Schlagwort-Archive: Ruhrgebiet

Albus und Debus lassen nicht locker: Das Ruhrgebiet muss endlich Hauptstadt werden !

Ein einflussreiches US-Magazin schmäht Berlin – und schon wird dort im vorauseilenden Gehorsam fieberhaft überlegt, ob man nicht eine neue Hauptstadt braucht. Zur Auswahl stehen München, Hamburg, Köln – und das Ruhrgebiet. Hossa!

Auf geht’s. Kanzlerin Merkel beauftragt den Berliner Sozialwissenschaftler John Fettersen mit der heiklen Angelegenheit. Dessen Gewährsfrau fürs Revier ist die zungenfertige (vulgo: geschwätzige) Mia Mittelkötter, mit je einem Bein im Sauerland und in Dortmund daheim. Fettersen muss die Dame brieflich intensiv nach etwaigen Vorzügen des Ruhrgebiets befragen.

Daraus entspinnt sich – wenn auch anders als jüngst bei Martin Walser („Das dreizehnte Kapitel“) – das Hin und Her eines Briefromans. Der heißt wortspielneckisch „In der Ruhr liegt die Kraft“ und ist eine gemeinsame Schöpfung der Kabarettistin Lioba Albus … Weiterlesen

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Einmal Hochkultur und zurück – die Kinderjury der Ruhrtriennale

Kunst zum Kichern bei der Ausstellung "12 Rooms" im Essener Folkwang Museum.

Kunst zum Kichern bei der Ausstellung "12 Rooms" im Essener Folkwang Museum.

Eine Kinder-Jury begleitet die Ruhrtriennale und verleiht zum Ende des Festivals jeder Produktion einen Preis – die Awards heißen „Die beste Hose“, „Die beste Pose“ oder „Das verrückteste Stück“. Sie werden Abend für Abend wie Superstars behandelt: Chauffeur, roter Teppich, Blitzlichtgewitter. Über die Künstler, die Stücke, die Hintergründe wissen die Kinder – nichts. Was soll das sein: Kulturvermittlung? Oder tatsächlich die angekündigte „kritische Prüfung zeitgenössischer Kunst“ durch eine „unverbildete Jury“? Und: Kann das gut gehen?

Bochum, 17. August, kurz vor 20 Uhr. Internationales Stimmengewirr im Foyer der Jahrhunderthalle. Aus ganz Deutschland und dem Ausland sind Opernliebhaber angereist, um „Europeras 1 & 2“  zu erleben. Die Gelegenheit ist selten, … Weiterlesen

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Glück auf, Glück auf, der Donald kommt

Achtung, Breaking News: Donald Duck und die Seinen sind jetzt im Ruhrgebiet angekommen.

Das hat selbst die „Bild“ in Wallung gebracht. Und natürlich stürzt sich die gesamte Regionalpresse darauf. Das Kalkül ist also aufgegangen. Selten hat der Enterich in den letzten Jahren derart viele Schlagzeilen produziert.

Ächz!

Der Ehapa Verlag, der mit seinen deutschen Micky Maus-Heften seit vielen Jahren gegen Auflagenschwund kämpft, sucht sein Heil in der Heimatnähe. Und also gibt’s jetzt im wöchentlichen Wechsel eine donaldistische Schnitzeljagd quer durch die deutschen Metropol-Regionen. Anders gesagt: Man wanzt sich mit neuem Konzept an die verbliebene minderjährige Kundschaft heran. Die Prognose, dass der Effekt rasch verpufft, dürfte nicht allzu gewagt sein.

Seufz!

Und doch: Was sind wir stolz, dass man den Ruhrpott … Weiterlesen

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Revierstädte im Kulturvergleich ganz hinten – und nun?

Mittlere Sommerloch-Aufregung um eine Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) im Auftrag der gleichfalls in der Hansestadt ansässigen Berenberg Privatbank: In einer vergleichenden Studie zur Kultur-Produktion und Rezeption schneiden die Städte des Ruhrgebiets miserabel ab. Oje, oje! Für besagte Studie hat man auf vorhandenes Datenmaterial zurückgegriffen und offenbar keine sonderlichen Eigenanstrengungen unternommen. Da riskieren wir mal, den alten Satz noch einmal aus der Mottenkiste zu holen: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Sprich: Verlagerte man die Schwerpunkte dieser Untersuchung nur ein klein wenig, so würde sich vermutlich schon ein etwas anderes Bild ergeben. So verzerrt etwa die Rubrik Denkmalschutz-Fördermittel das Gesamtbild, weil es im Revier nun mal nicht mehr so viel erhaltenswerte historische Substanz gibt.

Um das Ruhrgebiet … Weiterlesen

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Mit Kindern das Revier entdecken

Wenn schon Ruhrgebietsführer, dann doch bitte lieber aus einem Ruhrgebietsverlag. Da erhöht sich die Chance eminent, dass etwaige Schnitzer noch erkannt und getilgt werden. Ehrlich jetzt.

Genug der Vorrede: Im Essener Klartext-Verlag ist ein kundiger Kinderreiseführer fürs Ruhrgebiet erschienen, Untertitel „Abenteuer, Zeitreisen und Experimente“. Aus der Region – für die Region.

Autorin Natascha Leo spricht in stets munterer Schreibe die Kleinen direkt an. Erwachsene dürfen staunend vor- oder mitlesen und dann die entsprechenden Kurztrips organisieren – anhand der getreulich verzeichneten Öffnungszeiten, Adress- und Telefonangaben sicherlich kein allzu großes Problem.

