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Monatsarchive: Dezember 2011
Orakel 2012: Die nähere Zukunft des Ruhrgebiets
„Was wird sein?“ fragt der Flaneur den Sesshaften. Der schaut sein Rotweinglas an, nimmt einen Schluck und vertieft sich in das Orakel eines Chateau Lafite Rothschild 1986 OWC und spricht mit tiefer Stimme: „Der Dortmunder Trinkerraum – vormals Saufraum – wird trockengelegt. Eine Sozialarbeiterin aus dem Süden Europas vollbringt das Wunder und bringt die Trinkergemeinschaft dazu, dem Alkohol abzuschwören. Die Nordstadt wird eine Domäne der Abstinenz. Die Ruhrtourismus GmbH verpasst wieder einmal die Chance, Schnäpschenangebote zu machen.
„Das ,U‘ nimmt weise Tauben auf“, flüstert der Seher in mein Ohr. „2012 wird die Taube wieder in den Turm einziehen und den Frieden auf Erden verkünden. In der Kathedrale finden regelmäßig Betstunden statt und der Papst hat für 2023 sein Kommen angekündigt. … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Glaubensfragen, Region Ruhr, Utopien
Verschlagwortet mit 2012, Prognose, Prophetie, Weissagung
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Befreiung oder Verhängnis: Oper vs. Ehetrott in Peter Henischs neuem Roman
Der neueste Roman des österreichischen Schriftstellers Peter Henisch, „Großes Finale für Novak“, beginnt, ehe er beginnt, mit einem Bilderrätsel auf dem Schutzumschlag.
Eine requisitenhafte Amsel mit ihrem zu Gesang aufgesperrtem Schnabel, eine wie schussbereit von uns Betrachter…n abgewandte, aber irgendwie zielgerichtete Pistole – und eine Musikkassette, deren Bandaufspulung (fortan unabspielbar) aus dem Gehäuse herausgedröselt worden ist, bilden insgesamt eine Art Girlande, ein kunstvoll arrangiertes schwarzes Gebinde um das Blockbuchstabenzentrum herum, nämlich den Autorennamen, den in große rote Lettern gesetzten Romantitel und die Gattungsbezeichnung Roman, wodurch einerseits eine Inschrift, gleichsam wie auf einem Grabstein, assoziiert werden kann und andererseits in Folge der luftschlangenhaften Umrahmung sich etwas Theaterhaftes, Karnevaleskes, Silvesterscherzartiges anzukündigen scheint.
Was hat es mit der requisitenhaften Amsel und der requisithaften … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Liebesleben, Literatur, Oper & Ballett
Verschlagwortet mit "Großes Finale für Novak", Peter Henisch
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Von der Schönheit zum Schrecken: Die Deutschen und ihr Wald
Der deutsche Wald ist mehr als die bloße Summe seiner Bäume. Mit 800.000 Beschäftigten und 108 Milliarden Euro Umsatz ist er ein riesiger Wirtschaftszweig und ein Wunderwerk der Ökologie. Vor allem aber ist er ein Ort der Mythen und Märchen, der Freizeitgestaltung und Kunstbetrachtung, der nationalen Selbstvergewisserung und Verblendung.
Seit Heinrich von Kleist die „Hermannsschlacht“ im Teutoburger Wald zur Geburtsstunde deutscher Größe und Widerstandskraft stilisierte, seit die feingeistigen Romantiker mit des „Knaben Wunderhorn“ sehnsuchtsvoll seufzten und unter grünen Bäumen Geborgenheit suchten, hat der deutsche Wald symbolische und spirituelle Kraft. Dass er auch politisch und ideologisch aufgeladen ist, wissen wir nicht erst seit … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Geschichte, Gesellschaft, Kunst & Museen, Natur Klima Umwelt, Stadt Land Fluss
Verschlagwortet mit Berlin, Deutsches Historisches Museum, DHM, Wald
Ein Kommentar
Das Paradies liegt irgendwo bei Herne
Jetzt habe ich also zum Fest die 4er-CD mit dem fast kompletten Liedschatz des gerade verstorbenen Franz-Josef Degenhardt geschenkt bekommen, und da muss ich doch unserem Vorarbeiter Bernd Berke danken. Der hat mich nämlich mit seinem Kommentar erst auf diese Wunsch-Idee gebracht.
