Schlagwort-Archive: Petra Dannenhöfer

Horváths Nazis als Hampelmänner

Von Bernd Berke

Wuppertal. Das Stammlokal der Republikaner ist Schauplatz politischer Machtkämpfe. Die NS-Horden haben hier schon mehr als nur den Fuß in der Tür. Ausgerechnet hier wollen sie ihren „Deutschen Tag“ begießen. Noch dazu an }enem Abend, an dem auch die „Italienische Nacht“ der Demokraten steigen soll. Besorgt um seinen Schweinebraten-Absatz, gibt der Wirt allen eine Zusage.

Kaum haben die Nazis ihre Krüge geleert, heißt es also hastig die Tischfähnchen auswechseln (schwarzweiß-rot raus, schwarz-rotgold rein) – und schon wiegen sich die Demokraten in der Illusion, es „denen wieder mal gezeigt zu haben“.

Ödön von Horváths „Italienische Nacht“, uraufgeführt 1931, gehört auf die Spielpläne. Marx ohne Freud ging schon damals nicht mehr: Das Stück erhellt die innige Verschränkung von Politik … Weiterlesen

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Die Angst des Dorfrichters vor der Revision – Kleists „Zerbrochener Krug“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Der zerbrochene Krug“ steht und fällt – wörtlich wie im übertragenen Sinn – mit dem Dorfrichter Adam. Wird auch nur diese eine Rolle unzureichend besetzt, kann man Kleists Lustspiel-Klassiker, salopp gesagt, „vergessen“.

Ein Glück also, daß die Wuppertaler Bühnen Horst Fassel haben. Er verleiht dem fleischgewordenen Justizskandal, der ausgerechnet am Prüftag des Revisors über seine eigenen Eskapaden zu Gericht sitzen muß, das unabdingbare Komik-Profil, ohne in die Klamotte abzugleiten. Wie Fassel, bis in Haar- und Fingerspitzen elektrisiert, zwischen selbstgefälliger Seligkeit des Nicht-Ertapptseins und flatternder Angst hin und her hastet, ist sehenswert.

Daß Petra Dannenhöfers Inszenierung auf die Hauptfigur bauen muß, zeigt sich gegen Schluß. „Adam“ ist endgültig entlarvt und betritt die Bühne nicht mehr. Was folgt, … Weiterlesen

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Zugeständnisse an den Zeitgeist – Goldonis „Diener zweier Herren“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Handlung soll in Venedig spielen: Truffaldino, stets hungriger Diener, will Kost und Lohn verdoppeln. Also verdingt er sich bei zwei Herren zugleich. Einer von beiden ist aber kein Herr, sondern eine verkleidete Dame und in den anderen verliebt. Bis beide „sich kriegen“, sorgt Truffaldinos doppelte Dienerschaft für tollste Verwicklungen.

Zugeständnis an den Zeitgeist in Wuppertal: Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“, Rohfassung anno 1745 (in der Überarbeitung Roberto Ciullis; Regie: Petra Dannenhöfer), wird in die 50er Jahre unseres Jahrhunderts transportiert.

„Neue“ deutsche Welle, wohin man blickt. Da kämmt man ölige Haarsträhnen mit Halbstarken-Geste nach hinten, da gibt’s – zum „Capri-Fischer Lied – den Verlobungskuß auf roter Hollywood-Schaukel, das blaßblaue Bühnenbild (Sigrid Greil) wird von Leuchtstoffröhren begrenzt, … Weiterlesen

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Emigrant gerät in Schweizer „Eiszeit“ – Thomas Hürlimanns Stücvk „Großvater und Halbbruder“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Lag’s an den Osterferien oder befürchtete man, Schwerverdauliches vorgesetzt zu bekommen: Zur Wuppertaler Premiere von Thomas Hürlimanns „Großvater und Halbbruder“ blieb gut die Hälfte des Gestühls im Schauspielhaus unbesetzt.

Zur Aufführung kam das knapp drei Jahre alte Stück eines heute 32jährigen Schweizer Autors, dessen Vater eidgenössischer „Bundesrat“ und als solcher für die Kultur des Alpenlandes ministeriell zuständig ist. Das Stück hat, obwohl während des 2. Weltkriegs spielend, viel mit dem Generationskonflikt zu tun, der sich Anfang der 80er Jahre in der „Zürcher Revolte“ am Mißverhältnis zwischen offizieller und Subkultur entzündete und heftig entlud.

Thomas Hürlimanns Hauptfiguren entstammen dem konkret-familiären Bereich: „Mein Großvater; meine Mutter; mein Vater Hans Hürlimann.“ An Hand dieser privat anmutenden Konstellation zeigt der … Weiterlesen

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