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Schlagwort-Archive: Ruhrfestspiele
Yasmina Reza, Piccoli, Binoche, Ute Lemper – Frankreich ist Thema der Ruhrfestspiele
In diesem Jahr soll es unser westlicher Nachbar sein. „Tête-à-tête – ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“ ist das Programm der Ruhrfestspiele 2015 überschrieben, und natürlich erfolgte die thematische Schwerpunktlegung lange, bevor das Land (und seine Kultur) es zu trauriger Aktualität brachten.
Fast wundert man sich, daß Festival-Chef Frank Hoffmann Frankreichs Kultur erst jetzt so entschlossen ins Rampenlicht des Recklinghäuser Festspielhauses rückt, ist er doch als Luxemburger – mit ganz leichter Andeutung eines französischen Akzents, ähnlich seinem Landsmann Jean-Claude Juncker – der französischen (Bühnen-)Kultur schon traditionell recht nahe.
Nein, man muß man nicht befürchten, daß nun ein Gründeln nach französischer Seele oder Ähnlichem … Weiterlesen
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Der arme IT-Experte und seine gute Fee – „Jenny Jannowitz“ bei den Ruhrfestspielen
Wenn täglich das Murmeltier grüßt oder man gar eines Morgens als Käfer aufwacht, ist das bedenklich; wenn man nicht mehr weiß, ob die Wirklichkeit oder man selber mehr oder weniger „ver-rückt“ ist. Ganz so schlimm ist es Karlo Kollmar nicht ergangen, er hat lediglich verschlafen. Doch all die Menschen um ihn herum sind jetzt so anders. Und was er von der geheimnisvollen Zauberin Jenny Jannowitz halten soll, weiß Kollmar gleich gar nicht.
„Jenny Jannowitz“ war die letzte Premiere der diesjährigen Ruhrfestspiele. Das Stück des Autors Michel Decar (Jahrgang 1987) gewann den Förderpreis des Kleistforums in Frankfurt an der Oder und erlebte deshalb, … Weiterlesen
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„Dalí vs. Picasso“ – Fernando Arrabáls genialer Malerstreit bei den Ruhrfestspielen
Ja, so kennt man sie: Picasso trägt Shorts, Dali einen Nadelstreifenanzug, Beide halten sich für genial. Auf der Bühne haben sie sich in zwei abgeranzte rote Sessel gelümmelt, reden miteinander, ohne sich wirklich verstehen zu wollen und erinnern ein ganz klein wenig an Becketts Landstreicher, die auf Godot warten. Aber worauf warten Dali und Picasso?
Nun, natürlich warten sie nicht in stiller Gottergebenheit. Sie lauern auf Gelegenheiten, ihre Karrieren voranzutreiben. Man schreibt das Jahr 1937, vor wenigen Tagen haben die Deutschen Guernica bombardiert, Picasso winkt ein Großauftrag für den spanischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung. Eine Million Peseten in Gold für ein großes Gemälde! Guernica wäre sicherlich das Thema – dummerweise hat Picasso … Weiterlesen
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Ruhrfestspiele: Boris Eifmans russisches Ballett-Spektakel mit klaren Botschaften
Sie sind ein Garant für ein volles Haus: die Ballett-Abende mit der Eifman State Academy aus St. Petersburg. Wobei „Ballett-Abend“ ein viel zu schwaches Wort ist für das atemlose Show-Spektakel, das die Russen bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen veranstalten. Am Mittwoch feierte ihr neues Stück „Beyond Sin“ Deutschlandpremiere. Als Vorlage dient Dostojewskis letzter Roman „Die Brüder Karamasow“.
Boris Eifman hat mit seinen Inszenierungen ein eigenes Genre erfunden: Er steht für getanztes Theater (aber kein Tanztheater), für ein stark szenisches und sehr gestisches Handlungsballett, bei dem nahezu jede Bewegungsfolge in Sprache und Bedeutung übersetzt werden kann. Seine Tanzsprache ist neoklassisch bis modern, gerne mixt er auch akrobatische Elemente in die Choreografie. Musik … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Festivals, Oper & Ballett, Tanz, Theater
Verschlagwortet mit Boris Eifman, Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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Schwerkraft, nein danke – umjubelter Auftritt des Cirque Éloize bei den Ruhrfestspielen
Die Dinge, die sie für ihre Kunststücke brauchen, wirken schlicht: eine Stange, ein langes Tuch, einige Hüpfseilchen, einige Stühle. Ein Fahrrad leistet gute Dienste, der Jongleur braucht seine Kugeln, die Breakdancer kommen gänzlich ohne Werkzeug aus. Was die jungen Artisten vom kanadischen Cirque Éloise aber mit schlichtem Werkzeug auf der Bühne des Marler Theaters veranstalten, ist schier unglaublich.
Die Schwerkraft scheint nicht zu existieren, wenn ein leichtfüßiger Athlet die wackelige Stange erklimmt, als befände sie sich in der Horizontalen; wenn er an ihr hängt wie eine Fahne im Wind, sich nur mit seinen Beinen an ihr festhält, ungebremst an ihr herabgleitet und erst im letzten Moment abbremst, so … Weiterlesen
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„Mutti“ bei den Ruhrfestspielen: Die Große Koalition in Gruppentherapie
Roos und Zeh bringen Theater und Tagespolitik zusammen und haben damit bereits zum zweiten Mal ein Genre erwählt, das man eigentlich vor allem aus Film und Fernsehen kennt: „Mutti“ ist eine politische Komödie, grandios umgesetzt in der Inszenierung des Deutschen Nationaltheaters Weimar unter … Weiterlesen
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Eine Inszenierung vernichtet sich selbst – „Purpurstaub“ bei den Ruhrfestspielen
Wer heutzutage ins Theater geht, braucht eine steife Oberlippe (wie die Briten sagen). Augen zu und durch und keine Schwäche zeigen! Auch wenn die Aufführung grauenvoll ist, wenn man sich für dumm verkauft fühlt und wenn man nicht ein Fitzelchen von dem bekommt, was man sich nach Kenntnis des Stücks (naiv, wie man ja immer wieder antritt) erhofft hatte. Und man erinnert sich an Horst Köhlers Forderung nach irgendwie „vorlagengerechter“ Inszenierung, die zwar von großer Ahnungslosigkeit getragen war, ihren Urheber aber sympathisch machte.
