Schlagwort-Archive: RuhrTriennale

Von Fledermäusen und Menschen: „Die Franzosen“ nach Proust auf der Ruhrtriennale

Foto: Tal Bitton/Ruhrtriennale

Foto: Tal Bitton/Ruhrtriennale

Ein letztes Mal blendet das Licht, das durch die alten Fabrikfenster hereinscheint, grell die Augen. Dann senkt sich die Dämmerung über die Zeche Zweckel in Gladbeck, Spielort von Krzysztof Warlikowskis „Die Franzosen“ nach Marcel Proust bei der diesjährigen Ruhrtriennale.

Nun übernehmen die Nachttiere die Herrschaft über den Raum. Ein flinker Schwarm Fledermäuse durchflattert eine Szenerie, in der sich der Abgesang auf ein dekadentes Europa in nahezu fünfstündiger Spieldauer entfaltet. Nun, Europa ist ja auch sehr alt, so braucht ebenfalls sein Niedergang einige Zeit; Zeit, bis die materiellen, seelischen, psychologischen, politischen und gesellschaftlichen Zersetzungsprozesse greifen und ihr Gift entfalten.

Die kleinen Vampire und unfreiwilligen Mitspieler kümmert dies indes nicht, sie haben auch kein Sprachproblem: Die polnische Aufführung ist … Weiterlesen

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Aseptische Ereignislosigkeit: Die „Orfeo-Installation“ der Ruhrtriennale

Eurydike in der Unterwelt. Der Teppichboden hat einen sichtlich hohen Synthetik-Anteil. Von Orpheus keine Spur. (Foto: Julian Röder/Ruhrtriennale)

Eurydike in der Unterwelt. Der Teppichboden hat einen sichtlich hohen Synthetik-Anteil. Von Orpheus keine Spur. (Foto: Julian Röder/Ruhrtriennale)

Die arme Eurydike. Isoliert hockt sie in Zimmern herum, die wie eine Vorhölle aus Plastik anmuten, wie ein aseptischer Albtraum zwischen Disneyland und Reha-Klinik. Sprechen kann sie nicht, denn eine Gummimaske mit wulstigen Lippen nimmt ihr Gesicht und Alter.

Geklont wurde sie offenbar auch, denn wir, die Besucher der Ruhrtriennale, begegnen auf unserem Gang durch das Labyrinth neongrell erleuchteter Zellen rund einem Dutzend Eurydikes mit wasserstoffblonden Perücken, die hier ein ebenso rätselhaftes wie freudloses Dasein fristen.

Von Orpheus weit und breit keine Spur. Aber die Musik, die der Komponist Claudio Monteverdi dem sagenumwobenen Sänger der griechischen Mythologie auf den Leib schrieb, begleitet … Weiterlesen

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Klugheit und Kraft bei der RuhrTriennale

Dass der Gründungsintendant Gerard Mortier nicht vergessen wird, dafür sorgte endlich eine Hommage in der Gebläsehalle Duisburg. Der jetzige Intendant Johan Simons hat diesen Abend zu Ehren seines verstorbenen Freundes eingerichtet. Das Klangforum Wien musizierte Werke von Scelsi, Busoni, Berg, Webern und Messiaen, Lieblingskomponisten von Mortier. Es dirigierten Emilio Pomàrico und Sylvain Cambreling.

Simons betonte in seiner kurzen Einführungsrede die Klugheit des ersten Triennale-Intendanten, seine umfassenden Kenntnisse in der Musik, der Architektur, der Literatur und auf vielen anderen Gebieten. Er sei ihm immer ein Freund gewesen und einmal sogar Dramaturg bei der Umsetzung des Buches „Milch und Kohle“ von Ralf Rothmann, unterfüttert mit dreizehn Arien von Verdi. „Sentimenti“ ist bis heute in Erinnerung. Es war ein würdevoller Abend und man … Weiterlesen

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Passionsspiel in der großen Halle – „Accattone“ nach Pasolini bei der RuhrTriennale

„Accattone“ in der Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg in Dinslaken: die erste große Produktion der diesjährigen Ruhrtriennale, bei der Festspiel-Intendant Johan Simons Regie führt und Philippe Herreweghe das Collegium Vocale Gent dirigiert. Vorlage des Stücks ist der gleichnamige Film von Pier Paolo Pasolini aus den 60er Jahren, in dem Gewalt, Prostitution und Armut allgegenwärtig sind. Am Wochenende war Premiere: Ein großes Spektakel, das die große Wirkung indes schuldig bleibt.

Johan Simons (c) Julian Röder

Ruhrtriennale-Intendant Johan Simons hockt auf Schienen, die zum Bühnenbild von „Accattone“ in der Kohlenmischhalle in Dinslaken gehören. (Foto: Ruhrtriennale/Julian Röder)

Im Mittelpunkt steht der Zuhälter Accattone und sein Niedergang bis zum suizidalen Unfalltod, den er, sterbend, als seine Befreiung empfindet. Eine düstere Geschichte in Gestalt einer christlichen Passion, was anzunehmen in Sonderheit … Weiterlesen

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„Wir optimieren uns zu Tode“ – eine großartige Rede zur Eröffnung der RuhrTriennale

Hyung-Chul Han

Byung-Chul Han (© S. Fischer Verlag)

Neben mir sitzt ein älteres Ehepaar, das sich pausenlos scharf in Streit befindet. Vorn umarmt die Kunst die Ministerriege. Es wirkt befremdlich in dieser Umgebung eines Stadtteils, dem in letzter Zeit der Ruf zuteilwurde, ein Salafisten-Nest zu sein.

Der Koreaner Byung-Chul Han ist Autor und Essayist sowie Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Er hält die großartige Rede zur Eröffnung der diesjährigen RuhrTriennale in Dinslakens ehemaliger Zeche Lohberg, gefolgt von einer Live-Talk-Show unter der Leitung von Bettina Böttinger. Festivalchef Johan Simons weist zur Begrüßung darauf hin, dass die RuhrTriennale auch ein Festival der Debatten sein werde. Man mutmaßt also eine große Lust des Publikums auf Thesen und Diskussionen.