Natürlich lagen Heiligabend sofort die „Schmuddelkinder“ auf dem Plattenteller, aber besonders viel Erinnerungs-Spaß brachte uns der „Tonio Schiavo“, weil nämlich ein Teil der Familie aus Herne stammt, und wie heißt beim italienischen Gastarbeiter Tonio der Refrain so schön? „Er kam aus der Ferne ins Paradies, und das liegt irgendwo bei Herne“.
Väterchen Franz und sein beißender Spott, er wirkt fast zeitlos.
… Weiterlesen
Veröffentlicht unter Gesellschaft, Musik & Konzert, Region Ruhr
Verschlagwortet mit Degenhardt, Gastarbeiter, Herne
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Das Team der Revierpassagen wünscht frohe Festtage
Veröffentlicht unter Glaubensfragen, Kinderzeiten
Verschlagwortet mit Heiligabend, Weihnachten
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Weihnachtsgeschichte eines Familienmenschen
Heute ist schon der 22. Dezember. Es wird eng. Auf, glückliche Fügung, ich geb dir noch 48 Stunden. Mach hinne.
Wie jedes Jahr, wenn Weihnachten in die Zielgrade geht, beginne ich mein vorweihnachtliches Telefon-Anstarren. Durch regelmäßige eindringliche Blicke versuche ich es in Gang zu setzen: Klingeln sollst du. KLINGELN! Schweigen. Wann immer ich die Wohnung betrete, frage ich meinen Anrufbeantworter, ob er mir nichts zu sagen hat. Hat er nicht – zumindest nicht das, was ich hören will.
Die hartnäckige Maulfäule der Telefone, die den Rest des Jahres fast unausgesetzt irgendwelche Töne absondern, gibt mir immerhin Gelegenheit zum Träumen. Ich stelle mir den ersehnten Anruf einfach schon mal vor. Er geht ungefähr so: Liebes Kind. Du musst jetzt ganz stark … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Scherz, Satire, Ironie, Utopien, Wahnwitz
Verschlagwortet mit Familienbande, Heiligabend, Weihnachten
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Voerde oder Voerde? Das Navi weiß den Weg (nicht)
Hier mal ein kleiner Exkurs über die Tücken der Navi-Geräte in modernen Autos: Voerde ist ein Ortsteil der Stadt Ennepetal und hat einen großen Sportverein, die Turngemeinde Voerde, und darin eine recht erfolgreiche Basketballabteilung.
Als kürzlich eine Mannschaft aus Münster in Voerde antreten sollte, da fehlte zum Anwurfzeitpunkt das halbe Team aus der westfälischen Metropole. Dieser Teil hatte nämlich vor der Abfahrt brav den Ortsnamen Voerde ins Navi eingegeben und war folgerichtig in der Stadt Voerde am Niederrhein gelandet. Für die Weiterfahrt nach Ennepetal war es zu spät, und dementsprechend gingen die Punkte kampflos an die richtigen Voerder.
So ein Irrtum im Freizeitbereich ist ja noch zu verkraften, aber richtig ärgerlich wird es für LKW-Fahrer, … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Netzwelten, Region Ruhr, Stadt Land Fluss
Verschlagwortet mit Münster, Navis, Voerde
Ein Kommentar
Siegfried Lenz: Gaukelspiel der Masken
Nachdem das Unwetter sich gelegt hat, liegt ein metallgrauer Container am Strand der kleinen Nordsee-Insel. Der Container, im Sturm über Bord gegangen, muss auf einem Schiff nach Hamburg unterwegs gewesen sein: Adressat ist das Museum für Völkerkunde der Hansestadt. Einige Neugierige brechen die Fracht auf, finden darin Masken verschiedener Tiere. Hier die Maske eines Frosches, dort die eines Bären, einer Ente, eines Schweins, eines Tigers oder eines Drachen.