Die Rede ist von „Purpurstaub“, der abgründigen Komödie von Sean O’Casey, die ihren Honig aus dem schwierigen Verhältnis zwischen Engländern und Iren … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kultur an sich, Kunst & Museen, Theater
Verschlagwortet mit O'Casey, Purpurstaub, Recklinghausen, Ruhrfestspiele, Sebastian Hartmann
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Zwischen Wahn und Wirklichkeit – Pirandellos „Heinrich IV“ bei den Ruhrfestspielen
Ein Pferd macht den Anfang. Gelassen knabbert es in der Kulisse am Heu, bis es schließlich weggeführt wird. Es ist ein sinnfälliger Verweis. Mit einem Pferd, genauer gesagt mit dem Sturz vom Rücken eines solchen, begann die Tragödie, deren weiterer Verlauf das Thema dieses Abends ist. Intendant Frank Hoffmann inszeniert Luigi Pirandellos Stück „Heinrich IV“ als zweite große Premiere der diesjährigen Ruhrfestspiele im Festspielhaus.
Heinrich IV ist in diesem Stück nur der Rollenname eines selber namenlos bleibenden Adeligen, der bei einem Maskenumzug als Kaiser auftrat, vom Pferde fiel und seitdem verwirrt ist. Rudolf Kowalski, den man aus dem Fernsehen möglicherweise als Düsseldorfer Serien-Kommissar Stolberg kennt, gibt ihn mit Verve und … Weiterlesen
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Die uralten Mythen wirken noch weiter: Kunst aus Island bei den Ruhrfestspielen
Das Motto der Ruhrfestspiele lautet diesmal so: „Inselreiche. Land in Sicht – Entdeckungen“. Imaginäre Reisen in allerlei Randzonen sind zu erwarten. In dieser geistigen Geographie kann man Island recht gut unterbringen. Und also führt die Kunstausstellung der Ruhrfestspiele auf diese riesenhafte, vielfach auch bizarr anmutende Insel.
Zwar sind alle gängigen Kunstrichtungen irgendwann auch in Island angelangt, nicht zuletzt die Ausfaltungen der Abstraktion. Doch die Schau mit dem Titel „Saga“ betont in der Recklinghäuser Kunsthalle das narrative Moment, was ja auch allemal mehr Publikum anzieht als dürre Konstrukte. Immerhin ist das Erzählerische, ist also die Literatur Islands auffälligster Beitrag zur Weltkultur. Das wurde auch 2012 erst recht offenbar, als die Insel Gastland der Frankfurter Buchmesse war. Warum also nicht auch der … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Fotografie, Kunst & Museen, Natur Klima Umwelt, Stadt Land Fluss, Weite Welt
Verschlagwortet mit Cindy Sherman, Island, Olafur Eliasson, Recklinghausen, Reykjavik, Ruhrfestspiele, Saga
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Programm vorgestellt: Ruhrfestspiele 2014 entdecken die Inselreiche
Shakespeares „Sturm“ wird die Ruhrfestspiele 2014 eröffnen, Pirandellos „Heinrich IV“, Sean O’Caseys „Purpurstaub“ und Becketts „Warten auf Godot“ werden auf der Bühne des Großen Hauses folgen. Auch andere Spielstätten wie das Kleine Theater im Festspielhaus, das Theater Marl oder das Theaterzelt werden Leben zeigen. Intendant Frank Hoffmann hat den Spielplan der diesjährigen Ruhrfestspiele bekanntgegeben.
„Inselreiche. Land in Sicht – Entdeckungen“ lautet das diesjährige Motto, wie wir jetzt wissen, und da ist ein Eröffnungsstück wie „Der Sturm“ natürlich naheliegend, bläst der Namentliche doch in Shakespeares spätem Meisterwerk eine illustre Gesellschaft auf eine unbewohnte Insel, wo sie sich sozial neu sortieren muß und das auch recht … Weiterlesen
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Ruhrfestspiele: Zwei Teufel und ein Weib
Wie ein überdimensionales Mikadospiel liegen die Baumstämme kreuz und quer auf der Bühne. Als hätte ein Riese gewütet und dann die Lust verloren oder als sei ein Kyrill durch den Bergwald gefegt. Auf den Stämmen balancieren zwei Männer und eine Frau, schwindelnd, nah am Abgrund, immer kurz vor dem Absturz.
Ein Sinnbild für ihr unheilvolles Dreiecksverhältnis, das von Leidenschaften, Eifersucht und Gier vergiftet ist und schließlich in die Katastrophe führt. Martin Kusej inszenierte „Der Weibsteufel“ 2008 für das Wiener Burgtheater, 2011 nahm er ihn mit ans Münchner Residenztheater, wo der Regisseur inzwischen Intendant ist. Jetzt war die Inszenierung mit Starbesetzung bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen zu sehen.
