Monatsarchive: Dezember 1983

Geld bewegt den Kunstbetrieb: Mäzene und Besitzer machten 1983 die meisten Schlagzeilen

Auch 1983 hatte der Kunstbetrieb oft mehr mit „Betrieb“ als mit Kunst zu tun. Nicht so sehr um Stilrichtungen und Werke drehte sich das Medienkarussell, als vielmehr um Mäzene und Erlöse.

Einer der Höhepunkte war die Ersteigerung des Evangeliars Heinrichs des Löwen für satte 32,5 Millionen DM am 7. Dezember bei Sotheby’s in London. Ob und wieviel die Welfen dabei mitkassieren, wird diskret verschwiegen. Der Verdacht, daß mit knappen öffentlichen Geldern ein marodes Fürstenhaus saniert wird, drängt sich auf.

Offener liegen die Vorgänge um Watteaus Rokoko-Gemälde „Einschiffung nach Cythera“ zutage. Als Hohenzollern-Prinz Louis Ferdinand für das Liebesinsel-Bild stolze 15 Millionen DM verlangte, widrigenfalls das Bild außerhalb Berlins verkauft werden könne, löste das eine Spendenwelle aus. Just zu Weihnachten waren 5 … Weiterlesen

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Bert Brecht seziert und kenntlich gemacht – Pina Bauschs Tanzabend „Die sieben Todsünden“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Wer geglaubt hat, „seinen“ Brecht genau zu kennen, kann ihn jetzt anders, nämlich noch genauer kennenlemen. Kaum jemand hat, wie der als „Frauenverbraucher“ selbst notorische „B.B.“, derart illusionslos und präzise Zusammenhänge zwischen Besitzverhältnissen und Sexualität formuliert. Und wie ließen sich die Gesten solcher, in Geld- und Werteinheiten abzurechnenden Tauschverhältnisse ausdrücklicher darstellen als im Tanz? Pina Bauschs Brecht-Tanzabend „Die sieben Todsünden“ stand schon 1976 bis 1979 auf den Spielplänen. Er erlebte nun eine glanzvolle Wiederaufnahme.

Das Ensemble – Pina Bausch arbeitet seit 10 Jahren in Wuppertal – „schreibt“ zugleich seine eigene Geschichte nach, aber auch fort. Die Rekonstruktion der Erstfassung gerät nicht zur faden Reprise, sondern gewinnt im neuen Zugriff neue Unmittelbarkeit.

„Die sieben Todsünden der Kleinbürger“, … Weiterlesen

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46 Städte sollen zur „Kunstlandschaft Bundesrepublik“ zusammenwachsen

Von Bernd Berke

Im Westen. Das hat es noch nie gegeben: Gleich 46 Städte schicken sich an, im Juni/Juli 1984 zur „Kunstlandschaft Bundesrepublik“ zusammenzuwachsen.

Unter diesem Titel wird, parallel an Orten im gesamten Bundesgebiet, ein Querschnitt durch die einheimische Kunstszene gezeigt, und zwar nach dem Tauschprinzip: So zeigt Berlin Kunst aus dem Ruhrgebiet und Westfalen, Köln präsentiert die „Szene München“, München wiederum Objekte aus Frankfurt, Münster nimmt sich die Arbeiten aus Niedersachsen vor usw.

Das gigantische Projekt, mit einem vermutlichen Aufwand von 1,5 Mio. DM noch vergleichsweise preisgünstig, wurde von der erst 1980 gegründeten Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (AdKV) ins Leben gerufen. Von 90 Kunstvereinen beteiligen sich 46, unter anderem der noch relativ junge Kunstverein in Siegen sowie die Pendants aus … Weiterlesen

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Kunst mit Kopfsalat und Bett – Sammlung FER im Folkwang-Museum

Essen. Auf dem Fußboden liegen Carl Andres „64 Scheiben aus Blei“, grau in grau, unscheinbar. Schräg gegenüber entfalten sich desto auffälliger die Farborgien des „Neuen Wilden“ Peter Bömmels. Bewußt grell hat das FolkwangMuseum in seiner Neuen Galerie solche Gegensätze hervortreten lassen.