Als die Menschen, wie eigentlich an jedem Abend, in der Inselkneipe „Blinkfeuer“ gemütlich beisammen hocken, fangen einige der angetrunkenen Gäste an, sich die erbeuteten Masken aufzusetzen. Aus einer spontanen Laune heraus nimmt so ein seltsames Experiment seinen Lauf. Denn die Menschen haben ihre Gesichter zwar hinter den Papier-Masken verborgen, sie lassen aber … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Literatur
Verschlagwortet mit Die Maske, Siegfried Lenz
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„La Traviata“ in Gelsenkirchen: Von der Unbarmherzigkeit der Menschen
Wie vor einer Aussätzigen wechselten die Menschen die Straßenseite, wenn Giuseppina Strepponi durch das norditalienische Städtchen Busseto ging. Niemand sprach mit ihr, aber alle über sie: Über die Sängerin mit diversen Affären und drei unehelichen Kindern, die an Schwindsucht litt und ohne Trauschein mit dem Komponisten Giuseppe Verdi zusammen lebte. Vielleicht war sie „die wahre Traviata“, wie Gaia Servadio in seiner gleichnamigen Biographie behauptet. Die unbarmherzige Härte der bürgerlichen Gesellschaft bekam die Strepponi jedenfalls zu spüren.
Um diese Grausamkeit geht es Gelsenkirchens Opernintendant Michael Schulz, der die Titelheldin aus Verdis „La Traviata“ in seiner jüngsten Inszenierung gleichsam von Schuld freispricht. Fragwürdig erscheint ihm … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Oper & Ballett
Verschlagwortet mit Gelsenkirchen, Michael Schulz, MiR, Neue Philharmonie Westfalen
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Allen Krisen zum Trotz: Jürgen Habermas will das Projekt Europa retten
Die Euro-Krise scheint kein Ende zu nehmen. Die zögerlichen und halbherzigen, oft populistischen Reaktionen der Politik lassen ein Scheitern des europäischen Projekts als reale Möglichkeit erscheinen. Da kommt ein Buch von Jürgen Habermas gerade recht. Der bekannteste lebende Philosoph Deutschlands – wenn nicht sogar der ganzen Welt – hat einen Essay („Zur Verfassung Europas“) geschrieben, mit dem er in die Debatte um die Zukunft des Kontinents eingreifen und der sich ausbreitenden Europa-Skepsis einen philosophischen Antikrisenplan entgegensetzen will.
Wenn allerdings „Die Zeit“ meint, es sei „das Buch der Stunde“, werden falsche Erwartungen geweckt: Denn Habermas gibt keine Handlungsanweisung zur Rettung des angeschlagenen Euro. Es geht ihm nicht um Rettungsschirme oder Eurobonds, sondern, im doppelten Sinne, um die Verfassung Europas: Wie haltbar … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Gesellschaft, Philosophie, Politik und so
Verschlagwortet mit Euro-Krise, Europa, Jürgen Habermas
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Lob des Scheibenwischers
An einem solchen Regentag *** kann man glatt drauf kommen: Es gibt Dinge, die offensichtlich nicht mehr wesentlich zu verbessern sind. Seit etlichen Jahrzehnten, ja in diesem Falle seit über einem Jahrhundert, sind sie weitgehend gleich gelieben. Hier reden wir nicht vom Rad, sondern vom Scheibenwischer.
Eigentlich eine simple, altmodisch anmutende Sache. Mechanisch, in stupiden Wiederholungsmustern gefangen, wenn auch inzwischen mit Regensensor versehen und raffinierter geschaltet als früher, nämlich in vielfältigen Intervallen. Aber ansonsten sieht er beim Billigauto ähnlich aus wie beim luxuriösen Fahrzeug. Fast schon gleichmacherisch.
Nur ein bisschen schade, dass seine knarzende und klackernde Verwandtschaft verschwunden ist – die Kurbel, mit der man die Scheiben herauf und herunter gedreht hat; der Winker, der längst durch den schnöden … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Alltag, Warenwelt & Werbung
Verschlagwortet mit Blinker, Mary Anderson, Scheibenwischer, Winker
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Piccoli als Papst: Man muss wohl etwas katholisch denken
Ein Film, der mit einer Beerdigung beginnt – das ist normalerweise ein „Tatort“. Bei „Habemus Papam“ wird jedoch ein Papst beerdigt, und zwar Johannes Paul II. Die bekannten Dokumentaraufnahmen führen in einen Spielfilm ein, in dem es um einen fiktiven Papst geht, der von den Kardinälen im Konklave gewählt wird, der sich aber vor der Größe der Aufgabe fürchtet und flieht. „Ein Papst büxt aus“ heißt deshalb in Deutschland der (misslungene) Nebentitel.
