Monatsarchive: September 2019

Ein ganz besonderes Abenteuer in der urbanen Dunkelheit: Unfassbare 247 Dates hintereinander!

(…und was sich dahinter verbirgt)

Schier unglaubliche Abenteuer in der urbanen Nacht: „Du, die Stadt und 247 Dates.“ So steht es in großen weißen Lettern auf einem dunklen Großstadtfoto mit flirrenden Lichtern. „Bright Lights, Big City gone to my Baby’s Head“, wie es im verheißungsvoll lockenden Blues-Klassiker heißt.

Die WAZ in der Zeitungsrolle unterm Briefkasten... (Foto: BB)

Funke-Produkt: die WAZ in der Zeitungsrolle unterm Briefkasten… (Foto: BB)

Vor sich sieht man außerdem einen Fahrradlenker, den man imaginär selbst in den Händen hält. Man bewegt sich auf einem wunderbar breiten, bestens markierten Fahrradweg, wie er in der Republik (und erst recht im Ruhrgebiet) wahrlich selten anzutreffen ist. Besser noch: Von Autoverkehr ist links und rechts so gut wie nichts zu sehen. Freie Fahrt! Was will man mehr?

In welche herrliche … Weiterlesen

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„Das Buch von der fehlenden Ankunft“ – Verlust, Fremdheit und Aufbegehren in den Gedichten Lina Atfahs

Die 30-jährige Syrerin Lina Atfah lebt heute in Herne und genießt in Deutschland vor allem die wiedergefundene Meinungsfreiheit, zu der die unzensierte Publikation ihrer Lyrik sicher gehören dürfte. Mit einer Sammlung 23 meist langer Gedichte hat sie jetzt auch hierzulande nachdrücklicher auf sich aufmerksam gemacht, nachdem die  schriftstellerische Arbeit der Newcomerin seit längerem gefördert wird und eines ihrer Gedichte bereits in die Frankfurter Anthologie der FAZ aufgenommen wurde.

Aus Syrien nach Herne gekommen: Lina Atfah (Foto: © Osman Yousufi)

Lina Atfah erhielt zudem den Kleinen Hertha-Koenig-Literaturpreis, sie schrieb für die ZEIT, erhält bundesweit Einladungen zu Podien und Lesungen, sie liest ihre Gedichte per YouTube-Channel, ist gefragte Interviewpartnerin und namhafte Lyriker übersetzen ihre Texte. Von „fehlender Ankunft“ dürfte – … Weiterlesen

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Revolution bis zum Exzess: Schauspielhaus Düsseldorf eröffnet nach langer Renovierungsphase mit „Dantons Tod“

Szenenbild aus „Dantons Tod". (Foto: Thomas Aurin)

Szenenbild aus „Dantons Tod“. (Foto: Thomas Aurin)

Verstrickt und gefangen: Eingeschnürt hängen Danton und seine Parteifreunde wie in einem großen Spinnennetz auf der schiefen Ebene der Bühne, die Guillotine wartet schon auf ihre Köpfe.

Dabei wollten sie doch nur für eine gerechte Welt kämpfen, für „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.“ Doch über den Weg dahin waren sich die französischen Revolutionäre zuletzt nicht mehr einig: Danton möchte das Morden beenden, das Erreichte festigen. Robespierre reicht das nicht, er will die totale Herrschaft des Volkes, nicht nur die der Bürger, dazu ist ihm jedes Mittel recht, auch der Terror. Und so frisst die Revolution ihre eigenen Kinder.

