Im Land der schönen Stadttheater – Bildband präsentiert Spielstätten des Reviers

„Theaterszene Ruhr“ steht auf dem Buchdeckel, und „Einblicke in die Theaterwelt“. Das Fotobuch im A-4-Querformat zeigt den Zuschauerraum eines Großen Hauses, Festspielhaus Recklinghausen, Ruhrfestspiele. Dieses Foto ist, wenn man einmal so sagen darf, das einzig ehrliche an dieser Titelseite. Denn weder geht es um Theaterszene noch um Theaterwelt (was wäre übrigens der Unterschied?); es geht um die Theater, die real existierenden Bauwerke.

Titel des besprochenen Buches. (Foto: Fabian Linden / Repro rp)

Fabian Linden, Fotodesigner, Jahrgang 1959, hat zwischen Moers und Dortmund Spielorte fotografiert, Innenräume vorwiegend aus der Zentralperspektive, dazu stets ein, zwei Gebäudedetails und einzelne Menschen, die in diesen Theatern arbeiten: Garderobiere, Beleuchter, Dramaturgin, Puppenspielerin, Korrepetitor und so weiter. Ab und an ergänzen gut gesehene Details die Präsentationen der … Weiterlesen

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Aus dem Leben gerissen: Klavier-Festival-Intendant Franz Xaver Ohnesorg ist tot

Franz Xaver Ohnesorg, + 14. November 2023. (Foto: Mark Wohlrab)

„Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen“:  Der alte gregorianische Choral hat sich bitter bewahrheitet, als am Morgen des 15. November die schockierende Nachricht eintraf: Franz Xaver Ohnesorg, Intendant des Klavier-Festivals Ruhr, ist tot.

Man kann es kaum fassen, es dringt erst allmählich vom Verstand ins Herz vor: Der dynamische 75-Jährige, vor zehn Tagen noch brillant plaudernder Moderator einer Benefiz-Jazz-Gala in Duisburg zugunsten der Stiftung Klavier-Festival Ruhr, soll nicht mehr unter uns sein? Kein melodisches „Ohnesorg“ mehr am Telefon, kein charmanter Gastgeber mit der obligatorischen Fliege für sein kommendes, den Abschied vom Klavier-Festival markierendes Benefizkonzert in Essen, zu dem er noch einmal Musiker aus der Elite der Weltkünstler … Weiterlesen

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Gehen und Innehalten – Peter Handkes „Ballade des letzten Gastes“

Aus gänzlicher Fremde, wieder aus einem anderen Erdteil kommend, kehrt ein Mann namens Gregor – wie alljährlich zuvor – für eine Woche heim. Taufpate des Sohnes seiner Schwester soll er diesmal werden.

Was gibt es noch am einst heimischen Ort, was und wen kennt er noch? Nur noch Bruchstücke. Die frühere Dorflandschaft ist längst Teil einer gestaltlos ausufernden städtischen Agglomeration.

Unterwegs erhält Gregor die Nachricht, dass sein jüngerer Bruder, ein Söldner, gestorben sei. Er verschweigt es seiner Familie, erst kurz vor Gregors Abreise erfährt es wenigstens die Schwester.

Überaus sorgsam und skrupulös registriert der Heimkehrende jede Kleinigkeit, jeden Vorgang am Wegesrand. Mit Ungeduld darf das jedenfalls nicht gelesen werden. Sonst müsste man das Buch alsbald beiseite legen. Passender wär’s, man … Weiterlesen

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Violinspiel wie von einem anderen Stern: Eine Woche mit der Geigerin Hilary Hahn im Konzerthaus Dortmund

Hilary Hahn durfte als „Curating Artist“ ihr eigenes Festival im Konzerthaus Dortmund gestalten. Eine Woche lang trat sie dort täglich auf, mit wechselndem Programm. (Foto: Petra Coddington)

Sie ist zweifache Mutter, dreifache Grammy-Preisträgerin, 43 Jahre alt und fraglos eine der besten Geigerinnen unserer Zeit. Die Amerikanerin Hilary Hahn erreicht in ihrem Violinspiel eine Perfektion wie von einem anderen Stern. Zugleich ist sie das Gegenteil einer hochglanzpolierten Künstlerin: Sie präsentiert sich nahbar und erstaunlich ungeschminkt. So auch im Konzerthaus Dortmund, wo sie als „Curating artist“ ihr eigenes Festival gestalten durfte: „Hilary Hahn & friends“.

Den Freibrief, den das Konzerthaus ihr für diese Woche ausstellte, nimmt sie als Gelegenheit, um mit Freunden zu musizieren und Neues auszuprobieren. Auch eine öffentliche Meisterklasse ist … Weiterlesen

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Vom Pasta-Rezept zur Bellini-Oper und zurück

Im Entstehen begriffen: das erwähnte Pasta-Rezept mit Penne Rigate. (Foto: BB)

Zufälle gibt’s! Beispielsweise solche, die sich zwischen Kulinarik und Opernwelt begeben.

Der Reihe nach: Wir haben ein Rezept ausprobiert, es trägt den Titel „Sizilianische Pasta mit Ricotta und Auberginen (alla Norma)“ und soll hier selbstverständlich auch sogleich verlinkt werden. Damit niemand sagen kann, er/sie sei um den Genuss gebracht worden.

