Prechts TV-Premiere (I): Si tacuisses…

Da tippte ich heute Morgen einen Gedanken nieder, ich gestehe, das war bei facebook, und stellte eine Stunde danach immer noch fest, dass er mir unter der Kalotte herum schwirrte und anscheinend nicht zur Ruhe kommen wollte. Einem Freund hatte ich geantwortet, der willenlos meinen Gedanken wahrnehmen musste, den ein anderer, gemeinsamer Freund mir implantiert hatte, weil er sich, zu Recht wie ich meine, darüber echauffiert hatte, dass Medienkollegen Herrn Richard David Precht völlig ungestraft einen „Philosophen“ nennen dürfen.

Das provozierte mich zu der Meinung, dass heutzutage Übertreibungen medial so unwidersprochen zum Geschäft gehören und die Verbindung zwischen Herrn Precht und dem Begriff Philosoph kaum mehr erschütternd wirkt, sondern vielmehr als eine jener vielen Alltagsblödheiten hingenommen wird, die uns nicht mehr überraschen sollten. Jetzt bin ich noch gemeiner, Precht und Philosoph das passt genau so gut zusammen wie Schopenhauer und ostgotische Nahkampfschlagwaffe. Si tacuisses … (Wenn du geschwiegen hättest …)

Richard David Precht ist zugegeben ein gut aussehender Mensch, er wirkt auf den ersten Blick wie der Brad Pitt unter den Denkern. Wen wundert es, dass er selbst bei einem öffentlich-rechtlichen Sender wie intellektueller Balsam wirkt und seine Mischung aus männlichem Supermodel und nachdenklichem Stirnrunzeln geradezu danach schreit, ihn moderierend vermarkten zu müssen.
Gut, das ist nun geschehen, mit geringem Erfolg, wie wir seit seiner TV-Premiere wissen, denn es kam, wie es kommen musste, er und sein Talkpartner, Hirnforscher Gerald Hüther, hauten sich populistische (Vor)Urteile um die Ohren, dass es schmerzte und sonnten sich telegen in den je individuellen eigenen Intelligenz-Mutmaßungen. Warum nur muss ich geradezu zwanghaft über so was lachen?

Ich ahne warum. Deutschlands dümmster Einbrecher, Deutschlands klügster Rechner, der Super-Fußballer, die Super Nanny und viele mehr, die so was von super sind, dass super gar nicht ausreichend super sein kann, dringend durch ein spitzes „supi, supi, supi“ ersetzt werden müsste. Warum dann nicht ehrenwert und ernsthaft wirkend einem Vielschreiber und schlaumeiernd daher kommenden Dampfnudelplauderer das Etikette „Philosoph“ verpassen. Jedem das seine, der „BILD“ ihr „supi, supi, supi“ und der „Zeit“ ihren Sonnyboy Precht, der denkzerfurcht signalisieren kann: „Ich zermartere mir das Hirn, aber ich bin nun mal der geborene (P)rechthaber.“

Ein Letztes zum Thema gestern im ZDF, Prechts und Hüthers wegweisenden Gedanken, die zwar keinen Weg wiesen aber weg weisend, zumindest das heutige Schulsystem geißelten. Toll, Schulnoten sollten abgeschafft werden, mal ganz was Neues, was Prechts Philosophenhirn entsprang. Zugegeben, wir sind ja durchaus einer Meinung, was das überlieferte Schulsystem angeht, vor allem in seiner heutigen Ausprägung. Aber einfache Lösungen haben nur mal den Nachteil, dass schon andere auf sie gekommen sein könnten und sie wegen Untauglichkeit verworfen haben. Daher lohnt es generell, erst mal nachzudenken und sich dann erst zu einfachen Lösungen zu bekennen – und damit zu bekennen, dass auch einem „Philosophen“ einfach keine Lösung einfällt.

Nun sollte ich dringend damit beginnen, diese Gedanken wieder los zu werden und solche zurückkehren zu lassen, die Angenehmeres in ihrem Fokus haben. Worüber hatte Herr Precht noch mal zu seiner Dissertation wesentliche Gedanken abgesondert? „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil.

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