Immer noch eine Baustelle

1970 wurde das Düsseldorfer Schauspielhaus mit „Dantons Tod“ von Georg Büchner eröffnet, … Weiterlesen

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Herausforderung glänzend bestanden: Essener Philharmoniker gastierten in Prag und Dresden mit einem Dvořák-Programm

Leichter Regen besprüht die monumentale Fassade des Rudolphinums am Ufer der Moldau. Nobel gekleidete Damen und Herren streben die Stufen empor, Fahnen wehen, die Portale sind geschmückt. Drinnen legen Musikerinnen und Musiker ihre Konzertkleidung an, Notenpulte und Stühle auf dem Podium werden zurechtgerückt. Üblicher Betrieb in einem Konzerthaus – und doch ist die Stimmung anders, festlicher, gespannter.

Das Rudolphinum, Prags historischer Konzertsaal und Auftrittsort der Essener Philharmoniker. Foto: Werner Häußner

Das Rudolphinum, Prags historischer Konzertsaal und Auftrittsort der Essener Philharmoniker. Foto: Werner Häußner

Es ist Festivalzeit in Prag, und ein Orchester wartet auf seinen Auftritt, das nicht zu den üblichen Verdächtigen bei den internationalen Aufmärschen bekannter Klassikstars in Europa gehört: Die Essener Philharmoniker gastieren beim Internationalen Festival Dvořákova Praha, das seit seiner Gründung 2008 eine ganze Reihe Orchester aus der ersten Reihe nach … Weiterlesen

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Was wollt ihr: Kreuzfahrt oder nach Wanne-Eickel radeln?

Inkognito beim Fahrradfahren – aber nicht nach Wanne-Eickel. (Schattenriss-Selfie: BB)

Inkognito beim Fahrradfahren – aber nicht nach Wanne-Eickel. (Schattenriss-Selfie: BB)

Heute steht in der FAZ-Sonntagszeitung (FAS) ein Beitrag über Klassenfahrten, die im Schnitt zusehends teurer geworden sind.

Warum das so ist? Weil u. a. Agenturen eingeschaltet werden, die kostspielige Erlebnistouren zu Komplett-Paketen schnüren, damit die geplagten Lehrer organisatorisch entlastet werden und verwöhnte Schüler halbwegs zufrieden sind. Die Eltern bezahlen den Aufwand ja, wenn auch wohl vielfach mit Murren.

Mit dem Fahrrad nach Wanne-Eickel? Dann aber auch mit der richtigen Klingel! (Foto: BB)

Mit dem Fahrrad nach Wanne-Eickel? Dann aber auch mit der richtigen Klingel! (Foto: BB)

Aber darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus. Es kommt im selben Artikel nämlich noch besser. Dieser Tage gab’s Zoff und allfälligen Shitstorm, weil ruchbar wurde, dass zwei Leistungskurse eines Frankfurter Gymnasiums nach Oslo und Kopenhagen aufbrechen werden, … Weiterlesen

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Der Struwwelpeter, der Suppenkasper und ihre Wirkung auf die Kunst – eine Ausstellung in Oberhausen

Der Struwwelpeter in seiner allseits bekannten Gestalt. (© Heinrich Hoffmann)

Der Struwwelpeter in seiner allseits bekannten Gestalt. (© Heinrich Hoffmann)

„Sieh einmal, hier steht er, pfui! der Struwwelpeter!“ – Diese irrwitzig lang abstehenden Haare und dito Fingernägel. Rings um seine bizarre Gestalt ist es auch nicht ordentlicher bestellt: die permanente Suppen-Verweigerung, das unentwegte Daumenlutschen. Weit schlimmer noch: die leuchtend roten Schuhe, die von Paulinchen nach ihrem Zündel-Inferno als einzige Relikte übrig bleiben. Die beiden Katzen, die sie vor dem Feuer gewarnt haben und nun Sturzbäche von Tränen vergießen. Der unverwechselbare Riesenschritt, mit dem Han(n)s Guck-in-die-Luft in sein Verderben stürzt…

Diese und viele andere Bilder aus Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“ gehören seit etlichen Generationen zum kollektiven Gedächtnis und haben höchsten Wiedererkennungswert. Sie blitzen immer mal wieder auf und reizen häufig zum Fortspinnen … Weiterlesen