Die … Weiterlesen

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RuhrTriennale: „Nomanslanding“ im Duisburger Hafen überwindet alles Trennende

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Sie kommt genau auf uns zu: Die andere Hälfte von „Nomanslanding“ (Foto: rp)

Auf den ersten Blick wirkt das Ganze wenig spektakulär. Zwei halbierte Rieseneierschalen stehen da irgendwie auf dem Wasser und erinnern an Konzertmuscheln, was aber keinen Sinn ergibt, weil sie sich ja gegenüber stehen und deshalb kein Publikum beschallen können. Stege führen ans Ufer. Die Installation, um eine solche handelt es sich also offenbar, befindet sich im „Eisenbahnbassin“, einem Hafenbecken in Duisburg Ruhrort, das früher einmal der Eisenbahnhafen war und heute mehr oder weniger funktionslos ist. Hier steht das Wasser sehr still, was ein Grund gewesen sein mag, „Nomanslanding“ hier aufzubauen.

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Installation im Duisburger Eisenbahnbassin. Ab und zu schaut ein Ausflugsboot vorbei. (Foto: rp)

„Nomanslanding“ heißt das Gebilde, … Weiterlesen

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Einladung zur Neugier: Die RuhrTriennale will uns alle umarmen

Die RuhrTriennale öffnet ihren neuen Reigen und will umschlingen. „Seid umschlungen!“ ist das Motto und Festivalintendant Johann Simons öffnet seine Arme, besonders für die, die „eigentlich nicht ins Theater“ gehen. Ein schwieriges Unterfangen, aber ein notwendiger Ehrgeiz, der hier im Ruhrgebiet erfolgreich sein wird. Je weniger abgehoben die Kunst daherkommt, desto größer der Drang des Menschen, seiner Neugier freien Lauf zu lassen. „Das machen die also für mich“, wäre der richtige Ansatz und so soll es in der Saison 2015 sein.

R.Dennemann

Backstage.

Die Pressekonferenz fand in der Turbinenhalle auf dem Gelände der Jahrhunderthalle in Bochum statt, ein Ort, wo derzeit für „Rheingold“ geprobt wird. Intendant Simons hegt zu Wagner eine Hassliebe und lobt das revolutionäre Potential des Komponisten, der sicher … Weiterlesen

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Niedliche Brutalität: Joep van Lieshouts Ruhrtriennale-Dorf in Bochum

Die »BarRectum« ist Teil der begehbaren Installation vor der Jahrhunderthalle. © Atelier Van Lieshout

Die »BarRectum« ist Teil der begehbaren Installation vor der Jahrhunderthalle. © Atelier Van Lieshout

Wer die Rotterdamer Crew um Joep van Lieshout engagiert, weiß nicht nur, was ihn erwartet. Er erwartet auch genau das. Das Atelier Van Lieshout inszeniert das Gelände vor der Bochumer Jahrhunderthalle – und bedient die Hoffnungen der Ruhrtriennale nach einem crazy-verstörenden Festivalzentrum.

Der Künstler bestückt das Areal mit seinen organisch-verrätselten Systemen: Auf die Besucher warten unter anderem ein überdimensionierter Darmausgang, eine Werkstatt für Waffen und Bomben und eine Guerilla-Farm. »The Good, the Bad and the Ugly«, so der Titel des Gesamtkunstwerks.

Riesiger Enddarm und Waffenwerkstatt

Wie muss man sich das vorstellen? So: eine Halle, 15 mal 18 Meter groß und sechs Meter hoch. Sie heißt »Refektorium« … Weiterlesen

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Plötzlich Chef – Dirigent Kirill Petrenko wird neuer Leiter der Berliner Philharmoniker

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Kirill Petrenko wird der neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Foto: Wilfried Hoesl

Geht doch! Da haben sich die Berliner Philharmoniker still und heimlich noch einmal zusammengesetzt, angeblich nur gute zwei Stündchen beraten, und zack, einen neuen Chefdirigenten aus dem Hut gezaubert. Kirill Petrenko heißt der Glückliche, gleichermaßen Publikumsliebling in München (Staatsoper) und bei den Bayreuther Festspielen. Die Überraschung daran ist, dass sich das deutsche Vorzeigeorchester plötzlich, nach der schweren Nichtgeburt im Mai, so zügig auf ihn einigen konnte, „mit großer Mehrheit“.

Petrenko wurde 1972 im russischen Omsk geboren. In Vorarlberg, dann Wien studierte er, dort auch begann er seine Dirigentenkarriere, an der Volksoper. Das war 1997, zwei Jahre später schaffte er den Sprung als Chefdirigent ans Meininger Theater. Dort brachte … Weiterlesen

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Rheingold, Notwist, Pasolini: Johan Simons stellt sein erstes Ruhrtriennale-Programm vor

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Demnächst vor der Bochumer Jahrhunderthalle: Die Bikinibar aus dem Atelier Van Lieshout (Foto: Ruhrtriennale)

Johan Simons ist, wie bekannt, für die nächsten drei Jahre Intendant der Ruhrtriennale, und heute hat er sein Programm 2015 präsentiert. Erster Eindruck: Es kommt drauf an, was man draus macht, oder auch: Schau’n mer mal.  Der Chef selbst ist da nicht so zögerlich. „Seid umschlungen!“ ist das euphorische Motto dieses „Festivals der Künste“ (Untertitel), das programmatisch sehr gern in den Schöpfungs- und Erlösungsmythen der Menschheit gründelt.