Michel Piccoli spielt diesen erwählten alten Kardinal Melville, und natürlich spielt er ihn sehr gut. Das jedoch reicht leider nicht, um die etwas eindimensionale Geschichte über mehr als 100 Minuten zu tragen. Liebe und Sex und Kinder und alle daraus möglicherweise resultierenden … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Glaubensfragen, Kino, Psychologie
Verschlagwortet mit Italien, Papst, Piccoli, Vatikan
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Sechs Hinweise zum Fest: Was man ganz früher einmal „Das gute Buch für den Gabentisch“ genannt hat
Hui, hier kommen in jahreszeitlich üblicher Eile noch ein paar Hinweise auf Bücher, die sich (auch) als Weihnachtsgeschenke eignen. Den gereckten Daumen oder alberne Punktwertungen schenken wir uns – wie immer. Und überhaupt…
Unsterbliche Verse Wenn man Ströme und Strömungen der europäischen Lyrik zurückverfolgt, so gelangt man früher oder später auch an diese ewig frische Quelle: Francesco Petrarcas Gedichtsammlung „Canzoniere“. Jetzt ist eine neue Auswahl der unsterblichen Verse erschienen, die um die zwischen Hoffen und Bangen geliebte Laura kreisen. Karlheinz Stierle hat in seiner Übersetzung versucht, den Reimen so gut zu folgen, wie es im Deutschen nur irgend geht. Eine Herkulesaufgabe, deren Resultat freilich leichthändig wirken muss. Die zweisprachige Ausgabe ziert jede gute Bibliothek. (Insel Verlag, 274 Seiten, 24,90 Euro).… Weiterlesen
Veröffentlicht unter Buchmarkt & Lesen, Literatur, Region Ruhr
Verschlagwortet mit A. F. Th. van der Hejden, Hanns-Josef Ortheil, Italo Svevo, Jan Zweyer, Petrarca, Tomi Ungerer
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„Dies Scheusal hier – ist ein Vampyr“: Vor 150 Jahren starb der Komponist Heinrich Marschner
Der Vater ist verzweifelt. Die Tochter, jung, frisch verliebt, ist durchgebrannt. Abgehauen mit ihrem Liebhaber. Mitten in der Nacht. Man geht auf die Suche. Im einsamen Wald findet sich eine Spur. Fackeln, ein Schrei, und nacktes Entsetzen: Das Mädchen liegt leblos an einer Höhle. Am Hals eine blutige Spur. Die Männer im Suchtrupp wissen: „Sie ward zum Opfer dem Vampyr“ …
So dramatisch geht es zur Sache in Heinrich Marschners Oper „Der Vampyr“. Drei Opfer muss der elegante Blutsauger binnen 24 Stunden zu Tode beißen, damit ihm die Hölle Fristverlängerung gewährt. Schafft er es? Das ist die bange Frage. Am Schluss überstürzen sich die Ereignisse. Eine Hochzeit wird verhindert, ein Schwur … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Lebenswege, Musik & Konzert, Oper & Ballett
Verschlagwortet mit Der Templer und die Jüdin, Der Vampyr, Hans Heiling, Heinrich Marschner
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Die 10 Millionen-Euro-Versuchung für Hagen: „Christie’s“ will Hodlers „Der Auserwählte“
Nun erwarte ich gespannt, was sich Jörg Dehm und Kolleginnen und Kollegen in ihre Sinne kommen lassen, wie sie denn mit dem unmissverständlich bekundeten Interesse von „Christie’s“ an Ferdinand Hodlers „Der Auserwählte“ umgehen wollen. Taxierte 10 Millionen Euro ist dem Londoner Auktionshaus das Bildnis wert, Hagens christdemokratischer Oberbürgermeister Dehm gerät vollends in Wanken und stubst die Chefs der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen kräftig an, dass sie mit im Gleichtakt wanken. 10 Millionen Euro, das wäre mal ein Wort fürs finanzgestresste Hagen.
