Monatsarchive: September 1984

„Von hier aus“: Kunst-Stadt auf dem Düsseldorfer Messegelände soll Kölner erbleichen lassen

Von Bernd Berke

Auch Unschlüssige soll die 60 Meter lange Rampe zur Kunst fiihren. Wer oben anlangt und sich einen groben Überblick über 14.000 Quadratmeter voller neuer deutscher Kunst verschafft, kann noch entschieden, ob er/sie für 8 DM die Halle 13 des Messegeländes betritt. Der Eintrittspreis wird erst hinter der Rampe fällig.

„Von hier aus“ heißt das wohl größte bundesdeutsche Ausstellungsprojekt dieses Jahres (29. September bis 2. Dezember, Katalog 40 DM). Witzbolde haben den Titel achselzuckend parodiert: „Von m i r aus“… Der Originaltitel aber verweist nicht zuletzt auf die stete Rivalität zwischen den rheinischen Kunstmetropolen Köln und Düsseldorf. „Von hier aus“, so behaupten nun bis zum Beweis des Gegenteils die Düsseldorfer, gehen derzeit die magnetischen Kraftlinien der Kunstentwicklung aus.… Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kunst & Museen | Verschlagwortet mit , , , , , , | Kommentare deaktiviert für „Von hier aus“: Kunst-Stadt auf dem Düsseldorfer Messegelände soll Kölner erbleichen lassen

Lebensgeschichten auf dem Seziertisch – Sergio Leones Film „Es war einmal in Amerika“

Von Bernd Berke

Düsseldorf. Im besten Mannesalter durchschreitet „Noodles“ (Robert de Niro) das Bahnhofsportal, um gleich darauf als gramgebeugter Grauhaariger durch dieselbe Pforte zurückzukehren. Der Zeitsprung deutet auf Märchenhaftes. Und so heißt dieser Film denn auch: „Es war einmal in Amerika“.

Volle drei Stunden und vierzig Minuten nimmt Sergio Leones Opus den Zuschauer in Anspruch. Ein langer Film. Auch ein „großer“?

Leone, der zehn Jahre lang an seiner ersten Regiearbeit seit 1971 („Todesmelodie“) „gefeilt“ hat, führt uns ins New Yorker Juden-Einwandererviertel Lower East Side. Beginnend mit den 20er Jahren, es ist die Zeit der Alkohol-Prohibition, wird die Entwicklung einer Kinderbande zum perfekt organisierten Verbrecher-Syndikat nachgezeichnet. Zwischenstation ist das Jahr 1933, Endpunkt das Jahr 1968, von dem aus die Vergangenheit allmählich … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Lebensgeschichten auf dem Seziertisch – Sergio Leones Film „Es war einmal in Amerika“

Messe-Rahmenprogramm: „Photokina“ stellt das gedruckte Bild in den Blickpunkt

Von Bernd Berke

Köln. Auf massenwirksame Lichtbilder setzt diesmal die „Photokina“-Messe mit ihrem Beiprogramm in Köln. War man 1980 und 1982 mit anspruchsvollen Bilderschauen in die Kunsthalle ausgewichen, präsentiert man sich nun wieder auf dem Messegelände – unter dem populären Leitthema „Das gedruckte Foto“.

Profis und Amateure können sich Anregungen in jederlei Format holen, denn Bilder auf Briefmarkengröße („Foto-Philatelie“) werden ebenso gezeigt wie gigantische Abzüge aus Foto-Jahrbüchem und Kalendem, aus dem Bereich besonders kreativer Reklame-Fotografie oder aus preisgekrönten Foto-Reportagen. Auch sonst weniger beachtete Sparten sollen zur Geltung kommen, beispielsweise Aufnahmen aus Theater-Programmheften, die ansonsten nur am jeweiligen Ort beachtet werden und nach der Auffiihrung meist in die Schublade wandern.

Eingeleitet wird die Fülle der Exponate mit einer historischen Abteilung. Dort … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Fotografie | Verschlagwortet mit , , , , | Kommentare deaktiviert für Messe-Rahmenprogramm: „Photokina“ stellt das gedruckte Bild in den Blickpunkt

Westfalens Gesellschaft zur Goethezeit – auf Bildern von Johann Christoph Rincklake

Von Bernd Berke

Münster. Westfalens Adel ging um das Jahr 1800 mit der Zeit. Man hatte schließlich „seinen“ Rousseau gelesen und kehrte auch dann „zurück zur Natur“, wenn man sich porträtieren ließ: Nun getrauten sich auch Damen von Stand, inmitten ihrer Kinderschar oder gar im „Zustand der Hoffnung“ vor den Maler zu treten.

Es war aber zugleich die Ära, in der das Selbstbewußtsein des westfälischen Bürgertums wuchs. Nur: Statt der Wappen, die die adeligen Herrschaften vorweisen konnten, staffierten sich Bürgersleute fürs Konterfei mit Signalen für erbrachte „Leistung“ aus. Ein wissenschaftliches Buch für den Herrn, ein Strickstrumpf für die Dame – und schon war die Heraldik wirksam ersetzt.

