Neue Kulturstiftung Ruhr will das Revier auch im Ausland zum Begriff machen

Von Bernd Berke

Essen. Einen Chirurgen benötige die Kultur des Ruhrgebiets zwar keineswegs, „wohl aber immer wieder frische Blutzufuhr“. So bildhaft begrüßte Ministerpräsident Johannes Rau gestern in der Essener Villa Hügel den Start eines hocheingeschätzten Projekts: Seit gestern gibt es die „Kulturstiftung Ruhr“, die laut Satzung alle überörtlichen Maßnahmen fördern soll, die geeignet sind, das Revier als „einheitliche Kulturlandschaft von Rang“ im In- und Ausland darzustellen.

Die Initiative ging von der Krupp-Stiftung und ihrem Kuratoriumsvorsitzenden Berthold Beitz aus. Die Stiftung bringt in den nächsten zehn Jahren je 1 Million DM in die Kulturstiftung Ruhr“ ein. Prof. Paul Vogt, Direktor des Essener Folkwang-Museums und neben Beitz im Vorstand der Stiftung, umriß die Förderungs-Aufgaben der neuen Institution wie folgt:

  • Aus- und Weiterbildung eines qualifizierten künstlerischen Nachwuchses
  • Dokumentation herausragender ruhrgebietsspezifischer Ereignisse
  • Unterstützung von Pilotprojekten mit besonderer Bedeutung für das Ruhrgebiet
  • Ausstellungen oder ähnliche Veranstaltungen, die Maßstäbe für das Kulturleben im Revier setzen können und dessen internationales Ansehen fördern.

Wie gestern weiter mitgeteilt wurde, werden erste Projekte im Sommer dieses Jahres spruchreif. Einzelheiten wurden noch nicht verraten.

NRW-Kultusminister Hans Schwier gab sich in Essen zuversichtlich. Kulturförderung sei indirekt auch Wirtschaftsförderung. Mit Blick auf den Landeshaushalt meinte Schwier, man habe endlich die „Talsohle erreicht“ und werde sie durchschreiten, indem man künftig auch im Kulturbereich wieder schrittweise aufgestocken werde. Bei diesem Normalisierungsprozeß, so Johannes Rau, könnten private Initiativen wie die soeben gegründete Stiftung wichtige „Signalwirkung“ haben und öffentliche Anstrengungen beflügeln. Insofern sehe er in der Stiftung nicht nur einen Geldgeber, sondern auch einen „Hoffnungs-Stifter“. Kultur werde gerade in sozial weniger rosigen, zur Resignation neigenden Zeiten zur „Lebensfrage“. Das Revier sei eben nicht nur eine Region der Arbeit, sondern zähle zu den wichtigsten Kulturzentren der Welt.

Ein Wermutstropfen fiel gestern dennoch in den Freudenbecher. Berthold Beitz beklagte die nach seiner Ansicht kleinlichen Richtlinien des deutschen Stiftungsrechts. Ursprünglich habe man die „Kulturstiftung Ruhr“ mit einem Grundkapital von 10 Millionen DM ausstatten wollen. Dies sei aus steuerlichen Gründen nicht möglich gewesen. Nun müsse man den Betrag auf zehn Jahre verteilen, was enormen Zinsverlust bedeute. Beitz drastisch: Es sei steuerlich einfacher, afrikanische Fußballer zu fördern als einheimische Kultur. Um das Mindestkapital aufzubringen, griff Beitz in die Privatschatulle. Betrag: 100 000 DM. Da die Stiftung sich als „Sammelbecken“ verstehe, könne jedermann sein Scherflein beitragen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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