Ich gestehe freimütig: Auch als altgedienter Revierbewohner habe ich hier vieles gefunden, was ich noch nicht auf dem Radarschirm hatte, so etwa eine veritbale Kinderzauberschule in Bochum. Gar manches ist auch … Weiterlesen

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Belgische Kohle

Die 9. Manifesta auf den Spuren des Steinkohlebergbaus

Gemäß ihrer traditionell ortsspezifischen Ausrichtung bildet diesmal die vom Steinkohlebergbau geprägte Kultur der belgischen Region Limburg den Ausgangspunkt der zweijährigen Wanderausstellung, die sich im 1924 errichteten Hauptgebäude einer ehemaligen Mine vor pittoresk ruinöser Kulisse verteilt.

Waterschei Mine, Genk, BE. © Manifesta Foundation, Foto Kristof Vrancken

Waterschei Mine, Genk, BE. © Manifesta Foundation, Foto Kristof Vrancken

Dem Beitrag der Kohleindustrie bei der Erzeugung und Zerstörung von Kultur und Natur nähert sich die Ausstellung aus drei Perspektiven. Neben 36 zeitgenössischen Arbeiten aus bildender Kunst, Film und Performance zeichnet die kunsthistorische Sektion die Entwicklung des Kohlebergbaus als Gegenstand der Grafik und Malerei seit der Romantik nach, während die dritte Abteilung die soziokulturelle Entwicklung der Bergarbeiter-Region Limburg dokumentiert.

Der sich hierbei ergebende rhythmische Wechsel von Forschung … Weiterlesen

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Die Ästhetik des Widerstands – Peter Weiss‘ Jahrhundertroman auf der Bühne

Immer häufiger bereichern Roman-Bearbeitungen die Spielpläne der Theater, auch die dicksten Wälzer finden ihren Weg auf die Bühnen. Denn freilich: Der Stoff lässt sich schon verdichten, wenn es nur gelingt, mit den Mitteln des Theaters eine eigene, vielleicht gar neue Sicht aufs Werk zu bekommen. Regisseur Thomas Krupa und Dramaturg Tilman Neuffer formulieren noch einen anderen Anspruch: Sie wollen Peter Weiss’ in den 1980er Jahren viel diskutiertes Hauptwerk „Die Ästhetik des Widerstands“, den „deutschen Ulysses“, erst einmal schlicht vor dem Vergessen bewahren. Denn, so die These: Das dreibändige Werk, das die Strömungen, Entwicklungen und Widersprüche des antifaschistischen Widerstands am Vorabend des Zweiten Weltkriegs reflektiert, hat uns noch etwas zu sagen. Die dreieinhalbstündige Uraufführung im Essener Grillo-Theater hinterließ ein nachdenkliches Publikum.… Weiterlesen

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„Hütchen sind immens wichtig“ – Frank Goosen auf Lesereise

„Schnell rein, schnell raus. Keine Gefangenen.“ Dieser Plan ist schon bei Stefan, der Hauptfigur in Frank Goosens neuem Roman „Sommerfest“ nicht aufgegangen. Natürlich kommt auch der Erfinder des „Woanders-iss-auch-Scheiße-Koffergurts“ bei seiner Lesereise (z. B. jetzt im Ebertbad Oberhausen) nicht nur einfach schnell rein und schon gar nicht schnell wieder raus.

Will er wohl auch gar nicht. Goosen ist ja nicht nur Schriftsteller, sondern auch gelernter Kabarrettist. Die Erfahrungen aus den Lehrjahren mit den „Tresenlesern“ kommen ihm heute zugute.

Einen klug ausgewählten Querschnitt aus dem neuen Buch trägt er vor. Das Publikum bekommt einen guten Einblick, bleibt aber dennoch neugierig auf das große Ganze. Seine Romanfiguren, „die bedrohte, schützenswerte Sprache des Ruhrgebiets“ und „die Storys, die nur so auf der Straße … Weiterlesen

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Fachwerk neben moderner Architektur im Hagener Freilichtmuseum

Nach längerer Zeit waren wir mal wieder im Hagener Freilichtmuseum. Offiziell heißt es ja „LWL-Freilichtmuseum Hagen – Westfälisches Landesmuseum für Handwerk und Technik“ und liegt zwischen Wald und Landwirtschaft im idyllischen Mäckingerbach-Tal am Südrand der Stadt.

Ein altes Antriebsrad im Museum Hagen. (Foto: Ruhrtourismus)

Von früheren Besuchen mit den Kindern in deren Anfangsjahren kannten wir vieles, aber noch nicht den neuen Eingangsbereich und die NE-Metallwerkstätten und –gießereien, den schnuckeligen Friseurladen und das gerade eröffnete Restaurant.

Dieser glatte Neubau mit der großen Terrasse spaltet offensichtlich die Geister. Sowohl aus den Gesprächen anderer Besucher als auch aus den Kommentaren in der Familie kann man überwiegend Ablehnendes hören. Ähnlich der Glaspyramide am Louvre beißt sich die moderne Glas-Holzkonstruktion natürlich mit dem großen Fachwerkhaus, … Weiterlesen

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Das Revier möchte auch mal wieder Kohle sehen

Bislang waren die Touristik-Werber der Region Ruhr stets gehalten, das Revier als normalisierte oder gar potente Gegend mit einmaligen Monumenten und weitgehend gelösten Strukturproblemen zu verkaufen.