Ich will aber auf etwas anderes hinaus. Warum trägt das Gericht eigentlich die Zusatz-Bezeichnung „alla Norma“? Dazu verzeichnet Wikipedia zwei Erklärungsversuche. Der eine besagt, ein sizilianischer Koch sei vor Zeiten so begeistert gewesen, dass er die Pasta-Variation nach der Oper „Norma“ des ruhmreichen Komponisten Vincenzo Bellini benannt habe, der just in Catania (Sizilien) geboren wurde. Die zweite Version klingt … Weiterlesen

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Fleisch und Geist: Dortmunder Festival „Klangvokal“ geht zurück zu den Anfängen der Oper

„Vox Luminis“ im Reinoldihaus Dortmund beim Festival „Klangvokal“. (Foto: Klangvokal)

Das Festival „Klangvokal“ in Dortmund pflegt über seinen Schwerpunkt im Mai/Juni hinaus eine Serie von Konzerten über das ganze Jahr hinweg. Letzter Höhepunkt war eine halbszenische Aufführung von Emilio de‘ Cavalieris „Rappresentatione di Anima, et di Corpo“. Damit geht das Musikfestival an den Anfang der Operngeschichte zurück.

De‘Cavalieri, ein hochgebildetes Multitalent, schrieb das allegorische Spiel im Jahr 1600 für die Bruderschaft des heiligen Filippo Neri in Rom. Jacopo Peri, der gemeinsam mit seinem römischen Kollegen mit seiner „Euridice“ am Ursprung der Oper steht, rühmt die „wundervolle Erfindungsgabe“ der Musik. In Dortmund sorgte das Ensemble „Vox Luminis“ mit einem vielfarbigen Instrumentarium nicht nur für beredte Rhythmen und variablen Klang, sondern vor … Weiterlesen

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„Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin“: 100 Jahre Rundfunk als Massenmedium

Aus frühen Radiozeiten: historische Rundfunkempfänger im Radiomuseum Hans Necker zu Bad Laasphe. (Aufnahme von 2007: Bernd Berke)

Am 29. Oktober 1923 beginnt die Geschichte des Rundfunks als Massenmedium in Deutschland. Auf „Welle 400 Meter“ ist der Sprecher Friedrich Georg Knöpfke zu hören, wie er mit getragenem Pathos „Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin, im Vox Haus“ ansagt. In Nordrhein-Westfalen und dem besetzten Ruhrgebiet startet die Radiogeschichte jedoch erst ein Jahr später.

An jenem Oktobertag, Punkt acht Uhr abends, teilt der Direktor der „Funkstunde Berlin“ den 253 Personen, die bereits eine Hör-Lizenz besaßen, mit, „dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt. Die Benutzung ist genehmigungspflichtig. Als erste Nummer bringen wir: Cellosolo mit Klavierbegleitung, … Weiterlesen

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Arbeitsschweiß und Maschinenrhythmus: „Stahlkocher“ als Thema eines Konzerts in Dortmund

Die Torte trägt einen Smoking, ist eingehüllt in Noten und fußt auf einer Klaviertastatur. Damit es endlich weitergeht, betätigt sich Dortmunds Generalmusikdirektor Gabriel Feltz ausnahmsweise destruktiv. Messer her, energische Schnitte, und schon landen die ersten saftigen Schokoladenkuchenstücke auf den Tellern.

Dortmunds GMD Gabriel Feltz schneidet seine Torte an. (Foto: Werner Häußner)

Das Produkt der Konditorenkunst gilt der Hommage an eine ansonsten durch und durch aufbauende Persönlichkeit: Gabriel Feltz feiert nach dem Zweiten Philharmonischen Konzert der Dortmunder Philharmoniker sein zehnjähriges Dienstjubiläum in der Stadt.

Da wird viel Harmonie bekundet: Oberbürgermeister Thomas Westphal, Theaterdirektor Tobias Ehinger und Orchestervorstand Hauke Hack singen Hymnen auf den rührigen GMD, heben Ideenreichtum, Innovationskraft, Energie und Fleiß hervor, lassen mit launigen Bonmots auch mal schmunzeln. Feltz dankt, … Weiterlesen

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Wie es im Revier gewesen ist – Fotografien von Helmut Orwat

Taubenzüchter im Sonntagsanzug, Castrop-Rauxel, 1967. (Foto: Helmut Orwat)

Helmut Orwat war stets nah dran. Nah am Alltag und den Menschen im Ruhrgebiet, speziell in und um Castrop-Rauxel. Seit 1960 arbeitete er als freier Fotograf für diverse Zeitungen und Zeitschriften, von 1984 bis 2000 war er bei den Ruhrnachrichten festangestellt. Rund 150 ausgewählte Fotografien sind im LWL-Museum Schiffshebewerk Henrichenburg zu sehen.

Der Ausstellungstitel „Täglich Bilder fürs Revier“ lässt etwas von der Eile ahnen, mit der Orwat meist zu Werke ging. Aktuelle Geschehnisse mussten eben sofort festgehalten werden, und zwar unter härteren Bedingungen als heute, wo digitale Kamera- und Nachbearbeitungs-Technik die Sache doch deutlich erleichtert. Dennoch (oder gerade deshalb, weil eben noch viel mehr echte Handarbeit darin steckt) haben seine Bilder die … Weiterlesen

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Lecken, schmecken, lispeln, lallen: Fast alles über die Zunge

Florian Werner knöpft sich die kulturgeschichtlichen Themen vor, wie sie ihm beikommen. Zuletzt hatte er sich mit allerlei Fährnissen rund um die Raststätte befasst, es wurde an dieser Stelle gewürdigt. Nun ist ein ganz spezieller Körperteil an der Reihe: die Zunge, also das eigenwillig schlüpfrige Ding in der Mundhöhle, das manchmal so keck hervorkommt.

Schnell wird klar, wie fleißig der Autor Materialien gesammelt hat. Nahezu jede denkbare (zumindest deutschsprachige) Redensart mit Zungenbezug wird zitiert und aufs pralle Leben bezogen. Da kommt einiges zusammen. Derlei Bücher tendieren überhaupt dazu, die ganze Welt auf ihr Thema zu fokussieren. Dem Zungen-Autor ist irgendwann alles Zunge. Und so heißt es auch hier: bloß nichts vergessen, bloß nichts auslassen, keinen Gag verschenken. So wird die … Weiterlesen

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Entwaffnend: Platons „Apologie des Sokrates“, neu übersetzt

Sonderlich geschickt war es eigentlich nicht, was Sokrates da angerichtet hat. Er hat allerlei Fachleuten in Athen, die sich für ungemein wissend hielten, glasklar vorgeführt, dass sie im Grunde nichts wussten – und damit natürlich mancherlei Eitelkeiten verletzt.

