Schlagwort-Archive: Günter Grass

Nobelpreisträger und St.-Pauli-Fan: Im Leben des Schriftstellers Günter Grass spielte der Fußball eine nicht eben geringe Rolle

Günter Grass im historischen Zeitungsartikel, Fußballmuseumsdirektor Manuel Neukirchner (rechts), Jörg-Philipp Thomsa vom Lübecker Grass-Haus (links). (Foto: Deutsches Fußballmuseum)

Von Günter Grass weiß Jörg-Philipp Thomsa zu berichten, dass er leidenschaftlich gerne Sportschau guckte. „Da durfte man ihn nicht stören.“ 2006 lernte der Leiter des Lübecker Günter-Grass-Hauses den Nobelpreisträger persönlich kennen und erinnert sich, dass dieser ihn damals zügig in ein Gespräch über Fußball verwickelte.

Bestimmt, glaubt Thomsa, hätte Grass sich sehr über das Gemeinschaftsprojekt von Grass-Haus und Dortmunder Fußballmuseum gefreut, das nun unter dem Titel „Günter Grass: Mein Fußball-Jahrhundert“ Gestalt angenommen hat. Grass, der Fußball-Fan: nicht eben das erste, was einem zum Schöpfer der „Blechtrommel“ einfällt.

„Mein Jahrhundert“

Nun – auch wenn der Titel anderes suggeriert: Ein Buch mit dem Titel … Weiterlesen

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„Diese gebrochene Landschaft“ – Günter Grass 2010 in der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet

Grass im Landschaftspark

Grass im Landschaftspark

„Mehr Licht – Die europäische Aufklärung weiter gedacht“ hieß das große Kulturhauptstadt-Projekt, das das Literaturbüro Ruhr 2010 auf die Bühnen des Reviers brachte. Neben anderen Themen handelte dieses Projekt auch von „Sprachkritik als Praxis kritischen Denkens“ und von der „Verantwortung des Intellektuellen“.

Als Gast im Theater Bochum und im Landschaftspark Meiderich las Günter Grass dazu aus seinem Buch „Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache“. Entgegen allen Gerüchten, Grass sei ein grantiger, spröder, alles dominieren wollender eitler Großschriftsteller, traf ich auf einen freundlichen, offenen, warmherzigen Gesprächspartner, der sehr gut zuhören konnte.

Aufklärung und Sprache Günter Grass hat sich zeitlebens beharrlich mit der Dialektik und dem Elend der Aufklärung auseinandergesetzt – und er sah trotz aller Fehlentwicklungen … Weiterlesen

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Der Geschichte ein Gesicht geben: Erinnerung an eine Dortmunder Lesung mit Günter Grass

Die Revierpassagen sind nun mal ein Blog mit regionalem Schwerpunkt im Ruhrgebiet. Daher hier eine kleine Erinnerung an einen Auftritt des heute verstorbenen Günter Grass im Harenberg City Center zu Dortmund. Wer dabei war, wird heute daran denken: Es war am Sonntag, 19. September 1999; drei Tage, bevor ihm der Literaturnobelpreis zugesprochen wurde. Ich schrieb damals für die „Westfälische Rundschau“:

Dortmund. Immenser Andrang zur neuesten Folge der Reihe „Kultur im Tortenstück“ im Dortmunder Harenberg City Center: Als Günter Grass aus seinem Buch „Mein Jahrhundert“ las, lauschten ihm über 500 Menschen andächtig. Wäre mehr Platz gewesen, so wären gewiss doppelt so viele gekommen.

Zuerst fielen die Farben auf: Nicht nur, weil im Hause zugleich eine Ausstellung mit Grass’ Lithographien und seinen … Weiterlesen

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Abschied vom „lebenslustigen Pessimisten“ – zum Tod des Schriftstellers Günter Grass

Es gab Zeiten, da war sein Ruhm kaum noch zu steigern. Als Günter Grass im Herbst 1999 den Literaturnobelpreis bekam, war er auf dem Gipfel der weltweiten Reputation angelangt. Heute ist Deutschlands gewichtigster „Großschriftsteller“ der Gegenwart mit 87 Jahren gestorben.

