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„Dantons Tod“: Die Revolution als Kasperltheater

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Dantons Tod“ ist von der ersten Szene an eine Tatsache, die nur noch nicht ganz eingetreten ist.

Der ehedem revolutionäre Melancholiker verbirgt sich vor der elenden Schreckensherrschaft Robespierres unter Julies weißem Rock – und der ist schon ein symbolisches Leichentuch. Mit Georg Büchners Stück, dessen Untertitel „Die Revolution frißt ihre Kinder“ lauten könnte, eröffnete das Wuppertaler Schauspielhaus die neue Spielzeit.

Von „Revolution“ ist nichts mehr zu spüren in Ulrich Greiffs Inszenierung. Robespierres Guillotinen-Terror, im Namen einer genußfeindlichen „Tugend“ rasend geworden, hat nicht nur die politische Vernunft, sondern die ganze Realität ausgelöscht. Simon (Holger Schamberg) hockt, dem Publikum zugewandt, wie ein Shakespearscher Narr in seinem Souffleurkasten und pocht – zum Ersten, zum Zweiten, zum Letzten – die … Weiterlesen

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Die sinnlichen Körperstudien des Henri Laurens

Von Bernd Berke

Wuppertal. Der „Kleinen Musikantin“ wächst das Instrument schier aus dem Körper heraus. Ihr Arm formt sich zum Rahmen einer Leier, deren Saiten wie Haare aus dem Mädchenkopf sprießen. So sinnlich, ganz in ihre Körperlichkeit eingesponnen und ohne alle intellektuelle Überformung, erscheinen die Skulpturen des Henri Laurens.

Laurens (1885-1954), an dessen Werk jetzt mit einer beachtlichen Retrospektive im Wuppertaler Von der Heydt-Museum erinnert wird, gehört zu den ganz Großen in der Bildhauerei dieses Jahrhunderts. So unaufdringlich wie seine Skulpturen war er jedoch auch selbst: Der Arbeitersohn, der nach einer Dekorateurslehre als Steinmetz arbeitete, blieb klaglos im Schatten seiner berühmten Freunde, darunter Pablo Picasso, Juan Gris und Georges Braque. Von diesem „Dreigestirn des Kubismus nahm er natürlich Anregungen auf. … Weiterlesen

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Kipphardts „Oppenheimer“ zu aktueller Geltung gebracht

Von Bernd Berke

Wuppertal. Gleich zu Beginn wird offenbart, welche Laufbahn die Mitglieder des Untersuchungskomitees hinter sich haben. Angebliche kommunistische Umtriebe und vermeintliche „Bremsertätigkeit“ Robert Oppenheimers beim Bau der H-Bombe sollen keinesfalls von Unparteiischen ans Licht gebracht werden: Einer ist Direktor einer Atomfirma, ein anderer Ex-Staatssekretär im Kriegsministerium. Schon ist klar, daß das Verfahren zu Lasten des Physikers Oppenheimer ausgehen muß. Jetzt geht es nur noch um das „Wie“.

Auch 21 Jahre nach der Uraufführung sind die in Heinar Kipphardts Dokumentarstück „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ verhandelten Sachverhalte alles andere als „erledigt“. Das Stück behandelt am Beispiel Oppenheimers virulente Themen, obgleich es auf Dokumenten der McCarthy-Ära basiert: die Verantwortung des Wissenschaftlers, die Schnüffelpraxis eines sicherheitsbesessenen Staates, den Rüstungswettlauf.

Der … Weiterlesen

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Endloses Trauma der Verfolgten – Judith Herzbergs „Schadenfreude“ in deutscher Erstaufführung

Von Bernd Berke

Wuppertal. Mut zum eigenwilligen Spielplan beweisen die Wuppertaler Bühnen. Binnen zehn Tagen gab es nun schon die zweite deutsche Erstaufführung. Nach Ayckbourns „Stromaufwärts“ jetzt: Judith Herzbergs „Schadenfreude“ (Regie: Ulrich Greiff).