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„Vaterschaftstest“ – In Markus Behrs märchenhaft optimistischem Roman blüht ein Hagestolz auf

Eigentlich hält der Mittdreißiger Fabian Weinert sich selbst für eine männliche Jungfrau. Bis die eineiigen Zwillinge Ronja und Leonie ihm telefonisch eröffnen: „Wir sind wahrscheinlich mit Ihnen verwandt.“ In einer Ruhrpott-Eisdiele wird das kesse Duo präziser und verblüfft mit ihrer Version eines Glückskeks-Zettels, dessen Botschaft lautet: „Sie sind unser Vater.“

Dabei schien Fabian Weinerts Leben so wohlgeordnet. Weinert ist Single, Lehrer an einem Berufskolleg; seine oft neugierigen Eltern mögen ihn, versuchen beharrlich, den früher überbehüteten Sohn mehr ins Offene zu locken. Immer noch geplagt, aber eben durchaus gewöhnt an leichte Neurodermitis, gelegentliches Asthma und seine Kiel- sprich: Hühnerbrust, macht Fabian als gesellig-sympathischer Einzelgänger dennoch sein Ding.

Gegen seine Neigung zu „Sicherheitsverhalten“ und „Verkrampftheit“ treten an: Jugendfreund Uwe, das befreundete Pärchen … Weiterlesen

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Brillante Solistin, beirrtes Orchester: Sol Gabetta und die Sächsische Staatskapelle Dresden im Konzerthaus Dortmund

Sol Gabetta wurde als Tochter französisch-russischer Eltern 1981 im argentinischen Villa María geboren (Foto: Petra Coddington)

Die Maske eiserner Konzentration tragen manche Musiker, sobald sie die Konzertbühne betreten. Ganz auf den Augenblick fokussiert, wirken sie dabei wie Hohepriester ihrer Kunst: ernst, nach innen gekehrt, beinahe streng. Nicht so Sol Gabetta. Sobald die in Argentinien geborene Cellistin die Bühne betritt, erfasst ihre lebensbejahende Ausstrahlung den gesamten Saal. Ihr strahlendes Lächeln spricht, bei aller Professionalität, unverstellt von der Freude am Augenblick und an der Musik.

Mit dieser positiven Energie war sie nach neun Jahren endlich wieder im Konzerthaus Dortmund zu erleben, wo sie erstmals 2008 in der Nachwuchsreihe „Junge Wilde“ auftrat. Wie stark Sol Gabetta seither zu souveränem Format gereift ist, zeigte … Weiterlesen

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In diesem Jahr kein Nelly-Sachs-Preis – Jury zieht Entscheidung für Kamila Shamsie zurück

Der befürchtete Skandal um den Dortmunder Nelly-Sachs-Preis (siehe unseren Bericht vom 11. September) ist gerade noch einmal abgewendet worden. Der Ausweg erinnert rein äußerlich ans Verfahren beim (aus ganz anderen Gründen) ins Zwielicht geratenen Literaturnobelpreis, der 2018 nicht vergeben wurde: Es wird also in diesem Jahr kein Nelly-Sachs-Preis verliehen. Kamila Shamsie, die ursprünglich als Preisträgerin ausgewählt worden war, wird die Auszeichnung doch nicht erhalten. Und auch sonst niemand.

Problematische Preisträgerin? Kamila Shamsie. (Foto: Mark Pringle)

Wird den Nelly-Sachs-Preis doch nicht erhalten: Kamila Shamsie. (Foto: Mark Pringle)

Wir geben die Pressemitteilung der Stadt Dortmund mitsamt einer Stellungnahme der Jury des Nelly-Sachs-Preises, die uns heute um 14:43 Uhr per Mail erreicht haben, kommentarlos wieder. Wortwörtlich:

„Die Stadt Dortmund wird ihren Literaturpreis, den Nelly-Sachs-Preis, in diesem Jahr nicht vergeben. … Weiterlesen