Birgit Minichmayr (Weib), Werner Wölbern (Mann) und Tobias Moretti (Jäger) … Weiterlesen
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Der Stoff des Verderbens: „Gas“ bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen
„Gas“! Der Titel hatte am Ende des Ersten Weltkriegs eine alarmierende Brisanz. In den Endkämpfen an festgefahrenen Fronten wurde zum ersten Mal Giftgas eingesetzt. Die europäische Zivilisation stand fassungslos vor den dämonischen Ergebnissen einer Entwicklung, die – wie wir heute erfassen – das Ende des alten Europa bedeutete. Georg Kaiser, der produktive Dramatiker seiner Epoche, hat seinem Sinnspiel um Macht und Vernichtung, Utopie und Humanität, Krieg und Klassenkampf diesen Titel gegeben.
Gas ist in den zwei Teilen dieses Endzeitstücks mehr als ein Energieträger, als ein Schmierstoff für die gesamte technische Zivilisation. Es ist der universale Stoff, der das Verderben begleitet. Das „Gas“ Georg Kaisers hat einen metaphysischen … Weiterlesen
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Nicht ohne meine Pistolen: Hedda Gabler bei den Ruhrfestspielen
Welch seltsame Bühnenfigur ist doch diese Hedda Gabler: Von Henrik Ibsen 1891 als gelangweilte Gattin konzipiert, die zu ihrer Unterhaltung Intrigen spinnt, in denen sie sich am Ende selber verfängt, reizt sie immer wieder zeitgenössische Regisseure. Zuletzt Stefan Pucher vom Deutschen Theater, dessen Hedda jetzt als Koproduktion bei den Ruhrfestspielen zu sehen war.
Hedda ist ja auch einfach so eine geniale Hauptrolle: Birgit Minichmayr (am Residenztheater in München) oder Nina Hoss haben das Biest im Repertoire; die Tochter des Gewerkschafters Willi Hoss spielte es jetzt in Recklinghausen.
Eigentlich ist diese Hedda doch ganz nett, fast ein wenig zu konventionell und einfältig, wie sie blond frisiert und adrett im hautengen Spitzenkleid von der Hochzeitsreise zurückkehrt. … Weiterlesen
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Werden und Vergehen der Insekten: Das Frühwerk von Jan Fabre in Recklinghausen
Als Zwanzigjähriger schlug der spätere Künstler, Tanzschöpfer und Theatermann Jan Fabre ein „Forscherzelt“ im elterlichen Garten auf und richtete darin ein Minilabor ein, um Insekten zu untersuchen.
Die ärmliche, eigen- und urtümliche, nahezu schamanisch wirkende Behelfs-Behausung ist jetzt als Installation in Fabres sorgsam inszenierter Recklinghäuser Ausstellung aus dem Frühwerk zu sehen. Die Zusammenstellung kreist mit etwa 120 Zeichnungen und 30 Kleinskulpturen um ein einziges, freilich vielgestaltig entfaltetes Thema, nämlich just Insekten.
Die Arbeiten aus den Jahren 1975 bis 1979 firmieren als Schau zu den Ruhrfestspielen, die traditionsgemäß am 1. Mai beginnen werden. Was da auf Wänden und in Vitrinen imaginär krabbelt und kreucht, könnte ausgesprochene Phobiker diesmal von einem Besuch der Kunsthalle … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Entomologie, Insekten, Jan Fabre, Kunsthalle Recklinghausen, Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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Wagnisse erwünscht – das Programm der Ruhrfestspiele 2013
Aufbruch und Utopie – unter diesem Motto stehen in diesem Jahr die Ruhrfestspiele. Nach ergiebigem Studium des Programmheftes stellt sich allerdings schon die Frage, ob das Motto nicht ein wenig zu gewagt und da eher der Wunsch der Vater des Mottogedankens ist.
Wenig spektakulär, kaum wagemutig mutet das Programm an. Schon quantitativ ist es weniger umfangreich als in den letzten Jahren. Ein Zeichen, dass auch das Programmheft kleiner ist als sonst? Ein Zeichen, dass man in der sonst so umlagerten Kartenstelle sogar in der ersten Woche des Vorverkaufs ohne Wartezeit sofort drankommt? Ich hoffe nicht. Denn eigentlich ist es ja Konsens, dass die Ruhrfestspiele den Machern und dem Publikum gleichermaßen am Herzen liegen.
Geben wir also jener Epoche eine Chance, … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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„Noh all dänne Jahre“ – das Abschlußkonzert der Ruhrfestspiele mit BAP
Das war ja mal ein Open Air, wie es im Buche steht. Es regnete, ach was, es schüttete in Recklinghausen wie aus Kübeln beim Abschlußkonzert der Ruhrfestspiele. Trotzdem kann man nicht sagen, dass das Konzert ins Wasser gefallen wäre. Der guten Laune der gut 5000 Besucher des BAP-Konzerts tat das Wetter und die verschlammte Konzertwiese keinen Abbruch. „Gibt ja schließlich kein schlecht‘ Wetter…“ mit dieser Mütter-Weisheit eröffnete Wolfgang Niedecken – auf die Minute pünktlich wie immer – den Abend.
Zwei Stunden lang (mehr war städtischer Vorgaben wegen nicht drin) rockten die fünf BAP-Musiker, verstärkt von der großartigen Geigerin Anne de Wolff, den Hügel. „Sonx“ aus dem sehr gelungenen, neuen Album „Halv su wild“, das textlich und musikalisch ausgefeilt an frühere … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit BAP, Open Air, Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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Der Handlungsreisende versus König Fußball – in Recklinghausen gewannen beide
Leerer als sonst war es an diesem Abend im Festspielhaus Recklinghausen. Es war der Abend des Länderspiel-Klassikers Deutschland gegen die Niederlande. Ungewöhnlich viele, die noch eine Karte verkaufen wollten, harren draußen aus. Drinnen dann geht es um das, was auch – seien wir ehrlich – den Fußball unserer Tage bestimmt: Geld, Ansehen, Popularität.
