Monatsarchive: August 2008

Yoko Ono: Kunst ohne jeden Umweg

Bielefeld. Die meisten kennen Yoko Ono als Witwe des Ex-Beatles John Lennon. Dass sie selbst schon seit 1961 auf der Kunstszene agiert, gehört nicht zum Basiswissen. Doch nun richtet ihr Bielefelds Kunsthalle die größte Werkschau aus, die sie in Europa je gehabt hat.

Das heißt: „Werkschau” oder Retrospektive sind vielleicht keine passenden Begriffe, Yoko Ono lehnt sie jedenfalls ab. Nennen wir’s also eine Häufung der Ausdrucksformen – vom Film bis zur Zeichnung, vom Objekt bis zur bloßen Ideen-Notiz. Kunsthallen-Chef Thomas Kellein: „Sie ist eine Künstlerin, die keine Ruhe gibt. Sie will und kann nicht abschließend einsortiert werden.” Aber schauen wir mal, was sie so macht.

Leichenwagen und Himmelsleitern

Bereits draußen vor der Kunsthalle legt die heute 75-Jährige ihre Spuren. Hier … Weiterlesen

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Ein Mann und acht Kinder – Günter Grass‘ neuer Band „Die Box“

Man kennt das von früher: Gelegentlich wurde man zu Dia-Abenden eingeladen – und die konnten sich arg hinziehen. Heute zeigt man Fotos gern auf dem Laptop, digital sind’s noch mehr als ehedem. Warum diese Einleitung? Weil uns Günter Grass jetzt gleichsam zum literarischen Diavortrag einlädt. Schier uferlos erzählt er dabei Anekdoten über seine vielen Kinder.

Um das Mindeste zu sagen: Acht Kinder mit vier Frauen stehen biographisch zu Buche, davon sechs „eigene” und zwei, die halt innig zur Patchwork-Familie hinzu gehören. Vielleicht, so lässt Grass in seinem neuen Buch „Die Box” durchblicken, gebe es ja irgendwo sogar noch weiteren Nachwuchs. „Mariechen”, der zierliche, ebenso mädchen- wie hexenhafte Hausgeist dieses Buches, fasst es in diese Worte: „Achachach. Son Kuddelmuddel.” Das alles … Weiterlesen

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Warnung vor den „Übermenschen“ – Michael J. Sandels Buch „Plädoyer gegen die Perfektion“

Wer möchte nicht manchmal perfekt sein? Doch wäre Vollkommenheit wirklich so gut? Und ist es nicht sowieso verwerflich, diesen übermenschlichen Zustand anzustreben? Um solche heiklen Fragen geht es in dem neuen Buch „Plädoyer gegen die Perfektion”. Nicht zuletzt taugt der Band als Beitrag zur Doping-Debatte.

Der Autor Michael J. Sandel lehrt Politische Philosophie an der Harvard Universität. Er gehörte zum illustren Kreis der Bioethik-Berater von US-Präsident Bush. Für die deutsche Ausgabe hat Jürgen Habermas das Vorwort geschrieben. Wir bewegen uns also in gewissen Geisteshöhen.

Doch Sandel hebt nicht ab. Er spürt dem wachsenden Perfektionsdrang auf verschiedenen Feldern nach, nennt konkrete Fakten und überzeugt durch klare Beweisführung.

Argumente zu Doping und Gentechnik

Besonders die unentwegt fortschreitende Gentechnik weckt sein Unbehagen. Doch … Weiterlesen

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Hochzeitskultur im deutsch-türkischen Vergleich – die Dortmunder Ausstellung „Evet – Ja, ich will!“

Dortmund. Alte Erfahrung derer, die im größeren Rahmen geheiratet haben: Als Braut oder Bräutigam bekommt man vor lauter Stress von Einzelheiten des Festes wenig mit. Wie passend also, dass einen nun die Dortmunder Hochzeits-Schau „Evet – Ja, ich will!” glücklich verwirrt.

Im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) geht’s nämlich abwechselnd munter vorwärts und rückwärts in der historischen Zeit, außerdem hin und her zwischen der Türkei und Deutschland, zwischen Stadt und Land. Oft darf man rätseln, von wo und wann einzelne Exponate stammen.

Kleider, Kleider und nochmals Kleider

Da heißt es eben: ausgiebig die Beschriftungen lesen oder sich mit dem Katalog ausrüsten. Alles ist zweisprachig (deutsch/türkisch) in dieser Ausstellung, die einen Dialog zwischen den Kulturen stiften soll. Und was würde … Weiterlesen

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Eine Frau gräbt sich durch Westfalen

Ein wahrhaft tiefschürfender Beruf: Rund 34 Jahre lang hat Dr. Gabriele Isenberg (65) als Archäologin den geschichtlichen Untergrund Westfalens eingehend erforscht. Ihre Arbeit hat viel mit der Identität der Region zu tun.

