Erhabene Schönheit der Renaissance

Diese Schönheit und Anmut, dieser Stolz, dieses Selbstbewusstsein, diese Eleganz. Seit Wochen beherrschen die von zeitloser Erhabenheit erzählenden „Gesichter der Renaissance“ das Berliner Stadtbild. Überall hängen Plakate und Transparente.

Jetzt endlich ist die Zeit des neugierigen Wartens vorbei. Und das Ergebnis lässt den Betrachter vor Ehrfurcht in die Knie gehen: Das auf der Berliner Museumsinsel gelegene Bode-Museum öffnet die Pforten zu einer opulenten Bilderschau und zeigt mehr als 170 Hauptwerke der Renaissance, Gemälde, Zeichnungen, Medaillen und Büsten, die erstmals zusammen zu sehen sind. Zu den Leihgebern der fragilen und nur selten auf Reise geschickten Kunstwerke gehören die Florentiner Uffizien und der Pariser Louvre, die National Gallery in London und die Sammlung Czartoryski aus Krakau.

Leonardo da Vinci: "Dame mit dem Hermelin" (Portrait der Cecilia Gallerani), 1489/90, Copyright bpk/Scala

Leonardo da Vinci: "Dame mit dem Hermelin" (Portrait der Cecilia Gallerani), 1489/90, Copyright bpk/Scala

Ob Sandro Botticelli oder Filippo Lippi, Domenico Ghirlandaio oder Gentile Bellini, Antonio del Pollaiuolo oder Andrea d´Assisi: Kaum einer der großen italienischen Meister, die im 15. Jahrhundert die Kunst revolutionierten, sie aus den Zwängen der Kirche befreiten und das selbstbewusste Antlitz des Finanzadels künstlerisch veredelten, fehlt in der grandiosen Schau. Natürlich auch nicht Leonardo da Vinci. Seine „Dame mit Hermelin“ (1489/90) ist Höhe- und Schlusspunkt der Kunst-Exkursion, die zu einem ästhetischen Erlebnis wird. Dass das Bildnis der etwas spöttisch und missgelaunt über ihre Schulter in eine abstrakte Ferne schauenden Cecilia Gallerani überhaupt von Krakau nach Berlin reisen durfte, ist eine Sensation: leider eine von begrenzter Dauer. Denn schon Ende Oktober (vier Wochen vor Ende der Ausstellung) muss das Bild zur großen Leonardo-Schau nach London reisen. Und ins Metropolitan Museum of Art darf die schöne Dame schon gar nicht: Für die zweite Station der Ausstellung über die „Gesichter Renaissance“ in New York (19.12. 2011-18.3.2012) wird es ein neues Glanzstück geben müssen.

Sandro Botticelli "Profilbildnis einer jungen Frau" (Simonetta Vespucci?), um 1476, Copyright Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Jörg P. Anders

Sandro Botticelli "Profilbildnis einer jungen Frau" (Simonetta Vespucci?), um 1476, Copyright Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Jörg P. Anders

Trotzdem: Für Michael Eisenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, ist das, was in Berlin seinen Anfang nimmt und in New York weitergeführt wird, die „weltweit größte und bedeutendste Ausstellung zur Portrait-Kunst der italienischen Renaissance“. Da hat er Recht.

Den Ausgangspunkt bildet Florenz, weil dort das autonome Portrait erstmals in großer Zahl auftritt. Danach richtet sich der Blick auf die Höfe von Ferrara, Mantua, Bologna, Mailand, Neapel und des päpstlichen Rom. Schließlich geht es nach Venedig, wo sich die Portrait-Kunst erst mit Verspätung etablierte. Der durch ein schummriges Halbdunkel flanierende Betrachter macht überall wunderbare Entdeckungen, sieht inszenierte Machtfülle (Botticellis „Bildnis des Giuliano de´Medici“) und überirdische Schönheit (Pollaiuolos „Bildnis einer Dame“).

Andrea Mantegna: "Bildnis des Kardinals Ludovico Trevisano", um 1459, Copyright Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Jörg P. Anders

Andrea Mantegna: "Bildnis des Kardinals Ludovico Trevisano", um 1459, Copyright Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Jörg P. Anders

Der Kunstflaneur wird Zeuge, wie sich das Einzelportrait, das früher nur Herrschern und historischen Persönlichkeiten vorbehalten war, zur autonomen, vielgestaltigen Kunstform entwickelt. Doch wer Italiens künstlerischen Beitrag zur Erfindung von Individualität und Identität miterleben will, braucht Geduld. Aus konservatorischen und ästhetischen Gründen werden immer nur 300 Besucher auf einmal zugelassen. Da werden sich lange Schlangen bilden.

Filippo Lippi: "Bildnis eines Mannes und einer Dame", um 1440, Copyright The Metropolitan Museum of Art, New York

Filippo Lippi: "Bildnis eines Mannes und einer Dame", um 1440, Copyright The Metropolitan Museum of Art, New York

Die Wartezeit kann man sich dann mit einer aufs Mobiltelefon herunter geladenen kostenlosen Online-Applikation versüßen: Die „App“ hat unzählige Kunstwerke und Kommentare, Künstlerbiografien und Videos im Angebot. Ob der Kunstliebhaber allerdings auch Statements von Hair-Stylist Udo Walz oder Modemacher Wolfgang Joop hören und sehen will, sei dahin gestellt. Diesen zeitgeistigen Firlefanz hat die zeitlos schöne Ausstellung gar nicht nötig.

Infos:

+ „Gesichter der Renaissance – Meisterwerke italienischer Portrait-Kunst“, bis 20. November 2011, Fr – Mi 10 -18 Uhr, Do 10 – 22 Uhr.
+ Bode-Museum, Museumsinsel Berlin, Am Kupfergraben 1, 10117 Berlin,
+ Rund 170 Meisterwerke der italienischen Renaissance (Gemälde, Zeichnungen, Medaillen, Büsten), zusammengetragen aus über 50 Museen.
+ Danach im New Yorker Metropolitan Museum of Art, 19.12. 2011-18.3.2012,
+ Service und Tickets unter www.smb.museum/gesichter,
+ Eintritt: 14 Euro, ermäßigt 7 Euro,
+ Katalog: In der Ausstellung 29 Euro, im Buchhandel 47,50 Euro

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