Das St.Pauli Theater Hamburg, Stammgast bei den Ruhrfestspielen, zeigte in der Schlusswoche der Ruhrfestspiele Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ in der Inszenierung von Wilfried Minks.
Im Mittelpunkt steht Willy Loman, der mit Mitte 60 ein müder und demoralisierter Handelsvertreter ist und seine besten Zeiten hinter sich hat. Seine Abschlüsse erreichen nicht die Zielvorgaben, seine Ausgaben übersteigen seine Einnahmen, die Existenzen seiner zwei erwachsenen Söhne sind schlicht … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Arthur Miller, Burghart Klaußner, Margarita Broich, Recklinghausen, Ruhrfestspiele, St.Pauli Theater, Tod eines Handelungsreisenden, Wilfried Minks
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Großer Ballettabend auf dem Hügel – Boris Eifman zeigte „Onegin“
Früher war es gute Tradition, dass auf dem Recklinghäuser Hügel während der Ruhrfestspiele wenigstens ein Ballett der Extraklasse gezeigt wurde. Unvergessen die Gastspiele Maurice Béjarts oder Alvin Aileys. In den letzten Jahren versteckte sich das Genre Tanz und Ballett, wenn überhaupt, in den Nebenveranstaltungen. Diesmal begeisterte aber mit dem Boris Eifman State Academy Ballett St.Petersburg seit langem wieder ein Ensemble von Weltrang ein dankbares Publikum auf dem Recklinghäuser Hügel.
Die St.Petersburger zeigten das Ballett „Onegin“, nach Puschkins Novelle „Eugen Onegin“, über die Irrungen und Wirrungen eines russischen Lebemanns in der Choreographie von Boris Eifman zur Musik von Tschaikowski und des russischen Rockmusikers Alexander Sitkovetsky. Die Geschichte des Eugen Onegin gilt seit jeher als eindringliches Bild der „russischen Seele“.
Eifmans wilde … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Eifman, Onegin, Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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Winterreise im Mai – Katja Riemann und Arne Jansen bei den Ruhrfestspielen
Das Thermometer in Recklinghausen zeigte gut 25 Grad, auf dem Festspielhügel herrschte gepflegte Festival-Atmosphäre. Die Gastronomie gut besucht, das Publikum eigentlich sommerlich heiter gestimmt. Auf dem Programm aber steht eine Winterreise, im Festspielhaus rieseln die Schneeflocken.
Mit einer Schneekugel beginnt die Uraufführung von „Winter – ein Roadmovie“ bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Die Schneekugel – das unscharfe Symbol einer verkitschten, heilen Welt. Im Laufe der Jahre geliebt, verpönt, belächelt, derzeit Kult. Auf einer großen Leinwand sind sowohl Heinrich Heine als auch Franz Schubert in solch einer Kugel zu sehen. Die künstlichen Flocken rieseln zu den Klängen der Black Eyed Peas.
Erst dann beginnt die eigentliche Reise, auf die Schauspielerin und Sängerin Katja Riemann und der virtuose Jazz-Gitarrist Arne Jansen das Publikum … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Festivals, Region Ruhr, Theater
Verschlagwortet mit Arne Jansen, Franz Schubert, Heinrich Heine, Katja Riemann, Recklinghausen, Ruhrfestspiele
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Ruhrfestspiele 2011 – ein Rückblick
Noch bevor die Abschlusskonzerte auf dem Recklinghäuser Hügel gespielt waren, verkündete Intendant Frank Hoffmann die frohe Pfingstbotschaft: Die Ruhrfestspiele haben sich selbst und ihren eigenen Besucherrekord von 2009 übertroffen. 212 Aufführungen, mehr als 81.000 Besucher und eine Auslastung von über 91 % zählte das diesjährige Festival. Einmal mehr bewies der Luxemburger Hoffmann damit, dass er der Tradition und dem Anspruch der Ruhrfestpsiele gerecht wird und ihm gelingt, was auf dem Hügel nicht immer selbstverständlich war: Mit einem anspruchsvollen Programm auch in der Breite erfolgreich zu sein. Folgerichtig wurde auch bereits am vergangenen Donnerstag bekannt gegeben: der Vertrag des Luxemburgers Hoffmann ist bis 2015 verlängert.
Was bleibt aus diesem Jahr, Jahr eins nach der Kulturhauptstadt? Stürmische Begeisterung ebenso wie kontroverse Diskussion. … Weiterlesen
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Meerjungfrauen und mongoloide Kinder: Eine postdramatische Theaterparodie
Auch wenn man als Dramatiker gerade einmal 30 Jahre alt ist, kann man dem Theaterbetrieb einmal so richtig den Zerrspiegel vorhalten. Genau das tut Autor Wolfram Lotz in seinem bereits mit dem Kleist-Förderpreis gekrönten Stück „Der große Marsch“, das nun bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen seine Uraufführung erlebte. Seine Thesen sind zwar nicht unbedingt originell, aber unterhaltsam und durchaus ungewöhnlich verpackt. Leider haben sie in der lahmen Inszenierung des Saarländischen Staatstheaters keine Chance.
Die Bühne (Florian Barth) ist eine Showbühne samt Treppe, gegeben wird Theater im Theater: Eine Schauspielerin (Katharina Ley) moderiert eine Revue, mit der das Theater beweisen will, wie kritisch und politisch es … Weiterlesen
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Zwei Brüder in wachsender Wut – Sam Shepards „Goldener Westen“ bei den Ruhrfestspielen
Recklinghausen. Sam Shepards Stück „Goldener Westen“ verpflanzt sozusagen die verfeindeten biblischen Brüder Kain und Abel in den „Wilden Westen“. Das passt schon recht gut zum Amerika-Schwerpunkt der Ruhrfestspiele. Also Hat sich Intendant Frank Hoffmann den Text vorgeknöpft.