Eigentlich kein Wunder, dass sich viele dieser Kleingeister gegen den umtriebig umher ziehenden und disputierenden Philosophen verbündet haben, Anklage gegen den angeblichen Verderber der Jugend erhoben und schließlich gegen ihn die Todesstrafe durch den berühmt-berüchtigten Schierlingsbecher erwirkten. Dabei war es keine hochfahrende Arroganz, die Sokrates antrieb; auch er selbst wusste von sich, dass er (nahezu) nichts wusste. Nur vielleicht ein klein wenig mehr als seine Gegner.

Vor dem erwähnten Todesurteil durfte Sokrates eine öffentliche Verteidigungsrede halten, seine Apologie. Platon hat sie bekanntlich … Weiterlesen

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Abschied ohne Nostalgie: Waltraud Meier hat die Opernbühne verlassen

Waltraud Meier auf der Bühne der Berliner Lindenoper. Die große Künstlerin hat ihre Karriere beendet. (Foto: Jakob Tillmann)

Eine der prägenden Künstlerinnen der Opernbühne der letzten Jahrzehnte hat Abschied genommen: In Berlin sang Waltraud Meier zum letzten Mal die Klytämnestra in Richard Strauss‘ „Elektra“. Werner Häußner kennt die Sängerin seit ihrem Debüt in Würzburg 1976 und lässt Stationen einer Karriere Revue passieren, die von 1980 bis 1983 auch nach Dortmund führte. Dort sang Meier erstmals die Kundry in Wagners „Parsifal“. Eine Rolle, die ihr 1983 den Durchbruch in Bayreuth bescherte.

Was soll man zum Bühnenabschied einer Sängerin schreiben, über die in den 47 Jahren ihrer Karriere wohl alles schon in Zeilen gefasst wurde, was öffentlich zu sagen ist? Wozu den … Weiterlesen

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Im Bann der bunten Farben – Ausstellung zum 100. Geburtstag des Malers Heinz Kreutz in der Duisburger Küppersmühle

Heinz Kreutz: Ohne Titel, 1959 Öl auf Leinwand 65,5 x 81 cm (Bild: Henning Krause, MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, MKM Stiftung, Sammlung Ströher, Duisburg © Nachlass Heinz Kreutz)

Rot quillt aus blaugrünem Nebel hervor, unheilverkündendes Schwarz links davon, etwas schüchternes Gelb im Hintergrund. Gräulich-weiß das Drumherum, was die Bedrohlichkeit etwas abmildert. Irgendwie allegorisch, vielleicht; doch würde man angesichts des Bildes „Aus dem Leben der Eisblumen“, das Heinz Kreutz 1955 schuf, vor allem auf eine große Lust an Farben und ihren Kompositionen schließen, läge man wohl auch nicht falsch.

Nach der Nazizeit

Kreutz ist einer von den vielen Malern, die nach der Nazizeit mit ihren unsäglichen Kunstvorstellungen einen geradezu unstillbaren Drang nach Buntheit, Fläche, Bewegung verspürten, dem kein gegenständliches … Weiterlesen

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Im Zaubernebel des Klangs: Essener Philharmoniker und Cellistin Raphaela Gromes spielen Konzert einer vergessenen Komponistin

Die Cellistin Raphaela Gromes. Foto: wildundleise

Seit Mitte August schon sind die Essener Philharmoniker wieder auf ihrem Posten. Sie haben die Spielzeit unter einer Dirigentin eröffnet und setzten sie jetzt mit dem Werk einer vergessenen Komponistin fort.

Anna Skryleva, noch bis 2025 Generalmusikdirektorin in Magdeburg, gab im August dem Saisonstart mit Gershwin und Bernstein angemessenen Schwung. Der neue Essener GMD Andrea Sanguineti präsentierte sich im Zweiten Sinfoniekonzert mit einer Rarität aus seiner italienischen Heimat, „Feste Romane“ von Ottorino Respighi, und einem sehr massiven, sehr lauten „Don Juan“ von Richard Strauss. Über ausufernde Lautstärke konnte man sich nun im Dritten Sinfoniekonzert unter Leitung des Geigers und Dirigenten Julian Rachlin nicht beschweren. Die Essener Philharmoniker spielten sich mit Diskretion und Finesse in … Weiterlesen

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Männliche Familienbande – Johan Simons inszeniert Dostojewskijs „Brüder Karamasow“ mit viel Gelassenheit

Elsie de Brauw als Stariza Sossima in ihrer Klause. Der brave Hund taucht in der Besetzungsliste namentlich leider nicht auf. (Foto: Armin Smailovic/Schauspielhaus Bochum)

Dies könnte eine Kirche sein, ein lichter Raum mit hohen Fenstern und vielen Kerzen, sparsam möbliert; es könnte aber auch ein Labor sein, steriler Ort für emotionslose Untersuchungen und Experimente. Beide Deutungen haben etwas für sich. Auf der Bühne des Großen Hauses inszeniert Bochums Schauspielchef Johan Simons den ersten Teil seiner „Brüder Karamasow“-Produktion.

Später wird das Publikum ins Kleine Haus umziehen, noch später im Foyer des Großen Hauses ein „Gemeinsames Dinner“ zu sich nehmen. Dies ist nicht eben ein unaufwendiges Projekt, schon das erste überaus beeindruckende Bühnenbild (Wolfgang Menardi) läßt daran keinen Zweifel.