Über die Toten nur Gutes, heißt es. Doch manches kann und soll man nicht verschweigen: Die moralische Instanz, die Grass über Jahrzehnte gewesen ist, hat leider Risse bekommen. Sein allzu spätes Eingeständnis, mit 17 Jahren Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein, hat die Nation im Sommer 2008 wochenlang bewegt. Vor allem auch konservative Gestalten, die der betont linksliberale Grass zuvor vielfach mit seinen (zuweilen auch polemischen) Äußerungen verärgert hatte, witterten nun ihre Chance auf Revanche. Sie warfen ihm anmaßende Selbstgerechtigkeit … Weiterlesen

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Der Mann mit den wuchtigen Meinungen – Zum Tode von Marcel Reich-Ranicki

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (Foto: Dirk Vogel / http://www.vogelgrafie.blogspot.de)

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (Foto: Dirk Vogel / http://www.vogelgrafie.blogspot.de)

Prägnante Szene bei einer schon länger zurückliegenden Frankfurter Buchmesse: Am Stand der Deutschen Verlagsanstalt (DVA) wird Marcel Reich-Ranicki von Bewunderern umlagert wie ein Popstar. Einer ruft ihm die (wahrhaft müßige) Frage zu, wer denn wohl der größte russische Autor aller Zeiten sei. Von ihm hat man eben literarische Urteile wie von einer höchstrichterlichen Instanz erwartet.

Jetzt wird diese Instanz für immer fehlen. Marcel Reich-Ranicki, der mit Abstand prominenteste Literaturkritiker deutscher Zunge, der sogar vielen Banausen ein flüchtiger Begriff war, ist heute im Alter von 93 Jahren gestorben.

Der „Großkritiker“ ließ sich damals in Frankfurt – wie üblich – nicht lange bitten, mochte sich freilich in jenem Falle nicht so recht festlegen: … Weiterlesen

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Gestern, heute, morgen am liebsten keine Grass-Debatte

Schon von Anfang an haben mich ein Unbehagen und eine ausgeprägte Unlust beschlichen, mich in die allfällige Grass-Debatte zu mengen. Schnellfertige Schuldzuweisungen, harsche Positionierungen und Denkverbots-Umständlichkeiten waren zu erwarten. Tatsächlich hat sich das mediale Gestrüpp inzwischen derart verheddert, wie man es aus manchen früheren Grass-Debatten kennt. Grass selbst möchte jetzt nicht mehr so recht zu seinem „Gedicht“ (literarisch drittklassig, weil platte Meinungsprosa, vom Inhalt mal abgesehen) stehen und sagt, er hätte es anders formulieren sollen. Mit anderen Worten: Die sprachlichen Mittel stehen ihm offenbar nicht mehr zu Gebote, er schreibt tatsächlich mit „letzter Tinte“.

Doch nun kein Wort mehr davon. Möge das Gerede über den eitlen Großdichter bald wieder abschwellen. Es gibt so vieles, was nicht gesagt werden mus…… Weiterlesen

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Ein Mann und acht Kinder – Günter Grass‘ neuer Band „Die Box“

Man kennt das von früher: Gelegentlich wurde man zu Dia-Abenden eingeladen – und die konnten sich arg hinziehen. Heute zeigt man Fotos gern auf dem Laptop, digital sind’s noch mehr als ehedem. Warum diese Einleitung? Weil uns Günter Grass jetzt gleichsam zum literarischen Diavortrag einlädt. Schier uferlos erzählt er dabei Anekdoten über seine vielen Kinder.

Um das Mindeste zu sagen: Acht Kinder mit vier Frauen stehen biographisch zu Buche, davon sechs „eigene” und zwei, die halt innig zur Patchwork-Familie hinzu gehören. Vielleicht, so lässt Grass in seinem neuen Buch „Die Box” durchblicken, gebe es ja irgendwo sogar noch weiteren Nachwuchs. „Mariechen”, der zierliche, ebenso mädchen- wie hexenhafte Hausgeist dieses Buches, fasst es in diese Worte: „Achachach. Son Kuddelmuddel.” Das alles … Weiterlesen

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Günter Grass wird 80: Lebenslustiger Pessimist

Es gab Zeiten, da war sein Ruhm kaum noch zu steigern. Als Günter Grass im 1999 den Literaturnobelpreis bekam, war er auf dem Gipfel der weltweiten Reputation angelangt.