Eigentlich könnten die Geschwister Austin (Drehbuchautor) und Lee (wildes Leben als kleinkrimineller Tramp) ihre Talente vereinen und gemeinsam Geschichten aushecken. Womöglich war’s ja großes Kino!
Statt dessen wächst ihre Wut und staut sich gefährlich. Sie versuchen einander zu übertrumpfen, doch ihre konkurrierenden Lebenslinien führen gleichermaßen ins leere Chaos. Auch ein allmählicher Rollentausch (Austin säuft und klaut, Lee lernt mühsam schreiben) ist nur betrüblich. Und der alte amerikanische Traum von Freiheit in grenzenloser Weite erweist sich bei all dem als was? Natürlich als brüchig. … Weiterlesen
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Tagtraum vom unaufhörlichen Kreislauf des Lebens – George Taboris Stück „Gesegnete Mahlzeit“ bei den Ruhrfestspielen uraufgeführt
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Wenn Bühnenfiguren Dirty Don, Professor Geil und Amanda Lollypop heißen, so deutet dies auf Farce und Slapstick hin. Damit jongliert George Taboris neues Stock „Gesegnete Mahlzeit“ denn auch.
Doch eigentlich ist diese Uraufführung (Koproduktion: Berliner Ensemble und Ruhrfestspiele) eine Etüde aufs Leben und Sterben. Mal wehmutig, mal koboldhaft, fast immer hellsichtig – manchmal bis über den Horizont des irdischen Daseins hinweg. Und in den besten Momenten erklingt die Sprache hier als schiere, vom eindeutigen Sinn losgelöste Musik.
Der schwerkranke Tabori (92) selbst hat (von seiner Bettstatt aus) die Inszenierung begleitet. Der Text ist an der Oberfläche klar gegliedert. Drei Akte: Frühstück, Mittagessen, Abendmahl. Doch Tabori stellt den Tagtraum, die Freiheit des Erinnerns und Vergessens, über die … Weiterlesen
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Peymann-Inszenierung bei den Ruhrfestspielen: Am Ende bleibt „Nathan“ schmerzlich allein
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Wer Lessings „Nathan der Weise“ spielen lässt, darf dunkelste deutsche Vergangenheit nicht ausblenden. Ein Regisseur wie Claus Peymann weiß das natürlich.
Peymanns „Nathan“-Version gastiert jetzt bei den Ruhrfestspielen. Ihre Premiere am Berliner Ensemble hatte die Inszenierung bereits im Januar 2002, sie stand damals im Bann der Terroranschläge vom 11. September 2001.
Tatsächlich taugt das Stück (daszur Zeit der mittelalterlichen Kreuzzüge in Jerusalem spielt) auch heute noch, um fundamentalistische bzw. tolerante Haltungen dreier großer Religionen zu untersuchen: Judentum, Christentum, Islam. Man muss den Holocaust hinzudenken, wenn man sich an diesen kühn konstruierten Text wagt.
Ein Vorschein des Schreckens findet sich bei Lessing: Nathans Familie ist, bevor die Handlung einsetzt, von Christen umgebracht worden. Sein dringlicher Ruf nach … Weiterlesen
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Wurzeln und Früchte des Terrors – Luc Bondys Inszenierung von Martin Crimps „Cruel and Tender“ bei den Ruhrfestspielen
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Über Luc Bondys Inszenierung „Cruel and Tender“ (Grausam und zärtlich) stand kein guter Stern: Halb leer blieb zur Premiere das Ruhrfestspielhaus, trotz des ruhmreichen Regisseurs. Sodann fiel die Übersetzung der englischen Produktion mehrmals aus.
Überdies litt Darsteller Joe Dixon unter einer Halsinfektion, so dass er nur mit Mikro-Verstärkung antreten konnte. Dies freilich sorgte für einen Verfremdungseffekt, der zum sprachlich prononcierten (Anti-)Konversationsstück passt, in dem politische wie „private“ Sphäre in Elementarteilchen zerlegt werden.
Der Brite Martin Crimp hat „Cruel and Tender“ nach Vorbild geformt: Sophokles‘ Drama „Die Frauen von Trachis“ dient als Folie. Deianira wartet dort auf die Heimkehr des ! kriegerischen Herakles. Bei Crimp wartet Amelia (Kerry Fox, bekannt aus Patrice Chéreaus Film „Intimacy“) auf ihren … Weiterlesen
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Ein Künstler, der die Gegensätze liebt – Ausstellung der Ruhrfestspiele präsentiert Günther Förg
Von Bernd Borke
Recklinghausen. Fast ist’s wie beim Dichter Ringelnatz, der einst diesen Werkstoff im Reime besang: Da gibt man den Dingern einen ganz kleinen Stips – und da sind sie aus Gips. Aus dem eher unedlen Material, geradezu unförmig aufgeschichtet, hie und da „wild“ bemalt, wuchern zudem in schönster Regellosigkeit solche Fragmente hervor: Dichtungsgummi, Latex-Fetzen, Bruchstücke eines Sägeblatts oder zerbeulte Getränkedosen.
Trash-Kunst von der Müllhalde, Überbleibsel vom Baumarkt? Was die puren Materialien anbelangt: ja, irgendwie schon. Es sind spontan verwendete Fundstücke. Doch der Künstler erhebt (ironischen) Geltungs-Anspruch, denn diese Skulptur-Collagen quellen auf hehren weißen Podesten vor sich hin – wie ferne klassische Vor-Bilder, doch so ganz anders geformt.
