Der Tod im Werk Picassos

Von Bernd Berke

Bielefeld. 40 Intercity-Minuten von Dortmund entfernt, bietet sich ab Sonntag eine allerletzte Gelegenheit, wichtige Werke von Pablo Picasso ohne großen Reiseaufwand zu sehen.

Ab 1985, wenn das Picasso-Museum in Paris fertig ist, werden zahlreiche Arbeiten aus dem Atelier des 1973 gestorbenen Spaniers, die der französische Fiskus statt einer Erbschaftssteuer „kassierte“, für immer an der Seine bleiben. Diese Aussicht erzeugt eine Art „Torschlußpanik“ und beschert der bis 29. Januar dauernden Düsseldorfer Ausstellung der Picasso-Skulpturen Besucherrekorde; nun zieht Bielefeld mit „Picasso Todesthemen“ nach.

Picassos Gesamtwerk gilt als Ausdruck eines eher heiter gestimmten Naturells. Dieses Klischee muß spätestens jetzt in einigen Nuancen korrigiert werden. Ist auch der Tod kein zentrales Thema, so prägt er doch immer wieder Schlüsselwerke der verschiedenen Schaffens-Phasen, die jeweils Krisen in der Biographie Picassos zugeordnet werden können. Nicht immer wird das so deutlich wie bei der Darstellung von Menschen- oder Tierschädeln, bei blutigen Stierkampfszenen oder Bildern, die Gewalt („Raub der Sabinerinnen“, 1962) bzw. Mord („Frau mit Dolch. Der Tod Marats“, 1931) ausdrücklich zum Inhalt haben. Vielfach erweisen sich schon „harmlose“ Stilleben mit Kerzen (letztere als symbolische Lebenslichter) als subtile künstlerische Variationen zum Todesthema.

Auch die geschlechtliche Vereinigung gehört in die Randbezirke des Todes, indem beispielsweise der Moment der höchsten Lust als „kleiner Tod“ dargestellt wird oder unheilvolle Verstrickungen zwischen „männlichem und weiblichem Prinzip“ der Bildidee zugrunde liegen – so etwa bei „Katze und Hahn“ von 1953: Die (weibliche) Katze reißt dem toten Hahn Fleischstücke aus der Brust.

Die Ausstellung versammelt Picasso-Gemälde, Zeichnungen und Graphiken von 1899 bis 1962, darunter als wohl wertvollstes Werk die „Kreuzigung“ (1930). Während die Sterbeszenen der frühen Ölskizzen sich noch auf traditionelle Bildlichkeit stützten, entwickelte Picasso später eine immer eigenständigere, in ihrer Prägnanz geniale Zeichensprache.

„Picasso. Todesthemen“. Kunsthalle Bielefeld, bis 1.4. Katalog 42 DM.

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 1 times, 1 visit(s) today

Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
Dieser Beitrag wurde unter Kunst & Museen abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.