Schlagwort-Archive: Thomas Mann

Wenn Dichter baden gehen

Jeder Autor, der einmal ohne den geringsten Einfall auf ein leeres Blatt Papier gestarrt hat (jaja, heutzutage ist es der Bildschirm), der weiß: Auch der munterste Geist braucht gelegentlich Erholung an den Stränden ordinärer Lebenslust. Angeregt durch die Ferienzeit und eine kleine Ausstellung im Düsseldorfer Heine-Institut würdigen wir die „Dichter in Badehosen“.

„Stilles Gestade, so nahe dem heftigsten Getriebe“: Der Schriftsteller Heinrich Mann (Mitte) plaudert mit seiner Frau Nelly und einem Freund 1935 am Strand von Nizza. Foto: Feuchtwanger Memorial Library/University of California

„Stilles Gestade, so nahe dem heftigsten Getriebe“: Der Schriftsteller Heinrich Mann (Mitte) plaudert mit seiner Frau Nelly und einem Freund 1935 am Strand von Nizza. (Foto: Feuchtwanger Memorial Library/University of California)

Aber was heißt hier Badehosen? Schon Johann Wolfgang Goethe, der Übervater des deutschen Bildungsbürgers, riss sich gerne sämtliche Kleider vom Leibe, um sich frei zu fühlen. Bei einer Reise durch die Schweiz 1775 hatten es ihm seine … Weiterlesen

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Ein Hochstapler als Philosoph: Lars Gustafssons letzter Roman „Doktor Wassers Rezept“

Lars Gustafsson sagte über sich selbst, er fühle sich als Philosoph, dessen Werkzeug die Literatur sei. Wie etliche seiner Werke unterstreicht auch sein letzter Roman „Dr. Wassers Rezept“ dies eindrücklich.

Gustafsson war einer der bekanntesten und bedeutendsten Autoren Schwedens, er verstarb im April diesen Jahres im Alter von 80 Jahren. Erst im letzten Jahr erhielt er den Thomas Mann Preis. Seine Dankesrede zur Verleihung ist noch auf seinem Blog nachzulesen. In dieser Rede bekennt er, dass er Thomas Mann auch deshalb bewundere, weil Mann die Trivialität des absurden Lebens aufheben und ihn in eine ganz andere Sphäre versetzen konnte. Diese Worte muten nun nach Gustafssons Tod an, als hätte sich ein Kreis geschlossen. Umso mehr, als mit seinem letzten Buch … Weiterlesen

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Thomas Mann auf der „Kö“: Unterhaltsame Saisoneröffnung in Düsseldorf

Foto: E. Schmidt

Das Düsseldorfer Schauspielhaus (Foto: Eva Schmidt)

Ein Teil des „Kö“-Bogens ist immer noch eine Baustelle, im Moment haben die Graffiti-Künstler den Gustav-Gründgens-Platz am Stadttheater im Griff und sprühen bunte Bodengemälde aufs Pflaster. Doch zur Saisoneröffnung unternimmt das Düsseldorfer Schauspielhaus eine Zeitreise ins Jahr 1954: Damals sah die „Königsallee“, so der Titel des gleichnamigen Stückes nach dem Roman von Hans Pleschinski, noch ein wenig anders aus, obwohl sie schon lange Düsseldorfs „Prachtstraße“ war.

Auch das Hotel Breidenbacher Hof, in dem die Handlung größtenteils angesiedelt ist, steht nach wie vor am gleichen Platz. Doch um Mode, High Society oder Shopping geht es in „Königsallee“ gar nicht, sondern um deutsche Nachkriegsgeschichte und dies am Beispiel des Nobelpreisträgers Thomas Mann. Tatsächlich war der Autor … Weiterlesen

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Verhext von Maxim Biller: „Im Kopf von Bruno Schulz“ am Schauspiel Köln uraufgeführt

Foto: Tommy Hetzel/Schauspiel Köln

Foto: Tommy Hetzel/Schauspiel Köln

Maxim Billers Kolumnen in der „Zeit“ lese ich ganz gerne. Als nun eine Uraufführung nach einer Novelle von ihm auf dem Spielplan des Schauspiel Köln auftauchte, dachte ich: Unbedingt hin zu „Im Kopf von Bruno Schulz“, in der Regie von Christina Paulhofer. Merkwürdig verhext habe ich 90 Minuten später das Depot 2 wieder verlassen.

Dabei beginnt die Angelegenheit ganz dynamisch, um nicht zu sagen hektisch. Der Bühnenraum (Jörg Kiefel) ist in eine Turnhalle von anno dunnemals verwandelt, mit den typischen blauen Matten, Kästen, Böcken, Trampolin und Schwebebalken. Über eine Leinwand flimmern Schwarz-Weiß-Filmchen von turnenden Schülern in paramilitärischem Drill.

Zwei Schauspieler (Robert Dölle, Sean McDonagh) keuchen, rennen und schwitzen ebenfalls auf den Geräten, eine Schauspielerin (Nicola Gründel) … Weiterlesen

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Thomas Mann kann man auch tanzen – Xin Peng Wangs „Zauberberg“ in Dortmund

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Dmitry Semionov tanzt Hans Castorp (Foto: Bettina Stöß/Theater Dortmund)

Als Dortmunds Ballettchef Xin Peng Wang vor der Spielzeit verkündete, er werde Thomas Manns Roman „Zauberberg“ als Vorlage für eine Produktion verwenden, waren die Reaktionen verhalten. Ausgerechnet Thomas Mann!