Günther Förg, 1952 in Füssen geborener documenta- und Biennale-Teilnehmer, scheut weder … Weiterlesen
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Neuer Ruhrfestspiel-Chef Frank Castorf: Mehr Osten in den Westen bringen
Von Bernd Berke
Köln. Der Mann aus Berlin gehört zum Jetset der Kultur: Neulich eine Stippvisite in Sao Paulo, demnächst Los Angeles. Jetzt bat Frank Castorf (52), neuer Leiter der Ruhrfestspiele, zum eiligen Pressetreff – nicht etwa nach Recklinghausen, sondern ins feine Kölner Hyatt-Hotel. Die Domstadt hat schließlich einen Flughafen.
Man ist schwer beeindruckt. Auch dann, wenn Castorf über seine Festspiel-Ideen redet – und gar nicht mehr aufhören mag. Doch trotz Nachfragen wird nicht recht klar, was wir nun ab 1. Mai 2004 in und um Recklinghausen wirklich erleben werden. Die Sache ist wohl noch im Werden. Der zur Selbstironie fähige Kreativ-Chaot Castorf wird’s schon richten. Er verspricht originäre, aufs Festival zugeschnittene Produktionen, nennt aber allerlei Koproduktions-Orte wie Berlin, Zürich, … Weiterlesen
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Jürgen Flimm wird Chef der RuhrTriennale – ab 2005 als Nachfolger von Gerard Mortier
Von Bernd Berke
Im Westen. Der Favorit hat das Rennen gemacht: Jürgen Flimm soll ab 2005 neuer Leiter der RuhrTriennale und damit Nachfolger von Gerard Mortier werden. Der 61-jährige Flimm bleibt bis 2004 Schauspielchef der Salzburger Festspiele. Als Präsident des Deutschen Bühnenvereins war er kürzlich zurückgetreten. Dies hatte bereits Spekulationen über ein Engagement im Ruhrgebiet genährt.
Auf Flimm, den langjährigen Leiter des Hamburger Thalia Theaters, einigten sich alle Gremien: der Aufsichtsrat der Kultur Ruhr GmbH (Rechtsträger der Triennale) hat den einstimmigen Vorschlag der Findungskommission „zustimmend zur Kenntnls genommen“. Gestern gab auch der Aufsichtsrat der Ruhrfestspiele, die künftig unter dem „Dach“ der Triennale angesiedelt sind, grünes Licht. Damit könnte Jürgen Flimm am 11. Juli formell berufen werden.
Enorme Erfahrung in vielen … Weiterlesen
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Das schrille Krähen der Apokalypse – Thomas Ostermeiers Berliner „Nora“-Inszenierung gastiert bei den Ruhrfestpielen
Von Bernd Berke
Marl. Brütende Hitze herrscht in der Marler Eisenlagerhalle Victoria 1/2, dieser industriellen Stätte der Ruhrfestspiele. Doch was soll’s. Hier sieht man ein gepriesenes Hauptereignis der Theaterspielzeit: Henrik Ibsens „Nora“ in Thomas Ostermeiers Berliner Schaubühnen-lnszenierung lohnt manchen Schweiß.
Der moderne Klassiker von 1879 ist ein heimliches Stück der Saison. Viele Bühnen, darunter Dortmund, haben das dramatische Prägemuster weiblichen Aufbegehrens ins Programm genommen. Doch die Berliner Fassung im kühlen Bauhaus-Ambiente, das vom vorläufig wachsenden (aber stets bedrohten) Wohlstand kündet, dürfte bei weitem unerreicht sein. Dem frisch ernannten Bankdirektor Helmer (Jörg Hartmann) geht die Karriere so sehr über alles eheliche Maß, dass er Nora jederzeit opfern würde.
Gewaltphantasien wie aus Horrorfilmen
Bei Ostermeier flackern allerlei jetzige, vorwiegend medial aufgepeitschte Krisen-Gespenster … Weiterlesen
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„Ich bereue gar nichts“ – Gespräch mit dem scheidenden Ruhrfestspiel-Intendanten Hansgünther Heyme
Von Bernd Berke und Arnold Hohmann
Recklinghausen. Seit 1990 leitet er die künstlerischen Geschicke der Ruhrfestspiele. Jetzt absolviert Hansgünther Heyme seine 13. und letzte Saison in Recklinghausen. Über das Ende dieser Ära, die Zukunft der Festspiele unter dem Dach der RuhrTriennale und über seine persönlichen Vorhaben sprach die Westfälische Rundschau (WR) mit dem Theaterchef.
WR: Spüren Sie so etwas wie Abschiedsschmerz?
Hansgünther Heyme: Eigentlich nicht. Obwohl die künstlerischen Verluste durch die von Gerard Mortiers Gnaden gestoppten Projekte wie „Saul“ spürbar sind. Das hat uns ganz hart getroffen. Insofern ist es auch ein Schmerz: Denn das, was wir in Zusammenarbeit mit Mortiers RuhrTriennale machen wollten, ist fehlgeschlagen. Trotzdem haben wir ein gutes Programm. Und meine Zeit in Recklinghausen war insgesamt gut … Weiterlesen
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Der Diener aller Herren – Ruhrfestspiel-Doppelpremiere: Heyme verknüpft Shakespeare mit Goldoni
Von Bernd Berke
Recklinghausen. So mies können Menschen sein: Immer wieder spucken sie hier verächtlich voreinander aus. Hansgünther Heyme untersucht mit seiner Ruhrfestspiel-Doppelpremiere (Stücke von Shakespeare und Goldoni) Herr- und Knechtschafts-Verhältnisse. Die Figuren, denen man befremdet zuschaut, sind meist abgebrühte Interessenvertreter ihrer selbst, daher oft auch Überläufer und Verräter. Taktik rangiert allemal vor unverstelltem Gefühl.
Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig (um 1596) wird vom Teatro de La Abadia in spanischer Sprache (mit Übertiteln) gegeben, Carlo Goldonis Komödie „Der Diener zweier Herren“ (1746) firmiert als Koproduktion mit dem Luxemburger Nationaltheater. Bei beiden Stücken, die am Sonntag im über fünfstündigen Doppelpack verabreicht wurden, führt Heyme Regie.
Der Festspielchef hat in den 150 Jahre auseinander liegenden Texten, die beide (teilweise) in Venedig spielen, … Weiterlesen
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Fast wie im Revier: Aus Luxemburgs Industriewüste blüht Kultur
Von Bernd Berke
Luxemburg. Man stellt sich Luxemburg wohl ein wenig wie das Sauerland vor: sanfte Hügel, viel Grün, idyllische Dörfchen. Doch das ist nur die eine Seite: Mancherorts sieht es in dem kleinen Land so aus wie im Ruhrgebiet – ähnliche Probleme Inbegriffen. Und auch diese Parallele gibts: Wie im Revier, so entdeckt man auch in Luxemburg beim Strukturwandel die Kultur als zukunftsträchtigen Sektor.
Im aktuellen Partnerland der Ruhrfestspiele hat das Theater lange ziemlich brach gelegen. Doch jüngst stieg endlich das staatliche Kulturbudget, so dass sich allmählich auch ein Nationaltheater etablieren kann. Direktor Frank Hoffmann, der häufig in Deutschland inszeniert, schwebt ein „Europäisches Theater“ multikulturellen ZuSchnitts vor. Mit derlei Visionen kommt er Hansgünther Heyme nahe, der ja die Ruhrfestspiele … Weiterlesen
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Wo das Ungeahnte jederzeit geschehen kann – Ruhrfestspiel-Ausstellung zeigt Arbeiten des Niederländers Waldo Bien
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Ganz gleich, ob auf weltweiten Reisen oder in der Kunst: Dieser Mann hält sich gern im „Niemandsland“ auf, im undefinierten Bezirk zwischen festgelegten Bereichen. Da, wo alle Grenzen verschwimmen und das Ungeahnte geschehen kann.
Der Niederländer Waldo Bien (Jahrgang 1949), der jetzt die Ausstellung der Ruhrfestspiele bestreitet, ist ein Grenz- und Schwellen-Gänger zwischen verschiedensten Stilen, Themen, Materialien. So kommt es beispielsweise vor, dass er Röntgenbilder übermalt oder Fotos, die er mit Walfisch-Öl begossen hat, unter Plexiglas einschließt. Die sämigen Schlieren und das eigentümliche Verwittern künden vielleicht von Vergänglichkeit. Oder ist es nur ein purer ästhetischer Akt, bar jeder anderen Bedeutung?
Eine Schlangenhaut, mit Tinte blau gefärbt, gilt Bien als Zeichen für Dynamik, ja als Vorbild unserer … Weiterlesen
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Dreißigjähriger Krieg als bitteres Lehrstück – Hansgünther Heyme inszeniert Strindbergs „Gustav Adolf“
Von Bernd Berke
Marl. „Der französische Gesandte ist wieder da.“ – „Die Schotten rasen.“ – „Tilly ist in der Schlacht gefallen.“ So aufgeregt schallt’s von der Bühne herab. Wahrhaftig: August Strindbergs „Gustav Adolf“ ist in Marl ein wahres Boten-Stück. Immer wieder eilt in Hansgünther Heymes Ruhrfestspiel-lnszenierung einer herbei, um neueste Nachrichten aus dem Dreißigjährigen Kriege zu verkünden.
Worum geht’s bei diesem oft etwas atemlosen Schlagwort-Theater der historischen Raffung? Anno 1630 griff jener Schwedenkönig Gustav Adolf ins europäische Kriegsgeschehen ein. Seine Truppen landeten auf Usedom und zogen sodann (gegen kaiserliche bzw. katholische Verbände Wallensteins und Tillys) durch zerrissene „deutsche“ Gebiete zu Felde. Stettin, Magdeburg, Nürnberg, Lützen. So viele Städte, so viele Tote.
Ein sperriges Ungetüm
Strindbergs 1903 in Berlin uraufgeführtes Drama … Weiterlesen
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Krachlederne Verwirrung – Rauminszenierungen des Belgiers Guillaume Bijl in Recklinghausen
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Der Raum ist rundum mit roter Tapete ausgeschlagen, darauf prangen hier und da goldene Schriftzüge in altehrwürdiger Fraktur. Über der ganzen Szenerie liegt dezent gedämpftes Licht. Welch eine feierliche Einstimmung. Hier wird man bestimmt edle Dinge zu sehen bekommen. Und dann? Dann erkennt man an den Wänden acht alte und abgewetzte Lederhosen hinter Glas. Nanu?
Es will fast so scheinen, als trieben die Ruhrfestspiele mit ihrer Kunstausstellung diesmal argen Schabernack. Denn tritt man näher an die Schaustücke heran, so sieht man auch noch Messing-Schildchen, mit denen besagte Lederhosen bekannten Menschen zugeordnet werden: Eine soll angeblich der Verhaltensforscher Konrad Lorenz getragen haben, eine zweite habe der Dichter Stefan Zweig angezogen, weitere hätten dem Bergfex Luis Trenker oder … Weiterlesen
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Ruhrfestspiele: Theaterzauber zum Jubiläum – Mit Piccoli, Robert Wilson, Peter Brook
Von Bernd Berke
Hamburg/Recklinghausen. Mit berühmten Namen lockt Hansgünther Heyme, künstlerischer Leiter der Ruhrfestspiele, zur Jubiläumssaison 1996. Wenn die Festspiele 50 Jahre alt werden, kommen u. a. Bühnen-Koryphäen wie die Regisseure Robert Wilson und Peter Brook sowie der Schauspieler Michel Piccoli nach Recklinghausen.