Die richtig großen Namen, das, was man im Showgeschäft „eine sichere Bank“ nennen könnte, fehlen weithin. Der Regisseur Luk Perceval und die Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker sind vielleicht noch am ehesten Namen, die einer etwas breiteren Kulturöffentlichkeit bekannt … Weiterlesen

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„Zeitgenössische Programmierung“: Rückblick auf die Triennale-Ära von Heiner Goebbels

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Die Triennale geht zu Ende, in die Bochumer Jahrhunderthalle kehrt Ruhe ein Bis 2015 Johan Siemons kommt (Foto: Ruhrtriennale/Jahrhunderthalle Bochum)

Es ist – das Ende. Der Platz vor der Jahrhunderthalle wirkt verlassen, hinten bei den Kühlbecken werden letzte Kulissen von „Neither“ in Container verladen. Man kann das Rund des Dampflokkessels erkennen, das in Wirklichkeit eben doch bloß schwarz angestrichenes Sperrholz war. Die Ruhrtriennale 2014 geht zu Ende.

Am Sonntag (28. September) ist in Bochum Schluß mit dem Royal Concertgebouw Orkest. Auch endet, was noch wichtiger ist, die Drei-Jahre-Intendanz von Heiner Goebbels. Er wird sich wieder seiner Professur für angewandte Theaterwissenschaften in Gießen widmen und komponieren. Johan Siemons ist, wie berichtet, sein Nachfolger. Und deshalb war die Abschluß-Pressekonferenz am Mittwoch nicht … Weiterlesen

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Metropolensound: Triennale zeigt „Surrogate Cities“ als Choreographie für das Ruhrgebiet

Grundschüler aus dem Ruhrgebiet tanzen zur Musik von Heiner Goebbels (Foto: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale)

Grundschüler aus dem Ruhrgebiet tanzen zur Musik von Heiner Goebbels (Foto: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale)

Mal begegnet sie uns als belebende Metropole, mal als verschlingender Moloch. Die Stadt moderner Prägung ist Ballungsraum und Schmelztiegel, Brennpunkt und Sehnsuchtsort, der Menschen gleichermaßen vereint wie vereinzelt. Ungezählte Fotografen, Maler, Autoren und Dichter ließen sich von ihr inspirieren. Aber lässt sich urbanes Leben auch in Töne fassen?

Vor nunmehr zwanzig Jahren unternahm der Komponist Heiner Goebbels einen Versuch. Die Alte Oper Frankfurt hatte ihn beauftragt, ein Stück zur Feier des 700-jährigen Bestehens der Mainmetropole zu schreiben. So entstand sein Orchesterzyklus „Surrogate Cities“, der seit seiner Uraufführung am 31. August 1994 internationale Erfolge feiern konnte. Die Ruhrtriennale zeigt das Werk jetzt in einer erfrischend neuen Version der … Weiterlesen

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Weltenlauf und Transzendenz – ein Konzert der Triennale in memoriam Gerard Mortier

Voller Einsatz: Bariton Dietrich Henschel, das hr Sinfonieorchester und Dirigent Sylvain Cambreling. Foto: Michael Kneffel

Voller Einsatz: Bariton Dietrich Henschel, das hr- Sinfonieorchester und Dirigent Sylvain Cambreling. Foto: Michael Kneffel

Gerard Mortier ist im März dieses Jahres gestorben. Er war der Gründungsintendant der Ruhrtriennale und hat dort in den Jahren 2002 bis 2004 die „Kreationen“ als neue theatralische, spartenübergreifende Ausdrucksform gewissermaßen erfunden. Manches von dem, was unter der Leitung Heiner Goebbels’ heuer zu sehen ist, darf getrost als Weiterentwicklung dieser Anfänge gewertet werden.

Darüberhinaus war Mortier auch ein Verfechter dessen, was gemeinhin als Neue Musik bezeichnet wird. Für sein erstes Jahr hatte der Intendant entsprechend das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg verpflichtet, unter Leitung von Sylvain Cambreling – allesamt höchst versiert in der Interpretation von Werken des 20. Jahrhundert. Auf dem Programm stand damals Olivier Messiaens … Weiterlesen

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Hund, Katze, Pferd und viele Rätsel: „Neither“ bei der Ruhrtriennale

© Ruhrtriennale, Foto: Stephan Glagla, 2014

© Ruhrtriennale, Foto: Stephan Glagla, 2014

Unentschlossenheit zum künstlerischen Prinzip erhoben: Eigentlich müsste „Neither“ von Morton Feldman (Musik) und Samuel Beckett (Libretto) meine Oper sein, denn ich kann mich auch sehr schlecht entscheiden.

Doch die neueste Produktion der Ruhrtriennale lässt mich ein wenig ratlos zurück. Verstörend schöne und kraftvolle Bilder, ätherische und zugleich schmerzliche Musik, gespielt von den Duisburger Philharmonikern unter der Leitung von Emilio Pomàrico, schaffen eine unheimliche Traumwelt im Nebel.

Andererseits geht es um hochphilosophische Fragen wie die Grenzen menschlicher Erkenntnis, was gleich zu Beginn am Experiment von Schrödingers Katze veranschaulicht werden soll: Die Tatsache, dass in der Quantenphysik der Beobachter die Untersuchungsergebnisse beeinflusst, lässt sich an Erwin Schrödingers Gedankenexperiment von 1935 zeigen, das versucht, dieses Prinzip auf … Weiterlesen

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Nichts als Text im Tanzzentrum – „El triunfo de la libertad“ bei der Ruhrtriennale

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Was zu lesen: „El triunfo de la libertad“ von La Ribot im Essener Tanzzentrum „pact“. Foto: Ruhrtriennale

Das Publikum wartet auf die Tänzer – doch die Tänzer kommen nicht. Stattdessen sind auf elektronischen Schriftbändern Sätze in Deutsch und Englisch zu lesen, die eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die das Intro zu einem Tanz sein könnte.

„El triunfo de la libertad“ heißt dieser eigenwillige Abend im Essener Tanzzentrum „pact“, für den die Choreographin La Ribot verantwortlich zeichnet. Anscheinend ist mit dem Titel die „Libertad“ (Freiheit) der Künstlerin gemeint, zu machen, wozu sie eben Lust hat.

