Frühe Blütezeit der Stadtplanung im Revier – Start einer Architektur-Ausstellungsreihe in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Die Avantgarde der Architekten war schon um 1920 in Dortmund nicht zu Hause. Die Herren der Schwerindustrie legten Wert auf massive Repräsentationsbauten und auch die Arbeiterschaft im Revier war, was die Künste anging, eher traditionell eingestellt.

In einem solchen Umfeld konnte ein Architekturbüro wie „D & K Schulze“ nicht nach den hohen Sternen der Stilgeschichte greifen. Solides Handwerk war angesagt. Dennoch mögen zahlreiche der von 1900 bis 1930 in und um Dortmund entstandenen (und vielfach erhaltenen) Bauten bis heute als beispielhaft gelten – vielleicht gar als neu zu entdeckende Vor-Bilder einer gegenwärtig nur mäßig profilierten Architektur?

Bemerkenswert, daß gerade ein Mann des Dortmunder Planungsamtes, der Städtische Baudirektor Michael von der Mühlen, eine Ausstellung über das Büro Schulze anregte, die im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte eine ganze architekturhistorische Reihe begründen soll – ein bisher ziemlich unbeackertes Feld, das man ja auch nicht nur dem Frankfurter Architekturmuseum überlassen muß.

„K & D“ (das sind: Karl und Dietrich) Schulze haben auch außerhalb von Dortmund steinerne Spuren hinterlassen. Die bauliche Gestalt des Selmer Ortsteils Beifang etwa basiert zu großen Teilen auf Karl Schulzes Entwürfen (Dietrich kümmerte sich immer mehr ums Geschäftliche), in Lünen stehen noch heute Schulze-Siedlungen mit weit über 2000 Wohnungen, in Bork wurde das Amtshaus, in Winterberg das Kurhaus nach Dortmunder Plänen gebaut. In der Westfalenmetropole selbst zeugen besonders die Gartenstadt-Bauten von dauerhafter Qualität. Und vorzugsweise im waldreichen Cappenberg ließen sich Honoratioren der Region schmucke Villen errichten. Auch hier hieß der Architekt oft Karl Schulze.

Die Dortmunder Ausstellung, die ausschließlich noch auffindbare Gebäude vorstellt, dokumentiert mit Fotos, Daten, Plänen und Modellen auch verschiedene Stilphasen — von expressionistischen Anklängen (Siedlung „Lenteninsel“ in Dortmund) bis hin zu den späten, nüchtern-funktionalistischen Versuchen in der Nachfolge des berühmten „Bauhauses“, zu dem die Schulzes freilich keine direkten Kontakte pflegten.

Die Ausstellung erfaßt einen Zeitraum, in dem überhaupt erst von Stadtplanung im Ruhrgebiet die Rede sein kann. Vorher waren die Häusermeere völlig planlos rund um Zechen und Stahlwerke gewuchert.

(Bis 10. September; bebildertes Werkverzeichnis des Büros Schulze 29 DM)

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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