Judith Herzberg (50), geboren in Amsterdam, ist Jüdin. Ihr Stück (Originaltitel: „Leedvermaak“) führt eine Anzahl von Menschen bei einer Hochzeitsfeier zusammen. Die jüdischen Eltern der Braut haben zwar die KZ-Haft überlebt, sind aber seelisch zerstört. Unauslöschliehe Nachwirkungen auch bei der Braut „Lea“, die „damals“, ihrer Identität beraubt, zu einer christlichen „Kriegsmutter“ kam. Dazu die Eltern des Bräutigams, die jeweiligen Ex-Ehepartner der Brautleute; schließlich „Daniel“, der wie eine Leidensfigur aus den Kriegstagen in die Jetztzeit hereinragt.

Hochzeiten veranlassen für gewöhnlich die Älteren zur Bilanz, die Jüngeren zur Zukunftsschau. … Weiterlesen

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Bootsfahrt in die Tyrannei – Ayckbourn-Stück „Stromaufwärts“ als deutsche Erstaufführung in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Diese Idee des Briten Alan Ayckbourn ist schon ein mittelschwerer Geniestreich: Theateraktion ganz auf ein begrenztes Bootsdeck zu konzentrieren, auf dem zwei Ehepaare „stromaufwärts“ fahren. Symbolische Überhöhung liegt nahe. Die Flußreise steht für die „Lebensfahrt“. Auch schaffen Bedrängnis und Isolation auf dem Boot ideale Anlässe für Konfliktexplosion. Der Kahn wird zum schwimmenden Sozial-Labor.

Wie schwer all dies jedoch auf die Bühne zu bringen ist, das bekam das Wuppertaler Ensemble bei seiner deutschsprachigen Erstauffûhrung von Ayckboums „Stromaufwärts“ (Regie: Dieter Reible) zu spüren. Denn die Beschränkung des Spiels auf das Boot erzwingt eine Übermittlung fast aller „bewegenden“ Momente durch Gestik und Sprache. Über derlei Erfordernisse triumphieren in Wuppertal oftmals bühnentechnische Mätzchen. Das Boot kreuzt munter über die Bühne, … Weiterlesen

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Die Angst des Dorfrichters vor der Revision – Kleists „Zerbrochener Krug“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Der zerbrochene Krug“ steht und fällt – wörtlich wie im übertragenen Sinn – mit dem Dorfrichter Adam. Wird auch nur diese eine Rolle unzureichend besetzt, kann man Kleists Lustspiel-Klassiker, salopp gesagt, „vergessen“.

Ein Glück also, daß die Wuppertaler Bühnen Horst Fassel haben. Er verleiht dem fleischgewordenen Justizskandal, der ausgerechnet am Prüftag des Revisors über seine eigenen Eskapaden zu Gericht sitzen muß, das unabdingbare Komik-Profil, ohne in die Klamotte abzugleiten. Wie Fassel, bis in Haar- und Fingerspitzen elektrisiert, zwischen selbstgefälliger Seligkeit des Nicht-Ertapptseins und flatternder Angst hin und her hastet, ist sehenswert.

Daß Petra Dannenhöfers Inszenierung auf die Hauptfigur bauen muß, zeigt sich gegen Schluß. „Adam“ ist endgültig entlarvt und betritt die Bühne nicht mehr. Was folgt, … Weiterlesen

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Büchners „Woyzeck“ in Wuppertal – Inszenierung lässt vieles offen

Von Bernd Berke

Wuppertal. Mit Georg Büchners „Woyzeck“ ist das so eine Sache. Seit Generationen streiten sich die Philologen, in welche Reihenfolge die Szenen gehören (wovon u. a. abhängt, ob Woyzecks Gang ins Wasser als Selbstmord oder als Reinigung anzusehen wäre), ja die Gelehrten sind sich noch nicht einmal einig, ob es sich um ein „Fragment“ handelt oder ob die offene Dramenform als in sich abgeschlossen zu gelten hat.