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Weltstädte, Technik und Jazz als Triebkräfte – die energetische Bildwelt des K. R. H. Sonderborg

K. R. H. Sonderborg: „12.4.66, 16h31-17h12", 1966. Eitempera auf Fotokarton über Leinwand. Leihgabe Osthaus Museum, Hagen (© Galerie Maulberger, 2019)

K. R. H. Sonderborg: „12.4.66, 16h31-17h12″, 1966. Eitempera auf Fotokarton über Leinwand. Leihgabe aus dem benachbarten Osthaus Museum, Hagen. (© Galerie Maulberger, 2019)

Als junger Mann vom Jahrgang 1923 lebte Kurt Rudolf Hoffmann, dem von Geburt an der rechte Arm fehlte, im Hamburg der NS-Zeit bewusst als Außenseiter. Statt in der Hitlerjugend mitzumachen, pflegte er im ganzen Auftreten einen britischen Stil. Der Sohn eines Bigband-Posaunisten (im damals sehr renommierten Telefunken-Swingorchester) hörte vorzugsweise Jazzmusik und galt daher als sogenannter „Swing Boy“.

Jemand, der so eigensinnig war, stand damals unter Beobachtung. 1941 holte ihn die Gestapo ab und inhaftierte ihn vier Monate lang im Konzentrationslager Fuhlsbüttel. So war es nur konsequent, dass er sich nach Kriegsende von deutscher Herkunft distanzierte, seinen eigentlichen … Weiterlesen

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Was ist denn wohl ein Aminaschlupferle? – Neues Buch über „Wörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt“

Keine Frage: Dialekte und Mundarten bereichern die Hochsprache seit jeher. Ein schmales Buch versammelt nun rund fünfzig Ausdrücke, die im Hochdeutschen (angeblich) überhaupt keine direkte Entsprechung haben.

Die sammelfreudige Herausgeberin Sofia Blind berichtet im Vorwort von Hunderten von Wörtern, die auf ihren Vorschlagslisten gestanden haben. Da hieß es gründlich aussortieren: Schimpf- und Kraftworte (schon wegen der ungeheuern Vielzahl) schob sie gleich ganz beiseite; ebenfalls alle Wendungen, die hochsprachlich leidlich ersetzt werden können. Außerdem: Wenn etwas unentwegt vorkommt und sozusagen alles oder nichts bedeuten kann („Schmäh“ aus dem Wienerischen, „fei“ in Bayern, „Allmächd!“ im Fränkischen), so war es für ihre Zwecke auch nicht tauglich.

Nun überzeugt die schließlich getroffene Auswahl allerdings nicht rundweg. So fragt man sich, warum „boofen“ (Sächsisch für … Weiterlesen

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Das israelische Klassenzimmer: „Kind of“ bei der Ruhrtriennale

Szene aus Kind of. Foto: Gianmarco Bresadola/ruhrtriennale

Szene aus „Kind of“. (Foto: Gianmarco Bresadola/Ruhrtriennale)

Der eigentümliche Klang der fremden Sprachen ist an sich schon ein Erlebnis: Hebräisch, Arabisch und Jiddisch wird in diesem Klassenzimmer auf der Bühne von PACT Zollverein in Essen gesprochen. „Kind of“ heißt das Stück der israelischen Autorin und Regisseurin Ofira Henig, das die Ruhrtriennale jetzt in Kooperation mit der Schaubühne Berlin herausbrachte.

Doch es geht nicht um den Hörgenuss für Auswärtige, sondern um die Machtstrukturen der Sprache: Wie Kinder in ihrer Erziehung gelenkt, ja indoktriniert werden, dafür findet Henig eindrückliche Bilder. Die Schüler in braver Montur von weißen Blusen, schwarzen Hosen bzw. Röcken und altmodischen Lederranzen marschieren im militärischen Takt und skandieren dabei Befehle aus der Armee.

