Noch ein neuer „Tatort“-Kommissar in Hamburg: Thorsten Falke ist ein Rock’n’Roller

Das gibt’s doch gar nicht. Schon wieder ein neuer „Tatort“-Kommissar. Und schon wieder einer in Hamburg. Doch, das gibt’s! Nach Tschiller (Til Schweiger) ist jetzt auch Falke (Wotan Wilke Möhring) in die quotenstarke Krimireihe eingestiegen. Besser noch: In der Vielzahl der „Tatort“-Ermittler ist das einer, den man sich merken sollte, ja muss.

Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring, rechts) und Kollegin Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) bei einer Vernehmung. (Bild: ©NDR/Christine Schröder)

Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring, rechts) und Kollegin Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) bei einer Vernehmung. (Bild: ©NDR/Christine Schröder)

Sein erster Fall hieß „Feuerteufel“ und begann mit einem „abgefackelten“ Auto, in dem offensichtlich eine Frau erstickt war. Ein Jugendlicher hatte, wie man gleich erfuhr, Bruchstücke des schrecklichen Geschehens mit dem Handy gefilmt. Über weite Strecken musste man ihn für den Schuldigen halten, der sich auch noch durch Erpressung und Kopfgeld furchtbar in die Enge treiben ließ.

Doch aus alter „Tatort“-Erfahrung wissen wir ja, dass jemand, der gegen 21.20 Uhr als Täter gilt, es eigentlich nicht gewesen sein kann. Und siehe da…

„Einsamer Wolf“ mit Katze

Folge eins eines neuen „Tatort“-Teams (Regie: Özgür Yildirim) muss immer auch genügend Platz haben für die anfängliche Charakterzeichnung. Dieser Thorsten Falke ist der Typ „einsamer Wolf“; ein Single, der sich am Nachtkiosk versorgt und am späten Feierabend mit seiner Katze redet („Wie war dein Tag heute?“). Ansonsten ist er sehr emotional, zuweilen aufbrausend, er leidet keineswegs unter Adrenalinmangel.

Wenn Falke in seinem Citroen älterer Bauart durch die Hansestadt kurvt, hört er Rock’n’Roll oder – in sentimentalen Stunden – melancholische Singer-Songwriter-Musik. Er kennt und duzt Leute aus der autonomen Szene und hat als verräterrischen Handy-Klingelton ein paar Takte aus „Sympathy for the Devil“ (Sympathie für den Teufel) von den Rolling Stones installiert. Noch Fragen? Ja, eine noch: Wenn ich das mit meinen begrenzten Hamburg-Kenntnissen richtig deute, wohnt er auch noch im aufsässigen Schanzenviertel. Wer weiß es besser?

Vielleicht knistert da etwas

Ein kerniger Kerl also, aber nicht ganz unsensibel. Als bekennender Macho behandelt er die neue Kollegin und Hospitantin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) von oben herab. Doch das gibt sich mit der Zeit. Und vielleicht knistert da sogar etwas. Die Blondine sieht nicht nur gut aus, sondern hat auch noch eine Menge auf dem Kasten. Gemeinsam sind die beiden wohl ebenso stark wie das vorherige Team Falke/Katz. Der alte Kumpel wird freilich Vater und hat sich in den Innendienst versetzen lassen. Falke zürnt und verspottet ihn als „Krawatten-Horst“. Auch die Zeichnung dieser Männerfreundschaft gehört zu den Stärken des Auftaktfilms.

Urgewalt des Feuers

Nicht, dass über all dem der Kriminalfall in Vergessenheit geraten wäre. Er wurde auch noch zusätzlich angereichert. Minter (Bernhard Schütz), der Witwer der anfangs verstorbenen Frau, ließ sich gar auf den Betreiber einer Polit-Kampagne („Mehr Sicherheit für Hamburg“) ein – ausgerechnet ein Autohändler. Unterstützt von einer aufgebrachten Presse, formierten sich dubiose Bürgerwehren, die auf Selbstjustiz aus waren. Bei all dem erhitzte sich das Klima buchstäblich und zusehends. Immer wieder wurde die Urgewalt des Feuers beschworen. Und viel war die Rede von der „Büchse der Pandora“ (Falke zuerst: „Hör mir auf mit dem Pornokram“), aus der dem antiken Mythos zufolge das Böse entweicht, dann aber auch die Hoffnung. So hat man auch etwas lernen können…

Dass die Gerichtsmediziner nichts Präziseres über den Erstickungstod der Frau herausfinden konnten, hat mich gewundert. Aber bitte. Ich bin da kein Experte. Hauptsache, dass es am Ende ein ordentliches Geständnis gibt.

Insgesamt überzeugte die Geschichte jedenfalls. Drehbuch, Dialoge, Darsteller, Spannungsbögen – alles in Ordnung. Nach dem Flop mit Tschiller könnte man sagen: eine erfreuliche Ehrenrettung für Hamburg!

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Der Beitrag ist zuerst auf www.seniorbook.de erschienen

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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