Immer wenn die orange-braune Maus mit den Augenlidern klimpert und der kleine blaue Elefant trötet, wissen Jung und Alt: Jetzt gibt es Lustiges und Lehrreiches aus der bunten Vielfalt der Welt – „Lach- und Sachgeschichten“ eben.
Unter diesem Titel startete am 7. März 1971 eine neue Sendereihe für Kinder, produziert vom WDR in Zusammenarbeit mit anderen ARD-Sendern. In 50 Jahren hat sich die „Sendung mit der Maus“ zum beliebtesten Familientermin vor dem Fernseher entwickelt.
Inzwischen sitzen Großmütter, die als Kinder die ersten „Maus“-Episoden verfolgt haben, vor der Mattscheibe und verfolgen mit ihren staunenden Enkeln, was das kleine Nagetier wieder Spannendes vorzuführen hat. Der Zuschauer-Altersdurchschnitt von 40 Jahren macht deutlich: Eine „Kindersendung“ ist die „Maus“ längst nicht (mehr). Auch Erwachsene haben Spaß daran, sich Fragen beantworten zu lassen, die sie sich schon immer stellten – oder auf die sie bisher noch gar nicht gekommen sind.
Alltagsfragen und schwierige Themen
Das Erfolgsrezept wurde bereits in Doktorarbeiten untersucht. Es besteht, einfach gesagt, aus der geglückten Mischung von wiedererkennbaren Elementen und sorgfältig recherchierten, anschaulich präsentierten Aha-Erlebnissen.
Das mittlerweile auf neun Mitarbeiter angewachsene Maus-Team hat für die 2309 bisherigen Ausgaben nicht nur Klassiker wie die Frage nach den Löchern im Käse beantwortet. Sondern die halbstündige Sendung geht Alltäglichem auf den Grund, fragt, wie Dinge funktionieren, die wir wie selbstverständlich benutzen. Oder die wir gar nicht so genau beachten, weil sie uns ständig über den Weg laufen.
Wer weiß denn schon genau, wie Brötchen gebacken werden? Oder wie ein Wasserhahn oder eine Spülmaschine funktionieren? Die Maus lässt uns die Natur besser verstehen – etwa, warum Ohrwürmer hinten eine Zange haben. Sie führt uns auch an Orte, die man nur schwer betreten kann, zum Beispiel die Hallen, in denen ein ICE gebaut wird. Ob Japan oder das Mittelalter: Ferne Orte und fremde Zeiten spielen eine Rolle, wenn die Trickfigur ihre große Ohren und neugierigen Augen auf Reisen oder sogar bei einem Flug ins All auf kaum erreichbare Dinge richtet.
Die Maus entdeckt, was im Alltag spannend ist und worüber man sich erst Gedanken macht, wenn man – vielleicht von den eigenen Kindern oder Enkeln – danach gefragt wird: Etwa, wie ein Rollstuhlfahrer Auto fahren kann. Oder woher die Kartoffel kommt und was man alles aus ihr herstellen kann. Wer hätte gewusst, wer die Chips erfunden hat, die wir zum Fernsehabend knabbern? Die Maus-Macher nähern sich auch sensiblen, schwierigen Themen: Etwa der Geschichte eines Mädchens, das an einer unheilbaren Krankheit gestorben ist. Oder der Frage, was passiert, wenn ein Mensch stirbt, den man gern hat.
Elefant, Ente und Käpt’n Blaubär
Damit die „Sachgeschichten“ nicht zu trocken werden, gibt’s dazwischen kleine Sketche mit der seit 50 Jahren sprachlosen Maus und ihrem gezeichneten Freundeskreis wie dem blauen Elefanten und der gelben Ente. Zur Sendung gehör(t)en auch beliebte Trick-Tiere wie Schnappi, das kleine Krokodil oder Shaun, das Schaf. 1998 erhielt ein Maus-Star sogar eine eigene Briefmarke: Käpt’n Blaubär, der schon seit 1991 mit seinem Gehilfen Hein Blöd und den drei kleinen Bärchen Seemannsgarn spinnt. Auch jetzt zum 50. Geburtstag hat die Deutsche Post der Maus mit ihren Freunden eine Sondermarke gewidmet: Das 80-Cent-Wertzeichen mit einer Auflage von 65 Millionen Stück ist seit 1. März erhältlich. Und für Münzsammler gibt’s ein 20-Euro-Stück, sogar mit der Maus in Farbe drauf.
