Von Bernd Berke
Münster. Das seit 1980 gültige Denkmalschutzgesetz hat enorme Erleichterungen für die Wissenschaftler mit sich gebracht: Nicht nur historische Bauten, sondern auch zahlreiche Zeugnisse pflanzlichen und tierischen Lebens aus der Vorzeit konnten seither besser erhalten und ausgewertet werden. Diese Bilanz zog gestern in Münster der für ganz Westfalen zuständige Paläontologe des Westfälischen Museums für Archäologie, Dr. Jörg Niemeyer.
Seit 1980 gelten wichtige erdgeschichtliche Funde nämlich als „Bodendenkmäler“. So wird beispielsweise Fossilien-Findern eine Anmeldepflicht auferlegt. Wird sie eingehalten, so können sich Dr. Niemeyer und seine Mitarbeiter sofort auf den Weg „vor Ort“ machen. Sie könnten dort in dringenden Fällen sogar die Unterbrechung von Bauarbeiten veranlassen – gegen entsprechende Entschädigung. Zu diesem drastischen Mittel wurde bisher allerdings noch nie gegriffen, denn, so Niemeyer: „Damit würden wir mögliche Informanten abschrecken“.
Vor allem die zahlreichen Sand- und Kiesgruben in Westfalen gaben seit Bestehen des Gesetzes mehr her als je zuvor. Gerade Kiesgruben „konservieren“ aufgrund ihrer geologisehen Beschaffenheit prähistorisches Material außerordentlich gut. Schon mancher Grubenarbeiter lieferte wissenschaftlich interessante „Nebenprodukte“ vom Fließband weg an die Experten.
Dr. Niemeyer konnte gestern einige eindrucksvolle Kiesgruben-Funde präsentieren, darunter kapitale Mammutknochen, die Zahnreihe eines prähistorischen Riesenhirschen, das Skelettstück eines Bibers, der sich in grauer Vorzeit im damals noch feucht-sumpfigen Westfalen offenbar sehr wohl gefühlt hat. Auch Überbleibsel eines Fellnashorns kamen ans Tageslicht.
Das Alter dieser Funde schwankt zwischen 20 000 und 100 000 Jahren. Zur groben Orientierung: Vor 10 000 Jahren ging für Mitteleuropa die letzte Eiszeit zu Ende. Weitaus jüngeren Datums, vielleicht sogar erst mittelalterlich, sind jene menschlichen Schädel, die aus zwei benachbarten Kiesgruben bei Minden stammen. Einer weist einen Spalt auf, der vielleicht von einem derben Schwerthieb herrührt. All diese Funde werden demnächst ins Naturkundemuseum zu Münster wandern.
Nicht nur die (meist im Raum Minden gelegenen) Kiesgruben, sondern auch die sauerländischen Höhlen tauchen nicht selten als Fundorte in den Chroniken der Münsteraner Wissenschaftler auf. Kürzlich sind die sauerländischen Höhlen komplett aufgelistet worden. Man kam auf rund 600. Kein Wunder also, daß hier vor allem Reste von Höhlenbären gefunden wurden. Aber auch Menschenknochen, Werkzeuge und Mammut-Skelette wurden gesichert. Großes Problem Im Sauerland: Selbsternannte Höhlenforscher“, die sogar Stahltüren an den Höhleneingängen aufschweißen, um an vorzeitliche Relikte heranzukommen.