Doch die moralische Instanz, die er über Jahrzehnte gewesen ist, hat Risse bekommen. Sein allzu spätes Eingeständnis, mit 17 Jahren Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein, hat die Nation im Sommer 2006 wochenlang bewegt. Vor allem konservative Geister, die der linksliberale Grass zuvor vielfach mit polemischen Äußerungen verärgert hatte, witterten nun ihre Chance auf Revanche. Sie warfen ihm anmaßende Selbstgerechtigkeit vor. Aber waren sie selbst frei davon?

Das Lebenswerk des Mannes, der am 16. Oktober 80 Jahre alt wird, hat jedoch Bestand. Und sein Publikum hat treu zu ihm gehalten. Zudem wird … Weiterlesen

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Elke Heidenreich und ihr Ekel vor zwei alten Männern – Literaturkritikerin attackiert Günter Grass und Martin Walser

Von Bernd Berke

Ach, wie sanftmütig und human geht es doch in den Gefilden der Literatur zu. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, befand schon Schiller – und sah Dichter mit höheren Weihen gewiss als leuchtende Vorbilder. Doch in Wahrheit ist es leider oft anders.

Kaum ein Feld, auf dem so viel Missgunst und Eitelkeit herrschen wie im schöngeistigen Bezirk. Nicht von ungefähr gibt’s einen üppigen Sammelband mit dem Titel: „Dichter beschimpfen Dichter“. Mitunter führen sich Poeten und Romanciers wie die sprichwörtlichen Kesselflicker auf.

Ähnlich ruppig kann es zugehen, wenn prominente Literaturkritiker sich ins Spiel bringen. Aktuelles Beispiel: Die unappetitliche Fehde zwischen der Rezensentin Elke Heidenreich und den (hauptsächlich in Ehren) ergrauten Autoren Günter Grass und Martin Walser. Sie … Weiterlesen

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Günter Grass: „Ich lasse mich nicht mundtot machen“ – Der Schriftsteller beim Leseabend der RuhrTriennale

Von Bernd Berke

Duisburg. Von der heftigen Debatte um sein spätes Waffen-SS-Geständnis mag Günter Grass am liebsten nichts mehr hören: „Ich lasse mich nicht mundtot machen“, sagte er jetzt als Gast der RuhrTriennale in Duisburg.

Dem Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Frank Schirrmacher, warf der Literaturnobelpreisträger vor, ihn mit verdrehten Tatsachen als Schriftsteller und öffentliche Person demontieren zu wollen. Überhaupt sei ihm in den letzten Wochen aus manchen Medien „Hass und Vernichtungswillen“ entgegengeschlagen. Grass fügte hinzu, er habe sich gefühlt, als wäre er nun „frei zum Abschuss.“

Doch er .werde als Künstler alle Angriffe überleben und er werde nicht weichen, sondern sich weiterhin in gesellschaftliche Diskussionen einmischen. Grass: „Daran ist ja die Weimarer Republik zerbrochen – dass zu wenige … Weiterlesen

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Auf dem Markt der Meinungen – die Debatte um Grass und die Waffen-SS

Von Bernd Berke

Bitte, bitte, lasst die Debatte um Günter Grass und seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS nun langsam ausklingen! Lesen und Nachdenken wären jetzt erst einmal eine prima Alternative.

Seit einer Woche wogen Rede und Widerrede hin und her, drunter und drüber. Jede halbwegs prominente Gestalt hat sich mittlerweile geäußert, nur der Philosoph Jürgen Habermas nicht. Oder haben wir da im Getümmel etwas überhört? Der Meinungsmarkt ist übersättigt. Derlei aufgeregte Diskussionen bekommen wir wohl nur am Standort Deutschland hin. Vor allem erzkonservative Gemüter haben die Gelegenheit, ihrem langjährigen Widersacher Grass etwas heimzuzahlen, weidlich genutzt.

Besonders markig war der Aufschrei des Flensburger CDU-Hinterbänklers Wolfgang Börnsen, der in der „Bild“-Zeitung forderte, Grass solle seinen Nobelpreis zurückgeben. Börnsen wurde daraufhin von einer … Weiterlesen

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Das Ende der Vorurteile – Kinofilm „Unkenrufe“ nach der Erzählung von Günter Grass

Von Bernd Berke

Fürs „Buch zum Film“ hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass ein Vorwort geschrieben. Er ist also wohl gnädig einverstanden mit der Adaption seiner 1992 erschienenen Erzählung „Unkenrufe“.