Da die Kunst (fast) alles darf, ist La Ribote ihre fünfzigminütige Laufschriftvorführung bei schleichend sich wandelnder Bühnenhelligkeit nicht einmal vorzuwerfen. Eher schon dem Veranstalter Ruhrtriennale, der … Weiterlesen

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Das Leben ist ein langer, schmutziger Fluss: Filmischer Abgesang aufs Industriezeitalter

Foto: Matthew Barney

Foto: Matthew Barney

Detroit ist am Arsch: Verfallene Industrieanlagen, heruntergekommene, entvölkerte Stadtteile und ausgebrannte Autowracks. Und durch alles wälzen sich zwei stinkende, verseuchte Flüsse. Sechs Stunden dauert der filmische Abgesang auf das Industriezeitalter von Matthew Barney und Jonathan Bepler, den die Ruhrtriennale in der Lichtburg zeigte.

Natürlich beinhaltet dieses Epos noch viel mehr: Vorlage ist der Roman „Ancient Evenings“ (Frühe Nächte) von Norman Mailer. Die ersten zwei Stunden von „River of Fundament“ vergehen mit dem Leichenschmaus bei Mailers Witwe in New York, bei dem ein elitärer Village-Voice-Zirkel sich die Ehre gibt. Heimgesucht allerdings durch den aus einem mit Fäkalien angefüllten Abwasserkanal entstiegenen Mailer selbst, der mit Dreck und Kot bespritzt die Veranstaltung als obszönes Gespenst besucht. Untote Gefährten aus der … Weiterlesen

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Aufstand, Entschleunigung, Dunkelheit – „I am“ von Lemi Ponifasio bei der Ruhrtriennale

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Szene aus „I am“ von Lemi Ponifasio Foto: Ruhrtriennale/Jörg Baumann

Dunkel ist es in der Jahrhunderthalle, aber nicht dunkel genug. Der Anfang verzögert sich um runde 20 Minuten, weil noch zu viel Licht durch die Scheiben hinter der Bühne dringt. Dabei ist der Beginn von Lemi Ponifasios Stück „I am“ eh schon auf 20:30 Uhr gelegt worden. Doch erst kurz vor neun geht’s los.

Wenn es losgeht, heißt das aber nicht, daß es auf der Bühne schlagartig heller würde. Die Personen agieren im letzten Schein des dahindämmernden Tages, wandeln auf dem First der schrägen Ebene, die den Bühnenhintergrund abgibt, quellen in großer Langsamkeit links und rechts davon auf die Bühne. Womit ein erstes, sehr zentrales Element dieses Abends genannt ist: … Weiterlesen

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Durch die Röhre ins Museum – Gregor Schneiders irritierende Raumplastik in Bochum

Zugegeben: Für ein paar Momente war ich wirklich etwas verunsichert und habe mich gefragt, wie schnell ich wohl aus dieser Röhre wieder herausfinde. 100 Meter können einem recht lang vorkommen. Doch das etwas flaue Gefühl hat sich dann sehr rasch wieder verflüchtigt.

„Ich freue mich, den Haupteingang des Museums zu schließen.“ Diesen seltsamen Satz hatte der international renommierte Künstler Gregor Schneider („Haus U r“) in einer Email an den Ruhrtriennale-Intendanten Heiner Goebbels geschrieben. Ein Museum schließen? Was geht denn da vor?

Man soll das Haus der Kunst jetzt bis zum 12. Oktober durch ein Röhrensystem betreten. Wer sich davor fürchtet, kann freilich auch ein Hintertürchen nehmen. Doch dann versäumt man eine ungewohnte Erfahrung.

Außenansicht: So führt die Röhre ins Bochumer Kunstmuseum. (Alle Fotos: Bernd Berke)

Außenansicht: So führt die Röhre ins Bochumer

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Mit Igor Strawinsky im Knochenstaubland – die Ruhrtriennale zermalmt das „Sacre“

Auf der Bühne rieselt's Knochenstaub, aus der Konserve tönt das "Sacre". Foto: Wonge Bergmann/Triennale

Auf der Bühne rieselt’s Knochenstaub, aus der Konserve tönt das „Sacre“. Foto: Wonge Bergmann/Triennale

Es gibt Momente im Leben eines Kritikers, die entpuppen sich letzthin als verlorene Zeit. Wir haben es gerade erfahren, in einer Vorstellung der Ruhrtriennale. Annonciert wurde die Produktion, zu sehen in der Duisburger Gebläsehalle, in seltsamer Verkehrung der Urheberschaft. „Romeo Castellucci: Le Sacre du Printemps, Choreografie für 40 Maschinen mit Musik von Igor Strawinsky“ lautet der genaue Titel. Das lässt einiges erahnen, allein, es kommt noch schlimmer.

Ein Blick auf den Besetzungszettel nämlich verrät, dass Scott Gibbons für den „Sound“ verantwortlich ist. Und dass die „Aufnahme“ (des Sacre) von MusicAeterna stammt, unter dem Dirigenten Teodor Currentzis. Kurzum: Wir hören das Stück aus der Konserve. Kein Orchester, … Weiterlesen

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Unter Schafen: Die Ruhrtriennale 2014 beginnt mit „De Materie“ von Louis Andriessen

Schafe unterm Zeppelin: Szene aus der Deutschen Erstaufführung von Louis Andriessens "De Materie" (Copyright: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale)

Schafe unter dem Zeppelin (Foto: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale)

Sie muss wirklich gute Augen haben, die Dame in der Reihe hinter uns. Während wir noch rätseln, was für seltsame Gestalten weit hinten aus dem Dunkel auftauchen, aus der Tiefe der 160 Meter langen Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg-Nord, beginnt sie zu kichern, den Kopf zu schütteln und sich halblaut zu mokieren. Dann entfleucht der wogenden Masse ein verräterischer Laut. „Möööh!“ Heiner Goebbels, Intendant der Ruhrtriennale, treibt als Regisseur der Deutschen Erstaufführung von Louis Andriessens Oper „De Materie“ tatsächlich eine Schafherde über die Bühne.