Stolz liest die Schwester aus den … Weiterlesen

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Charakterstärke und sonstige Vorzüge: „Vorbilderbuch“ mit anregenden Texten aus dem Ruhrgebiet

Ist es nicht angesichts von so vielen YouTube-Stars, Influencern und Promis ein bisschen antiquiert, ein Buch über Vorbilder auf den Markt zu bringen? Der Verlag Henselowsky Boschmann hat genau das getan. Und er hat gut daran getan.

Herausgekommen ist eine lesenswerte, anregende und angenehme Lektüre. Über 30 Autoren schreiben sehr persönlich über ihre Vorbilder und darüber, wo vielleicht auch Trennlinien zu ziehen sind. So nimmt für die Pädagogin Margret Martin ihr Ausbildungslehrer im Referendariat wegen seiner Offenheit und sozialen Einstellung einen besonderen Stellenwert ein. Vieles habe sie für den eigenen Unterricht übernommen, schreibt sie, doch am Ende müsse man selbst seinen eigenen Weg suchen.

Es gibt sie auch nebenan

Die Geschichte steht aber noch für ein weiteres Merkmal dieses Bandes: … Weiterlesen

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Rossini aus Konventionen befreit: An der Oper Frankfurt eröffnet ein fulminanter „Otello“ den Reigen der Premieren

Otello (Enea Scala) und Jago (Theo Lebow) in der Frankfurter Inszenierung von Gioachino Rossinis "Otello". Foto: Barbara Aumüller

Otello (Enea Scala) und Jago (Theo Lebow) in der Frankfurter Inszenierung von Gioachino Rossinis „Otello“. Foto: Barbara Aumüller

Und wieder einmal ist die Oper Frankfurt Vorreiterin: Mit der szenischen Realisation von drei kaum gespielten Werken Gioachino Rossinis durchbricht sie in der neuen Spielzeit 2019/20 die eintönige Kette immer wieder „neu befragter“ Aufführungen des „Barbier von Sevilla“ in deutschen Opernhäusern, befreit Rossini aus dem Dunstkreis verdienstvoller, aber begrenzt wirksamer Festivals und stellt ihn einem städtischen Theaterpublikum im Rahmen eines Repertoirebetriebs vor.

Endlich wird so auch der „ernste“ Rossini gewürdigt: Die Fachwelt ist sich längst einig, dass nicht die sicherlich genialen und öfter gespielten Opern wie „La Cenerentola“ oder „Der Türke in Italien“, sondern Rossinis Seria-Opern den bedeutenderen Platz in seinem Schaffen … Weiterlesen

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Der Zeit voraus in allen Wissenschaften – Hagener Ausstellung auf den Spuren des Universalgenies Leonardo da Vinci

Von Leonardo exakt mit Feder und Tinte erfasst: „Der Mensch des Vitruv" (um 1490). (Galleria dell'Accademia, Venedig / Institut für Kulturaustausch, Tübingen)

Auch so ein berühmtes Bild, von Leonardo exakt mit Feder und Tinte erfasst: „Der Mensch des Vitruv“ (um 1490). (Galleria dell’Accademia, Venedig / Institut für Kulturaustausch, Tübingen)

Eigentlich muss man das nicht klarstellen, doch sei’s drum: Tayfun Belgin, Direktor des Hagener Osthaus-Museums, hält also spaßeshalber fest, dass in seinem Haus weder die „Mona Lisa“ noch die „Anna selbdritt“ oder „Das Abendmahl“ zu sehen sind, obwohl die neue Ausstellung doch von Leonardo da Vinci handelt.

