Werden wirklich viele alte Menschen arm sein?

Im Herbst 2017 wird es wieder Wahlen zum Deutschen Bundestag geben, und schon hört man im Hintergrund das Säbelrasseln. Die CSU möchte die zukünftigen Rentner beglücken und weiß die Sozialdemokraten an ihrer Seite. Mit der Behauptung, im Alter sei fast die Hälfte der Mitbürger von Armut bedroht, wird der Ruf nach einer Rentenreform auf Kosten der jetzt noch berufstätigen Generationen laut.

Aber stimmt das wirklich? Werden tatsächlich so viele Menschen im Alter arm sein? Dietrich Creutzburg ist jetzt dieser Frage in der Samstagausgabe der FAZ nachgegangen, und er nennt sein Ergebnis „Das Märchen von der Altersarmut“. Zumindest nachdenken kann man über seine Berechnungen.

Zwei Rentner im Park. (Foto Fischer-Pöpsel)

Zwei Rentner im Park.
(Foto Fischer-Pöpsel)

An dieser Stelle sollen einmal nur die von Creutzburg genannten Zahlen zur Diskussion stehen: Nach dem aktuellen Rentenbericht und der Prognose der Ministerin Andrea Nahles werden die Renten bis 2029 bei angenommener jährlicher Steigerung von 2 Prozent um insgesamt rund 41 Prozent steigen.

Im vergleichbaren Prognose-Zeitraum, nämlich in den vergangenen 15 Jahren, haben sich die Verbraucherpreise um insgesamt etwa 25 Prozent erhöht. Wenn diese Entwicklung so fortgeschrieben wird, „werden die Renten 2029 auch real, also preisbereinigt, 15 Prozent mehr wert sein als heute“, schreibt Creutzburg. Eine Durchschnittsrente von 1000 Euro steigt also nach Nahles‘ Prognose bis 2029 auf 1400 Euro, in heutigen Preisen gerechnet also auf einen Wert von 1150 Euro. „Verschärfte Altersarmut folgt daraus nicht“, schreibt der Autor.

Aber es gibt doch jetzt schon so viele Mini-Renten, rufen die Sozialverbände. Horst Seehofer hat sogar vermutet, dass bald „die Hälfte der Bürger“ auf Grundsicherung angewiesen sein könnte.

Auch dazu nennt Creutzburg Zahlen: Zur Zeit seien nur etwa 3 Prozent der Bürger über 65 Jahre auf Grundsicherung angewiesen. Natürlich sei der Anteil der Rentner, die nur eine kleine gesetzliche Rente erhalten, deutlich höher als 3 Prozent. Das habe aber meist andere Gründe – Beamte zum Beispiel, die neben ihrer Versorgung aus früheren Tätigkeiten eine gesetzliche Minirente beziehen, oder Ärzte, Anwälte und andere Berufsgruppen, die Versorgungswerken angehören. Auch werde in manchen Berechnungen bei Ehepaaren mit ungleichem Einkommen der Partner mit dem geringeren Einkommen automatisch als arm gewertet, „auch wenn der Haushalt finanziell gut ausgestattet ist“.

Es lohnt sich also meines Erachtens, auch in so schwierigen Fragen wie der Altersversorgung auf die Fakten zu achten, ohne das Schicksal der wirklich armen Mitbürger aus den Augen zu verlieren.

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Über Hans Hermann Pöpsel

Historiker und Germanist. Pensionierter Redakteur
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