Eine gefühlte Ewigkeit, in Wahrheit sind es etwa 20 Minuten, sehen wir 100 Schafen aus dem Raum Düsseldorf dabei zu, wie sie durch die monumentale Weite des Raums trappeln. Sie … Weiterlesen

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Emsige Proben und guter Vorverkauf – in wenigen Tagen startet die Ruhrtriennale 2014

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Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord, zentraler Aufführungsort der diesjährigen Ruhrtriennale. Hier realisiert Heimer Goebbels „De Materie“. Foto: Matthias Baus/Ruhrtriennale

Intendant Heiner Goebbels probt schon seit Wochen „De Materie“ in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord, der Italiener Romeo Castellucci justiert rund 40 Maschinen, die für seine Inszenierung des Balletts „Le Sacre du Printemps“ „Knochenstaub zum Tanzen bringen“ sollen.

Der Schweizer Boris Nikitin hat in der Halle der Zeche Zwickel in Gladbeck eine Art Raum im Raum installiert, in dem seine sehr eigenwillige Musikproduktion „Sänger ohne Schatten“ nun zur Vorführungsreife gebracht werden soll. Und Katja Aßmann von den Urbanen Künsten Ruhr kann verkünden, daß die rund 50 polierten Aluminiumplatten, aus denen das interaktive Kunstwerk „Melt“ von Rejane Cantoni und Leonardo Crescenti besteht, auf … Weiterlesen

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Ruhrtriennale: Duisburg sagt Gregor Schneiders Installation „Totlast“ ab

Duisburg fürchtet sich. Nicht ganz Duisburg, doch zumindest der Oberbürgermeister: Sören Link hat entschieden, das Projekt „Totlast“ des Künstlers Gregor Schneider in Duisburg nicht realisieren zu lassen. Die begehbare Rauminstallation war als Projekt der Ruhrtriennale für das Lehmbruck Museum vorgesehen.

Für Duisburg nicht geeignet? "Liebeslaube" aus Schneiders Arbeit "Totes Haus u r". Copyright: Gregor Schneider/VG Bild-Kunst Bonn

Für Duisburg nicht geeignet? „Liebeslaube“ aus Schneiders Arbeit „Totes Haus u r“. Copyright: Gregor Schneider/VG Bild-Kunst Bonn

Link hat den Intendanten der Ruhrtriennale, Heiner Goebbels, am 7. Juli telefonisch von seiner Entscheidung unterrichtet. Begründung: Duisburg sei – vor dem Hintergrund der Geschehnisse bei der „Loveparade“ 2010 – „noch nicht reif für ein Kunstwerk, dem Verwirrungs- und Paniksituationen immanent sind, welches mit dem Moment der Orientierungslosigkeit spielt“.

Er habe sich die Entscheidung „nicht leicht gemacht und sehr schlecht geschlafen“, bevor er … Weiterlesen

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Knochenstaub für die Ruhrtriennale

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Szene aus dem Musiktheaterstück „Neither“ von Morton Feldman und Samuel Beckett (Foto: Ruhrtriennale)

Das Ballett „Le sacre du printemps“ von Igor Strawinsky ist ja eigentlich ein etabliertes Stück Bühnenkunst. Deshalb erstaunt es auf den ersten Blick, daß sich der Titel unter den insgesamt vier Musiktheater-Produktionen findet, die Ruhrtriennale-Intendant Heiner Goebbels  für das Festival im Spätsommer ankündigt. 

Doch keine Angst! Dies ist keineswegs die reumütige Rückkehr zum Mainstream, wie immer der auch beschaffen sein mag. Vielmehr ist der italienische Theatermacher Romeo Castellucci, der diese Produktion zu verantworten hat, eines Tages zu der Erkenntnis gelangt, daß bei Strawinsky zweifelsfrei ein Tier geopfert werde und das Tieropfer somit auch den Kern der Handlung bilden müsse.

Über einige weitere gedankliche Kaskadensprünge gelangte Castellucci schließlich … Weiterlesen

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Der kleine kluge Mann – Erinnerung an Gerard Mortier

Wir beklagen den Tod von Gerard Mortier. In den meisten Nachrufen wird davon gesprochen, dass er die Oper zu neuem Erwachen geführt habe,  die Salzburger Festspiele nachhaltig geprägt habe. Alles richtig. Nur – sein Wirken als erster Intendant der RuhrTriennale hat zumindest hier eine viel umfassendere Bedeutung. Leider sind und waren die Entscheidungsträger für das Festival nicht auf seiner Erkenntnisstufe. Sie hatten nicht mit seiner Widerspenstigkeit gerechnet und waren am Ende froh, dass er weg war. Welch ein grandioser Fehler!

Als ich ihn 2001 in einem Szenecafé im Dortmunder Norden kennenlernte, traf ich auf einen offenen, charmanten und witzigen Mann, mit dem ich über die Eigenart der Belgier diskutiert habe, über das Publikum im Ruhrgebiet und die Unterschätzung desselben.  Später … Weiterlesen

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Ruhrtriennale: Heiner Goebbels zeigt in „Stifters Dinge“ Kunst als Ablauf mechanischer Vorgänge

Friedhof der Klaviere: die zentrale Installation für "Stifters Dinge". Foto:

Friedhof der Klaviere: die zentrale Installation für „Stifters Dinge“. Foto: Wonge Bergmann/Triennale

Nun hat Ruhrtriennale-Intendant Heiner Goebbels selbst Hand angelegt. Als Konzeptkünstler, Regisseur und Komponist hat er dem Festival seinen ureigenen Stempel aufgedrückt. Auf dem zu lesen ist: „Stifters Dinge“. Angekündigt als Klavierstück ohne Pianisten, Theaterstück ohne Schauspieler und als Performance ohne Performer.

Goebbels misstraut offenbar dem Menschen auf der Bühne, setzt stattdessen auf die Macht der Elektronik, des Maschinellen. Zu sehen ist eine Installation, die wirkt wie das Ergebnis von jungenhafter Begeisterung an der Bastelei – mitsamt der hellen Freude, dass alles prächtig funktioniert.