Na, sicher: Solche weltberühmten Bilder könnte man nimmermehr ausleihen, auch wenn man weder Mühen noch Kosten scheut. Außerdem ist die Malerei gar nicht Leonardos Hauptbeschäftigung gewesen, heute werden ihm lediglich rund 20 Gemälde zugeschrieben. Den Großteil seiner Zeit auf Erden (1452-1519) hat er mit teilweise visionären … Weiterlesen

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Israel-Boykotteurin sollte Nelly-Sachs-Preis erhalten – Nimmt Dortmunder Jury die fragwürdige Entscheidung zurück?

Die pakistanisch-britische Autorin Kamila Shamsie sollte den mit 15.000 Euro dotierten Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund erhalten. Doch nun sieht es so aus, als werde die Entscheidung rückgängig gemacht.

Die alle zwei Jahre verliehene Literatur-Auszeichnung ist der (bislang noch) renommierteste Kulturpreis, den die Stadt zu vergeben hat. Und was ist daran jetzt verkehrt?

Problematische Preisträgerin? Kamila Shamsie. (Foto: Mark Pringle)

Problematische Preisträgerin: Kamila Shamsie. (Foto: Mark Pringle)

Diesmal liegt man mit der Kandidatenkür leider völlig „daneben“. Wie diversen Quellen zu entnehmen ist, zuvörderst den Ruhrbaronen, beteiligt sich die Autorin Kamila Shamsie offenbar ganz bewusst und entschieden am Kulturboykott gegen Israel – im Kontext der so genannten BDS-Kampagne, um die es bereits bei der RuhrTriennale heftigen Streit gegeben hat. Triennale-Intendantin Stefanie Carp musste sich einen unglücklichen, chaotischen und … Weiterlesen

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Regionale Erdung, weiter Horizont – Buch und Ausstellung zum Thema „Mensch & Tier im Revier“

Der Titel „Mensch & Tier im Revier“ wirkt anheimelnd. Doch dieses Buch kommt vor allem anfangs auch mit gewichtigem theoretischen Unterbau und gesellschaftskritischem Besteck daher. Anlässe gibt’s ja genug.

Und so erfahren wir eingangs, dass das menschengeprägte Erdzeitalter, das Anthropozän, sich in der bisherigen Form dem Ende zuneige und dass wir endlich in eine – Achtung, Neologismus! – „humanimale Sozietät“ eintreten sollen. Sprich: Mensch und Tier mögen gleichsam auf Augenhöhe existieren, dem Tier wird eine Art „Inklusion“ zuteil und es sieht seinen so ganz anderes gearteten Geist (jawohl: Geist) gleichberechtigt gewürdigt. Eine ferne Utopie? Oder eine dringliche Notwendigkeit? Jedenfalls eine Sichtweise, die sich mit herkömmlichen Zoos oder zirzensischen Attraktionen nicht mehr vereinbaren lässt.

Grubenpferd, „Taubenvatta“ und Bergmannskuh

In fünf Hauptkapiteln … Weiterlesen

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„text & talk“, Gedicht und Gebäck – ein sonntäglicher Ausflug zur NRW-Messe der unabhängigen Buchverlage

Büchermarkt - Foto: Herholz

Büchermarkt am Kulturgut Haus Nottbeck – Foto: Herholz

Etwas Melancholie lag bereits über diesem Sonntag, bevor meine Frau und ich uns gestern aufmachten, um im münsterländischen Oelde das Kulturgut Haus Nottbeck zu besuchen. Diese traurige Nachdenklichkeit wollte sich auch kaum auflösen, als wir unter grau verhangenem Himmel mittags in Nottbeck ankamen.

Und das obwohl dieses Kulturgut ein rundum schöner Ort ist, Architektur und Kultur eingebettet in kleinhügelige Obstwiesenlandschaft. Obst, dem man zu dieser Jahreszeit hier nirgends entgehen kann: In Oelde dreht sich Anfang September alles um die markengeschützte Stromberger Pflaume, der Pflaumenmarkt lockt und die neue Pflaumenkönigin heißt Annika I. Asseburg.