Dostojewskijs Qualen

Tief … Weiterlesen

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Das „Opernhaus des Jahres“ Frankfurt zeigt „Le Nozze di Figaro“ als schwerelose Komödie

Danylo Matviienko (Graf Almaviva) und Elena Villalón (Susanna) in der Frankfurter Neuinszenierung von Mozarts „Hochzeit des Figaro“. Foto: Barbara Aumüller

Im Frankfurter Opernhaus atmet alles Leichtigkeit. Thomas Guggeis, neuer GMD als Nachfolger von Sebastian Weigle dirigiert zum Einstand Wolfgang Amadeus Mozarts so leichtfüßiges wie gewichtiges Meisterwerk „Le Nozze di Figaro“.

Sein blonder Schopf hebt sich über die Brüstung des Grabens. Rötlich schimmern die Haare, rucken im Rhythmus eines Körpers, der dem Orchester Signale setzt. Eine Hand erscheint, dreht sich, winkt, zeigt, kommandiert, schlängelt sich um ein scheinbar ohne Widerstand bewegliches Gelenk. Das diskret alle Nuancen ausspielende Orchester zieht so federnd und flexibel mit, als würde Rossini den Musikern Bögen, Tasten, Klappen, Ventile und Schlägel führen.

Und Tilmann Köhlers Regie kleidet … Weiterlesen

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„Schönes“ vor 20 Jahren – Erinnerung an eine Bochumer Erstaufführung des jetzigen Nobelpreisträgers Jon Fosse

Der Norweger Jon Fosse erhält den Literaturnobelpreis 2023. Wenn man schon ein paar Jährchen schreibt, findet sich irgend etwas Einschlägiges im Archiv, so z. B. diese – nun nahezu 20 Jahre alte – Bochumer Theaterbesprechung vom 3. Dezember 2003:

Bochum. Verglichen mit den Bühnen-Gestalten des Norwegers Jon Fosse, wirken selbst die gelangweilten Figuren eines Anton Tschechow wie Action-Helden. Hier geschieht nahezu nichts, die Dialoge sind extrem karg. So auch in Fosses neuem Stück „Schönes“. Abermals klingt jede Zwiesprache derart lakonisch, als sei’s bereits eingeübte Tiefsinns-„Masche“.

Doch es ist eine geradezu schwatzsüchtige Lakonie, die redundant in sich kreist und unversehens schräge Komik (irgendwo zwischen Loriot und Kaurismäki) freisetzt. Die Figuren haben Angst vor dem Verstummen, vor der großen Leere.

Fosse (Jahrgang … Weiterlesen

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Der Veranstaltungsort als Ausstellungsstück: Bonner Bundeskunsthalle widmet sich der Postmoderne

Alessando Mendini: „Interno di un interno (Sofa)“, 1990 (Foto: Collection Groninger Museum, Bundeskunsthalle Bonn)

Sind wir zu früh? Über die „Postmoderne“ – um die geht es hier – ließe sich eigentlich doch erst streiten, wenn man sie gut und ganz im Blick hätte. Dafür müßte man sie aber verlassen haben, sich in einer Art Post-Postmoderne befinden mit sachlich-distanziertem Blick auf das, was bisher geschah.

Wenn die Bonner Bundeskunsthalle nun in einer großen Ausstellung eben jene Postmoderne zum Thema macht: „Alles auf einmal: die Postmoderne. 1967 – 1992“, mag der Grund auch eher schlichter Natur sein. Sie sind nicht eher fertiggeworden. Eigentlich war diese oder eine doch recht ähnliche Veranstaltung geplant für das Jahr 2022, in dem nämliche Bundeskunsthalle 30 Jahre … Weiterlesen

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Wer hat die Nase vorn? „Parsifal“ in Düsseldorf und Hannover

Szene aus dem dritten Aufzug des „Parsifal“ in Düsseldorf mit Daniel Frank (Parsifal) und Sarah Ferede (Kundry). (Foto: Sandra Then)

In Düsseldorf steht er mit leeren Händen im gleißenden Licht, der neue Gralskönig Parsifal. In Hannover bleibt von den Wirrnissen der Ritter- und der Klingsor-Welt ein Kind übrig. Erlösung wird der Welt in beiden Inszenierungen nicht zuteil. Die Sicht auf Richard Wagners „Bühnenweihfestspiel“ ist pessimistisch, bei allen Unterschieden. Und die sind markant, in der szenischen wie in der musikalischen Gestaltung.

Die Premiere in Düsseldorf bringt den viel gelobten „Parsifal“ aus Genf an den Rhein, in einer minimalistischen Regie von Michael Thalheimer, der in der letzten Spielzeit einen faszinierenden Verdi-„Macbeth“ an der Deutschen Oper herausgebracht hat. Auf der Drehbühne (Henrik Ahr) … Weiterlesen

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Der Wetterpilz – ein deutsches Phänomen?

Dieser Tage fotografiertes Prachtexemplar der Gattung: der in den 1950er Jahren errichtete Wetterpilz auf dem Dortmunder Hauptfriedhof – Geo-Koordinaten laut Homepage www. wetterpilze.de: 51.515964, 7.546124. (Foto: Bernd Berke)

Wie nennen wir sie eigentlich, diese schützenden „Pilze“, die meist in Wäldern oder Parks aufragen und bei Wind und Wetter als Unterstand dienen? Nun, je nach Region wohl ganz unterschiedlich. Am häufigsten heißen sie Wetterpilze oder eben Schutzpilze, andernorts auch Rastpilz, Schirmdach, Parasol oder (im Süden der Republik) Schwammerl.

Als ich neulich mal wieder ein Gewächs aus der naturnahen Gattung sah, dachte ich, dass man darüber auch mal ein paar Zeilen schreiben sollte, denn es schien mir, als seien Wetterpilze ein typisch deutsches Phänomen. Wie es sich vergleichsweise mit der Schweiz und … Weiterlesen

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Podcasts überall – Tipps aus Politik, Kultur und Fußball

Links die derzeit liebsten Radiosender, rechts dito Podcasts und Mediatheken-Inhalte: Meine (teilweise temporären) Favoriten-Listen auf der geschätzten Seite radio.de (Screenshot: BB)

Zugegeben: Ich bin reichlich spät an der Reihe, habe ich mich doch erst in jüngster Zeit darauf verlegt, gelegentlich Podcasts zu hören. Jetzt aber!