Eindruck aus Dortmund-Dorstfeld (Foto: Bernd Berke)

Eindruck aus Dortmund-Dorstfeld (Foto: Bernd Berke)

Es sollten einem schier die Augen übergehen: Kulturelle und sonstige „Leuchttürme“, wohin man auch blickte, seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 war gar eine Nachhaltigkeit sondergleichen wirksam, hieß es vollmundig. Mit Pauken und Trompeten wurde eine wachsende „Kreativwirtschaft“ ausgerufen. Selbst die bislang zum Himmel stinkende Kloake namens Emscher wird renaturiert und fließt auf manchen Strecken schon als lieblicher Bachlauf, in Dortmund lockt ein neuer See die Immobilienbranche. Blühende Landschaften also, so wie es Kanzler Kohl einst dem deutschen Osten versprochen hatte?

Doch halt! Schwenk um 180 Grad. Sieht’s in jenem … Weiterlesen

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Schauspielhaus Bochum: Folkwang-Schüler präsentieren sich im „Spiel des Lebens“

 

Theaterrezension in exakt 150 Wörtern, Teil III:

„Spiel des Lebens“, Schauspielhaus Bochum, von Schauspielschülern der Folkwang-Universität der Künste

Text: Lutz Hübner, Uraufführung: 16.3.2012

 

Jeder hat 9 Minuten. Für Zauberei, Rampentricks oder den großen dramatischen Monolog. Für Tragik, Komik, tragische Komik. Und die Frage: Was – verdammt noch mal – wollen die Zuschauer eigentlich im Theater sehen?

Die Abschlussklasse der Folkwang-Universität spielt 2012 keinen Klassiker im Bochumer Schauspielhaus. Sie hat sich vom Star-Dramaturgen Lutz Hübner etwas auf die Leiber schreiben lassen.

 

Über der Bühne tickt die Uhr. Von „1:30:00“ bis zum Nullpunkt. Die Schauspielschüler spielen Schauspielschüler. Sind nervös, neidisch, notorisch übersehen oder auf der Suche nach sich selbst.

Wer sind sie heute? Wer in 20, 30 Jahren? Wer … Weiterlesen

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Klümpchen und Killefit – Frank Goosen lädt zum „Sommerfest“

Da steht er nun. Der Wahl-Münchner Stefan auf dem Sommerfest seines alten Bochumer Fußballclubs, die Tulpe mit frisch gezapftem Pilsken in der Hand, ein Lokalderby im Blickfeld, im Kreise alter Freunde und Wegbereiter. Stefan, gebürtiger Bochumer und leidlich begabter Schauspieler, hat sich vor 10 Jahren gegen Halden und für die Alpen entschieden. Dummerweise wurde sein Theater-Engagement nicht verlängert, man hat wohl gemerkt, dass seine Kunst mehr leidlich denn begabt ist. Seine Beziehung zu Schauspielkollegin Anka hat auch schon bessere Zeiten gesehen und der einzig greifbare Strohhalm ist ein Casting-Termin für eine neue Vorabendserie.

Just in dieser Phase seines Lebens verabschiedet sich Onkel Hermann von der Welt. Onkel Hermann hat in Bochum die Stellung im alten Bergarbeiter-Reihenhäuschen von Stefans viel zu … Weiterlesen

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„Ewich gibbet nich“ – die Welt des Ruhrpotts

Wie das Leben so spielt: Zwei im Ruhrgebiet geborene und sozialisierte Journalisten müssen erst an die Alster ziehen, um sich kennen und schätzen zu lernen. Die Spiegel-Online Autoren Frank Patalong und Konrad Lischka stellten beim Feierabend-Pilsken fest, „dass man den Ruhrie in sich nie ganz ablegen kann.“ Grund genug für die beiden, gemeinsam ein Buch über das Ruhrgebiet und seine Bewohner zu schreiben.

Mit „Dat Schönste am Wein is dat Pilsken danach“ ist ihnen ein ehrlicher, subjektiver Blick darauf gelungen. Die beiden entdeckten viele Gemeinsamkeiten, aber auch einen entscheidenden Unterschied.

Frank Patalong (Jahrgang 1963) wuchs im von der Stahlindustrie geprägten Duisburg auf. Er erlebte die Zeit, in der es Konsens war, Ruß, Dreck und Gift im Tausch gegen Arbeitsplätze in … Weiterlesen

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Das Testament

Erinnern Sie sich an die Kulturhauptstadt?

Es ist erst ein Jahr her, als die letzten Veranstaltungen in den Schnee gesetzt wurden. Eitel Sonnenschein war es nicht, aber für viele Eingeborene im Tal der 53 Kommunen waren die Gipfel der Metropolenträume durch den seichten Nebel immerhin sichtbar. Die Leuchttürme blinkten Zuversicht. Man feierte und  pappte sich Buttons ans Revers, besetzte die A40 und schickte gelbe Luftballons ins All, die Kunde tun sollten von der Überwindung der post-industriellen Depression. Die Beauftragten standen an den Fenstern ihrer Verwaltungs-zentren und malten ein wolkiges „Wir“ an die angehauchten Scheiben.

Day of Song

Ein Jahr ist es erst her, das Ende des Jahres der Erbauung, der singenden Massen, der lokalen Helden, der Umarmungen von Vergangenheit mit … Weiterlesen

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Kleine Stadt und große Namen

Dieser Blog heißt ja im Untertitel „Kultur und mehr im Ruhrgebiet“, und deshalb soll hier einmal auf eine erstaunliche Einrichtung am Rande des Reviers hingewiesen werden: In der Kleinstadt Ennepetal im Süden des Ruhrgebiets, fast schon im Sauerland, gibt es eine „Kulturgemeinde“, die mit fast 2.000 Mitgliedern und einer fünfstelligen Besucherzahl im Jahr in einem ungewohnten Verhältnis zur Größe der Stadt steht.

