Als Winnetou bleibt er unsterblich: Abschied vom Schauspieler Pierre Brice

Pierre Louis Baron Le Bris ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Hierzulande kannte man ihn nur als den perfekt en allemand parlierenden Pierre Brice mit dem netten „fransösischen“ Akzent. Noch besser kannten wir ihn als den ebenso perfekten Darsteller des Winnetou, der neben Lex Barker blutsbrüderlich durch die karstige Film-Landschaft Kroatiens ritt. Beide sind nun in den ewigen Jagdgründen, wie man so sagt.

Aber wie kaum ein anderer hinterlässt Pierre Brice bei seinen deutschen Fans den Eindruck solch einer vollkommenden Identifikation von Darsteller und Rolle. Niemand hätte in ihren Augen den edlen Helden nahezu jeder Kindheitslektüre spielen dürfen. Niemand hätte sich mit schwarzer Langhaar-Perücke so elegant in die unvermeidlichen Leggins zwängen können wie er. Keinem wäre es gelungen, so behend‘ den Pferderücken nach wildem Galopp zu verlassen und dabei die Silberbüchse wie ein Zepter den bösen Gegnern entgegen zu schwingen. Das konnte nur er, Pierre Brice – nicht zuletzt auch im Sauerland, beim Festival in Elspe, wo er ab 1976 für rund zehn Jahre mitwirkte.

Pierre Brice als Einnetou bei den Karl-May-Festspielen in Elspe (Sauerland), um 1978. (Foto: Elke Wetzig - Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de - Link zum Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Piere_Brice_als_Winnetou,_Karl-May-Festspiele_Elspe_2.jpg)

Pierre Brice als Winnetou bei den Karl-May-Festspielen in Elspe (Sauerland), um 1978. (Foto: Elke Wetzig – Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

„Nur wenige Leute wissen, wie ich vor und seit Winnetou gelebt habe und lebe. Winnetou war ein wichtiger Teil meines Lebens und ich habe ihm viel zu verdanken. Doch neben Winnetou haben noch viele andere Menschen und Situationen eine wichtige und prägende Rolle in meinem Leben gespielt.“ So schrieb er in seiner 2004 erschienen Autobiografie, der er – ohne eine Spur von Ironie – den Titel „Winnetou und Ich“ gab. So sehr er selbst diese Rolle, von deren Erfolg er völlig überrascht wurde, als die Seine wahrnahm, so viele andere Seiten an diesem Mann sind zu entdecken. Seiten, die den meisten seiner Bewunderer verborgen blieben.

Als Jugendlicher barg er in seiner Heimatstadt Brest (Bretagne) Verschüttete nach alliierten Bombardements aus den Trümmern. In dieser Zeit pirschte er als Bote für die Résistance durch deutsche Linien. Der glühende Patriot Pierre Brice meldete sich freiwillig, als sein Land glaubte, die Kolonien in Indochina verteidigen zu müssen. In Algerien mischte er als Fallschirmjäger mit. Der eher still wirkende Jüngling war damals so, wie sein Freund Alain Delon sich gern spielte. Der war im Übrigen mitverantwortlich, dass Pierre Brice daheim in Frankreich kaum Chancen hatte, übers Modeln und Tanzen hinaus zu kommen. Die zwei sahen sich zu ähnlich, so war sein Typ schon besetzt in einem Land, das jede Menge junger Stars zu bieten hatte.

Italien und Spanien waren seine frühen Bühnen als Schauspieler, B-Movies sein Genre, Sandalen- oder Mantel-und-Degen-Rollen seine üblichen Spielformen. Horst Wendtland war dann sein eigentlicher Entdecker. Sie lernten sich in Berlin kennen, wenig später bot der Produzent ihm die Winnetou-Rolle an. Pierre Brice schlug ein, obwohl ihm weder Autor Karl May noch die Figuren seiner Romane etwas sagten. Auch war ihm das Indianerbild nur aus amerikanischen Western bekannt, wo sie die ewigen Verlierer waren. Das war Pierre Brice unbehaglich.

Pierre Brice im November 2011 in Luxemburg (Foto: François Besch - Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)

Pierre Brice im November 2011 in Luxemburg (Foto: François Besch – Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)

Vielversprechend fand er seine Aufgabe also nicht. Große Erfolge wähnte er nicht auf sich zu kommen. Überraschung, das Gegenteil trat ein. Im Heimatland nahezu unbekannt, in Deutschland ein ruhmreicher Star, dessen Winnetou dem erfahrenen Westerndarsteller Lex Barker kaum Raum ließ. Karl May hob eben den edlen Apachen in ungeahnte Sympathiehöhen und mit ihm seine Idealverkörperung Pierre Brice.

Ich lernte ihn mal kennen, als er mit seiner Gattin Hella Krekel in Unnas WR/WAZ-Geschäftsstelle eine Massenhysterie auslöste, weil wir daselbst sein Erscheinen zur Autogrammstunde angekündigt hatten. Engelsgeduldig malte er seinen Schriftzug auf alles, was ihm als Untergrund angeboten wurde. Stets freundlich lächelnd, ein auch im wahren Leben grundsympathischer Mensch, dem Allüren offensichtlich so fremd waren, wie Charly Mays sächsische Heimat seinem Apachenfreund. Als die kleine Geschäftsstelle am Unnaer Markt an den Rand des Teilabbruchs gelangt war, ging dann auch die vorgesehene Stunde zu Ende. Wir tauschten einen warmen Handschlag aus, ich radebrechte artig mein Schulfranzösisch herunter und des lächelnden Stars warmer Bariton (17 Platten nahm er nebenher auf) antwortete auf Deutsch.

Pierre Louis Baron Le Bris durfte das Bundesverdienstkreuz im Revers tragen, er war Ritter der Ehrenlegion in Frankreich, wie Chris Howland würdigte man ihn mit dem „Scharli“, der für besondere Verdienste um das kulturhistorische Erbe von Karl May verliehen wird. Drei Starschnitte in der „Bravo“, 12 Ottos und fünf Bambis umkränzten seine bundesdeutsche Karriere. Er spielte mit Marcello Mastroianni, Sophia Loren und Catherine Deneuve.

Pierre Brice fühlte sich auf der Theaterbühne wohl, war im TV einer der Reisenden auf dem „Traumschiff“. Aber es konnte kommen, was wollte in seinem Darstellerleben. Immer, wenn er in der Republik zu sehen war, blieb er doch der ewige Winnetou.

Er hat dessen Filmtod (1965) lange überlebt, und er wird noch sehr lange in der Erinnerung vieler lebendig bleiben. Adieu, Pierre!

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