Monatsarchive: Oktober 2006

Wo ist denn bloß der Bär geblieben? – Köln: Musical „Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär“ nach Walter Moers uraufgeführt

Von Bernd Berke

Köln. Es beginnt vielversprechend: Käpt’n Blaubär sitzt gemütlich im Sessel und schickt sich an, auf gut Hamburgisch sein Seemannsgarn zu spinnen. Ganz so, wie wir ihn kennen und ins Herz geschlossen haben. Strahlende Vorfreude bei 1400 Zuschauern im Musical-Zelt am Kölner Südstadion: Das wird bestimmt ein feiner Abend!

Dann jedoch nimmt die Sache musikalische Fahrt auf und verliert im Getümmel zusehends die Fährte des Bären. Anders als vorab auf Probenfotos zu sehen, legt Blaubär-Darsteller Björn Klein gleich die drollige Tiermaske ab und agiert fortan als ganz gewöhnlicher, etwas naiver junger Mann, der halt eine blaue Hose und einen roten Pullover trägt. Sein Bärendasein ist nur noch bloße Behauptung.

Der Regisseur mag nichts riskieren

Gewiss: Grundlinien aus Walters … Weiterlesen

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„Der deutsche Buchmarkt ist mörderisch“ – Gespräch mit dem Dortmunder Krimi-Verleger Rutger Booß

Von Bernd Berke

Dortmund. Die Verteilungskämpfe im deutschen Buchhandel werden deutlich härter. Die WR sprach mit dem Dortmunder Verleger Rutger Booß („Grafit“-Krimis) über die aktuelle Situation.

Wenn jemand heute einen Buchverlag gründen wollte, würden sie zu- oder abraten?

Rutger Booß: Es wäre ein extrem hohes Risiko, weil schon alle Programm-Nischen besetzt sind. Es sei denn, man hätte eine ganz geniale Idee.

Gibt es weitere Risiken?

Booß: Wir haben generell einen gesättigten Buchmarkt, ein Überangebot bei tendenziell schrumpfender Leserzahl – Stichwort Bevölkerungsentwicklung. Die Titelproduktion müsste eigentlich reduziert werden, doch fast alle Verlage bringen Jahr für Jahr mehr heraus. Die Großverlage wollen damit vielfach nur Ausstellungsflächen in den Buchhandlungen besetzen. Um Inhalte geht es weniger. In dieser Titelflut verschwinden 75 Prozent aller … Weiterlesen

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„Bio“ erzählt seine Fernsehgeschichte – Alfred Biolek begibt sich auf Bühnentournee / Auftakt in Köln mit Harald Schmidt

Von Bernd Berke

Köln. Wenn ein Bühnenabend „Mein Theater mit dem Fernsehen“ heißt, erwartet man womöglich Enthüllungen. Aber doch nicht bei Alfred Biolek! Dieser Menschenfreund begleicht keine offenen Rechnungen, schon gar nicht öffentlich. Er erinnert sich einfach an über 40 Jahre Fernsehgeschichte, die er hie und da mitgeprägt hat. Am Samstag war im Kölner Schauspielhaus Premiere, nun beginnt eine ausgedehnte Tournee.

Biolek sitzt sinnend auf der Bühne, plaudert von früher und „zappt“ sich dabei durch „Best of „-Ausschnitte aus seinen zahlreichen TV-Sendungen, die man auf einer Großbildwand sieht. Da ist man also Theaterbesucher, doch gleichzeitig auch irgendwie „Couch-Kartoffel“. Jedenfalls darf man nostalgieren: Anfangs gab Biolek (noch in Schwarzweiß) gut gemeinte Tipps für Autofahrer. Als spürsinniger Produzent holte er später u. … Weiterlesen

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Die neue Sehnsucht nach dem Land – Interview mit Florian Illies über sein Buch „Ortsgespräch“

Von Bernd Berke

Mit „Ortsgespräch“ legt der Autor Florian Illies („Generation Golf“) jetzt ein Buch über seine kleinstädtische Herkunft vor. Die teilweise wehmütigen Schilderungen und Anekdoten führen zurück in seine Kindheit im hessischen Heimatort Schlitz, der gewiss für viele deutsche Provinzen steht. Die WR sprach mit Florian Illies über Stadt, Land und ein neuerdings gewandeltes Lebensgefühl.

