Von Bernd Berke
Wuppertal. Die Handlung soll in Venedig spielen: Truffaldino, stets hungriger Diener, will Kost und Lohn verdoppeln. Also verdingt er sich bei zwei Herren zugleich. Einer von beiden ist aber kein Herr, sondern eine verkleidete Dame und in den anderen verliebt. Bis beide „sich kriegen“, sorgt Truffaldinos doppelte Dienerschaft für tollste Verwicklungen.
Zugeständnis an den Zeitgeist in Wuppertal: Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“, Rohfassung anno 1745 (in der Überarbeitung Roberto Ciullis; Regie: Petra Dannenhöfer), wird in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts transportiert.
„Neue“ deutsche Welle, wohin man blickt. Da kämmt man ölige Haarsträhnen mit Halbstarken-Geste nach hinten, da gibt’s – zum „Capri-Fischer Lied – den Verlobungskuß auf roter Hollywood-Schaukel, das blaßblaue Bühnenbild (Sigrid Greil) wird von Leuchtstoffröhren begrenzt, die Kostümierung (Barbara Kolodziej) ist beim Geldadel trostlos grau, bei den jüngeren Personen schrill und „punkig“. Auch Tango wird getanzt. Es verwundert beinahe, daß es im Gefolge des „Carmen“-Films nicht doch noch Flamenco geworden ist.
Die in sich weitgehend stimmige Optik erzielt vordergründige Effekte, verdichtet sich aber kaum zum einprägsamen Gesamtbild. Auch hängt sie nur lose mit der Darstellung zusammen. Der Text wird, dem oberflächlich zeitnahen Kulissenzauber zum Trotz, konventionell gegeben. Ausnahme: Holger Scharnberg (Silvio) mit sehenswerten Slapstick-Einlagen.
Eleganz und Leichtigkeit – Fehlanzeige. Dafür ist schon der wuchtige Truffaldino-Darsteiler Thomas Plock nicht der Typ. So geht es eher derb zu, nach dem Muster, daß der Diener kopfüber im Wackelpudding landet. Beifall auf offener Szene bestätigt das Konzept. Einige Szenen werden zerdehnt, bis auch der letzte mögliche Gag heraus ist. „Heraus“ im doppelten Sinne. Die Sozialkritik am Schluß – der Diener und seine Geliebte bewegen sich zur Rampe, die etablierten Geldmenschen erstarren im Halbdunkel – kommt nach all dem überraschend, wirkt aufgesetzt.
Das Stück, angesiedelt zwisehen dem Stegreifspiel der Commedia dell’Arte und der Typenkomödie, gehört zum Standard-Repertoire. Vielleicht wäre eine Aufführung von Goldonis „La Guerra“ (Der Krieg) aus naheliegenden Gründen aktueller und spannender gewesen.