Diese Form der akustischen Versorgung scheint die herkömmlichen Angebote der Radio-Stationen seit einiger Zeit geradewegs zu überwuchern. Unschätzbarer Vorteil: hören, wann immer es genehm ist; nach Gusto unterbrechen und den Faden später neu aufnehmen. Nicht nur das „lineare“ Fernsehen hat weithin abgedankt, auch das Radio nach festem Programmschema hat wohl seine besten Zeiten hinter sich. Doch Radioleute, vor allem aus dem öffentlich-rechtlichen Sektor, und überregionale Zeitungen mischen bei den Podcasts kräftig mit. Bei den großen … Weiterlesen

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Abschluss einer Ära: Hermann Max nimmt Abschied vom Festival Alte Musik in Knechtsteden

Hermann Max und seine Ensembles beim Eröffnungskonzert des Festivals Alte Musik Knechtsteden. (Foto: Michael Ratsmann)

Das mit den Kränzen, die den Mimen von der Nachwelt nicht geflochten werden, galt lange auch für ausübende Musiker. Erst Platten, Bänder und Speicher halten fest, was sonst ein flüchtiges Opfer der unaufhaltsam verrinnenden Zeit gewesen ist.

Hermann Max, der mittlerweile 82jährige Doyen der historischen Aufführungspraxis, hat mit vielen Rundfunk- und über 60 CD-Aufnahmen die Entwicklung seiner Klangästhetik dokumentiert, noch vor den ersten Anfängen des 1992 von ihm gegründeten Festivals Alte Musik Knechtsteden  bis in die Gegenwart – mit einem Passionsoratorium von Gottfried Heinrich Stölzel im Jahr 2021. Die Nachwelt hat also die Chance, die von Friedrich Schiller bedauerten fehlenden Kränze zu flechten.

Nun … Weiterlesen

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Geschichtenerzähler im Videokabinett – Kunstsammlung NRW präsentiert den britischen Künstler Isaac Julien

Isaac Juliens Zehnkanalinstallation „Lessons of The Hour“ über den ehemaligen Sklaven, Freiheitkämpfer und Fotografen Frederick Douglass. (Foto: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Achim Kukulies)

Überall Videos. Abgedunkelte Räume voll von unterschiedlich großen Projektionsflächen, auf denen in bunten Farben Bewegtbilder ablaufen. Alles sehr ordentlich, professionell und, ja, so kann man durchaus sagen: schön. Natürlich ordnet sich der überwältigende erste Eindruck zügig, die realen Räume sind eben auch Themenräume, in denen auf drei, fünf, zehn Bildflächen, je nachdem, Geschichten erzählt werden.

Große Werkschau

Der Schöpfer dieser Arbeiten, den Videokünstler zu nennen es nur zum Teil trifft, ist Isaac Julien, Jahrgang 1960, Brite, Documenta- und Biennale-Teilnehmer und für sein künstlerisches Schaffen bereits hoch geehrt. Zu sehen sind nun elf Video-Installationen sowie eine Reihe von Fotografien in … Weiterlesen

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Unauflösliche Märchenwelt: Oper Köln eröffnet die Spielzeit mit „Die Frau ohne Schatten“

Daniela Köhler (Kaiserin) und Irmgard Vilsmaier Der(Amme). (Foto: Matthias Jung)

Dem früheren Intendanten des Aalto-Theaters Essen, Hein Mulders, ist mit der Strauss-Oper „Die Frau ohne Schatten“ zum Spielzeitauftakt ein markantes Statement gelungen. Die Inszenierung von Katharina Thoma hat jedoch Leerstellen, die auch von der hervorragenden Orchesterleistung unter Marc Albrecht nicht verfüllt werden können.

Das üppige Orchester, die häufigen Verwandlungen, die Länge und die fünf extrem anspruchsvollen Hauptpartien: Richard Strauss‘ und Hugo von Hofmannsthals „letzte romantische Oper“ über ein Zwischenwesen aus dem Geisterreich, das keinen Schatten wirft, ist ein dicker Brocken selbst für große Bühnen. Im Staatenhaus, der Spielstätte der Oper Köln bis zur hoffentlich baldigen Wiedereröffnung des Hauses am Offenbachplatz, sind häufige Verwandlungen oder ein technischer Bühnenzauber nicht zu realisieren. … Weiterlesen

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Mit Lust in die neue Spielzeit: Daniel Hope eröffnet den Konzertreigen der Essener Philharmonie

Daniel Hope und Ryszard Groblewski beim Eröffnungskonzert der Philharmonie Essen. (Foto: Sven Lorenz)

Was für eine sympathische Idee, die Spielzeit der Essener Philharmonie mit Mozart und mit einer Uraufführung zu beginnen.

Da haben wir musikalisch den „inspirierenden Dialog“, den sich die neue Intendantin Marie Babette Nierenz für die Philharmonie als Teil der Stadtgesellschaft wünscht. Da haben wir die künstlerische Exzellenz, die einen Konzertsaal dieser Größe und diesen Renommees füllt. Und wir richten den Blick auf ein musikalisches Genie, das mit früher höher geschätztem Pathos, aber nicht zu Unrecht als „apollinisch“ bezeichnet wurde: Wenn es denn einen Gott gibt, dann hat er in Musik wie der „Jupiter“-Sinfonie seinen tönenden Abglanz auf Erden gefunden.