Schon fühle ich mich an meine düsteren Gedanken mit schwacher Vision für eine nennenswerte Zukunft lokaler Kultur erinnert. Einst wollte ein gewisser Karl-Ernst Osthaus mit dem „Hohenhof“ ein Gesamtkunstwerk erschaffen, und sorgte gemeinsam mit dem Architekten Henry … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kunst & Museen, Politik und so, Wahnwitz, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit "Der Auserwählte", Christie's, Hagen, Hodler, Hohenhof, Jörg Dehm, Osthaus
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Treffsicher: Valentin-Preis an Helge Schneider
Wenn jemand einen Preis dieses Namens verdient, dann er: Helge Schneider. Er wird im Januar mit dem „Großen Karl-Valentin-Preis“ ausgezeichnet, darf sich der höchst treffsicheren Worte des Laudatoren Alexander Kluge ausgesetzt sehen und wird vermutlich mit Karl Valentin insgeheim einer Meinung sein: „Der nimmt das viel zu ernst!“ Gemeint ist mutmaßlicherweise der Kluge, dessen Name ihm als zu programmatisch erscheinen dürfte.
Er ist Helge Schneider aus Mülheim an der Ruhr, ein überzeugter Anarchist, ein Jongleur mit Wörtern, deren Sinn manche niemals, viele erst später und wenige sofort und gern durchschauen. Er ist Helge Schneider, einzig wahrer Bruder in der Gesinnung des großen Karl Valentin, der enormen Wert … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kleinkunst & Comedy, Scherz, Satire, Ironie, Wahnwitz
Verschlagwortet mit Helge Schneider, Karl Valentin, Valentin-Preis
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Enzensberger und die Luxusuhren
Hans Magnus Enzensberger ist allzeit ein federführender Intellektueller gewesen, der uns allen meist zwei bis fünf Drehungen voraus war. So einen, der auch im leuchtenden Jahr 1968 zur schreibenden Avantgarde gezählt hat, wünscht man sich gleichsam rein, möglichst ohne Fehl und Tadel. Ach, wie naiv!
So kommt es einer gelinden Irritation gleich, wenn man jetzt auf jene mit goldenem Krönchen verzierte Anzeige stößt: HME gibt sich dafür her, die Uhrenmarke Rolex im Gespräch zu halten.
Nein, ich möchte nicht all die Goldkettchen-Typen kennen, die sich ein Produkt dieser Firma ums Handgelenk winden.
Rolex gibt sich die Ehre, jeweils einen Mentor und einen Meisterschüler miteinander zu koppeln und zum fruchtbaren Dialog anzuregen. … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kultur an sich, Warenwelt & Werbung
Verschlagwortet mit Brian Eno, Enzensberger, Mario Vargas Llosa, Rebecca Horn, Rolex
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„Die Fledermaus“ in Essen: Pläsier ohne Sprengsatz
Welch rauschende Party! Für das Vergnügen seiner Gäste hat Prinz Orlofsky keine Mühen und Kosten gescheut. Da gibt es ein Live-Orchester, einen künstlichen Sternenhimmel, ein Riesen-Roulette, edlen Stuck, blitzende Spiegel, funkelnde Diskokugeln. Sogar ein Feuerwerk lässt der generöse Gastgeber zünden. Zu sehen ist dies alles auf der Bühne des Essener Aalto-Theaters, wo Gil Mehmert es in seiner neuen Inszenierung der Strauß-Operette „Die Fledermaus“ mächtig krachen lässt.
Der in Herten geborene Regisseur, der seit 2003 Professor im Studiengang Musical an der Essener Folkwang Universität ist und für die Eröffnungsshow der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 verantwortlich zeichnete, serviert das sprühende Meisterwerk … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Musik & Konzert, Oper & Ballett
Verschlagwortet mit Aalto-Theater, Alexandra Reinprecht, Die Fledermaus, Essen, Gil Mehmert, Peter Bording, Stefan Soltesz, Strauß
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Bosse in Dortmund: Romantische Rampensau
„Wie heisst der eigentlich mit Vornamen? – Axel! Axel? Wie unsexy! Aber ich kann ihn doch sicher Aki nennen? – Nenn ihn einfach Bosse, das ist ihm am liebsten. Selbst seine Band nennt sich ja so.“ Soweit der Dialog zweier weiblicher Fans. Axel Bosse wird es verschmerzen können. Es darf getrost vermutet werden, dass „sexy sein“ nicht seine höchste Priorität ist. Wo seine Leidenschaft liegt, demonstrierte er mit einem sehr gelungenen Konzert im Dortmunder Freizeitzentrum West. Die beiden Mädels dürfte es über den unsexy Vornamen hinweg getröstet haben.