Leicht kann die Umsetzung nicht gewesen sein, denn Grass hat vielfach mit indirekter Rede und erzählerischen Mutmaßungen gearbeitet. Das alles musste fürs Kino konkretisiert, auf Figuren verteilt, zugespitzt oder ausgelassen werden. Daran gemessen, ist der Film des polnischen Regisseurs Robert Glinski passabel geraten. Und er bebildert getreulich manche sinnliche Grass-Spezialitat: von lukullischen Genüssen bis zum pittoresken Rikscha-Dienst mitten in Danzig, der auf die Kalkutta-Aufenthalte des Autors zurückgeht.

1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer: Der Bochumer Kunsthistoriker Alexander Reschke forscht in seiner (und Grass‘) Geburtsstadt Danzig, die bekanntlich seit1945 Gdansk heißt … Weiterlesen

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Buchesse als Rummelplatz der Auflagen-Giganten – die Auftritte des Literaturnobelpreisträgers Grass und des Kritiker-Papstes Reich-Ranicki

Aus Frankfurt berichtet Bernd Berke

Auftritt der Auflagen-Giganten gestern auf der Frankfurter Buchmesse: Zuerst begab sich Literaturnobelpreisträger Günter Grass vor die Presse, dann wurde sein kritischer Widersacher Marcel Reich-Ranicki am Verlagsstand umlagert wie ein Popstar.

Grass‘ noble Geste: Damit über seiner eigenen Auszeichnung der „Alternative Nobelpreis“ nicht etwa vergessen werde, stand er gemeinsam mit dessen Träger, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer, Rede und Antwort. Scheer setzt sich seit Jahren unermüdlich für die Sonnenenergie ein. Beide befanden, Grass habe die nahende ökologische Katastrophe seinem Roman „Die Rättin“ visionär geahnt.

So inständig man auch über Sonnenenergie als Abhilfe reden wollte, die Frage nach dem roten Tuch der SPD, Oskar Lafontaine, ließ sich einfach nicht vermeiden. Der hatte – wie berichtet – am Mittwoch … Weiterlesen

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Günter Grass: Streitbar ist der Geist – Der deutsche Schriftsteller erhält in diesem Jahr den Literaturnobelpreis

Von Bernd Berke

Seit so vielen Jahren stand Günter Grass immer wieder ganz oben auf den Favoritenlisten, wenn es an die Vergabe des Literaturnobelpreises ging. Nun endlich ist es so weit: Grass, der bereits 1959 mit der „Blechtrommel“ seinen wohl nachhaltigsten Bucherfolg hatte, wurde vom schwedischen Komitee auserkoren.

Noch vor wenigen Tagen, am 19. September, hatte Grass (auch auf Einladung der Westfälischen Rundschau) in Dortmund aus seinem neuen Buch „Mein Jahrhundert“ vorgelesen. Dabei wirkte er so vital und entspannt, als wüsste er schon Bescheid…

Selbst der „Kritikerpapst“ Marcel Reich-Ranicki bedauert längst, dass er Grass‘ „Blechtrommel“-Roman seinerzeit weit unterschätzt habe. Wenn man jetzt in Reich-Ranickis gerade erschienenen Lebenserinnerungen die Schilderung seiner allerersten Begegnung mit Grass liest, so spürt man die starke … Weiterlesen

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Günter Grass: Der Gesichte ein Gesicht geben – Dortmunder Lese-Auftritt mit dem Buch „Mein Jahrhundert“

Von Bernd Berke

Dortmund. Rekordandrang zur „Kultur im Tortenstück“ im Dortmunder Harenberg City Center: Als Günter Grass gestern aus seinem Buch „Mein Jahrhundert“ las, lauschten ihm über 500 Menschen andächtig. Wäre mehr Platz gewesen, so wären gewiss doppelt so viele gekommen.

Zuerst fielen die Farben auf: Nicht nur, weil zugleich eine Ausstellung mit Grass‘ Lithographien und seinen farbenfrohen Original-Aquarellen zum Buch eröffnet wurde. Grass, mit dunkelgelbem Jackett und Weste angetan, erquickte sich auf dem Lesepodium aus einem Glase, das einen guten Rotwein darbot. Auch das ist Kultur.