Buchmessenzelt – Foto: Herholz

An diesem Sonntag ist auf Haus Nottbeck nicht nur das Kulturcafé dauerhaft geöffnet. Man kann … Weiterlesen

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Wenn ungeheure Wassermassen aus den Wänden brechen – „Evolution“ als grandiose Vision bei der Ruhrtriennnale

Probenbild der Produktion „Evolution" (Foto: Heinrich Brinkmöller-Becker)

Probenbild der Produktion „Evolution“ (Foto: Heinrich Brinkmöller-Becker)

Eine Produktion der Ruhrtriennale in Kooperation mit dem Proton Theater Budapest ist der Höhepunkt des diesjährigen Festivals, wenn nicht gar ein Glanzlicht des seit 2003 stattfindenden Festes in ehemaligen Räumen der Industrie überhaupt. „Evolution“ ist auch ein positives Beispiel für die nicht austauschbare Nutzung der Jahrhunderthalle in Bochum.

Die Inszenierung wurde von Kornél Mundruczó auf der Grundlage von György Ligetis „Requiem“ für Sopran solo, Mezzosopran solo, gemischten Chor und Orchester (Uraufführung: 1963/65) erarbeitet und ist wahrlich ein visionärer Geniestreich. Mundruczó, Jahrgang 1975, gehörte seit Anfang der 2000er zur freien Szene Budapests. Ich sah seine ersten Inszenierungen in Leerständen und anderen Behelfsbühnen. Nach seinen Erfolgen beim Filmfestival in Cannes wurde er quasi über Nacht … Weiterlesen

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Andris Nelsons in Essen: Bruckners Achte mit einem grandiosen Orchester zum perfekten Produkt aufpoliert

Andris Nelsons beim Konzert in der Philharmonie Essen. Foto: Saad Hamza

Andris Nelsons beim Konzert in der Philharmonie Essen. Foto: Saad Hamza

Bleiben wir zunächst beim Orchester, auch wenn es das Marketing vielleicht gerne anders hätte: Es ist die reine Freude, dem Leipziger Gewandhausorchester zuzuhören. Ein vollkommener Genuss, könnte man sagen, wäre dieser Begriff nicht untertrieben, weil er heute nicht im klassischen Sinn als eine Übereinstimmung des Wahren, Guten und Schönen aufgefasst wird, sondern eher als Umschreibung einer sinnlich-hedonistischen Überwältigung.

Nun eignet sich Anton Bruckner nur bedingt dazu, klippenlos strömenden musikalischen Genuss zu bereiten; dazu sind seine aufgetürmten Akkordgebirge dann doch zu störrisch, seine Lyrismen zu wenig eingängig, und zum Mitsingen hat zumal die Achte Sinfonie wenig Material zu bieten. Die kontrapunktischen Verschachtelungen sind eine Sache für passionierte Analytiker, die auch … Weiterlesen

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Rundschauhaus und Krügerhaus – zwei Dortmunder Gebäude gaukeln Tradition vor

Das Dortmunder Rundschauhaus, in dem sich keine Rundschau mehr befindet. (Foto: Bernd Berke)

Sterile Anmutung: das Dortmunder Rundschauhaus, in dem sich keine Westfälische Rundschau mehr befindet… (Foto: Bernd Berke)

Dies fiel mir kürzlich bei einem Gang durch die Dortmunder Innenstadt auf:

Es gibt seit Anfang 2013 keine Westfälische Rundschau mehr, jedenfalls keine mehr mit eigener Redaktion. Es gibt auch keine Buchhandlung Krüger mehr. Es gibt aber immer noch ein Rundschauhaus (am Brüderweg) – und es gibt ein Krügerhaus (am Westenhellweg). So ganz kommen die Nachfolger ohne die lokalen Traditionen doch nicht aus. Einstweilen.

Während der Schriftzug des Krügerhauses noch einigermaßen authentisch anmutet, ist derjenige des Rundschauhauses nur noch eine vage Reminiszenz ans Original. Er wirkt steril und blutleer.

