Comics als pädagogische Maßnahme – Oberhausener Museum würdigt die Latzhosen-Füchse „Fix & Foxi“

Fix & Foxi mit Oma Eusebia, Lupinchen, Lupo und Onkel Fax (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Heile Welt nach Rolf Kaukas Art: Fix & Foxi mit Oma Eusebia, Lupinchen, Lupo und Onkel Fax (hinten). (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Eine persönliche Vorbemerkung sei gestattet: Ich gehöre noch zur Generation, die die Ausläufer der unseligen „Schmutz und Schund“-Kampagnen der 1950er Jahre erlebt hat. Comics waren generell verpönt. Auch meine Eltern verfügten: „Rasselbande“-Hefte ja, Donald Duck und Micky Maus nein… Und so frohlocke ich noch heute, wenn Comics gar als museumswürdig erscheinen – so wie jetzt in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, wo die deutschen Heftchenhelden „Fix & Foxi“ in bisher nie gesehener Breite gewürdigt werden.

Im Untertitel der Schau wird Rolf Kauka (1917-2000), die treibende Kraft hinter den heute längst kultigen Fuchs-Zwillingen, mal wieder als „deutscher Walt Disney“ bezeichnet. Ein Katalog-Beitrag der Museumsleiterin Christine Vogt schränkt das Prädikat allerdings schon kräftig ein.

War Rolf Kauka wirklich ein „deutscher Disney“?

Gewiss: Auch der bei Leipzig geborene Kauka hielt buchstäblich das Heft bzw. alle publizistischen Fäden in der Hand (eben ähnlich wie Disney). Gezeichnet haben hier wie dort stets andere, die das weitaus besser konnten. Zeitweise standen mehr als zwanzig Zeichner in Kaukas Diensten, aber nur sein Name wurde genannt. Er war halt als Produzent und Verleger der Boss. So weit die Gemeinsamkeiten mit Disney, dessen zeichnerischer Genius Carl Barks auch erst nach vielen Jahren namentlich bekannt wurde.

So sahen die Füchse in einem früheren Stadium aus. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

So sahen die Füchse in einem früheren Stadium aus. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Nun aber zu den Unterschieden. Man vergleiche die Inhalte: Vielfach scheint sich Kauka zwar Anregungen aus Entenhausen bezogen zu haben, aber das Resultat kommt ungleich harmloser, biederer und braver daher. Das war kein Zufall, sondern beruhte auf Kalkül. Just, um dem Schund-Vorwurf zu entgehen, legte es Kauka auf (konservative) Werte, auf erzieherische Wirkungen mit erhobenem Zeigefinger an. Auch sollte es in seiner heilen Welt durchweg gewaltfrei zugehen. Kauka hatte seine verlegerische Laufbahn übrigens 1947 mit der Broschüre „Leitfaden für Polizeibeamte“ begonnen…

Moral mit erhobenem Zeigefinger

Am Ende vieler „Fix & Foxi“-Abenteuer stand eine ausdrückliche „Moral von der Geschicht'“, die den herrschenden Zeitgeist widerspiegelte, so beispielsweise: „In Ruinen spielt man nicht“, was in den 50er Jahren ein durchaus lebensnaher Rat war. Auch Fix & Foxi gingen letztlich mit der Zeit. Zuletzt (Schluss mit Print-Ausgaben anno 2010, seither nur TV-Filmchen) hatten sie selbstverständlich Handys.

Das erste deutsche Micky-Maus-Heft war am 29. August 1951 erschienen, ab Oktober 1953 zog Kauka mit „Fix & Foxi“ nach. In Oberhausen ist beispielsweise eine Spatzenkinder-Geschichte aus seiner Produktion zu sehen. Die Vögelchen hießen Fiep, Piep und Tschiep. Sollte das etwa ein Anklang an Donald Ducks Neffen Tick, Trick und Track gewesen sein? Manche Kauka-Figuren erinnern mehr oder weniger an Disney-Gestalten, so etwa der Hund Lupo an Pluto oder Professor Knox von fern her an Daniel Düsentrieb. Aber vielleicht liegt es ja auch daran, dass das Universum und das Figureninventar solcher Geschichten denn doch endlich sind, so dass gewisse Verwandtschaften kaum ausbleiben.

Anfänge der Heftserie mit deutschen Märchen und Sagen

Die Vielzahl der Kauka-Zeichner, die ab 1956 unter seiner Regie in einem Schlösschen zu Grünwald bei München arbeiteten, sorgte in den Anfangsjahren für einen ziemlich uneinheitlichen Stil. Erst später wurden die Füchse und alle anderen Figuren (Oma Eusebia, Hund Lupo, Lupinchen, Rabe Knax, Onkel Fax usw.) allmählich „auf Linie gebracht“. Zu Beginn der 1970er waren dann die stereotypen Charaktere und ihre Darstellung recht eindeutig definiert, es war klar, was sie jeweils zu tun und zu lassen hatten. Zeichner und Texter hatten sich an die Vorgaben zu halten. So musste etwa Oma Eusebia immer mal wieder die mahnende Spielverderberin sein, wenn andere der Hafer stach. Da weiß man doch gleich, woran man ist.