Heyme selbst sorgt für die große Eigeninszenierung (Shakespeares „Was ihr wollt“) und spielt dabei gar selbst den Haushofmeister „Malvolio“. Nach dieser Premiere (4. Mai) wird zur rauschenden Ballnacht gebeten.
Heyme stellte das Programm in Hamburg vor und brachte dem Chef des Deutschen Schauspielhauses, Frank Baumbauer, zwei mit Schleifchen versehene Briketts als Gastgeschenk mit. Denn im Austausch zwischen Ruhr und Alster hatte vor einem halben Jahrhundert alles mit dem schwarzen Gold begonnen.
Es begann in einem harten Winter… Weiterlesen
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Gretchen, mir graut vor dir! – „Faust Wurzel aus 1 + 2″ von Christoph Marthaler bei den Ruhrfestspielen
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Ein ranghoher Hamburger Politiker hat mal den Satz geprägt, er wolle „seine“ Klassiker auf der Bühne gefälligst wiedererkennen. Ha! Da wäre er bei Christoph Marthaler an den Falschen geraten. Der nämlich hat Goethes „Faust“ gründlich durch den Wolf gedreht. Die tollkühne Tat des Schauspielhauses Hamburg war bei den Ruhrfestspielen zu sehen.
Von Goethes Text kommen in „Faust Wurzel aus 1 + 2″, der verwegenen Variante des Schweizer Theatermachers, bestenfalls noch drei Prozent vor. Dafür sehen wir gleich scharenweise „Mephistos“ (für gewisse Kernbereiche der Figur sollen Siggi Schwientek und Ulrich Tukur stehen) sowie ein ganzes „Gretchen“-Quartett durch die fabrikhafte Szenerie stolpern. Rücklings auf dem Klappbett, haucht Fausts vierfaches Liebchen immer wieder im Chor seinen Vornamen: „Heinrich“. Gretchen, … Weiterlesen
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Beklemmung und Freiheit – Kunst bei den Ruhrfestspielen: Kawamatas Holzbauten mit dem Titel „Bunker“
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Reges Treiben in der Recklinghäuser Kunsthalle. Offenbar wird der ehemalige Luftschutzbunker erneut umgebaut, denn aus den Fenstern im zweiten Stock schauen ja schon Gerüstbretter. Doch selbst oberflächliche Kenner der strikten deutschen Bauvorschriften schütteln gleich den Kopf. Diese fragile Holz-Anordnung mißachtet alle technische Vernunft. Es muß etwas anderes im Spiel sein.
Das im Wortsinne „Heraus-Ragende“ ist ein Freiluft-Ausläufer der dreiteiligen Großinstallation, die der japanische Künstler Tadashi Kawamata (42) in die Kunsthalle eingebracht hat. Der zweifache documenta-Teilnehmer, der 1992 ein ganzes Holzhüttendorf in die idyllische Kasseler Karlsaue stellte, hat sich in Recklinghausen mehrfach inspirieren lassen: von Herkunft und üblicher Bestimmung des verwendeten Grubenholzes, aber auch von der Bunker-Vergangenheit der Kunsthalle. Und damit spielt schließlich das Friedensmotto des Auftraggebers, … Weiterlesen
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Von der Pflanzung zur Mauer aus Backstein – Neuere Arbeiten von Per Kirkeby in Recklinghausen
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Wer kann aus 8800 Backsteinen ein Kunstwerk fabrizieren? Natürlich Per Kirkeby. Der mehrfache documenta-Teilnehmer aus Dänemark ist mit machtvollen Skulptur-Bauten aus diesem Material zu einiger Berühmtheit gelangt. Die Ausstellung der Ruhrfestspiele gibt Einblicke in den Entstehungsprozeß solcher Werke.
Die Kunsthalle Recklinghausen ist als ehemaliger Weltkriegsbunker sehr geeignet für die schwere und steinige Kunst, denn eine tragfähigere Statik dürfte kaum zu finden sein. Und so war es denn auch kein technisches Problem, im ersten Stockwerk besagte Tausendschaften von Backsteinen nach Kirkebys Anweisungen zu einem kreuzförmigen Geviert zu mauern.
Könnte man das Werk von oben betrachten, sähe man vier steinerne Arme, die ausgreifen wie Windmühlenflügel. Da aber die mit Türdurchbrüchen versehenen Mauerteile vor dem Betrachter vier Meter hoch … Weiterlesen
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Mit Kokain und Schäferhund in den deutschen Untergang – Ruhrfestspiele: Hansgünther Heymes Versuch mit Schillers „Räubern“
Von Bernd Berke
Recklinghausen. Die Jungs von der Räuberbande balgen sich wie Kindsköpfe, sie tollen herum wie Welpen. Doch Vorsicht: Schon bald fällt das böse Wort vom „Deutschen Heldenblut“. Das ist kein Spiel mehr, das wird schrecklich. Denn Hansgünther Heyme hat für seine Ruhrfestspiel-lnszenierung Schillers „Räuber“ nach unguter Deutschtümelei abgegrast.
Besagte Bande des von seinem Vater (Hans Schulze) verstoßenen, fürchterlich-genialischen Karl Moor (Matthias Redlhammer) ist zunächst ein loser Haufen, offenbar aus allen möglichen „Szenen“ zusammengewürfelt. Ein paar Freaks, die die Umverteilung à la Robin Hood anstreben, sind dabei. Doch da ist auch schon einer, der ein T-Shirt mit deutschnationalem Aufdruck trägt.
Alsbald gebärdet sich das Trüppchen wie eine „Wehrsportgruppe Moor“, die mit einem alten, flippig bemalten Armeelastwagen unterwegs ist zum … Weiterlesen
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