Den Täter vor sich selbst bewahren – Auftakt zur neuen ZDF-Krimiserie „Ein Fall für zwei“

Von Bernd Berke

Im Vorspiel zur Kriminalserie „Ein Fall für zwei“, mit der das ZDF den Zuschauer im Monatsrhythmus bis mindestens 1983 beglücken will, wimmelte es von Zufällen. Erst sagt der Polizeibeamte Jupp Matula (Claus Theo Gärtner) bei einem Prozeß gegen einen Jugendlichen aus, der daraufhin eine Bewährungsstrafe erhält. Dann lernt Matula, anläßlich einer nächtlichen Ruhestörung, die fürsorgliche Schwester des Jugendlichen kennen und – bei einem weiteren überraschenden Zusammentreffen – lieben.

Doch derlei Zufälle, so konstruiert und gewollt sie auch schienen, brachten eine über weite Strecken originelle Handlung in Gang. Schon die Vorspielepisode berechtigte zu der Hoffnung, daß hier die zuletzt immer schlaffer gewordenen „Tatort“-Krimis ernstzunehmende Konkurrenz vom zweiten Kanal bekommen.

Allein die Tatsache, daß es hier weniger darum ging, den Täter dingfest zu machen, als vielmehr darum, ihn vor seiner eigenen Labilität zu bewahren, ermöglichte eine sensible Einführung in die Figuren. Dies wäre bei einer simplen Jagd auf Bösewichter kaum der Fall gewesen. Ins Blickfeld kam auch die zwiespältige Rolle der Polizei, und zwar weitaus wirksamer als im üblichen „Tatort“-Strickmuster der unverbindlichen Selbstironie. Bei Karl-Heinz Willschreis gekonntem Drehbuch hatten offenbar auch die gesellschaftskritischen schwedischen Krimi-Autoren Sjöwall/Wahlöö Pate gestanden.

Was die personelle Grundlage der gesamten Serie ausmachen wird, nämlich daß Anwalt Renz (Günter Strack) Jupp Matula als Privatdetektiv engagiert, kam am Schluß nur ganz nebenbei ins Spiel, ebenso unaufdringlich wie der ganze Film. Kleine Schwächen (warum wurde so ausführlich gezeigt, wie Laura mit Hilfe eines Plattenspielers Krach erzeugt?) übersah man daher gern. „Ein Fall für zwei“ kostet pro Episode 700000 DM, eine US-Krimifolge etwa 80 000 DM. Würde das Niveau der ersten Folge gehalten, so wäre die deutsche Produktion zwar nicht billiger, wohl aber wertvoller.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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