Gewiß kommt in Thomas Manns Romanen manches vor, was sich gut bearbeitet wohl auch tanzen ließe; doch angesichts seiner nüchtern norddeutschen, in endlos langen Sätzen Mal um Mal um letzte Genauigkeit in der Beschreibung der Sachverhalte ringenden Sprache wollte die Skepsis einstweilen nicht recht weichen. Wenn Wang wenigstens was Lustiges ausgesucht hätte, „Felix Krull“ zum Beispiel! Aber Lungenklinik, lauernder Tod von früh bis spät, oh je. Auch die sinnfällige Nähe zum mörderischen Ersten Weltkrieg und dem nunmehr 100. Jahrestag seines Beginns konnte … Weiterlesen

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Lesefreuden: Pawel Huelle, Fontane, Thomas Mann

(1) Was ist für Sie der mit Blick auf das Ruhrgebiet wohl wichtigste Roman? Stammt der von Erik Reger? Oder von Max von der Grün? Oder von Ralf Rothmann? –

Gesetzt den Fall, ein bedeutender Autor wäre ehedem oder unlängst auf die Idee gekommen, eine wiederholte Behauptung des manchmal bei uns heute noch als ehemaliger Expressionist bekannten Exilautors Paul Zech, er habe als junger Mann zwei, drei bzw. mehrere Jahre lang in den Kohlegruben von Herne, Bottrop, Charleroi und Mans gearbeitet, entschieden aufzugreifen, wir hätten vielleicht einen bedeutenden Revierroman um Zech oder Zechs expressionistische Generation herum.

Vorausgesetzt, dieser Autor wäre dabei ähnlich vorgegangen, wie es der polnische Autor Paweł Huelle mit einem Thomas-Mann-Zitat aus dem „Zauberberg“ getan hat. Dieses Zitat … Weiterlesen

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Eine Ruhrgebietsnovelle Thomas Manns?

Eine Ruhrgebietsnovelle Thomas Manns – oder doch zumindest fast eine? Vorläufiges zu Thomas Manns später Erzählung „Die Betrogene“

Heute am Geburtstag Thomas Manns – geboren ist er am 6. Juni 1875 – hab ich mich gefragt, welche seiner etwas unbekannteren Erzählungen denn zur Feier des Tages womöglich gelesen werden könnte. Da fiel mir ein, dass ich zum Beispiel Thomas Manns 1953 erstmals veröffentlichte Erzählung „Die Betrogene“, noch immer nicht gelesen habe.

Schon der erste Satz zeigt das Eingebettetsein in eine große Erzähltradition, nicht nur von Storm und Fontane, sondern auch von Kleist her: „In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts lebte in Düsseldorf am Rhein, verwitwet seit mehr als einem Jahrzehnt, Frau Rosalie von Tümmler mit ihrer Tochter Anna und ihrem … Weiterlesen

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Kafkas Ängste sind noch wach

Klingt nach unerbittlichem Anspruch: „Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer ins uns.” Den Satz hat Franz Kafka geschrieben. War der Schriftsteller, der am 3. Juli vor 125 Jahren in Prag geboren wurde, nur schwierig und lebensfern? Aber warum wird er bis heute weltweit gelesen und zitiert? Warum wirkt er so zeitlos wie sonst wohl keiner aus seiner Epoche?

Probleme und Personal eines Thomas Mann scheinen uns vergleichsweise weit entrückt, sie betreffen in erster Linie das Bürgertum von damals. Kafka (1883-1924) hingegen hat, wie niemand zuvor und niemand seither, die anonymen, ungreifbaren Mächte im modernen Leben beschrieben. Wahrlich: Die Lektüre seiner Romane „Das Schloß” und „Der Prozeß” oder einer Erzählung wie „Die Verwandlung” (deren Hauptfigur Gregor Samsa … Weiterlesen

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In Lübeck trifft man überall die Buddenbrooks – ein vorweihnachtlicher Streifzug durch die Hansestadt

Von Bernd Berke

Der vorher etwas triste Raum im Lübecker „Buddenbrook“-Haus ist nun feierlicht abgedunkelt. Vorn leuchtet ein mit weißen Lilien geschmückter Tannenbaum – ganz wie in Thomas Manns Roman. Es kommt Weihnachtsstimmung auf. Auf den Tellern liegt Naschwerk nach dem Rezept der „Buddenbrooks“: weiße und rote Baisers, dazu Plumcake. Mhh! Nicht zu verachten.

Ein reichliches, ebenfalls dem Roman nachempfundenes Büffet wird etwa vier Stunden später im mittelalterlichen Rathaus den Abend gesellig beschließen. Der legendäre Plettenpudding (Vanillecreme, Himbeer, Makronen) gehört dazu. Dass sich der schwächliche Buddenbrook-Spross Hanno an solchem Nachtisch gründlich den Magen verdorben hat, muss uns wohl nicht weiter stören.

Jetzt dürfen wir erst einmal einer Lesung aus dem Weihnachtskapitel der „Buddenbrooks“ lauschen – vorwiegend sind’s harmonisch klingende Passagen. … Weiterlesen

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