Diverse Branchen haben sich in den beiden anderweitig angestammten Bauten niedergelassen – von Anwaltskanzleien bis … Weiterlesen

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„Opus Klassik“: Zwei Preise gehen nach Düsseldorf

Im Vordergrund: die Trophäe des Opus Klassik. Foto: Monique Wüstenhagen

Im Vordergrund: die Trophäe des Opus Klassik. Foto: Monique Wüstenhagen

Unser Gastautor Robert Unger (Geschäftsführender Vorstand des Internationalen Kurt Masur Instituts Leipzig) über die Verleihung des Musikpreises „Opus Klassik“:

Gleich zwei Preise des zum zweiten Mal vergebenen Opus Klassik gehen nach Nordrhein-Westfalen, genauer: in die Landeshauptstadt Düsseldorf.

Das musische sozial-integrative Projekt SingPause in Düsseldorf erhält den Preis in der Kategorie „Nachwuchsförderung“. In der Kategorie „Sinfonische Einspielung des Jahres für Musik des 19. Jahrhunderts“ zeichnete die Jury die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Ádám Fischer für ihre Interpretation der Dritten Sinfonie Gustav Mahlers aus.

Der Opus Klassik ist der Nachfolger des Echo Klassik: Diesen Preis hatte der Vorstand des Bundesverbands Musikindustrie (BMVI) 2018 eingestellt, nachdem es für die Verleihung des … Weiterlesen

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Lieb* Schül*

Alles nur eine (sprachiche) Luftblase? (FFoto: Bernd Berke)

Alles nur eine (sprachliche) Luftblase? (Foto: Bernd Berke)

Es ist schon ein Kreuz mit dem Gendern. Sagt „man“ was dagegen, findet „man“ sich womöglich schnell auf der zur Rechten neigenden Seite des politischen Spektrums wieder. Und doch erscheint manch eine sprachliche Verrenkung im angeblichen Dienste der Geschlechtergerechtigkeit ziemlich lächerlich.

Zwei neuere Beispiele fürs Gendern auf Biegen und Brechen:

Kürzlich auf einer Pressekonferenz. Eine Kulturschaffende mit mehr als einem Anhauch von Feminismus und mit ausgesprochenem Hang zur „Diversität“ ließ es sich nicht nehmen, jedes Mal mitten im Wort kurz innezuhalten, um die Gender-Linien akustisch zu markieren. Es klang arg abgehackt. Sie sagte beispielsweise Schauspieler-Innen; ganz so, als handle es sich um Menschen, die innen und nicht außen tätig sind. Ob man … Weiterlesen

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Bruckner unter Spannung, Mahler weltabgewandt – Herbert Blomstedt und Christian Gerhaher setzen in Essen Maßstäbe

Herbert Blomstedt, der jung gebliebene Senior unter den Dirigenten. Foto: Martin Lengemann

Zuallererst muss vom Dirigenten die Rede sein. Von Herbert Blomstedt, der mit 92 Jahren noch immer am Pult steht, hoch aufgerichtet, mit kleinen, gleichwohl intensiven Bewegungen sowie punktgenauen Einsätzen. Der nichts von Strenge hat, vielmehr natürliche Autorität ausstrahlt. Der also ein Orchester verlässlich zu führen versteht. Dem Manier, Theatralik oder gar Egozentrik völlig fremd sind.

Blomstedts Auftritt in der Philharmonie Essen ist außerordentlich, ein kostbares Geschenk, das sich, zur Eröffnung der neuen Saison (2019/20), als Paukenschlag erweist. Weil der Dirigent, gehüllt in eine Aura väterlicher Güte, dem Gustav Mahler Jugendorchester betörende Klangschönheit entlockt, es atmen lässt und so der Musik, den fünf Rückert-Liedern Mahlers, zudem Anton Bruckners 6. … Weiterlesen

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