Die „Werke aus der Sammlung FER“ – die Abkürzung steht für die Initialen des Tablettenfabrikanten und Kunstsammlers Friedrich Erwin Rentschler – werden hier zum ersten (und für lange Zeit zum letzten) Mal öffentlich gezeigt. Eine ganz seltene Möglichkeit also, etwa 70 beispielhafte Werke der allerjüngsten Kunst aus Europa und den USA zu sehen, die schon bald wieder in der privaten „Versenkung“ verschwinden werden.

Wenn es auch nicht nach jedermanns Geschmack sein dürfte, auf einen Streich mit völlig verschiedenen Kunstrichtungen … Weiterlesen

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Aus dem Kriegsgebiet ins Bonner Landesmuseum: „Frühe Phöniker im Libanon“

Von Bernd Berke

Bonn. Im 14. Jahrhundert vor Christus bebte im heutigen Libanon die Erde. In einem Haus sackte der Fußboden ab, drei Bewohner stürzten in den Keller. Ein Teil ihrer Habe, damals ebenfalls unter Schutt begraben, ist (neben anderen, unschätzbar wertvollen Stücken), seit gestern in Bonn zu besichtigen.

Die Ausstellung „Frühe Phöniker im Libanon“ darf trotz ihrer Überschaubarkeit (etwa 130 Exponate) als Großereignis gelten: Seit 1963 gruben bis zu 18 Mitarbeiter im Namen des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Uni Saarbrücken auf dem Tell Kamid el-Loz (südlich der Straße von Beirut nach Damaskus). Sie stießen auf einem Palast, einen Tempel und sogar auf eine Art „Stadtarchiv“. Die Funde aus diesen Gebäuden werden jetzt erstmals öffentlich gezeigt.

Gäbe es … Weiterlesen

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Traumreise zum müden Monarchen – „Insel des König Schlaf“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Manuel lebt in einem kleinen Fischerdorf, irgendwo im Süden Europas. Seine Tante drängt ihn keifend, er solle sich den Realitäten selten, vor allem aber Schularbeiten machen. Alles, was den Jungen beschäftigt, tut sie als „spinnert“ ab.

Er aber braucht nicht einmal Phantasie, um Phantastisches zu erleben. Ein Boot wird ihm geschenkt, das ihm als „Traumschiff“ dient. Und ab geht die Reise zur „Insel des König Schlaf“. Das gleichnamige Stück des Portugiesen Norberto Avila hatte am Samstagmorgen in Wuppertal Premiere. Für die von Gerhard Kelling erstellte deutsche Fassung war es sogar eine Uraufführung.

Besagte Insel ist ein Schlaraffenland. Nur einige Probleme, die der pfiffige Gast Manuel (Boris Voland) nach und nach löst, gibt es: Der König (Heinz … Weiterlesen

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Kubismus mit Überraschungen – Genfer Sammlung erstmals in Deutschland

Von Bernd Berke

Recklinghausen. Daß eine vermeintlich wohlbekannte Stilrichtung in der Kunst auch nach vielen Jahrzehnten überraschende Seiten darbieten kann, belegt eine Ausstellung, die am Sonntag in Recklinghausen eröffnet wird (und bis 15. Januar 1984 dauert). „Aspekte desKubismus“ lautet der Titel – und es hängt kein einziges Bild von Picasso, Georges Braque oder Juan Gris in der Kunsthalle. Wie das?

Es geht um Maler aus mehreren europäischen Ländern, die von diesen Leitfiguren beeinflußt und „in Richtung Kubismus gedrängt“ worden sind, Die 62 Werke von 20 Künstlern entstanden 1910 bis 1935 und sind sämtlich Leihgaben des Petit Palais in Genf, das damit gleich drei Viertel seiner Kubisten-Sammlung der Recklinghäuser Kunsthalle anvertraut. Die Bilder sind erstmals außerhalb der Schweiz zu sehen.

Dem … Weiterlesen

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