Das Stück, wenn wir es so nennen wollen, passt also prima in die Duisburger Kraftzentrale, einst das energiespendende Herz für die Herstellung von Stahl. Denn … Weiterlesen

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Ruhrtriennale: Körper-Studie mit allen Mitteln

Foto: Eva Würdinger

Foto: Eva Würdinger

Mann und Frau begegnen sich – man sollte meinen, dass zu dieser Konstellation auf der Bühne kaum mehr Neues erzählt werden kann. Von wegen!

Im Choreographischen Zentrum PACT Zollverein trafen Meg Stuart und Philipp Gehmacher aufeinander. Die renommierte US-amerikanische Choreografin und ihr Kollege aus Österreich arbeiten inzwischen seit Jahren fruchtbar zusammen; diesmal banden sie außerdem den Video- und Installationskünstler Vladimir Miller ein. Das Ergebnis heißt „The fault lines“ – übersetzt etwa „Bruchlinien“, jene Störungslinien, die zum Beispiel nach Erdbeben im Gestein sichtbar werden. „The fault lines“ auf der Bühne ist das Zusammenspiel zweier Systeme, die nicht kompatibel sind.

Zu Beginn stehen Mann und Frau sich gegenüber, gehen aufeinander zu – ganz neutral, ohne erkennbar freundliche oder feindliche … Weiterlesen

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Triennale: Eiskalte Spannung – Lachenmanns Oper „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“

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Angela Winkler als „Mädchen“ in eisigem Blau. Foto: Julian Mommert/Triennale

Unten die plane, rechteckige, weitgehend leere, öd und unwirtlich wirkende Spielfläche. Alles umringt von steil ansteigenden Zuschauerblöcken. Dahinter schließlich haben sich Chor und Orchester platziert. Gewissermaßen als musikalische Umzingelung. Sodass die Klänge uns mal auf den Pelz rücken, mal wie aus dem Nichts entstehen, uns drangsalieren und enervieren, aber auch aufs Schönste erregen und erheben. Helmut Lachenmanns „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern – Musik mit Bildern“ wird in einem Raum zelebriert, der bereits Teil des Interpretationskonzepts ist.

Dafür steht der amerikanische Regisseur Robert Wilson, der dieses Theaterkonstrukt als einen Operationssaal sieht. Wie passend: Denn die Geschichte vom armen Mädchen, das in der bitterkalten Neujahrsnacht keine Zündhölzchen verkaufen kann, sie anzündet, … Weiterlesen

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Ruhrtriennale: Seltsame Rituale in Harry Partchs Instrumenten-Wunderland

"Zeit des gemeinsamens Vergnügens" heißt diese Szene des Partch-Theaters. Foto:

„Zeit des gemeinsamens Vergnügens“ heißt diese Szene des Partch-Theaters. Foto: Wonge Bergmann/Triennale

Das erste Wort gönnen wir Karl Valentin: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Die Erkenntnis des Münchner Komikers und Sprachkünstlers kommt uns alsbald in den Sinn, wenn wir vor dem Bühnenbild stehen, das vor allem eine Anordnung überwiegend riesiger, seltsamer Instrumente zeigt, das „Orchester“ des amerikanischen Komponisten Harry Partch.

Darin wuseln Solisten herum, die gleichzeitig Musiker, Sänger, Schauspieler und Pantomimen sind. Die bisweilen winzig klein wirken, wie Arbeiterfiguren in einem Baukasten fürs experimentierfreudige Kind.

Zumal sie hauptsächlich in bunter Werktätigenkluft, teils hübsch-hässlich den Prekariatsstandard erfüllend, sich an ihren klingenden „Maschinen“ zu schaffen machen. Auf dass eine wahrhaft un-erhörte, sirrende, flirrende, motorische Musik erklinge. Mit Anlehnungen an asiatische … Weiterlesen

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Ruhrtriennale konzertant: Musikalische Endlosschleife zum Untergang der Titanic

Anu Tali und die Bochumer Symphoniker ließen dieTitanic sinken. Foto: Michael Kneffel/Triennale

Anu Tali und die Bochumer Symphoniker ließen die Titanic sinken. Foto: Michael Kneffel/Triennale

Nach fortwährender Erkundung neuer Formen des Theatralischen, begibt sich das Experimentallabor namens Ruhrtriennale tatsächlich einmal in die „Niederungen“ des traditionellen Konzertbetriebs. Um aber gleich wieder eine Art Avantgarde zu präsentieren. Mit zwei Frühwerken des 1943 geborenen englischen Komponisten Gavin Bryars, die Luciano Berios „Requies“ umrahmen. Das Fazit des Abends ist schnell umschrieben – spektakulärer Titel, überwiegend langatmige Musik.

Denn wenn Bryars nichts weniger als den „Untergang der Titanic“ klanglich verarbeiten will, dürfte mancher in Duisburgs Gebläsehalle wohl ein großorchestrales Spektakel erwarten. Um sich damit die Katastrophenbilder im Kopf zurechtzimmern zu können. Und wenn die präzise musizierenden Bochumer Symphoniker unter Leitung der estnischen Dirigentin Anu Tali am Beginn … Weiterlesen

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Krieg im Eigenheim: Rimini Protokoll bei der RuhrTriennale

Wie erleben wir Krieg? Im Autoradio, wenn berichtet wird, dass Obama den Militärschlag gegen Syrien vorbereitet. Im Fernsehen, wenn wir Szenen sehen aus dem Sudan, aus Gaza, aus Afghanistan. Doch wissen wir wirklich etwas von den Menschen, die das Kriegshandwerk betreiben und von ihren persönlichen Lebensumständen? Können wir uns in das Schicksal von Opfern und Flüchtlingen hineinversetzen?