Auch Lew Kopelew war zu Gast. (Foto: Steidl Verlag)

Der inzwischen pensionierte Lehrer Hartmut Köhler hat die einst kleine Gruppe groß gemacht, indem er meist prominente Referenten oder Musiker in seine „Gemeinde“ holte und dort bei freiem Eintritt auftreten ließ. Nur von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an den Ausgangstüren wird diese Arbeit finanziert.

Lew Kopelew und Gerd Ruge, Martin … Weiterlesen

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Vestische Erleuchtung

Der Herbst ist da und mit ihm zum sechsten Male in Folge „Recklinghausen leuchtet“. Am 14. Oktober eröffnet, zieht die Veranstaltung wie bereits in den Vorjahren wieder viele Besucher in die schöne Altstadt der vestischen Kommune. Noch bis zum 30. Oktober erstrahlen 34 historische Gebäude und Privathäuser in einem sorgsam installierten Lichtermeer. Das diesjährige Leuchten findet im Rahmen des 775. Stadtjubiläums statt. Auch wenn Recklinghausen EU-konform auf moderne LED-Lichter setzt, liegt der Schwerpunkt auf den altehrwürdigen Ecken und Kanten der Innenstadt. Auf die alte Stadtmauer um die Engelsburg werden mittelalterliche Motive projiziert, der Stolz der Stadt, das Rathaus wird mit besonderer lichttechnischer Raffinesse geehrt.

 

 

 

 

 

Freitags, Samstags und Sonntags gibt es ab 19:00 stündlich eine musikalisch … Weiterlesen

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Promis imponieren uns gar nicht

Letzten Samstag habe ich wahrhaftig einen fernsehprominenten Schauspieler im Dortmunder Westfalenpark gesehen. Er war offenbar zu Besuch bei Freunden, mit denen er auch auf den Kinderspielplatz ging.

„Na und?“ rufen sie jetzt unisono in Berlinhamburgmünchenköln und wenden sich wieder stärkeren Reizen zu.

In Dortmund, erst recht in weiten Teilen des sonstigen Ruhrgebiets, sind Promis im Stadtbild tatsächlich immer noch etwas Seltenes. Das wird sich auch mit dem neuen Dortmunder Status als „Tatort“-Stadt nur unwesentlich ändern.

Doch was soll’s. Man schert sich um bekannten Leute ohnehin nicht sonderlich. Von Glamour lassen sich hier eh die wenigsten blenden. Es gibt es genügend andere Sorgen (und Freuden).

Einst sah ich den Schriftsteller Walter Kempowski trübsinnig über den Ostenhellweg schleichen – offenbar unerkannt wie … Weiterlesen

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Sole Sentry rocken plugged und unplugged in der Hafenliebe

Kieron Gerbig - Foto: Sabine Musik

Kieron Gerbig - Foto: Sabine Musik

Die bisher im Bam Boomerang beheimatete Dienstag-Reihe „tuesday live“ bietet ab jetzt in der Dortmunder Hafenliebe lokalen Bands eine Bühne. Sole Sentry, die in Kulturcafés, Diskotheken und sogar Heavy-Metal-Kneipen, ein Standbein im Live-Sektor gefunden haben, werden am 11. Oktober in der Hafenliebe plugged und unplugged auftreten. Die Band um den gebürtigen Australier Kieron Gerbig verlangt von sich Tiefe, gepaart mit einem ordentlichen Schuss Rock. Im Interview erzählt Kieron, wie sich die Band entwickelt hat und warum er es liebt, seine Musik so zu präsentieren, wie sie auch geschrieben wurde.

Am 11. Oktober spielt ihr in der Hafenliebe in Dortmund. Die so genannte „Dienstags-Reihe“ soll lokalen Newcomer-Bands eine Plattform geben. Doch so neu seid ihr … Weiterlesen

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Geschichten vom Herrn Kaum (1)

HERR KAUM UND BRIGITTE KRONAUER

Einmal kam der junge Herr Kaum im Zug von Köln Hauptbahnhof nach Essen, über 40 Jahre ist das schon her, mit einer hübschen jungen Frau ins Gespräch, die sich als Autorin zu erkennen gab. Etwa 20 Minuten lang unterhielt sie sich mit Herrn Kaum über literarische Dinge, bis sie am Ende plötzlich sagte: „Wissen Sie eigentlich, daß Sie fortwährend nur Klischees bedienen? Ich bin das jetzt leid, mir das weiter anzuhören. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.“ Herr Kaum fand sich im Mark getroffen. Er hatte sich doch so sehr ins Zeug gelegt und ganz ehrlich sein Bestes gegeben. Er verstummte verstört, ja geschockt, und redete fortan kein Wort mehr. Die Angst vor den … Weiterlesen

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Bochum stand für Gebirge und Straßenbahn

Bochumer Zeche Prinzregent in den 50-er Jahren

Der Blick auf das Ruhrgebiet ist ja immer relativ. Bei mir zum Beispiel als im flachsten Münsterland geborenem Dorfkind stand früher das Revier für Gebirge und Straßenbahn, für Kohlezechen und Kaninchen.

