Ruhrfestspiele: Intendant Frank Hoffmann nimmt Mitte 2018 Abschied von Recklinghausen

Furchtbar überraschend kam die Nachricht eigentlich nicht: Ruhrfestspiel-Chef Frank Hoffmann wird sich mit seiner 14. Spielzeit im Mai und Juni 2018 von Recklinghausen verabschieden. Nach so vielen Jahren kann man sich schon mal neu orientieren – erst recht auf kulturellem Gebiet.

Ruhrfestspiel-Intendant Frank Hoffmann. (Foto: © Ruhrfestspiele)

Ruhrfestspiel-Intendant Frank Hoffmann. (Foto: © Ruhrfestspiele)

Der gebürtige Luxemburger Hoffmann (Jahrgang 1954) ergreift die Gelegenheit zum Wechsel mit dieser Begründung: „Das Ende des Steinkohlebergbaus im Jahr 2018 bedeutet auch eine wichtige Zäsur in der Geschichte der Ruhrfestspiele. Deshalb ist es auch für mich persönlich der richtige Zeitpunkt, nach 14 großartigen Jahren einen Schnitt zu machen und zu neuen Horizonten aufzubrechen.“ Das klingt doch ebenso druckreif wie einigermaßen vollmundig.

Noch etwas mehr Pressestellen-Prosa gefällig? „Theater sind vielleicht austauschbar, aber ich werde den grünen Hügel in Recklinghausen mit seiner besonderen Magie und vor allem die Menschen im Ruhrgebiet vermissen. Sie sind einzigartig.“ Genau so etwas sagt man, um einen bevorstehenden Abschied vom Revier anzukündigen. Hoffmann weiß eben, was sich ziemt.

Besucherzahlen enorm gesteigert

Tatsächlich hat niemand die 1946/47 gegründeten Ruhrfestspiele länger geleitet als Frank Hoffmann, der außerdem (schon seit dessen Gründung 1996) Intendant des Théâtre National du Luxembourg ist. Kein anderer hat zudem die Besucherzahlen der Ruhrfestspiele derart nachhaltig gesteigert. Kein Wunder, dass sein Vertrag immer wieder verlängert wurde.

Angetreten im September 2004 nach einer krisenhaften Phase (in der sein Vorgänger Frank Castorf das Große Haus und die anderen Stätten gleichsam leergespielt hatte), hievte Hoffmann das Festival von 22.000 nach und nach auf über 55.000 Besucher. Inzwischen sind es rund 80.000, die pro Jahr nach Recklinghausen pilgern. Solche Bilanzen dürften mit den vorhandenen Mitteln kaum noch zu übertreffen sein.

Zentraler Spielort: das Festspielhaus. (Foto: Torsten Janfeld)

Zentraler Spielort: das Festspielhaus in Recklinghausen. (Foto: Torsten Janfeld)

Hoffmann setzte ganz bewusst auf eine Vielzahl von Uraufführungen und hielt dabei so manche Entdeckung bereit. Auch hat er renommierte Theater aus aller Welt zu Gastspielen geholt, die wichtigsten deutschsprachigen Bühnen zeigten hier ebenfalls bedeutende Inszenierungen. Immer wieder gastierten internationale (Film)-Stars wie etwa Cate Blanchett und Kevin Spacey bei den Ruhrfestspielen. Selbst eine nur stichwortartige Aufzählung der wichtigsten Produktionen würde jeden üblichen Textrahmen sprengen.

Hoffmanns eigene Inszenierungen galten indes meist nicht als künstlerische Höhepunkte der Spielzeiten. Seine Art des Zugriffs fand zumindest nicht den mehrheitlichen Beifall ästhetisch verwöhnter Rezensenten, sie wirkte mitunter etwas bieder und nicht allzu couragiert. Nach den in und um Recklinghausen schwer zu vermittelnden Egotrips eines Frank Castorf war das breite Publikum für solcherlei Theater allerdings dankbar. Warum auch sollten die Ruhrfestspiele mit der Ruhrtriennale in Sachen Avantgarde gleichziehen wollen? Besser ist es doch, in der Region zu einer vernünftigen „Arbeitsteilung“ der großen Festivals zu kommen.

Nehmt alles nur in allem, so wäre zu loben: Hoffmann hat mit seinem Team vielfach Gespür fürs Populäre, auch fürs Gängige bewiesen, ohne an der Qualität zu rütteln. Er war und ist ein „Ermöglicher“ von hohen Graden. Just das ist es, was einen Theatermann seines Zuschnitts auszeichnet. In diesem Sinne kann er seinen Prägestempel nun noch zwei weiteren Spielzeiten (2017 und 2018) aufdrücken.

Unterdessen hat sich Hoffmann bereit erklärt, auch an der Suche nach einem/einer Nachfolger(in) beratend mitzuwirken. Das bisherige Anforderungsprofil kennt er jedenfalls am allerbesten. Den Trägern des Festivals (zu je 50 Prozent Stadt Recklinghausen und Deutscher Gewerkschaftsbund) kann man bei der Neubesetzung des Postens jedenfalls nur eine glückliche Hand wünschen.

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www.ruhrfestspiele.de

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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