Mit dieser C-Dur-Sinfonie, die den Höhepunkt der musikalischen … Weiterlesen

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Die feine Art des Speisens: Vincent Moissonniers Ratgeber „Der Käse kommt vor dem Dessert“

Das literarische amuse gueule, also das geschmacksanregende Vorwort stammt vom Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil, einem sinnenfrohen Genießer. Autor des Haupttextes ist indes der aus Frankreich stammende Küchenchef Vincent Moissonnier. Er hat sich seit langer Zeit mit seinem Spitzenrestaurant in der vermeintlich „französischsten“ deutschen Stadt niedergelassen, in Köln. Das Prädikat ist anfechtbar, aber egal.

In frankophilen Zusammenhängen, so weiß man, wird seit jeher am edelsten gespeist. Auch die zugehörigen Benimmregeln sind ursprünglich aus der höfischen Kultur Frankreichs hervorgegangen. Just um die heute wünschenswerten Varianten und Nuancen geht es im vorliegenden Buch „Der Käse kommt vor dem Dessert“. Untertitel: „Goldene Regeln für den Restaurantbesuch – von Dresscode bis Trinkgeld“.

Sind wir etwa wieder in Zeiten angelangt, in denen förmlicher Benimm abermals eine größere … Weiterlesen

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Klangreise in die Unterwelt: Das Orchester „Les essences“ spielt ein Konzeptkonzert im Essener Katakomben-Theater

Das Kammerorchester „Les essences“ wird vom Kulturministerium des Landes NRW gefördert (Foto: eyedoit)

Wir steigen hinab, Stufe um Stufe, Stockwerk um Stockwerk. Aus der Hitze, der blendenden Helligkeit eines Spätsommertags in die dunklen Räume des Essener Katakomben-Theaters, die uns verschlucken wie ein Höhlensystem: eine fensterlose Gegenwelt mit schwarzen Wänden und verwinkelten Verbindungsgängen.

Schon bevor der erste Ton erklingt, sind wir mitten im Spiel des Kammerorchesters „Les essences“, das diesen Ort sehr bewusst für ein Konzeptkonzert zu den Themen Trauer und Tod ausgewählt hat. Wie Klang und Raum zusammenwirken, wird bei den Konzerten dieses jungen, international besetzten Orchesters besonders deutlich. Sein Gründer und Leiter, der deutsch-türkische Geiger Önder Baloglu, legt hohen Wert darauf, die Musik mit den Orten zu verbinden, für … Weiterlesen

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Nachbarschaftliches Tauwetter – Elke Heidenreichs Buch „Frau Dr. Moormann & ich“

Beginnen wir mit Binsen: Im Hanser Verlag dürfen beileibe nicht Hinz und Kunz veröffentlichen. Und ein Michael Sowa wird auch nicht die Texte aller möglichen Leute illustrieren. Wenn aber die Bestseller-Autorin Elke Heidenreich mit einer Kleinigkeit käme? Ja, dann… Dann fügt es sich natürlich.

Ihr neues Buch heißt „Frau Dr. Moormann & ich“. Es handelt vom Ärger mit einer ziemlich bärbeißigen Hausnachbarin, die immer etwas zu beanstanden hat. Die Geschichte ist recht einfach gestrickt. Schon bald ist absehbar, dass es zwischen den beiden Frauen ganz allmählich ein nachbarschaftliches Tauwetter geben wird. Daran nicht ganz unbeteiligt ist der Mops der Ich-Erzählerin, der den Namen Gustav trägt. Friede den Menschen und den Nachbarinnen ein Wohlgefallen.

Zwischendurch tröpfeln etwas Botanik (Frau Dr. Moormann … Weiterlesen

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Vom Dosenaufreißer bis zum Propeller – Schau zur Archäologie der Moderne in Herne

In Herne wie ein Kleinod präsentiert: Dosenring vom Woodstock-Festival, 15. bis 18. August 1969. (Leihgeber: The Museum at Bethel Woods, Bethel (USA) / Foto: Bernd Berke)

Was glitzert denn da in der Vitrine? Ein ziemlich kleines Objekt. Wahrscheinlich kostbar. Mal näher rangehen. Nanu? Das ist ja ein ringförmiger Dosenaufzieher der gewöhnlichsten Sorte (mutmaßlich für Coca oder Pepsi); noch dazu angerostet, aber präsentiert wie ein Kleinod oder gar Kronjuwel. Dazu muss man allerdings wissen, dass das alltägliche Stück zu den materiellen Hinterlassenschaften des legendären Woodstock-Festivals (1969) gehört und vielleicht Rückschlüsse auf das Ereignis zulässt, das eine ganze Generation mitgeprägt hat. Und wer zeigt so etwas?

Nun, wir befinden uns im LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Herne. Das Haus zählt zu … Weiterlesen

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Malen für die guten Schwingungen – Christoph M. Gais in der Duisburger Küppersmühle

Tableaus, wandgroß (Foto: MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, 2023)

Was ist hier das Kunstwerk? Ist es das riesige, rechteckige Tableau, das fast so groß ist wie die Wand, vor der es hängt, in der nicht eben raumsparend konzipierten Küppersmühle?

Oder sind es die vielen unterschiedlich großen und formatierten Einzelbilder, die in ihrer Summe das Tableau bilden und die, wie es scheint, immer Ähnliches zeigen: Rhythmisierte Muster, Strukturen, Malgründe, vor die relativ einfach gestaltete Gesichter gesetzt sind. Punkt, Punkt, Komma, Strich wurden überwiegend als Öffnungen ausgefertigt, was wiederum den Blick auf die dahinterliegende Struktur freilegt und den bezüglichen Charakter der Gesichter unterstreicht.