Die Theatergruppe Rimini Protokoll hat jetzt bei der Ruhrtriennale mit „Situation Rooms“ ein Projekt realisiert, das die Organisation des Krieges bis zu einem gewissen Gerade erfahrbar macht. Das die Planspiele, Kalküle, Geschäfte und technischen Voraussetzungen beleuchtet, indem die Biographien von Menschen erlebbar werden, für die Krieg Alltag, Beruf, Schicksal oder die Aussicht auf einen fetten Gewinn ist.… Weiterlesen

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Ruhrtriennale: Letzte Abenteuer auf dem Schlachtfeld des Theaters

Foto: Jörg Bauman

Foto: Jörg Bauman

Menschen lieben Geschichten, und wo ihnen keine angeboten wird, basteln sie sich aus dem, was sie wissen, selbst eine zurecht. Insofern ist jedes Stück postdramatisches Theater, das rein mit Stimmungen, Motiven und Versatzstücken arbeitet, eine Herausforderung für den Wahrnehmungsapparat.

Der Zuschauer muss akzeptieren, dass er höchstens das Thema zu fassen bekommt – und die ewige Suche nach dem Sinn aufgeben. Die britische Künstlergruppe Forced Entertainment unter der Leitung des Regisseurs Tim Etchells hat dieses Prinzip perfektioniert. In der weiten, offenen Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck zeigte sie für die Ruhrtriennale „The Last Adventures“, letzte Abenteuer.

Die Produktion ist eher Performance denn Schauspiel. Sie hat eine Choreografie, aber – für „Forced Entertainment“ durchaus untypisch – fast keinen Text. … Weiterlesen

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RuhrTriennale: Tanz-Skulptur auf der Halde

Levée des conflits / Ruhrtriennale

Levée des conflits / Ruhrtriennale

Das Stück beginnt, und nach wenigen Minuten haben die Zuschauer oben im Amphitheater auf der Halde Haniel in Bottrop alles gesehen. Das können sie zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht wissen. Erst mit zunehmender Dauer von Boris Charmatz‘ Choreografie „Levée des conflits“ (Die Aufhebung der Konflikte) erahnt man das Prinzip, begreift die Struktur im vermeintlichen Chaos.

Der französische Tänzer und Choreograf, der schon vor einem Jahr bei der Ruhrtriennale mit seinem Mensch-Maschine-Stück „enfant“ für Aufsehen sorgte, lässt die 24 Tänzer diesmal kein Stück in klassischem Sinne aufführen. Es gibt weder Thema noch Handlung, keine Entwicklung und kaum tänzerische Interaktion. Vielmehr bildet Boris Charmatz eine kinetische Skulptur. Er schafft mit tänzerischen Mitteln ein Stück bildender … Weiterlesen

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RuhrTriennale: Von Geisterbahnen, Freilichtduschen, Pendeltanz und Sinnattacken

Die Installationen der RuhrTriennale – umsonst und teilweise draußen. Jeder soll teilhaben an den Großkunstwerken, die die diesjährige RuhrTrienale zum temporären Einsatz eingekauft hat.

Heiner Goebbels, Experiment-Experte und moderierender Leiter des Kunstfestivals, stellte Künstler und Werke vor. Und alles ist so, als sei es am richtigen Ort zur richtigen Zeit – Festspielzeit im Nachhang des Sommers. In allen großen Nachrichtensendungen des Fernsehens wurde die Eröffnung bildreich angekündigt und man verwechselte schon mal Bochum mit Essen.

Dusche (Foto:Dman)

Dusche (Foto:Dman)

Und wenn es noch heiße Tage geben sollte, dann kann der zufällige Spaziergänger vor dem Ruhrmuseum sich seiner Klamotten entledigen und unter die Dusche springen, die da von der Künstlergruppe „rAndom international“ in Zusammenarbeit mit „Urbane Künste Ruhr“ errichtet wurde. 25.000 Liter Wasser … Weiterlesen

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Entdecker gesucht: Die Ruhrtriennale 2013 beginnt mit Musik von Harry Partch

Heiner Goebbels, Komponist und Intendant der Ruhrtriennale (Foto: Wonge Bergmann)

Heiner Goebbels, Komponist und Intendant der Ruhrtriennale (Foto: Wonge Bergmann)

Heiner Goebbels hält seine Emotionen zurück. Zehn Tage vor Beginn der diesjährigen Ruhrtriennale, die vom 23. August bis 6. Oktober mehr als 800 international gefragte Künstlerinnen und Künstler und 43 Produktionen präsentiert, zeigt der Festival-Intendant kaum Spuren von Aufregung oder Anspannung. Ganz auf Inhalte konzentriert, berichtet er bei der Auftakt-Pressekonferenz in Bochum von Proben, von letzten Vorbereitungen und vom reichhaltigen Eröffnungsprogramm der ersten zehn Tage.

Aber dann ergreift es den zurückhaltenden 61-Jährigen plötzlich doch. Was er in den letzten Tagen entstehen sah, hat sichtlich tiefen Eindruck hinterlassen. Zum Beispiel der Aufbau einer Installation mit 400 Pendeln im Museum Folkwang, die der Choreograph William Forsythe in „Nowhere and everywhere“ zum Geschicklichkeitsparcours … Weiterlesen

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Eine Betrachtung des Neuen: Heiner Goebbels‘ 2. Ruhrtriennale-Programm

Heiner Goebbels, Intendant der Ruhrtriennale. Foto:

Heiner Goebbels, Intendant der Ruhrtriennale, setzt erneut aufs Experiment. Foto: Wonge Bergmann

Teufel: Da hat doch die Kinderjury der Triennale im vergangenen Jahr ihren Preis „Die größte Qual für die Ohren“ ausgerechnet der Lieblingsband des Intendanten Heiner Goebbels zugedacht. Und dann musste er sich von Teilen des Publikums anhören, ein Theaterabend ohne Pause sei arg gewöhnungsbedürftig. So kann es gehen, wenn der Rezipient aus den eigenen (Hör)-Ritualen heraus einem kunstsinnigen Macher begegnet, der das Experiment liebt, das Neue, eben Unerhörte. Das Triennale-Programm dieses Jahres spricht darüber, wieder einmal, Bände.