Ein gemütlicher Frühschoppen also? Keineswegs. Der 71-Jährige hatte am Abend zuvor in Köln gelesen und hatte gestern noch einen Auftritt in Duisburg vor sich. Dortmund war freilich nicht nur das mittägliche Zwischenspiel, sondern … Weiterlesen

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Immerzu Krieg mit Pausen – Günter Grass zieht in seinem neuen Buch „Mein Jahrhundert“ Bilanz

Von Bernd Berke

Alle ziehen Bilanz, auch Günter Grass. Im letzten von 100 Texten seines Buchs „Mein Jahrhundert“ läßt er seine verstorbene Mutter auferstehen. Und also redet sie 1999: „Nun aber soll ich erzählen, wie es früher gewesen ist. Sag ich ja, Krieg war, immerzu Krieg mit Pausen dazwischen“.

Jedem Jahr des verfließenden Jahrhunderts ist im „neuen Grass“ ein kurzer Text gewidmet. Nach der Lektüre muß man glauben, dies sei in seinen Untiefen vor allem eine deutsche Epoche gewesen. Nur sporadisch schweift der Blick über die Grenzen.

Die schlimmen Zeiten beginnen gleich anno 1900, als ein bayerisches Regiment auf Kaisers Befehl ausrückt, um den Boxeraufstand in China niederzuschlagen. Als Wegmarken folgen die Weltkriege mitsamt allen Vor- und Nachwehen, mit Massenarbeitslosigkeit, … Weiterlesen

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Wenn die Zeit den Dichter krank macht – ein Gespräch mit Peter Rühmkorf auf der Buchmesse

Von Bernd Berke

Frankfurt. Peter Rühmkorf, 1929 in Dortmund geboren, zählt zu den versiertesten Sprach-Artisten der deutschen Literatur. Jetzt ist sein Werk „Tabu 1 – Tagebücher 1989-1991″ (Rowohlt, 624 Seiten, 54 DM) erschienen, scharfzüngige Zeitschau der „Wende“-Phase aus erschütterter linker Sicht – und bewegender Bescheid von den Leiden des Alterns. Ein Gespräch auf der Frankfurter Buchmesse:

Sie Verraten in Ihrem Buch einige peinliche Dinge über Prominente. Zum Beispiel, daß der Dramatiker Rolf Hochhuth gelegentlich Selbstgespräche auf öffentlichen Toiletten führt. Ist das nicht Tratsch?

Peter Rühmkorf: Ich wollte kein Schlüsselloch-Buch schreiben. Trotzdem sind mir im Laufe der Jahre einige kleine Szenen über den Schirm gehuscht, die ich mitgenommen habe.

Am wenigsten haben Sie sich selbst geschont. Sie schildern detailliert ihre körperlichen … Weiterlesen

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Neuer Grass-Roman erhitzt die Gemüter – Heftiger Streit nach Reich-Ranickis Verriß im „Spiegel“

Von Bernd Berke

Schon lange hat es keine solch heftige Debatte mehr über Literatur gegeben wie jetzt, anläßlich des neuen Grass-Romans „Ein weites Feld“. Anlaß zur Freude? Nicht bei näherer Betrachtung. Denn es geht ja kaum noch um Literatur.

Für Aufruhr sorgt der gestrige „Spiegel“. Marcel Reich-Ranickis mehr als barsche Kritik an dem Buch („ganz und gar mißraten“) lieferte die Titelgeschichte, und eine Fotomontage auf dem Cover zeigt den gefürchteten Rezensenten-Papst, wie er Günter Grass‘ 784-Seiten-Opus buchstäblich in der Luft zerreißt – ritsch, ratsch! Reichlich geschmacklos, fürwahr.

Offenbar geht das Kalkül auf: Das Hamburger Magazin provozierte genau die Reaktionen, die es wohl beabsichtigt hatte. Grass selbst hat dem „Spiegel“ gestern den Abdruck eines fertigen Interviews untersagt. Der Göttinger Grass-Verleger Gerhard … Weiterlesen

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Ist Sprache nur mit Schuld beladen? – Kontroverse Debatte über Schreiben in gewaltsamer Zeit

Von Bernd Berke

Düsseldorf. Kann man der rechten Gewalt mit Worten Einhalt gebieten? Darf man dabei hoffnungsvolle Gegen-Begriffe wie „Solidarität“ und „Utopie“ noch ganz unschuldig verwenden, als seien sie nicht vom zerfallenen Kommunismus in Mißkredit gebracht worden? Um solche gewichtigen Fragen drehte sich jetzt eine prominent besetzte Autorendiskussion beim Jahrestreffen des bundesdeutschen P.E.N.-Zentrums in Düsseldorf.