Die Wand hing lange in Italien

Es sind schematische Menschen-Abbilder aus der Vorstellung des Künstlers, expressive Hervorbringungen mithin … Weiterlesen

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60 Jahre Bundesliga – und der zwecklose Versuch, online eine BVB-Karte zu kaufen

Kurz nach 12 Uhr – und noch 55 Minuten Wartezeit bis zum Eintritt in den eigentlichen Ticketshop. (Screenshot von der BVB-Homepage)

Tätäääää! Großer Tusch. Heute ist es auf den Tag genau 60 Jahre her, dass die Bundesliga ihren Spielbetrieb aufgenommen hat. Die Gründung der höchsten deutschen Spielklasse war übrigens vom DFB in Dortmund beschlossen worden. Und das allererste Liga-Tor hat Timo Konietzka vom BVB erzielt – beim Auswärtsspiel gegen Werder Bremen. Die Grünweißen haben dann doch noch 3:2 gewonnen. Naja, Schwamm drüber. Es lässt sich derweil gar nicht ermessen, wie viel gesamtgesellschaftlicher Gesprächsstoff und verbra(u)chte Lebenszeit sich aus der Liga ergeben hat.

Apropos Lebenszeit. Damit zu einem allzeit dringlichen Thema beim BVB. Nein, es geht nicht um weitere Spielertransfers, sondern … Weiterlesen

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„Wenn man einmal in Bayreuth war, ist man süchtig danach“: Altistin Karolin Zeinert aus Düsseldorf singt im Chor der Festspiele

Karolin Zeinert vor dem Bayreuther Festspielhaus. (Foto: Werner Häußner)

Die Düsseldorfer Altistin Karolin Zeinert singt mittlerweile in ihrer 11. Spielzeit im Chor der Bayreuther Festspiele. Im Interview erzählt sie, wie sie in Bayreuth ihre professionelle Laufbahn begonnen hat und warum es so faszinierend ist, im Chor der Festspiele mitzuwirken.

Wie hat’s bei Ihnen begonnen mit Bayreuth?

Ich habe immer gerne im Chor gesungen. Mit fünf habe ich damit angefangen, bin dann in meiner Heimatstadt Gera auf ein chororientiertes Gymnasium gegangen und wollte immer Choristin werden. Ich habe dann das Studium begonnen, war nach vier Semestern beim RIAS Kammerchor als Praktikantin und habe festgestellt: Chorsingen ist wirklich meins. Dann habe ich an verschiedenen Theatern Produktionen mitgemacht. Nach dem Abschluss meines Studiums … Weiterlesen

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Beethoven nach dem Bombenhagel – Sasha Waltz choreographiert das Grauen des Krieges

Ensemble-Szene aus der „Beethoven 7″-Choreographie von Sasha Waltz. (Foto: © Sebastian Bolesch/Radialsystem)

Nebelschwaden empfangen das Publikum. Es wabert und wölkt, zischt und dampft aus allen Rohren. Mühsam schälen sich menschliche Silhouetten aus dem grauen Nichts: fremdartige Wesen mit riesigen Masken, die vielleicht von einem andern Stern oder aus den Abgründen unserer Fantasie kommen. Aliens des Bösen, die wie ferngesteuerte Kampfmaschinen wirken.

Manche tragen Brustpanzer, die an die Westen von Selbstmord-Attentätern erinnern. Sie verklumpen sich zu grotesken Körperskulpturen. Mit dem anschwellenden Bocks-Gesang ihrer ritualisierten Ekstase werden auch die zirpenden und zischenden Klänge immer lauter. Bässe wummern, Trommeln wirbeln, steigern sich zu einem Kakophonie der Katastrophe. Manche können den ohrenzerfetzenden Lärm und den Bombenhagel der atonalen Misstöne nicht mehr ertragen und verlassen … Weiterlesen

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„Sprache lässt sich nicht mit Normen lenken“ – Zum Tod von Martin Walser: Erinnerung an zwei Gespräche mit dem Schriftsteller

Martin Walser am 10. Oktober 2013, Frankfurter Buchmesse. (Foto: Wikimedia Commons / Lesekreis, Heike Huslage-Koch). Lizenz: https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en

Schon seit seinem Roman „Ehen in Philippsburg“ (1957), der die gesellschaftlichen Verhältnisse der 1950er Jahre auf den Begriff brachte wie kein anderer, war der Schriftsteller Martin Walser einer der wichtigsten Protagonisten der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Jetzt ist er ist mit 96 Jahren in seinem Haus am Bodensee gestorben. Aus diesem traurigen Anlass hier noch einmal der Wortlaut zweier Gespräche, die ich 1996 und 1998 mit ihm führen durfte. Zunächst der Text von 1996:

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Dortmund. Mit seinem Roman „Finks Krieg“ hat Martin Walser (69) tiefen Einblick ins Innenleben eines Ministerialbeamten gegeben, der im Zuge eines Regierungswechsels auf einen minderen Posten abgeschoben wird. Dieser Fink, … Weiterlesen

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Rudi Stephans einzige Oper „Die ersten Menschen“ in Frankfurt: Tobias Kratzer entdeckt ein aktuelles Endzeitstück

BegBegehren am Ende der Zeit: Ambur Braid (Chawa) und Ian Koziara (Chabel)ehren am Ende der Zeit: Ambur Braid (Chawa) und Ian Koziara (Chabel). Foto: Matthias Baus.

Begehren am Ende der Zeit: Ambur Braid (Chawa) und Ian Koziara (Chabel). (Foto: Matthias Baus)

Die Frau steht am Fenster und schaut hinaus auf sanft geschwungene Hügel, grüne Hecken, blühende Rapsfelder unter blauem Himmel. Im Raum waltet werkelnd ein Mann, pflegt ein Beet unter einer UV-Lampe. Ein Stromaggregat ist zu erkennen, neben der Wohnküche eine Kammer mit Dosen und Einmachgläsern. Bis zu 200.000 Prepper bereiten sich Schätzungen zufolge in Deutschland auf einen Zivilisationskollaps vor; auf der Bühne der Oper Frankfurt blicken wir in Rudi Stephans Oper „Die ersten Menschen“ auf eine Familie, die in ihrem Bunker eine solche Katastrophe überlebt hat.

