C. D. Friedrich – Bildvergleich wäre viel zu aufwendig / Experte: London kann kein Interesse an Klärung haben

Von Bernd Berke

Dortmund/Münster. Die ersten Wogen in Sachen Caspar David Friedrich haben sich gelegt: Nachdem – wie berichtet – die Londoner National Gallery Friedrichs „Winterlandschaft“ für 4,6 Mio. DM in Monaco ersteigert hat und das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte nachdrücklich einen Vergleich mit seinem Zwillings-Exemplar forderte, sollte jetzt die Wissenschaft das Wort haben – wenn sie es überhaupt bekommt.

Denn, so ein Experte des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) gestern zur WR: „In London kann man doch gar kein Interesse mehr an einem eingehenden, naturwissenschaftlichen Vergleich haben – jetzt, nachdem man so viel Geld für das angeblich echte Bild ausgegeben hat“. London habe sich riskanterweise auf eine rein stilkritische Analyse gestützt, also nicht auf naturwissenschaftliche Methoden zurückgegriffen.

Welche Methoden kämen da eigentlich in Frage? Neben Stilkritik und Analyse der Maltechnik könnten z. B. Art und Beschaffenheit der Leinwand, der Grundierung, der Bindemittel (Leinöl usw.) und der Farb-Pigmente untersucht werden. Die winzige Pigmentprobe etwa, die durch einen kleinen (später optisch nicht wahrnehmbaren) „Stich“ in das Bild genommen wird, wird in einem komplizierten Verfahren verdampft. Dabei kann das jeweils ganz spezifische chemische Spektrum der Farbpartikel fotografiert werden. Weitere Verfahren sind z. B. Röntgen- und Infrarotaufnahmen.

Nur: Bei allem Fortschritt der Technik stellt sich die Sache gerade bei Bildern aus dem Umkreis der Romantik und ganz besonders beim Werk C. D. Friedrichs kompliziert dar. Der LWL-Experte, der „um Gottes Willen nicht genannt sein möchte“, da „das Verfahren schwebt“, meinte zur WR, im Grunde müsse man das gesamte (!) Werk C. D. Friedrichs erst einmal Revue passieren lassen. Erst nach einem solchen Überblick könne man wirkliche Vergleichskriterien für die beiden „Winterlandschaften“ gewinnen. Über Friedrichs‘ Werk gebe es aber bislang noch gar keine größeren und aussagekräftigen Reihenuntersuchungen. Wer aber könnte und wollte dieses Riesenpensum auf sich nehmen? Sicher nicht die National Gallery, und die Dortmunder – schließlich würde das Unsummen kosten – wohl auch nicht.

Im übrigen, so der Münsteraner Experte, kenne er das Dortmunder Bild ziemlich gut und habe „keinerlei Zweifel“, daß es sich zumindest um das Werk eiries Friedrich-Zeitgenossen handle. Da liege überhaupt ein Schwachpunkt in der Argumentation des Berliner Professors Börsch-Supan, der das Dortmunder Bild für eine Kopie hält. Börsch-Supan habe in seinen Gutachten seinen Kopie-Begriff gar nicht geklärt. So könne eine Kopie zum Beispiel eben zeitgenössisch und mit Friedrichs Zustimmung entstanden sein, oder aber sehr viel später. Falls es sich um einen Zeitgenossen handele, helfe auch Sie ganze chemische Analyse nicht viel weiter. Dann könne es keine Klärung über „echt“ und „kopiert“ geben. In diesem Fall werde man nämlich nur auf die Information stoßen, daß beide Bilder im selben Zeitraum entstanden sind.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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