Goebbels verfasst im Editorial ein Plädoyer für die herrliche Unbefangenheit der Kinderjury, sieht die Vorstellungspause als Störung eines komplexen Wahrnehmungsprozesses. Umgekehrt heißt dies wohl, dass sich der Intendant ein ebenso offenes, … Weiterlesen

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Im dunklen Bauch der Sprache: Orffs „Prometheus“ bei der Ruhrtriennale

Selten ist man einer fremden Sprache so ausgesetzt wie an diesem Abend: Vielleicht kennen einige das Gefühl, wie schwierig es auf Reisen sein kann, sich in einem unbekannten Zeichensystem zurechtzufinden. Doch die Erfahrung, im dunklen Bauch einer ehemaligen Industriehalle zu sitzen und zwei Stunden mit der fremdartigen Melodie des Altgriechischen von Carl Orffs „Prometheus“ konfrontiert zu werden, ist relativ einzigartig. Die Ruhrtriennale ermöglicht den eigentümlichen Selbstversuch noch bis zum 27. September in der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg Nord.… Weiterlesen

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Einmal Hochkultur und zurück – die Kinderjury der Ruhrtriennale

Kunst zum Kichern bei der Ausstellung "12 Rooms" im Essener Folkwang Museum.

Kunst zum Kichern bei der Ausstellung "12 Rooms" im Essener Folkwang Museum.

Eine Kinder-Jury begleitet die Ruhrtriennale und verleiht zum Ende des Festivals jeder Produktion einen Preis – die Awards heißen „Die beste Hose“, „Die beste Pose“ oder „Das verrückteste Stück“. Sie werden Abend für Abend wie Superstars behandelt: Chauffeur, roter Teppich, Blitzlichtgewitter. Über die Künstler, die Stücke, die Hintergründe wissen die Kinder – nichts. Was soll das sein: Kulturvermittlung? Oder tatsächlich die angekündigte „kritische Prüfung zeitgenössischer Kunst“ durch eine „unverbildete Jury“? Und: Kann das gut gehen?

Bochum, 17. August, kurz vor 20 Uhr. Internationales Stimmengewirr im Foyer der Jahrhunderthalle. Aus ganz Deutschland und dem Ausland sind Opernliebhaber angereist, um „Europeras 1 & 2“  zu erleben. Die Gelegenheit ist selten, … Weiterlesen

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Wortmusik: Robert Wilson liest John Cage bei der Ruhrtriennale

Komponist, Zen-Buddhist, passionierter Pilzsammler: John Cage wäre am 5. September 100 Jahre alt geworden (Copyright: Rex Rystedt)

Die Sehnsucht nach vollkommener Stille, die der amerikanische Komponist John Cage im schalltoten Raum der Harvard-Universität suchte und aufgrund körpereigener Geräusche doch nicht fand, führte 1952 zu seinem epochalen Werk 4’33’’, in dem nicht ein einziger Ton erklingt. Zwei Jahre vor der Uraufführung durch den Pianisten David Tudor hatte Cage die Grundzüge seines Denkens und Schaffens in seinem „Vortrag über nichts“ skizziert.

Der Sprachduktus folgt dabei einem strengen rhythmischen Muster: Cage schrieb eine Wortmusik, ein Duett zwischen Stimme und Stille, in dem es um nichts geht, oder wahlweise um alles. Tiefgründig Philosophisches trifft auf clowneske Alberei, zen-buddhistische Gelassenheit auf das nachgerade zwanghafte Aufzählen … Weiterlesen

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Präzise Anarchie: Eröffnung der Ruhrtriennale mit „Europeras 1 & 2“ von Heiner Goebbels

Regisseur von "Europeras": Heiner Goebbels. Foto: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale

Regisseur von "Europeras": Heiner Goebbels. Foto: Wonge Bergmann/Ruhrtriennale

John Cage wäre am 5. September 100 Jahre alt und gilt als einer der wichtigsten Anreger der zeitgenössischen Kunst: Malerei, Musik, Performance hat er beeinflusst, neue Richtungen wie die Fluxus-Bewegung wären ohne ihn nicht denkbar gewesen. Als Theoretiker ist er für ein modernes Musiktheater wohl ebenso bedeutsam geworden wie für die Sprechbühne Antonin Artaud und sein „Theater der Grausamkeit“. Für beide spielt die Einheit des Kunstwerks, die Nachahmung der Wirklichkeit, die Geschlossenheit eines als sinnvoll oder zielgerichtet erlebbaren Zusammenhangs keine Rolle.

Im Gegenteil: John Cage will jede Absicht aus seinen Werken verbannt wissen. Der Zufall soll herrschen. Und die Autonomie des Einzelnen steht über jedem Zusammenhang. Zur Eröffnung der Ruhrtriennale hat deren … Weiterlesen

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Ich bin dann mal weg: Heiner Goebbels‘ „Ästhetik der Abwesenheit“

Prof. Heiner Goebbels © Wonge Bergmann für die Ruhrtriennale

Prof. Heiner Goebbels © Wonge Bergmann für die Ruhrtriennale

Der Intendant als sein eigener Theoretiker: Im Gegensatz zu den meisten Künstlern, die die Deutung ihrer Werke gerne mit dem Hinweis verweigern, das Geschaffene solle für sich sprechen, liefert Heiner Goebbels die Dramentheorie zu seinen Musiktheaterinszenierungen gleich mit.

Mehr noch: Die ästhetische Theorie entwickelt sich scheinbar organisch aus seinen Kompositionen und aus der Art, wie er glaubt, sie in Szene setzen zu müssen. Das ist ebenso originell wie überzeugend. Doch Heiner Goebbels ist eben nicht nur Komponist, neuer Intendant der Ruhrtriennale und Musiktheaterregisseur, sondern auch Professor für angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Seit 2009 ist er außerdem Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Düsseldorf, wo er kürzlich in einem

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