Meine Mutter stammte aus Bochum-Weitmar und hatte nach der kriegsbedingten Evakuierung 1942 ins Münsterland geheiratet. Was lag bei armen Leuten wie uns also näher, als einen Teil der Sommerferien statt am Meer bei den Großeltern und anderen Verwandten im Kohlerevier zu verbringen. Wenn ich dann mit meinem Opa spazieren ging und er mir die Gegend zeigte, die Stoppelfelder und Kohlehalden, die Bergmannshäuschen und Kriegsruinen, dann waren die Hügel und Täler nördlich der Ruhr für mich echtes Gebirge. Andere Höhen kannte ich nicht, … Weiterlesen

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Der Dirigent im kalten Bachwasser

Zum Thema Sergiu Celibidache läuft in der Westfälischen Rundschau derzeit eine interessante Sonderseite „Kultur extra“. Dazu hier eine erweiternde Anekdote:

Sergiu Celibidache

Als nach dem Ende des Krieges 1945 in den Großstädten des Rhein-Ruhrgebietes die Opern und Konzertstätten durch Bomben und Brände zerstört waren, mussten Theaterensemble und Orchester auf umliegende Kleinstädte ausweichen.

So kam es, dass in der Industriegemeinde Milspe (gehört seit 1949 zu Ennepetal) das ehemalige „Gefolgschaftshaus“ der Firma ABC („Spax“-Schrauben) unter dem neuen Namen „Haus der Kunst“ ein vielbesuchter Veranstaltungsort wurde. Mehr als 40 000 Besucher kamen in den ersten beiden Nachkriegsjahren, um Schauspieler aus Wuppertal, Düsseldorf oder Essen zu sehen.

Zu den „Gastspielern“ gehörten mehrfach auch die Berliner Philharmoniker. Ihr Dirigent war Sergiu Celibidache, der vor seinem … Weiterlesen

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Kunst kommt von Können – aber nicht immer

Lange war es geschlossen, das Osthaus Museum in Hagen. Seit es 2009 mit dem angeschlossenen Schumacher-Neubau wieder eröffnet wurde, zieht es vor allem Architektur-Freunde an.

In diesem Sommer nun hat das Haus eine frühere Tradition wieder aufgegriffen: Die Ausstellung „Hagener Künstlerinnen und Künstler“. Alle zwei Jahre soll sie stattfinden. Für 2011 hatten sich 117 bildende Künstler beworben, 42 wurden durch eine Jury ausgewählt, und bei dieser Menge – im Verhältnis zur Größe der Stadt Hagen – kann man sich vorstellen, dass es deutliche Qualitätsunterschiede gibt.

Das Osthaus Museum in Hagen

Auf drei Ebenen verteilt finden sich Malerei, Collagen und Skulpturen, aber auch großformatige Fotografien und Computerkunst. Interessante Strukturen auf durchlöchertem Sperrholz oder Experimente mit Kunststofffolien hängen neben konventionell abstrakten Acrylbildern. … Weiterlesen

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Neulich im Kreuzworträtsel: Wo endet das Ruhrgebiet?

Neulich im Kreuzworträtsel die Frage: Stadt im Sauerland mit neun Buchstaben. Als Lösung sollte man dort „Ennepetal“ eintragen, aber liegt Ennepetal im Sauerland?

Wie der ganze Ennepe-Ruhr-Kreis gehören Ennepetal und die anderen acht Städte politisch zum Ruhrgebiet, sind also Mitglied im „Regionalverband Ruhr“. Landschaftlich fühlt man sich in Städten wie Breckerfeld und Ennepetal oder im Hagener Süden aber tatsächlich wie im Sauerland. Wer durch die Kreisstadt Schwelm bummelt und die verschieferten Fachwerkbauten mit den grünen Fensterläden bewundert, der wähnt sich eher im Bergischen Land. Ähnlich sieht es an den anderen Rändern des Reviers aus: Haltern ist doch kulturell und landschaftlich mehr eine münsterländische Stadt, und Xanten oder Wesel liegen natürlich am Niederrhein.

Das Ruhrgebiet ist eben eine künstliche Struktur, orientiert … Weiterlesen

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Bochum total voll

Nach dem gelungenen Auftakt am Donnerstag feierten Zigtausende gestern TGiF* im Bermuda-Dreieck. Die Schulferien hatten begonnen, der Regen vorerst beendet, bekannte Acts warfen ihre Schatten voraus – nie in den vergangenen 25 Jahren war Bochums Innenstadt so voll.

Die Enge besonders an den Zu- und Abgängen war zeitweise grenzwertig. Genauso hatte ich es mir bei Bochum Total vorgestellt. Der Freitag hatte einen Headliner, den die Veranstalter als solchen lange nicht erkannt haben. Der Bielefelder Rapper Benjamin Griffey aka Casper.

Casper, EIns-Live Bühne, 22.07.2011

Sein Anfang Juli veröffentlichtes Album XoXo schaffte es schnell an die Spitze der Charts, plötzlich kennt ihn jeder, namhafte Feuilletons interpretieren seine Stücke und erfinden ver-casper-te Wortspiele. Alle reden über den „Überraschungserfolg“, auch der Veranstalter. Man hätte … Weiterlesen

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Dem Ruhrpott seine Sprache

Mit de Sprache in unserm feinen Pott der Ruhr iss datt ja sonne Sache! Viele tun datt Ruhrie-Dialekt ja sowatt von schmähen und finden et einfach nur schäbich! Ich sach Euch hier und heute: Tutto kompletto zu Unrecht! Wochenlang ham wa hier geforscht und phänomenale sprachwissenschaftliche Erkenntnisse zutage gefördert. Iss ja klaar.: Hochmoderne Fördertechnik war schliesslich schon imma die Domäne in unserm Revier! Ergebnis: Wer nämlich die hochkomplexen Strukturen des Ruhrpott-Deutsch nicht verstehen tut, der offenbart unflexible Bildungsgeschmeidigkeit und mangelnde Lateinkenntnisse! Jaha. So sieht datt nämlichst aus.