Das FZW Dortmund hat in diesem Jahr mehr als einmal gutes Gespür bewiesen und Bands an der Schwelle zum Erfolg verpflichtet. Am Vorabend der 1Live-Krone gab es das bereits zweite Konzert von … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Musik & Konzert, Rock & Pop
Verschlagwortet mit Bosse, Dortmund, FZW, Musik & Konzert
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Trübe Gedanken im Dämmerlicht: Die Kultur und die Ruhe vor dem Sturm
Wer genau in die Gespräche hört, die Kulturpolitiker führen, die Finanzpolitiker führen, die Politiker ganz allgemein führen, der bekommt ohne Schwierigkeiten mit, dass wir uns im Auge eines Orkans befinden, der nicht nur dazu in der Lage ist, die Kultur aus der Fläche in der Republik zu radieren, sondern uns auf Jahre die Kultur zur gleichermaßen kostbaren wie kostspieligen Privatsache zu machen, die öffentliche Hand von dieser Infrakstruktureinrichtung komplett zwangszubefreien und sie denen zu überlassen, die noch mit ausreichend Finanzmitteln ausgestattet sind, sich solches Luxusgut leisten zu können. Einzelne Mäzene werden wieder an die Stelle des Staates treten, es bleibt deren gnädiger Spenderhand überlassen, welchem Kulturgut sie ihre finanzielle Gunst widmen.
Gerade einmal Bildung und ihre möglichst breite Wirkung ist … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Kultur an sich, Politik und so, Wirtschaft & Geld
Verschlagwortet mit Kulturpolitik
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Das Testament
Erinnern Sie sich an die Kulturhauptstadt?
Es ist erst ein Jahr her, als die letzten Veranstaltungen in den Schnee gesetzt wurden. Eitel Sonnenschein war es nicht, aber für viele Eingeborene im Tal der 53 Kommunen waren die Gipfel der Metropolenträume durch den seichten Nebel immerhin sichtbar. Die Leuchttürme blinkten Zuversicht. Man feierte und pappte sich Buttons ans Revers, besetzte die A40 und schickte gelbe Luftballons ins All, die Kunde tun sollten von der Überwindung der post-industriellen Depression. Die Beauftragten standen an den Fenstern ihrer Verwaltungs-zentren und malten ein wolkiges „Wir“ an die angehauchten Scheiben.
Ein Jahr ist es erst her, das Ende des Jahres der Erbauung, der singenden Massen, der lokalen Helden, der Umarmungen von Vergangenheit mit … Weiterlesen
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Der RVR und die koordinierte Kultur
Heute verscherze ich’s mir mal mit – nun? – dem Regionalverband Ruhr (RVR). Und zwar so:
Der RVR-Presseservice (idr = Informationsdienst Ruhr) hat heute eine nichtssagend gravitätische Mitteilung versandt, die besagt, dass das „Erbe“ der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr (Ruhr 2010) nunmehr gesichert sei.
Da möchte man doch auftamen.
Dann freilich liest man, dass just der RVR den (Zitat) „Staffelstab“ übernehmen wird, um die „nachhaltige Entwicklung von Netzwerken und Projekten“ der gewesenen Kulturhauptstadt sicherzustellen.
Auch ist die gestanzte Rede von der neuen Programmsäule namens „Künste im urbanen Raum“, die vor allem auch Exzellenzprojekte anstoßen soll.
