald. Ein Stück“ genannt. Wuppertals Bühnen nahmen das Titelanhängsel „Ein Stück“ wörtlich und brachten „Ada und Evald“ als Uraufführung.

Schon im Vorfeld dieses Ereignisses hatte es Auseinandersetzungen gegeben. Schauspieldirektor Dieter Reible zog, unzufrieden mit erreichten Resultaten, die Regie-und Bühnengestaltung an sich, die Premiere mußte verschoben werden. Man ahnt nun, wo die Probleme gelegen haben könnten. Das „Stück“ ist eher zum Lesen geeignet, es wirkt im Theater deplaziert.

Schriftstellerin Ada (Andrea Witt) liebt den Schriftsteller Evald (Michael Wittenborn), weil der sich ihr entzieht. Evald übertüncht seine innere Leere, indem er Weltschmerz- und Geniephantasien nachhängt. Ada will, „daß etwas … Weiterlesen

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Dichte Schreckmomente der Gewalt – Skulpturen von Agenore Fabbri in Duisburg

Von Bernd Berke

Duisburg. ,,Wir sind die ,Primitiven‘ des Raumzeitalters. Wir müssen noch einmal ganz von vorn beginnen.“ Der so die Umkehr zu den Ursprüngen beschwort, heißt Agenore Fabbri und ist einer der Altmeister der italienischen Bildhauerei.

Seine Werke waren in aller Welt zu sehen, wurden aber hierzulande bisher kaum zur Kenntnis genommen. So kann sich Duisburgs Wilhelm-Lehmbruck-Museum nun rühmen, mit 50 Skulpturen und 23 Zeichnungen die erste umfassende Fabbri-Retrospektive Deutschlands zusammengestellt zu haben.

Zurück zu den Anfängen – diesen Leitspruch verwirklicht Fabbri bereits bei der Wahl seines bevorzugten Materials: ,,Ton – weil er schon von den ersten Menschen verwendet wurde“, begründet der Mann, von dem sich einst sogar Pablo Picasso in der Kunst der Tonverarbeitung beraten ließ. Handfesterer Grund: … Weiterlesen

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Kölner Kunstmarkt: Veranstalter geben sich optimistisch – Streit um Zukassungs-Kriterien und Standort

Von Bernd Berke

Köln. „Der Kunstmarkt expandiert wieder kräftig.“ Bogislav von Wentzel, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien, machte auf Optimismus.

Auf einer Pressekonferenz zum heutigen Start des Internationalen Kölner Kunstmarktes (bis 17. November), wischte er gestern alle, in den letzten Wochen an der Verbandsspitze geübte Kritik vom Tisch. Hatte noch tags zuvor der Bundesverband Bildender Künstler (BBK) die Messe als „nicht repräsentativ“ bezeichnet, so ging von Wentzel nun in die vollen. Der Kunstmarkt könne „die Szene deutlicher repräsentieren, als die scheinbar so großen unabhängigen Ausstellungen“ wie die „documenta“ oder die Biennale.

Dieter Ebert, Hauptgeschäftsführer der Kölner Messe- und Ausstellungs GmbH, stieß nach: „In Köln finden sie (die Besucher) alles, was ihr Herz begehrt: Kunst aller Stilrichtungen und Epochen!“ Eine Übertreibung, … Weiterlesen

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Vertrackter Hintersinn: Ionescos „Unterrichtsstunde“ als Jugendstück

Von Bernd Berke

Dortmund. Wo etwas eingeweiht wird, fehlen selten Künste als Dekor. So auch gestern: Zur Eröffnung einer neuen Jugendfreizeitstätte im Dortmunder Ortsteil Rahm steuerte das DO-Kindertheater sogar eine Premiere bei.

Als „Vor-Ort“-Vorstellung ‚gab’s „Die Unterrichtsstunde“ von Eugène lonesco (Inszenierung: Klaus D. Leubner). Dieses Werk eines der Vertreter des „Absurden Theaters“ als Jugendstück anzubieten, ist riskant.

Der Raum, zwischendurch leichter ohne Aufsehen zu verlassen als ein Theater, leerte sich zusehends, obwohl die unter 13-jährigen schon zuvor von Detlev Redinger hinauskomplimentiert worden waren („Vom ,Tapferen Schneiderlein‘ habt ihr mehr!“).

Ein alter Professor (Redinger zwischen Verklemmtheit und Dämonie) erteilt in seiner Wohnung Privatunterricht. Er verwickelt eine junge Schülerin (Gabriele Hintermaier) tief und tiefer in die abgründig-abstrusen Labyrinthe des Wissens. Immer aufgebrachter … Weiterlesen

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Zugeständnisse an den Zeitgeist – Goldonis „Diener zweier Herren“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Handlung soll in Venedig spielen: Truffaldino, stets hungriger Diener, will Kost und Lohn verdoppeln. Also verdingt er sich bei zwei Herren zugleich. Einer von beiden ist aber kein Herr, sondern eine verkleidete Dame und in den anderen verliebt. Bis beide „sich kriegen“, sorgt Truffaldinos doppelte Dienerschaft für tollste Verwicklungen.

Zugeständnis an den Zeitgeist in Wuppertal: Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“, Rohfassung anno 1745 (in der Überarbeitung Roberto Ciullis; Regie: Petra Dannenhöfer), wird in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts transportiert.

„Neue“ deutsche Welle, wohin man blickt. Da kämmt man ölige Haarsträhnen mit Halbstarken-Geste nach hinten, da gibt’s – zum „Capri-Fischer Lied – den Verlobungskuß auf roter Hollywood-Schaukel, das blaßblaue Bühnenbild (Sigrid Greil) wird von Leuchtstoffröhren begrenzt, … Weiterlesen

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Gallige Spielart der Satire – „Scheibenwischer“ zur Raketenstationierung

Von Bernd Berke

Harte Zeiten für Satire. Das Grauen, das derRaketenstationierung folgen könnte, übersteigt die Phantasie. So blieb auch der „Scheibenwischer“ (Traumbesetzung Hildebrandt, Polt, Schneeberger) über weite Strecken nur der Rückgriff auf „Real-Satire“, etwa auf echte Zitate, die in ihrer Hirnrissigkeit für sich sprechen müßten, ohne daß zusätzliche Pointierung vonnöten wäre. Beispiel: Verteidigungsminister Wörners denkwürdige Einlassung, bundesdeutsche Christen würden „das Überleben verabsolutieren“, es also zu wichtig nehmen.

Feingesponnene Satire ist dem drohenden atomaren Holocaust nicht angemessen. Die gallig-makabre Spielart der Entlarvung stand daher diesmal im Vordergrund. Verbitterung über die Zeitläufte ließ wenig Raum für ausgesprochen „brillante“ Passagen. Hildebrandts Start-Solo machte denn auch eher seine Betroffenheit sichtbar. Gelöster wirkte er nur, als es um die Person des Kanzlers ging, welcher sich … Weiterlesen

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