Sind Sie der Metropolen überdrüssig?

Florian Illies: Nein. ich lebe sehr gern in Berlin. Doch in den letzten Jahren kann man ein auffälliges Phänomen beobachten: Leute aus meiner Generation bekennen sich, wieder zu ihrer provinziellen Herkunft. Früher sagten sie verschämt: Ich komme aus der Nähe von…Dortmund, Frankfurt, München oder dergleichen. Sie waren froh, endlich in der großen Stadt zu wohnen. Nun aber gibt es … Weiterlesen

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Günter Grass: „Ich lasse mich nicht mundtot machen“ – Der Schriftsteller beim Leseabend der RuhrTriennale

Von Bernd Berke

Duisburg. Von der heftigen Debatte um sein spätes Waffen-SS-Geständnis mag Günter Grass am liebsten nichts mehr hören: „Ich lasse mich nicht mundtot machen“, sagte er jetzt als Gast der RuhrTriennale in Duisburg.

Dem Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Frank Schirrmacher, warf der Literaturnobelpreisträger vor, ihn mit verdrehten Tatsachen als Schriftsteller und öffentliche Person demontieren zu wollen. Überhaupt sei ihm in den letzten Wochen aus manchen Medien „Hass und Vernichtungswillen“ entgegengeschlagen. Grass fügte hinzu, er habe sich gefühlt, als wäre er nun „frei zum Abschuss.“

Doch er .werde als Künstler alle Angriffe überleben und er werde nicht weichen, sondern sich weiterhin in gesellschaftliche Diskussionen einmischen. Grass: „Daran ist ja die Weimarer Republik zerbrochen – dass zu wenige … Weiterlesen

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Der Autor als inszeniertes Phänomen – Gespräch mit Klaus Modick über seinen Roman „Bestseller“

Es ist die Satire zum Literaturbetrieb schlechthin. In seinem Roman „Bestseller“ entwirft der Autor Klaus Modick eine aberwitzige Strategie: Man nehme den Tagebuch-Fund einer Erbtante, randvoll mit unausgegorenen NS-Erinnerungen. Dann schreibe man den Stoff zur Kolportage mit Liebesdramen um – und finde eine besonders hübsche Frau, die dafür als Autorin aus der Enkelgeneration die Bühne betritt. Fertig ist der Bestseller. Wäre es wirklich so einfach? Ein Gespräch mit Modick auf der Frankfurter Buchmesse.

Frage: Wie groß ist der Wirklichkeits-Anteil an Ihrem Roman?

Klaus Modick: Ziemlich groß. So geht’s tatsächlich ab im Literaturbetrieb. Das Buch speist sich aus meinen langjährigen Erfahrungen als Autor. Der Plot ist frei erfunden, aber es hätte so ähnlich passieren können. So furchtbar stark musste ich die … Weiterlesen

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Gespräch mit Feridun Zaimoglu: Ein böses Schillern mitten in unserer Gesellschaft

Der deutsch-türkische Schriftsteller Feridun Zaimoglu war kürzlich Teilnehmer des „Islam-Gipfels“, zu dem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eingeladen hatte. Ein Gespräch mit Zaimoglu auf der Frankfurter Buchmesse.

Wie haben Sie die Vorgänge um die Absetzung der Mozart-Oper „Idomeoneo“ in Berlin erlebt?

Feridun Zaimoglu: Jedenfalls will ich nicht mit dem Chor der Wölfe heulen. Plötzlich wimmelte Deutschland von Aufklärungs-Hysterikern, die gesagt haben: Wir dürfen nicht vor dem Islam einknicken. Die Politiker haben doch erst die Droh- und Druckkulisse aufgebaut. Ein Schmierentheater. Diese Leute sollen sich mal entspannen. Ich bin für Bodenhaftung. Man muss nicht gleich alles symbolisch und ideologisch aufladen wie diese Aufklärungs-Spießer.

Erklären Sie uns diesen Begriff? Sonst ist „Aufklärung“ doch positiv besetzt, oder?

Zaimoglu: Ich sage als Deutscher, der dieses Land … Weiterlesen

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