Eingebunden sind die Kultur Ruhr GmbH, die Ruhr Tourismus GmbH und das European Center für Creative Economy (ECCE). Hört sich gewaltig an, wenn … Weiterlesen
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Zappa, Varèse, Cage: Alarmsirene schallgedämpft
Rückschau: Das Ensemble musikFabrik spielte Zappa, Varèse und Cage in der Essener Philharmonie
Von „ernster Musik“ zu sprechen, klingt bei Frank Zappa ulkig. Doch hat er, der die Saiten so anzuschlagen verstand, als handele es sich bei jedem Ton um eine Parodie des Rock-Gitarrenspiels, längst seinen Platz unter den Klassikern des 20. Jahrhunderts erobert. Wenn Zappa auf der Bühne auch gern als Komiker improvisierte – die Aufführungen seiner Werke überwachte er stets mit der Strenge eines Perfektionisten. Und sein Album „Does Humor Belong in Music?“ formuliert, nicht nur auf seine Musik bezogen, eine viel diskutierte Sorge.
Wer die Zappa-Stücke, die kürzlich in der Philharmonie Essen aufgeführt wurden, aus den Konzert-Videos der Mothers of Invention kennt oder wer Zappa auf der … Weiterlesen
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Winkelmanns Theaterreise ins Dortmunder U
Die Geschichte des Dortmunder U als Kreativzentrum ist bislang keine ruhmreiche: Erst das ewige Hin und Her um das Konzept, bevor die Fördergelder überhaupt flossen, dann zahlreiche Teileröffnungen, steigende Baukosten, Verzögerungen und das Gefühl, es noch immer mit einer Baustelle zu tun zu haben.
Regisseur Adolf Winkelmann („Contergan“) steckte dank seiner „Fliegenden Bilder“, die nun direkt unter dem goldenen U leuchten, mittendrin im Chaos – und hat seine schrägen Erfahrungen nicht nur in ein Buch, sondern auch in sein erstes Theaterstück gegossen. „Winkelmanns Reise ins U“ feierte im Dortmunder Schauspiel Uraufführung.
Nach den vielen Skandalen um das Dortmunder U wäre vieles möglich gewesen: Ein trockener Einblick in die Wirklichkeit, eine bitterböse Abrechnung, auch eine Selbststilisierung. Es spricht für Adolf Winkelmanns … Weiterlesen
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Kleine Stadt und große Namen
Dieser Blog heißt ja im Untertitel „Kultur und mehr im Ruhrgebiet“, und deshalb soll hier einmal auf eine erstaunliche Einrichtung am Rande des Reviers hingewiesen werden: In der Kleinstadt Ennepetal im Süden des Ruhrgebiets, fast schon im Sauerland, gibt es eine „Kulturgemeinde“, die mit fast 2.000 Mitgliedern und einer fünfstelligen Besucherzahl im Jahr in einem ungewohnten Verhältnis zur Größe der Stadt steht.
Der inzwischen pensionierte Lehrer Hartmut Köhler hat die einst kleine Gruppe groß gemacht, indem er meist prominente Referenten oder Musiker in seine „Gemeinde“ holte und dort bei freiem Eintritt auftreten ließ. Nur von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an den Ausgangstüren wird diese Arbeit finanziert.
Lew Kopelew und Gerd Ruge, Martin … Weiterlesen
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Nigel Kennedy: Faxen mit Vivaldi
Nigel Kennedy und Vivaldis „Vier Jahreszeiten“: Für die Anhänger der „historisch informierten“ Aufführungspraxis war das schon 1989 indiskutabel, als der Brite mit seinem Drei-Millionen-Album eine frech-unbekümmerte Deutung auf den Markt warf. Den Geiger mit dem Drei-Tage-Bart, den rasierten Schädelseiten und den edlen Schlabberklamotten interessiert wenig, was Wissenschaftler und forschende Kollegen aus alten Autographen herauslesen. Er versteht sich als ein genuiner Musiker und begründet in diversen Interviews mit gar nicht so schlechten Argumenten, warum er sich um eine philologisch korrekte Lesart und Spielweise nicht kümmert.
Jetzt setzt der Geigen-Punk noch eins drauf: Vivaldi nicht einmal mehr mit dem „klassischen“ Instrumentarium, sondern mit Konstellationen, die aus Jazz und Rock kommen. Mit Elektrogeige, Drums und gestopfter Trompete, Schlagzeug, E-Bass und Computereinsatz. Mit seinem … Weiterlesen
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