Tun wa ma ganz banal mit de Aussprache anfangen: Gelsenkirchen-Buer oder Oer-Erkenschwick spricht der Nichtwissende gerne mal als Bür oder Ör aus. Der Lateiner hingegen weiss sofort Bescheid. Datt ist wie von janz

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„Extraschicht“ goes anywhere

Es ist wirklich ein ureigenes Ruhrgebietsereignis, was weltweit bekannt sein könnte, ein Magnet für Wochenend-Tourismus und Städtereisende. Es ist eine einmalige Landschaft, die man – ausgerüstet mit Rucksack und Imbiss – erforschen kann, wenn man sie denn nicht schon kennt. Der Auswärtige staunt über die vielen „Spielorte“, die post-industriellen Nutzungen ehemaliger Klischeeträger, Zechen, Stahlwerke, Rost. Man fährt kostenlos durch die Gegend in Extra-Extraschicht-Bussen und merkt nicht, wie unsagbar schlecht der Öffentliche Nahverkehr in dieser Region unumkehrbar festgeschrieben ist. Plan in der einen, Mann, Frau oder Kind an der anderen Hand geht man auf Erkundungsreise. Und dann noch bei gutem Wetter! „Unvergesslich“, sagt die Frau aus Koblenz. „Ich kann bei meiner Cousine in Essen übernachten.“

Fragen Sie fern der Heimat mal … Weiterlesen

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Ist es im Dortmunder „U“ manchmal etwas unheimlich?

Neulich lag ich im Krankenhaus, als am Sonntagabend ein junger Kosovo-Albaner eingeliefert wurde. Als Bettnachbarn kamen wir ins Gespräch.

Er war beim Fußballspiel am Kopf verletzt und zur nächtlichen Beobachtung in mein Zimmer eingeliefert worden. Der etwa 30-jährige Mann erzählte mir auch von seiner Arbeit. Als Angestellter einer Sicherheitsfirma war er mit seinen Kolleginnen und Kollegen für die Bewachung im Dortmunder „U“ zuständig. Mit Kunst und Kultur in diesem Sinne hatte er nicht so viel am Hut, aber er stellte immerhin fest, dass er als Aufpasser oft ganz allein in den Räumen stehe. Kaum Besucher, und das, wo doch seine Firma so viel Geld für die Bewachung bekomme. Wer das denn wohl alles bezahlen müsse?

Jetzt legten auch die Offiziellen … Weiterlesen

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Monegassische Hochzeiten

Briefmarken, Fußball und Skat als Einbürgerungshilfen eines Ösi im Revier

Den Übergang vom Ösi zum Wösi (damals hieß das noch nicht so) schaffte ich mit 10 bei den etwa Gleichaltrigen durch das Fußballspielen, das ich im Essener Norden auf der Bleiche hinter unserem Kruppschen Wohnblock spielerisch lernte – und auf den abgeteilten Wiesen hinter den Häusern gegenüber, sowie auf unserer kaum befahrenen Sackgasse zwischen diesen Häusern, der Heegstraße nämlich, die heute zu einem großen Teil der in den 70er Jahren neuen Straßenführung von Essen nach Bottrop zum Opfer gefallen ist, und mit ihr die Häuser natürlich auch. Wenn wir heute mit dem Auto von Bottrop nach Essen fahren, fahren wir gleichsam durch unser Schlafzimmer. Virtuell natürlich. Aber wer weiß noch … Weiterlesen

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Entnazifizierung im Revier: „Darum war ich in der Partei“

Über die Befreiung des Ruhrgebiets vom Nationalsozialismus durch alliierte Truppen habe ich hier vor einiger Zeit einige Hintergründe dargelegt. Nun soll es um die Entnazifizierung nach 1945 gehen.

Wenn die Amerikaner und ihre Verbündeten eine Stadt oder Gemeinde befreit hatten, dann setzten sie in der Regel sofort einen unbelasteten Bürgermeister ein. Manchmal brachten sie ihn sogar mit. Gleichzeitig hatten sie genaue Vorstellungen über die geplante „Denazification“. Noch vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht hatten die Besatzungsmächte am 25. April dazu eine Direktive erlassen, die vor Ort durch provisorisch eingerichtete Behörden und den Militärkommandanten umgesetzt wurde. In der britischen Zone, zu der auch das Ruhrgebiet gehörte, arbeitete die Besatzungsmacht mit einem Skalensystem von 1 bis 5. Die Kategorien 1 und 2 … Weiterlesen

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Lesefreuden: Pawel Huelle, Fontane, Thomas Mann

(1) Was ist für Sie der mit Blick auf das Ruhrgebiet wohl wichtigste Roman? Stammt der von Erik Reger? Oder von Max von der Grün? Oder von Ralf Rothmann? –

Gesetzt den Fall, ein bedeutender Autor wäre ehedem oder unlängst auf die Idee gekommen, eine wiederholte Behauptung des manchmal bei uns heute noch als ehemaliger Expressionist bekannten Exilautors Paul Zech, er habe als junger Mann zwei, drei bzw. mehrere Jahre lang in den Kohlegruben von Herne, Bottrop, Charleroi und Mans gearbeitet, entschieden aufzugreifen, wir hätten vielleicht einen bedeutenden Revierroman um Zech oder Zechs expressionistische Generation herum.

