Von Bernd Berke
Dortmund. Da musste selbst Ingo Bartsch, der Direktor des Ostwall-Museums, passen. Eine ganz Reihe von Künstlernamen aus der Sammlung des Fürther Ehepaares Hoh war ihm vormals nicht geläufig. Die offenkundig begüterten Leute, über deren finanzielle Hintergründe nichts verlautet, lassen sich bei ihren Kunstkäufen weniger von berühmten Namen als von Marktlage und Geschmacks-lmpulsen leiten.
Nicht immer beweisen sie dabei eine glückliche Hand. Wie man jetzt anhand von rund 100 Exponaten am Ostwall überprüfen kann, enthält die Sammlung auch etliche kraftlosere Stücke aus der „zweiten Reihe“ der Moderne. Es gibt wenige Gipfel, eher die Mühen der Ebene.
Man sieht also Werke von weniger bekannten, gelegentlich, auch weniger begabten Konstruktivisten, Futuristen, Expressionisten, Surrealisten und so weiter. Böswillig könnte man sagen, dass die Kollektion Beispiele fast aller stilistischen „-Ismen bis zur Mitte des Jahrhunderts wie Kraut und Rüben versammelt. Eine sinnvolle Hängung war gewiss nicht einfach. Sie ist aber erstaunlich gut geglückt und stiftet den einen oder anderen Zusammenhang zwischen den Bildern und Skulpturen.
Freiraum für „Entdeckungen“
So wird aus dem Sammelsurium denn doch ein lehrreicher Baukasten der Moderne. Hier lässt sich manche bildnerische Essenz des Jahrhunderts noch einmal nachvollziehen. Doch vieles ist nur ein fernes Echo der eigentlichen Beweger. Nun gut, nicht jeder kann ein Picasso sein.
Da die Sammlung erst ab Mitte der 80er Jahre entstanden ist, muss man zudem berücksichtigen, dass absolute Spitzenwerke der Klassischen Moderne seither so gut wie unbezahlbar sind. Auch kommt nicht immer alles nach Belieben auf den Markt. Es bleibt abzuwarten, welche Schwerpunkte sich mit den Jahren in dieser Sammlung entwickeln. Sie ist im Werden. Dies ist spannender als eine allseits „abgesicherte“ Auswahl.
Nicht den neuesten Moden nachhecheln
Sympathischer Zug, dass die Sammler nicht den neuesten Moden der Westkunst nachhecheln. Gut auch, dass sie die Aufmerksamkeit sonst weniger beachteten Ländern wie Schweden, Dänemark, Ungarn oder Mexiko widmen. Vor allem aber: Gerade der Umstand, dass sie sich abseits der ausgetretenen Pfade umgesehen haben, öffnet den Blick des Betrachters für Nebenwege. Hie und da kann man seinen Horizont erweitern.
Rings um das eine oder andere Nebenwerk der Prominenz (Feininger, Hoetger, Jawlensky, Kirchner oder Morgner, Zadkine) bleibt also viel Freiraum für „Entdeckungen“.
Einen starken Eindruck hinterlassen beispielsweise die Arbeiten von Walter Gramatté (1897-1929). Besonders sein Einsamkeits-Bildnis „Mann im Schlitten“ (1920) übt einen ungeheuren Sog aus, aber auch „Der Abschied“ (1920) kündet nachhaltig von Wärme- und Kältezonen einer Liebesbeziehung. Das Selbstbildnis des Dietz Edzard (1893-1963), mit Palette und wie zur Abwehr eines Angriffs erhobenem Malpinsel, hat gleichfalls bannende Kraft.
Es fällt auf, dass motivische Vorlieben das Sammlerinteresse prägen. Gleich dreimal sind (in unterschiedlichster Ausprägung) paradiesische Szenen mit Adam und Eva vertreten. Auch die melancholischen Momente der Liebe kehren auf einigen Bildern wieder.
Sammlung Hoh. Museum am Ostwall, Dortmund. Bis 13. Februar 2000. Di-So 10-17 Uhr. Eintritt 4 DM, Katalog 39 DM.