Inzwischen beschränkt sich der Aktionsradius des agilen Tierchens nicht mehr nur aufs Fernsehen: Seit 2011 gab es neun „Türöffner“-Tage, an denen Unternehmen, Institutionen und sogar Privathaushalten Kinder „Sachgeschichten“ live erleben lassen. Beim neunten Mal im Jahr 2019 öffneten sich auf allen Kontinenten 800 Türen für 80.000 Kinder.
Nilpferd oder Maus?
Als Gert K. Müntefering, Leiter des Kinder- und Familienprogramms des WDR, die „Lach- und Sachgeschichten“ erfand, hat keiner mit einem Dauerbrenner gerechnet. Mit-Erfinder Armin Maiwald berichtet, der Titel der Sendung sei damals „veritabel auf dem Flur“ entstanden.
Die Maus hatte sogar Konkurrenz: Die Redaktion diskutierte, ob sie nicht ein Nilpferd als Titelfigur nehmen sollte. Inzwischen ist das sprachlose Nagetier eine der beliebtesten Kinderfiguren überhaupt. „Generationen von Kindern sind mit der Maus groß geworden. Die Maus ist eine öffentlich-rechtliche Erfolgsgeschichte – ein Familienangebot im besten Sinne, das sich ständig weiterentwickelt“, sagt WDR-Intendant Tom Buhrow.
Zum 50. Geburtstag gibt es „Zeitreisen mit der Maus“ (ARD Mediathek) und sie zeigt jeden Sonntag „Früher-Heute-Geschichten“: Wie war das um 1970 und wie ist es heute bei der Müllentsorgung, an der Eisenbahnschranke oder bei einer Fahrt mit dem Auto? Doch beim eigentlichen Jubiläum soll der Blick in die Zukunft gehen: Die Geburtstagssendung mit der Maus am Sonntag, 7. März um 9 Uhr im Ersten und um 11.30 Uhr im KIKA steht unter dem Motto „Hallo Zukunft“. Kinder haben Ideen für künftige Themen an das Redaktionsteam geschickt. In „Frag doch mal die Maus – Die große Geburtstagsshow“ (Das Erste, 6. März, 20.15 Uhr, ARD-Mediathek) lädt Eckart von Hirschhausen ein zu den schönsten Erinnerungen aus fünf Maus-Jahrzehnten und den besten Kinderfragen zu Geschenken, Feiern und Torten. Das dritte Programm des WDR zeigt ab 23.30 Uhr eine 180 Minuten lange „Zeitreise mit der Maus“ in die 70er Jahre.
Für Maus-Fans bietet die Webseite www.die-maus.de jede Menge Infos und Hinweise auf aktuelle Sendungen und Mediathek-Inhalte, so auch die Hörspiele aus dem Wettbewerb „Dein Hörspiel #mitdermaus“: Dafür haben Kinder Geschichten zur Zukunft in 50 Jahren geschrieben. Aus den Einsendungen von 1.500 Sieben- bis Zwölfjährigen aus Deutschland, einigen europäischen Ländern und den USA wurden die Geschichten von acht Kindern ausgewählt und professionell als Hörspiele produziert. Darunter ist auch ein Text der acht Jahre alten Autorin Leni Luisa aus Dortmund, der am 6. März in der „Sendung mit der Maus zum Hören“ zu erleben ist.
Tipp für zu Hause: Wer die Erkennungsmelodie der Maus liebt, kann sie auch selbst nachspielen. Der Schott-Verlag hat die Noten des musikalischen Sketches von Hans Posegga im Programm, wahlweise für Klavier zu zwei oder vier Händen, zwei Gitarren, Flöte und Gitarre oder Blockflötenquartett.