Vorausgesetzt, dieser Autor wäre dabei ähnlich vorgegangen, wie es der polnische Autor Paweł Huelle mit einem Thomas-Mann-Zitat aus dem „Zauberberg“ getan hat. Dieses Zitat … Weiterlesen

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Gsellas Schmähgedichte: Jede Stadt ist fürchterlich

Da haben wir also das nächste Listen-Buch: Stichwörter anhäufen, launig assoziieren, alphabetisch abhaken – und fertig. Nach dem Muster entstehen mittlerweile nennenswerte Anteile des Buchmarkts. Doch hier verhält es sich etwas anders.

Der geübte Reimschmied Thomas Gsella, vormals schon mal Chefredakteur des Satireblatts „Titanic“, hat sich über weite Strecken Mühe gegeben, um in seinen Versen Städte zu schmähen, zu besudeln, zu beleidigen und in den Orkus verdienten Vergessen hinabzustoßen, aus dem sie möglichst nie wieder auftauchen sollen. Die kleine Gedichtsammlung ist aus einer Gsella-Kolumne bei Spiegel online hervorgegangen.

Nun gut, zu München („stinkt“), Hannover („Am katastrophsten und saudoph“) und ein paar anderen Kommunen ist Gsella praktisch nichts eingefallen, was er freilich allemal durch Unverfrorenheit wettmacht. Doch es finden sich etliche … Weiterlesen

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Dortmund am See

Burg mit Schilf

Wenn das Schilf am Ufer höher steht, wird der See seinen endgültigen Pegelstand erreichen. Noch fehlen 20 Zentimeter.

Manchmal geht Strukturwandel so schnell, dass einem ganz schwindelig werden kann. Vor fünf Jahren bauten Hunderte chinesische Arbeiter ein Stahlwerk in Dortmund-Hörde ab, heute stählen Inlineskater ihre Waden bei der Fahrt um einen See, der die Industrievergangenheit des Geländes einfach weggespült hat.

Jeden Moment wird es nieseln. Der Himmel hängt wolkenlos grau-blau über Dortmund-Hörde, der Wind pfeift über die kahlen Hänge hinweg, auf denen an Werktagen Dutzende Bagger Erde verschieben – demnächst werden sie von Betonmischern und Kränen abgelöst. Später wird man versuchen, alle Fotos, die an diesem Tag entstanden sind, nachzuschärfen – doch die Diesigkeit lässt sich auch mit dem Computer … Weiterlesen

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Wrestling beim Wacken Open Air – Lesung beim Rock Hard Festival

Während das Wacken Open Air Wrestling ins Programm übernommen hat, versucht es das Rock Hard Festival mit Literatur. Am Pfingstwochenende stellen die beiden Autoren Christian Krumm und Holger Schmenk ihr Buch „Kumpels in Kutten – Heavy Metal im Ruhrgebiet“ den Festival-Besuchern im Gelsenkirchener Amphitheater vor. Ein guter Anlass, um mit Christian Krumm zu sprechen, der bereits an einem Buch über die Plattenfirma Century Media arbeitet.

Am Pfingstwochenende habt ihr vier Lese-Termine beim Rock Hard Festival. Das ist schon etwas Besonderes?

Christian Krumm: Definitiv. Es ist so etwas wie ein Ritterschlag, denn hier ist die Ruhrpott-Szene versammelt und somit gehören wir auch dorthin. Es ist ein einzigartiges Event und wir freuen uns sehr über diese Möglichkeit.

Hören die Metal-Fans in einem … Weiterlesen

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Immobilien-Theater – Raumfessel oder Trutzburg

Steht erst einmal ein Gebäude, kann dort kein anderes stehen. Eröffnet man zum Beispiel in diesem Gebäude ein Theater, kann man die folgenden Jahrzehnte kein anderes eröffnen. Da ist der geschlossene, umbaute Raum. Dort ist das Theater verortet, ob der Mensch will oder nicht.

Und im Innern, in den dunklen Räumen ohne Fenster arbeitet der Theatermensch, der Opernmensch oder an mancher Stelle auch der Tanzmensch an seinem Werk, umschlossen vom Schutzraum, der ihm es gestattet, ja gebietet, dort das Theater mit Leben zu füllen. Es hat also eine Adresse, für die Verantwortung getragen wird. Es wird Geld ausgegeben, damit die Kunst lebendig bleibt. Der Staat, das Land, die Stadt – sie sind die Ermöglicher und eine Immobilie zu betreiben, ist … Weiterlesen

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Zeche Carl feiert Evil Horde Metalfest – Ruhrpott-Metal kehrt zurück ins Kulturzentrum

Erstmalig findet das Evil Horde Metalfest in der Zeche Carl statt. Was in Oberhausen startete, wird damit nun in Essen-Altenessen fortgesetzt und der Ruhrpott-Metal erhält wieder Einzug an der Stelle, an der die Reise vor mehr als 25 Jahren begann. Am 14. Mai ist es soweit. Ab 15 Uhr lautet das Motto „Metal aus dem Ruhrgebiet – von Fans für Fans“. Neben Konzerten wird es auch Lesungen und Aktionen geben. Ein Gespräch mit Veranstalter Martin Wittsieker.

Martin Wittsieker

Martin Wittsieker

Wann und wie ist die Idee für das diesjährige und damit dritte Evil Horde Metalfest entstanden?

Die Idee entstand bereits 2007. Damals hatte Jens Basten von Night In Gales und ex-Deadsoil, die Idee, ein kleines Festival auf die Beine zu stellen, um … Weiterlesen

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Royal Wedding 2011 auch im Ruhrgebiet

Wer es noch nicht mitbekommen haben sollte: Heute heiratet in London die Nr. 3 der britischen Thronfolge (Prinz William) seine baldige Ex-Verlobte Kate, pardon: Katherine, Middleton.

