Museum in Witten: Doppelter Platz und viel mehr Licht – Wiedereröffnung nach gründlichem Umbau

Von Bernd Berke

Witten. „Mehr Licht!“ – mit diesem Goethe-Zitat könnte man hier seine helle Freude ausdrücken; denn freundliche Helligkeit empfängt den Besucher des für 8,7 Mio. DM um- und ausgebauten Märkischen Museums der Stadt Witten gleich im Foyer – und sie bestimmt die Eindrücke auf allen Etagen.

Auf mehr als verdoppelter Ausstellungsfläche (14 500 statt 7000 qm) kann Museumsleiter Dr. Wolfgang Zemter ab 7. Oktober endlich mehr vom Eigenbesitz des Hauses zeigen. Durch die lange „Zwischenlagerung“ an sechs verschiedenen Stellen und durch Umzüge haben nur ganz wenige Stücke Schaden gelitten. Einen Schwerpunkt der Sammlung bilden Arbeiten des Informel (Fred Thieler, K. O. Götz usw.), wie überhaupt die unmittelbare Nachkriegszeit und die 50er Jahre‘ gut vertreten sind. Ende der 40er Jahre, so weiß, Museumsdirektor Zemter, hatte in Witten bereits der Ausstellungsbetrieb wieder begonnen, damals freilich in einer Art „Museums-Ruine“.

Solche Notlagen und auch die unbefriedigende Situation der letzten Jahre gehören endgültig der Vergangenheit an. Der Neubau, der jetzt eine Einheit mit dem gründlich umgestalteten alten Trakt bildet (gleich nebenan: das Heimatmuseum), war allerdings keine leichte Geburt. Ein Architektenwettbewerb, an dem sich seinerzeit auch Prominente beteiligten, erwies sich aus Sicht der Stadt Witten als Flop. Also nahm das Städtische Hochbauamt die Sache in die Hand – in enger Absprache mit der Museumsleitung. Baubeginn war Mitte 1985. Zemter: „Wir haben funktionell geplant, sozusagen von innen nach außen.“ Folglich blieb zwar die (denkmalgeschützte) historische Fassade des Altbaus erhalten, der Neuanbau aber prunkt nicht, sondern ist anmutig-schlicht und zweckmäßig. Die Stockwerke sind als Halbetagen gegeneinander versetzt, das Haus wirkt daher luftig und durchlässig. Pyramidenförmige Glaskörper auf dem Dach lassen viel Tageslicht herein, das auf Knopfdruck mit Rollos gedämpft werden kann.

Stolze Besitztümer des 1886 privat gegründeten Museums setzen jetzt gleich rechts hinter dem Eingangsbereich Signale: die „Strünkede-Gruppe“, ein barockes Figurenensemble (in einer Großaktion komplett in Münster restauriert), die Figur des „Heiligen Engelbert“ (13. Jhdt.) und das „Herbede-Relief“ aus der Renaissance-Zeit. Diese Exponate verweisen ebenso auf Traditionsbindung wie das wertvolle Münzkabinett. Direkt unter dem Renaissance-Relief hängt eine weitere „Ikone“ des Museums, allerdings aus neuerer Zeit: ein Gemälde von Fred Thieler. Tradition und Moderne schließen sich hier nicht aus.

Was Museumsleute andernorts über sich ergehen lassen mußten, nämlich Etatkürzungen nach einem Neubau, gab es in Witten nicht. Mit rund 50.000 DM pro Jahr kann man jedoch auch keine „großen Sprünge“ auf dem Kunstmarkt machen. Direktor Zemter muß sich helfen, indem er Arbeiten von (noch) unbekannten Künstlern erwirbt und sich auf Graphik konzentriert. Das Fachpersonal wurde aufgestockt, gespart wird aber bei der Bewachung. Nicht Wärter, sondern Videokameras übernehmen den „Job“.

Eröffnet wird am 7. und 8. Oktober (ab 14 bzw. 10 Uhr) – nicht einfach mit einem Streichquartett, sondern mit einem zweitägigen Kunstpektakel inklusive Theatergruppen und viel Musik.

Ausstellungen zur Eröffnung: Radierungen von Fred Thieler; „Deutsche Kunst“ seit 1900″ (Überblick aus dem Eigenbesitz); Wittener Notgeld“, „Taler geistlicher Territorien“.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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