Europas Autoren rücken zusammen – Thema auf der Frankfurter Buchmesse

Von Bernd Berke

Frankfurt. „Europa“ ist ein wichtiges Stichwort auf dieser 37. Frankfurter Buchmesse. In den Eröffnungsansprachen von Jack Lang und Bundesminister Bangemann spielte es eine zentrale Rolle. Gestern griff es auch Hans-Peter Bleuel, Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Buchmesse auf.

Europas Autoren schließen sich, so Bleuel, immer enger zusammen, um gemeinsam für ihre Rechte einzutreten. Bleuel kündigte einen „europäischen Schriftsteller-Kongreß“ für den 15. bis 19. Dezember in Bergneustadt an, an dem Vertreter von 27 westeuropäischen Verbänden teilnehmen sollen.

Abseits stehen dabei die Autoren aus osteuropäischen Ländem. Bleuel scheint hier Illusionen aufgegeben zu haben. Gespräche, die er jüngst mit Schriftstellern in Moskau geführt habe, seien „hart, zäh und stockend“ verlaufen. Vollends auf taube Ohren sei er mit der Frage nach dem Schicksal und dem Befinden von Andrej Sacharow gestoßen. Sacharow sei doch gar nicht Mitglied im sowjetischen Schriftstellerverband, beschied man den VS-Vorsitzenden kühl.

Klagen aber auch über bundesdeutsche Verhältnisse: Die neuen Medien bieten Bleuel zufolge kaum ernsthafte Arbeitsmöglichkeiten für Autoren, außerdem sei gerade hier die Honorarmoral unterentwickelt. Überhaupt sei auch die Urheberrechtsnovelle vom 1. Juli dieses Jahres unzureichend, da Behörden und gewerbliche Wirtschaft weiterhin ohne Urheber-Obolus kopieren dürften. Düstere Aussichteh auch im Rundfunkbereich, wo Kulturprogramme reihenweise gekürzt würden. Einzig und allein manche Kommunen seien mit Literaturpreisen, Literaturbüros und Förderungsmaßnahmen kulturpolitisch erfreulich aktiv.

Wenn nicht alles täuscht, müßten dieser Buchmesse gute Geschäfte folgen, sind doch alle (spöttisch sogenannten) „Großschriftsteller“ (vom Verstorbenen Heinrich Böll über Lenz, Walser, Härtling, Bernhard bis hin zu Simmel und Konsalik) mit neuen Büchern in einer Fülle vertreten wie seit langem nicht mehr. Einer ganz speziellen Welle könnte man das Etikett Kanzlerliteratur geben. Jugenderinnerungen von Helmut Kohl, sowie einige Bücher über Kohl – teils ernster, teils spöttischer Art – füllen inzwisehen ganze Regalmeter. Aber auch Neuerscheinungen über Helmut Schmidt (und von Willy Brandt) fallen auf.

Daß erstmals extra für Graphikeditionen und Kunstbuchverlage eine eigene Halle eingerichtet wurde, wirkt wie eine etwas künstliche Abtrennung vom Belletristik-Programm. Eine Rückkehr zum Mischkonzept früherer Jahre wäre für 1986 wünschenswert. Wenig Risikofreude übrigens: Mit Picasso, Miró und Chagall hört die moderne Kunst in den allermeisten Fällen schon auf.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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