Wer diese Tatsache in den vergangenen Tagen in den hiesigen Medien umgehen wollte, musste sich wirklich anstrengen, da landauf, landab in nahezu allen Medien darüber berichtet wurde (und jetzt auch hier in den Revierpassagen!). Wer sich beispielsweise die königliche Hochzeit im Fernsehen anschauen will, hat heute die Qual der Wahl, welchen Fernsehsender er dafür einschalten will, denn rund eine handvoll Sender senden parallel das selbe. Nur unterschiedliche Moderatoren und „Adelsexperten“ dürften für Unterschiede sorgen. Auch im Internet kann man the „Royal Wedding“ stilvoll begehen.

Wer jedoch eher auf das persönliche Erleben Wert legt (und … Weiterlesen

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Ein Kulturblog? Aber ja!

Herzlich willkommen bei www.revierpassagen.de

Wer gehört zum Autorenteam der „Revierpassagen“? Es sind weit überwiegend Journalistinnen und Journalisten mit langjähriger Erfahrung im Kulturbetrieb und speziellen Sparten-Kenntnissen. Die allermeisten leben im Ruhrgebiet oder haben hier längere Zeit gewohnt. So ergeben sich gewisse Schwerpunkte wie von selbst.

Die „Revierpassagen“ handeln also vom Ruhrgebiet („Revier“) und von Kultur, aber längst nicht nur davon.

Mit „Revier“ ist denn auch generell ein Gelände gemeint, durch das man Streifzüge unternehmen oder flanieren kann.

Im Wort „Passagen“ schwingt das Vorübergehen mit, letztlich auch das Vergängliche. Passagen von hier nach da, mal mit, mal ohne konkretes Ziel, doch mit möglichst offenen Sinnen. Text-Passagen können ebenfalls gemeint sein. Und wenn man ganz weit nach oben schaut, gibt es da als … Weiterlesen

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„Still-Leben“ auf der A 40: Utopie, Leute!

Man sage, was man will – übers „Still-Leben“ auf der A 40, an dem heute einige Hunderttausend Revierbewohner und ihre Gäste teilgenommen haben. Angeblich sollen es sogar fast 3 Millionen gewesen sein. Doch die genaue Zahl ist fast egal. Weitaus wichtiger ist dies: Es hatte durchaus mehr als nur einen Hauch von Utopie.

Das gesamte Spektrum der Bevölkerung war dabei, wenn auch vielleicht nicht im exakten demographischen Mischungsverhältnis, so doch in ganzer Tiefe und Breite.

Wie all diese Menschen für einen halben Tag den Straßenraum eingenommen haben, der sonst dem dröhnenden (oder gestauten) Motorverkehr vorbehalten ist! Und wie friedlich dies alles war! Wie viele Formen des Schöpferischen da zum Tragen kamen! Wie viele Leute da gesungen, gesummt, gelacht oder stillvergnügt … Weiterlesen

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Guido und das Grubenpferd quälen das Ruhrgebiet

Es wird mal wieder höchste Zeit für eine kleine kulturhauptstädtische Nestbeschmutzung. Diesmal geht’s um die manchmal unscheinbaren, beim ersten Hinhören halbwegs harmlos klingenden, doch im Grunde reichlich bescheuerten Ausgeburten der Sprach- und Lifestyle-Designer.

Gut möglich, dass häufig auswärtige Agenturen oder sonstige „Kreative“ zum Zuge kommen, die unser Leben im Revier noch cooler ausschildern sollen – sicherlich stets im Vollgefühl vermeintlich avancierter Zeitgeistigkeit. Oder wissen sie etwa zynisch genau, dass sie uns nur die Brosamen ihrer Brainstormings hinstreuen?

Nicht nur in dieser Hinsicht ist der idr-Pressedienst des RVR (Regionalverband Ruhr) eine verlässliche Fundgrube. Die getreulichen Essener Chronisten verzeichnen allwochentäglich aktuelle „facts und events“ aus der Möchtegern-Ruhrstadt. Zuweilen sind es bloße Peinlichkeiten, die allerdings nie als solche erscheinen dürfen. Da sei der … Weiterlesen

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Ruhrgebiet: Kurios, kriminell oder mit Kick – einige Neuerscheinungen über die Region

Jede Wette: Schon im Vorfeld der Kulturhauptstadt 2010 schwillt die Zahl der Bücher übers Ruhrgebiet kräftig an. Hier ein kleiner Vorgeschmack mit Neuerscheinungen – vom Krimi bis zum Bildband. Auch ein paar Flops sind dabei.

• Nobert Golluch: „Alles über das Ruhrgebiet“ (Komet-Verlag, 192 S., 4,95 Euro) Der Titel ist frech gestrunzt. Mit etwas Geschick könnte man sich via Internet-Suche solche mehr oder weniger kuriosen Daten- und Fakten-Listen über die Region rasch selbst zusammenstellen. Revier-Kenner finden zudem auf Anhieb Fehler. Ein etwas schludriges Billigbuch.

• „Ruhrkraft. Eine Region auf dem Weg zur Weltspitze“ (Hoffmann & Campe, 175 S., 12,95 Euro) Hier geht’s regionalfromm zu – mit vorwiegend zukunftsfrohen Sonntagsreden aus Industrie, Kultur, Sport und Politik. Letztere sind nach üblichem Parteien-Proporz … Weiterlesen

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