Motto des Abends und der gesamten Tagung der Autorenvereinigung: ein vieldeutiger Satz von Roland Barthes, der da lautet „Sprache ist niemals unschuldig“. Moderator Klaus Bednarz (ARD-„Monitor“) wählte als Einstieg in die Debatte über „Schreiben in gewalttätiger Welt“ eine Brecht-Geschichte vom „Herrn Keuner“. Der begegnet der Gewalt, indem er sie zwar nicht bejaht, aber zuwartet, bis sie endlich entkräftet von selbst verschwindet – und erst dann … Weiterlesen

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Grass: Das Geschenk der Einheit vergeudet – Kritische Töne auf der Frankfurter Buchmesse

Von Bernd Berke

Frankfurt. Ein Hauptgeschäft bei der Buchmesse ist der Verkauf internationaler Nachdruck-Lizenzen. Wenn dieser Handel getan ist, beginnt ein womöglich noch schwierigeres „Geschäft“, das der Übersetzung.

Nicht jeder Autor kann sich gleich mit einem ganzen Kranz renommierter Dolmetscher umgeben wie Günter Grass, der sich gestern in Frankfurt mit einem Dutzend beinahe anonymer Sprachkünstler aufs Podium begab, die just seinen umstrittenen Bestseller „Unkenrufe“ in alle möglichen Idiome übertragen haben — von Katalanisch bis Türkisch, von Dänisch bis Polnisch. Welche Untiefen sich dabei auftun können, machte der polnische Übersetzer deutlich, der die Aufgabe hatte, gebrochenes Deutsch redende Polen sprachlich ins Polnische „hinüberzuretten“.

„Auschwitz immer mitdenken“

Einmütig stellten die Übersetzer fest, daß Grass‘ Roman mit seiner Kritik an deutschen Zuständen allerorts … Weiterlesen

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DDR-Verlage suchen neues Profil – und Günter Grass setzt Kritik an der Wiedervereinigung fort

Von Bernd Berke

Frankfurt. Günter Grass läßt nicht locker. Der prominente Schriftsteller und Gegner der deutschen Vereinigung zieht auch auf der Frankfurter Buchmesse gegen die von ihm befürchtete neudeutsche Großmächtigkeit zu Felde und attackiert dabei auch das Fernsehen, das nur durch geschickte Schaltungen und Schnittfolgen vermocht habe, den falschen Eindruck volksfestartigen Jubels am Vereinigungstag zu vermitteln.

Grass und sein Diskussionspartner Kenzaburo Oe, einer der wichtigsten japanischen Autoren, machten beim jeweils eigenen Volk expansive, aggressive und fremdenfeindliche Tendenzen aus.

In einer anderen Halle des Messegeländes hatte kurz zuvor der Wiener „Verlag für Gesellschaftskritik“ ein etwas weniger gut besuchtes Gespräch u. a. mit dem Zukunftsforscher Robert Jungk veranstaltet. Dort warf man gar die Frage auf, ob das vergrößerte Deutschland geneigt sein könnte, … Weiterlesen

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Bilder als Keimzellen für Romane – Graphik-Kalender von Günter Grass in Aachen vorgestellt

Von Bernd Berke

Aachen. „Ich komme immer wieder gern in die Provinz“, freute sich Günter Grass. Dort wisse man Ereignisse wie Ausstellungseröffnungen nämlich noch zu schätzen.

Grass sprach in eigener Sache: Der in Berlin lebende Autor von „Blechtrommel“ und „Butt“ kam gestern nach Aachen, um im dortigen Georgi-Verlagshaus seine Radierungen aus den letzten drei Jahren vorzustellen (Theaterstraße 77, bis Juni, außerdem Farbholzschnitte von Andreas Feiger). Was nur wenige seiner Leser wissen: Grass ist vom Fach. Nach einer Steinmetzlehre in Düsseldorf hat er an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin studiert.

Verhältnismäßig spät wurde Grass als Schriftsteller bekannt. Dieses Metier kann er aber auch dann nicht verleugnen, wenn er graphisch arbeitet: „Mit Bildern kontrolliere ich das Geschriebene.“ Habe er eine … Weiterlesen

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