„Die Lincoln Verschwörung“: Gleiches Recht für fast alle

Um das gleich am Anfang zu klären, es geht hier nicht um die Hintergründe und den Ablauf der Verschwörung, die zu Lincolns Ermordung durch John Wilkes-Booth führte, sondern zu dem nachfolgenden Prozess der überlebenden Attentäter und der Mutter zweier Mittäter. Es ist allerdings ein Kostüm- und Historienfilm, ein Genre, das ich nicht so auf mein Banner geschrieben habe. Andererseits fand ich das Thema vom Grundsatz her interessant genug, um mir den Film anzusehen.

Robert Redford als Regisseur von „The Conspirator“ (Originaltitel) ist ein Fürsprecher der Gerechtigkeit für alle. Er hat inzwischen sieben Filme inszeniert, von denen ich besonders „Ordinary People“ sehr positiv in Erinnerung habe.

Hier also stehen die überlebenden Verschwörer und alle, die mit ihnen zu tun hatten, nun vor Gericht. Vor einem Militärgericht, wohlweislich, weil sich bei Mord an einem Präsidenten, dem obersten Befehlshaber, die Militärs diesen Fall nicht aus der Hand nehmen lassen wollen. Das ist, wie der widerwillig bestellte Anwalt (James McAvoy) der Angeklagten Zivilistin, Mary Surratt (Robin Wright) findet, gegen die Verfassung, die jedem Bürger eine Jury von „peers“ zugesteht. In einem Militärtribunal findet die Angeklagte allerdings keine Gleichstehenden.

Über solche Kleinigkeiten setzt sich Edwin Stanton (Kevin Kline), der Kriegsminister (sowas wie Verteidigungsminister, was ja paradox ist) großzügig hinweg. Wichtig ist für ihn, das Land „vom großen Schmerz des Verlustes“ schnell zu heilen und den Terror der Mörderbande im Keim zu ersticken. So gelangt auch Mary Surratt sofort ins Visier des gnadenlosen Ministers. Sie führte die Pension, in der Wilkes-Booth ein und aus ging, was sie automatisch als Keimzelle der Verschwörung abstempelt. Dazu kommt, dass der bereits getötete Wilkes-Booth ihren Sohn John des Öfteren dort besuchte. Ihre Beteuerungen, dass sie von Zweck und Inhalt dieser Treffs nichts wusste, stoßen auf taube Ohren. Allerdings neigt ihr Anwalt nach mehreren Gesprächen mit seiner Klientin doch zu der Auffassung, dass sie höchstwahrscheinlich unschuldig ist. Erschwerend kommt zu seiner Verteidigung hinzu, dass er nie allein mit Mrs. Sarratt sprechen darf, ein weiterer Verstoß gegen ihre Bürgerrechte. Jeder Einspruch, jeder Entlastungszeuge wird vom Tribunal abgelehnt. Wer sich in der amerikanischen Historie auskennt, weiß, wie der Prozess ausging.

Wer sich in der amerikanischen Historie auskennt, merkt auch die Analogie zu heutigen Verfahren, besonders was sogenannte „Kriegsgefangene“ angeht, Bürger islamischen Glaubens, oder mit einer Herkunft aus Krisengebieten, die gleichzeitig terroristische Hochburgen sind. Verfassung hin oder her, auch heute werden verfassungsrechtliche Bestimmungen mit Füßen getreten, aber mit umfangreichen Rechtfertigungsstatements und ordentlich Schuhwichse blankpoliert.

Gut gefallen hat mir Kevin Kline in seiner sehr untypischen Rolle als bösartiger Minister. Robin Wright, für mich ansonsten Königin der Eiswürfelmimik, ist hier gut besetzt und gar nicht so eisig. Auch James McAvoy ist glaubwürdig als junger, eher unerfahrener Anwalt. Überrascht war ich vom Anblick des „Gilmore Girls“ Rory, aka Alexis Bledel, als McAvoys love interest. Wie schade, so ein Image wie das der Serienheldin wird man schwer wieder los.

Dem Thema angemessen war leider auch die Beleuchtung. Immer wieder musste ich dem Impuls widerstehen, meine kleine Taschenlampe hervorzukramen. Vielleicht wollte Redford, ein Umweltretter, Strom sparen? Es war stellenweise – sogar bei Außenaufnahmen – so duster, dass der Film ebenso gut in Schwarzweiß hätte gedreht werden können. Oder Sepia.

Die Geschichte ist im Großen und Ganzen spannend erzählt, selbst wenn man den Ausgang kennt. Historiker mit Schwerpunkt USA und Menschen mit Interesse am geltenden amerikanischen Recht sind in diesem Film genau richtig.

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