Hunderte von Grabungen im gesamten Landesteil hat sie selbst mitgemacht oder angeregt. Isenberg: „Wir waren ein westfälischer Wanderzirkus.” Sie und ihre Mitarbeiter förderten Schätze zutage, die bis heute den jeweiligen Historien-Stolz der Orte beflügeln.

Die Frau, die jetzt in den Ruhestand gegangen ist, weiß viel zu erzählen. In den letzten Jahren hat sie als Chef-Archäologin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die Geschicke mehr vom Schreibtisch aus geleitet. Zuvor aber war sie mindestens zehn Monate im Jahr durch Westfalen unterwegs – Tag für Tag, bei fast jedem Wetter. Unten in … Weiterlesen

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Junger Westen: Rückkehr der 50er Jahre

Recklinghausen. Man kann es sich denken: Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte allseits Nachholbedarf. Beileibe nicht nur in materieller, sondern auch in geistiger Hinsicht. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein. Vor dem Horizont dieser Zeitstimmung bildete sich 1948 im Ruhrgebiet eine folgenreiche Künstlergruppe: der „junge westen”.

Jetzt, runde 60 Jahre danach, kommt die Gruppe an ihrem Gründungsort Recklinghausen wieder zu Ehren. Noch heute gibt es zur Erinnerung den renommierten Kunstpreis „junger westen”. Führende Köpfe dieses Künstlerkreises waren der Hagener Emil Schumacher, Thomas Grochowiak, Gustav Deppe, Heinrich Siepmann und Hans Werdehausen. Namen, die (mit Ausnahme von Schumacher) heute nicht mehr ganz so geläufig sind.

Von regionalen Industrie-Motiven zur Abstraktion

Die Gruppe wurzelte im Expressionismus und richtete sich bewusst regional aus. … Weiterlesen

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Abgebrühte Mädchen

Wir wissen’s ja: Brave Mädchen kommen in den Himmel, freche überall hin. Diesem Leitsatz folgt der Film „Die Girls von St. Trinian”.

Schauplatz ist ein britisches Mädchen-Internat mit Horror-Garantie. Alle schrillen Girlie-„Szenen”, besonders die düsteren, scheinen hier Stützpunkte zu haben. Schlimmer: Schnapsbrennen, Drogenmissbrauch und Bombenbasteln beherrschen die Schülerinnen aus dem Effeff. Sie sind clever und abgebrüht.

Nachmittags im Kriminal-Unterricht (Lernziel heute: „Wir komme ich schnell zu ganz viel Geld?”) lobt der Lehrer, ein schmieriger Ganove: „Richtig! Fein! Erpressung ist eine prima Idee.” Man ahnt schon: „Pisa” interessiert hier keinen. Im Lehrerzimmer wird beim Pokern gesoffen, die schräge Direktorin (männlich besetzt mit Rupert Everett, der auch ihren Bruder mimt) kifft, was die Tüte hält.

Die Regisseure Barnaby Thompson und Oliver Parker … Weiterlesen

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Ringelnatz: Witz kann Wunder wirken – zum 125. Geburtstag des Dichters

Wer seine Verlobte „Maulwurf“ und seine Frau „Muschelkalk“ nennt, der muss doch wohl ein lustiger Vogel sein. Stimmt: Der Mann hieß Hans Bötticher und gab sich 1919 den ungleich bekannteren Künstlernamen Joachim Ringelnatz. Doch schierer Witz ist nicht die einzige Zierde des Dichters gewesen, der heute vor 125 Jahren in Würzen bei Leipzig geboren wurde.

Seine berühmtesten Verse sind ins literarische Volksvermögen geflossen. Sie bilden ein unverzichtbares Bindeglied so ungefähr zwischen Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Heinz Erhardt und Robert Gernhardt. Ringelnatz steht also in der hochkomischen Tradition, welche die Deutschen zuweilen so bitter nötig hatten und die sich immer noch am schönsten in Reime ergießt. Mit der heute gängigen Comedy für eine übersättigte Spaßgesellschaft hat das … Weiterlesen

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Macht uns das Internet dumm?

Nicht nur in Internet-Debatten macht derzeit ein Beitrag Furore, der sich grundsätzlich mit den Folgen des Netzes befasst. Der US-Autor Nicholas Carr fragt im Magazin „Atlantic Monthly”: „Is Google Making us Stupid?” Übersetzt: Macht uns Google dumm? Gemeint ist viel mehr als die Suchmaschine, nämlich die gesamte (Online)-Kultur.

Aber kann man hier überhaupt noch von Kultur im herkömmlichen Sinne reden? Carr kommt nämlich zu einem Befund, der inzwischen die allermeisten Menschen betrifft: Das Internet gewöhne uns immer mehr an raschen, ja rasenden Informations-Konsum in Häppchen-Form. Man klickt sich hierhin und dorthin, nimmt alles nur wie im Fluge wahr – und verliert dabei Stück für Stück die traditionelle Lesefähigkeit.

Klicken vermindert die Lesefähigkeit

Carr schildert eigene Erfahrungen und die seines durchaus … Weiterlesen

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