Westfalens wohl bester Porträtmaler zur „Goethezeit“ hieß Johann Christoph Rincklake (1764-1813). Sein Werk … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Familie, Frauen & Männer, Geschichte, Gesellschaft, Kunst & Museen, Stilfragen | Verschlagwortet mit , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Westfalens Gesellschaft zur Goethezeit – auf Bildern von Johann Christoph Rincklake

Büchners „Woyzeck“ in Wuppertal – Inszenierung lässt vieles offen

Von Bernd Berke

Wuppertal. Mit Georg Büchners „Woyzeck“ ist das so eine Sache. Seit Generationen streiten sich die Philologen, in welche Reihenfolge die Szenen gehören (wovon u. a. abhängt, ob Woyzecks Gang ins Wasser als Selbstmord oder als Reinigung anzusehen wäre), ja die Gelehrten sind sich noch nicht einmal einig, ob es sich um ein „Fragment“ handelt oder ob die offene Dramenform als in sich abgeschlossen zu gelten hat.

Wuppertals Bühnen haben sich in Gestalt des Regisseurs Ulrich Greiff und seines Dramaturgen Lothar Schwab dafür entschieden, die Sache nicht gar so ernst zu nehmen. Im Programmheft läßt Schwab durchblicken, daß man die Szenen nahezu beliebig umstellen könne, was während der Proben auch mehrfach geschehen sei.

Und so läßt denn diese … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Theater | Verschlagwortet mit , , , , , | Kommentare deaktiviert für Büchners „Woyzeck“ in Wuppertal – Inszenierung lässt vieles offen

Ein Mensch wird neu montiert – Bert Brechts „Mann ist Mann“ beim WLT

Castrop-Rauxel. Einer ist keiner. Jeder ist wie der andere: „Mann ist Mann“. Das ist Bert Brechts lehrstückhafter Abgesang auf „Charakterköpfe“, aufs Individuum überhaupt.

Wie ein Zahnrad ins andere greift, wird hier der Beweis geführt: Der Mensch kann neu montiert wereden – wie Galy Gay, der Packer vom Hafen, der zum Massenprodukt „Soldat“ umgepolt wird. Mit „Mann ist Mann“ startet das Westfälische Landestheater (WLT) in die neue Saison.

Nicht mehr die britische Armee in Indien ist Gegenstand des Beweisführungs-Spiels. Aus dem Tempel ist die glitzernde Spielhalle mit elektronischem Kriegsgerät geworden. Ein metallenes Gerüst beherrscht den Spielort.

Mann ist Mann, aber Brecht nicht immer gleich Brecht. Allzu bereitwillig hakt die Inszenierung (Regiedebüt in Castrop: Kurt Lambrigger) bei Stichworten ein, die Unterhaltungswert signalisieren. … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Theater | Verschlagwortet mit , , , , | Kommentare deaktiviert für Ein Mensch wird neu montiert – Bert Brechts „Mann ist Mann“ beim WLT

Von Raubrittern und Kobolden im Revier – Kinder gruben uralte Sagen des Ruhrgebiets aus

Von Bernd Berke

Im Westen. Da behaupte noch einer, das Ruhrgebiet sei keine geschichtsträchtige Region! Bis zu 1000 Jahre haben Sagen und Märchen aus dem Umkreis des Reviers auf dem sprichwörtlichen Buckel, die im Rahmen eines Wettbewerbs von Kindern zwischen Duisburg und Dortmund ausgegraben worden sind.

8- bis 16jährige, vom Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) zu dieser Suche aufgerufen, haben pfiffig und vielfach nach allen Regeln der Kunst recherchiert. um „Raubrittern und Ko(hle)bolden“ auf die sagenhafte Spur zu kommen. Für die über 100 Einsendungen (auch ganze Schulklassen machten mit) waren natürlich in erster Linie die Großmütter, aber auch Gemeindepfarrer und Archive wertvolle Quellen.

Manchmal war schon ein Straßenname in der Heimatgemeinde Anlaß genug, dem historischen Kern einer Sage nachzuspüren. Die 39 besten … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Buchmarkt & Lesen, Geschichte, Region Ruhr | Verschlagwortet mit , , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Von Raubrittern und Kobolden im Revier – Kinder gruben uralte Sagen des Ruhrgebiets aus

Frank Zappa enttäuscht Publikum in Ahlen – ganz im Gegensatz zu Rory Gallagher

Von Bernd Berke

Ahlen. Es war nach Mitternacht, als die Legende endlich besichtigt werden durfte. Mit zwei Stunden (leider festivalüblicher) Verspätung trat er, als hätte sich die Erde aufgetan und Mephisto sei erschienen, urplötzlich ins Rampenlicht: Frank Zappa.

Ein artiger Dank ans Publikum, daß es bei dieser Kälte ausgeharrt habe, dann ging „die Post ab“. Kam aber nicht an. Wirkliche Aufnahmebereitschaft für Zappas hochdifferenzierte Musik war zu dieser Stunde kaum noch vorhanden. Wer (oh, rebellische Zeiten der „Mothers of Invention“!) eine provokante Bühnenshow erwartet hatte, ging gänzlich fehl. Statt dessen, der kunstvollen (bisweilen auch erkünstelten) Sperrigkeit dieser Musik zum Trotz, Perfektion ohne Ecken und Kanten. Die vielköpfige Begleitband des „neuen“ Zappa webt einen lückenlosen Klangteppich, der zwar Falten schlägt, aber … Weiterlesen

Veröffentlicht unter Rock & Pop | Verschlagwortet mit , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Frank Zappa enttäuscht Publikum in Ahlen – ganz im Gegensatz zu Rory Gallagher