Nach draußen geht der Weg über einen Schacht, der nur mit Schutzmaske erklettert wird. Die Naturidylle in den Fenstern … Weiterlesen

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„Lyriksalven pflügen sich kometenhaft ins Gedächtnis“ oder: Höhenflüge beim Poetry Slam

Nur mal so als Beispiel fürs Genre: Sebastian Rabsahl, deutschsprachiger Meister im Poetry Slam 2008, bei einem Slam-Auftritt in Kiel, 2016. (Foto: Wikimedia Commons, © Ichwarsnur / Marvin Radke) – Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en

Es ist schon sehr lange her, doch erinnere ich mich gut, wie uns schon in den Einführungs-Veranstaltungen des Germanistikstudiums eingeschärft wurde, doch bitte Worte wie „Dichtung“ und „Dichter“ (vom Gendern war noch keine Rede) nicht weiter zu verwenden. So erhaben und feierlich sollte es nicht mehr zugehen, denn derlei Tremolo-Stimmung war oft genug missbräuchlich verwendet worden.

Daher die im Grunde nachvollziehbare Kehrtwende. Schlicht und einfach „Texte“ sollte es fortan heißen; ganz gleich, ob es nun um Lyrik von Hölderlin und Rilke oder einen Artikel der „Bild“ … Weiterlesen

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Jane Birkin – Fülle des Lebens

Jane Birkin, wahrhaftig eine Ikone ihrer Generation, ist mit 76 Jahren gestorben. Aus diesem traurigen Anlass nochmals der Text einer Kurzbesprechung, die erstmals am 16. Februar 2008 in der Westfälischen Rundschau erschienen ist:

Wenn Jane Birkin singt, sind Geister gegenwärtig. Dann wird Musik schon mal zur gehauchten Beschwörung.

Nein! Diese knabenhafte Frau in Cargo-Hosen und T-Shirt, die fast zwei Stunden ohne Pause auf der Bühne des Dortmunder Konzerthauses steht, kann keine 61 Jahre alt sein. Niemand mag es glauben.

Und besagte Geister? Nun, natürlich schwingt vor allem die Erinnerung an ihren langjährigen, 1991 gestorbenen Lebens- und Bühnenpartner Serge Gainsbourg mit. Obwohl sie sich einst von ihm getrennt hat: Diese Liebe wirkt spürbar nach – schier grenzenlos. Jane Birkin ist denn … Weiterlesen

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Liverpool zwischen Beatles und „Kloppo“

Beatles-Skulpturen an den Gestaden des River Mersey in Liverpool. (Foto: Bernd Berke)

Hier mal ein paar Zeilen, die so gar nichts mit dem Ruhrgebiet zu schaffen haben – und „irgendwie“ dann doch. Bin jetzt auf einer England-Reise endlich mal einen Tag lang in Liverpool gewesen.

Erwähnt man dort, dass man aus Dortmund kommt, hellen sich manche Mienen auf. Denn alle, die auch nur ansatzweise „Ahnung“ von Fußball haben, wissen natürlich, dass Jürgen Klopp – vor seiner Zeit beim FC Liverpool – Borussia Dortmund meisterlich trainiert hat. Es ist, als schlinge dieser Sachverhalt ein imaginäres Band um beide Städte, auch wenn Dortmunds eigentliche englische Partnerstadt Leeds ist. Aber die sind abgestiegen (unqualifizierter Zwischenruf: „Wie Schalke!“).

Allgegenwärtiger „Kloppo“: „Jürgen’s Bierhaus“ in Liverpool.

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Mit „Normalos“ durch die Hölle – Heinz Strunks Geschichtenband „Der gelbe Elefant“

Claudia und Andi treffen Olli und Melli „beim Griechen“. Ach, wie putzig das schon klingt. Es geht in dieser Auftaktgeschichte um zwei „Pärchen“ in Lübeck. Bekanntschaft aus dem Korfu-Urlaub. Nun sondern sie beim arg misslingenden Wiedersehen dermaßen belangloses Zeug ab („super“ und „toll“ sind fast noch die klügsten Einlassungen), dass es einen beim Lesen recht ordentlich quält.

„Bitte! Jetzt nicht auch noch das!“ So möchte man den Autor anflehen. Doch ein Heinz Strunk gibt kein Pardon. Er zieht die Sache mal wieder gnadenlos durch und beleuchtet seelische Trümmerhaufen gerne grell. Schmerzlich nahe kommt er dabei einem landläufigen „Normalo“-Sound.

Auch im weiteren Verlauf seines Erzählbandes „Der gelbe Elefant“ spürt er mit Vorliebe das Normale im Bizarren und das Bizarre im Normalen … Weiterlesen

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Keine Heimlichkeiten mehr! Spickzettel sind in Dortmund museumsreif

Schulmuseumsleiter Michael Dückershoff zeigt einen Spickzettel, der in einer Schutzmaske steckt. Eine solche Schummel-Gelegenheit ergibt sich wegen der ausgelaufenen Vorschriften nicht mehr so leicht. (Foto: Katrin Pinetzki/Stadt Dortmund)

Ganz gleich, ob man früher damit durchkam oder gelegentlich erwischt worden ist, lässt diese Nachricht jedenfalls aufhorchen: Das Westfälische Schulmuseum zu Dortmund kann eine besondere Kollektion aufstocken, nämlich die von Spickzetteln.

Jawohl! Gemeint sind diese knittrigen Papierchen, die zwischen Schulbank und Hosentasche (oder wie auch immer) heimlich hervorgenestelt und beäugt wurden, um vor allem lästige Formeln oder Vokabeln parat zu haben. Sonderlich viel geholfen hat’s ja meistens nicht, oder?

Damit das geklärt ist: Geschicklichkeit im Umgang mit diesem speziellen Informations-Medium, von dem sich die Handy-Generationen keinen Begriff mehr machen, dürfte einen mehr … Weiterlesen

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