Vorläufer der Fix & Foxi-Hefte: Till Eulenspiegel. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Vorläufer der Fix & Foxi-Hefte: Till Eulenspiegel. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Die Oberhausener Ausstellung, kuratiert von Linda Schmitz, ist gegenüber den Vorläufern in Krems (Österreich) und Hannover (Wilhelm-Busch-Museum) noch einmal gehörig erweitert worden. Sie führt auch zu den Anfängen der Heftserie. Die Ursprünge von Fuxholzen (gleichsam das Entenhausen der Füchse, mit leicht süddeutschem Einschlag) liegen in jenen Kauka-Heften, die den Kindern deutsche Märchen und Sagen als Bildungsgut nahebringen sollten. Da ist er wieder, der pädagogische Impetus. Es begann mit Till Eulenspiegel (Hefttitel) und Münchhausen. Schon bald tauchten zwei kleine Füchse auf, anfangs noch naturalistisch gezeichnet, in späteren Jahren zusehends stilisiert. Immer auffälliger wurden sie auf der Titelseite angekündigt – bis sie schließlich selbst dort prangten.

Wie überhaupt ein Comic entsteht

Es war der Beginn einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. Von wechselnden Verlagen (u. a. Pabel) wurden bis 1994 etwa 300 Millionen Hefte verbreitet. Zahllose Kinder sind mit den niedlichen Füchsen aufgewachsen. Mit der Wendung, die „Ich bin fix und fertig“ scherzhaft durch „Ich bin fix und foxi“ ersetzte, haben die pfiffigen Tiere auch Eingang in die Alltagssprache gefunden. Eigentlich kein Wunder, dass es im Netz wahrhaftig einen lexikalischen Auftritt namens Kaukapedia gibt.

Ohne die Wiener Sammlung von Dr. Stefan Piëch, der den umfangreichen Kauka-Nachlass 2014 mit seiner Firma „Your Family Entertainment“ übernommen und das anfängliche Chaos geordnet hat, wäre eine derartige Ausstellung undenkbar. Sie zeigt nicht nur 284 Originalblätter, sondern insgesamt rund 500 Exponate, darunter auch etliche Merchandising-Produkte, mit denen der gewiefte, um nicht zu sagen ausgefuchste  Geschäftsmann Kauka gewinnträchtig an Fix & Foxi anknüpfte. Im Oberhausener Schloss kann man überdies haarklein verfolgen, wie ein solcher Comic überhaupt entsteht – von der ersten Skizze über Blau- sowie Tuschzeichnungen und Kolorierung bis hin zur fertigen Geschichte.

Noch nicht ganz fertiger Comicstrip mit Fix & Foxi. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Noch nicht ganz fertiger Comic mit Fix & Foxi von 1970. (© Sammlung Dr. Stefan Piëch)

Nicht immer hatte der geschäftstüchtige Kauka den richtigen Riecher. Mitte der 60er Jahre brachte er die Reihe „Lupo modern“ heraus, in denen es auch schon mal um Jazz oder – man denke! – Beatmusik ging. Das kurzlebige Projekt hatte gegen die damals übermächtige „Bravo“ keine Chance. Gut denkbar, dass Kauka nicht wirklich mit dem Herzen bei dieser Sache war.

Asterix und Obelix als Germanen

Das Spektrum der Kauka-Produktionen reichte auch sonst über Fix & Foxi hinaus. Extreme waren auf der einen Seite der putzige „Bussi Bär“ (seit 1967 bis heute!), auf der anderen ab 1974 der actiongeladene „Capitan Terror“. Ja, er hieß wirklich so. Nicht zu unterschätzen ist Kaukas Einfluss auf die gesamte hiesige Comic-Szene durch Verwertung ausländischer Lizenzen. So verschaffte er franko-belgischen Serien wie „Gaston“ und den Schlümpfen erste deutsche Auftritte, auch war „Lucky Luke“ bei Fix & Foxi zu Gast.

Noch bemerkenswerter: Asterix und Obelix hatten durch Kauka ihr Deutschland-Debüt. Kauka war freilich bei der Übertragung nicht zimperlich. Die Gallier traten bei ihm als Germanen auf und hießen Siggi und Barrabas. So unsäglich gerieten stellenweise die Eindeutschungen, dass alsbald der Verdacht aufkam, Kauka sei ein ausgemachter Reaktionär. Sonderlich geschickt war sein Umgang mit Asterix jedenfalls nicht.

Kein Preisausschreiben, nix zu gewinnen, aber eine Kernfrage: Wie erkennt und unterscheidet man eigentlich die beiden Zwillingsfüchse? Am Temperament, an der Frisur, an der Farbe der Latzhose? Na?

„Fix & Foxi. Rolf Kauka, der deutsche Walt Disney, und seine Kultfüchse“. 10. Juni bis 9. September 2018. Geöffnet Di-So 11-18 Uhr. Eintritt 8 Euro, ermäßigt 4 Euro, Familien 12 Euro. Katalog (Edition Alfons, Verlag Volker Hamann) 29,80 Euro. Weitere Infos: www.ludwiggalerie.de

 

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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