Wuppertals Bühnen haben sich in Gestalt des Regisseurs Ulrich Greiff und seines Dramaturgen Lothar Schwab dafür entschieden, die Sache nicht gar so ernst zu nehmen. Im Programmheft läßt Schwab durchblicken, daß man die Szenen nahezu beliebig umstellen könne, was während der Proben auch mehrfach geschehen sei.

Und so läßt denn diese … Weiterlesen

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Zufalls-Themen für Künstler mit Glücksrad und Würfeln ermittelt – eine originelle Aktion in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Man stelle sich vor: Anno 1513. Albrecht Dürer wirft einen Pfeil, trifft auf der rotierenden Scheibe die Nummer 98, sieht in einer Liste unter dieser Ziffer nach und notiert: „Teufel“. Alsdann greift er zu zwei Würfeln, es fällt je eine „Sechs“, macht zwölf, also „Kupferstich“.

Natürlich ist es nicht so gewesen. Dürers „Ritter, Tod und Teufel“ ist keiner solchen Laune zu verdanken. Genau auf die beschriebene Weise aber haben sich jetzt fast 50 Künstler mit Dart-Pfeilen, Glücksrad und Würfeln ihre nächsten Aufgaben vom blinden Zufall stellen lassen. Ort der Handlung: die Ausstellungssäle des Von der Heydt-Museums in Wuppertal-Barmen. Veranstalter: Der Aktionskreis „360 Grad“, der 1979 die Wuppertaler Kunstszene betrat, dann mangels städtischer Zuschüsse sein Wirken einstellen … Weiterlesen

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Saufen und sauigeln – „Richards Korkbein“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Im Foyer konnten sich die Premierenbesucher mit Guinness und Irish Whiskey auf Geistigkeit von der Grünen Insel einstimmen.

Der Extra-Anwärmung hätte es diesmal nicht unbedingt bedurft. Auf der Bühne gab’s nämlich wohl die erfreulichste Wuppertaler SchauspielAufführung dieser Saison: „Richards Korkbein“, jenes vom irischen Saufbold und knasterfahrenen IRA-Kämpfer Brendan Behan unvollendet hinterlassene Potpourri aus Saufgelagen, Hurengesängen und Religionslästerung, in dem immer wieder republikanisches Pathos aufflackert.

Nachlaßverwalter haben das 1961 verfaßte Fragment ergänzt und auf abendfüllende Länge gebracht. Von Struktur kaum eine Spur. Die Brüche fallen bei einer Nummern-Dramaturgie allerdings nicht übermäßig ins Gewicht. Vor allem nicht, wenn mit so leichter und sicherer Hand inszeniert wird wie von Jürg Low. Er führt das Ensemble zu einer soliden Gesamtleistung, … Weiterlesen

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Kleist in die Ferne des Klassikers gerückt – „Die Familie Schroffenstein“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Bühne schwarz ausgeschlagen, darauf ein verwitterter Baum. Warten auf Godot? Nein, die Wuppertaler Bühnen haben sich den selten aufgeführten Kleist-Erstling „Die Familie Schroffenstein“ vorgenommen.

Ein aus heutiger Sicht teilweise monströses Stück, das aber auch Stärken hat. Es geht um eine blutige Familienfehde. Zwei Clan-Linien derer von Schroffenstein bekämpfen einander – und das auf bloße Gerüchte und Sinnes-Täuschungen hin. Allseitiges Mißtrauen, dem sich nur (wie in „Romeo und Julia“) ein Liebespaar (mit tödlichen Folgen) entzieht, setzt eine unaufhaltsame Mechanik der Rache in Gang.

Nun muß man ja nicht direkt auf Vorgänge zwischen den heutigen Supermächten anspielen. Was aber unter Regie von Dieter Reible geschieht, jenes textbrave Vom-Blatt-Spielen mit unfreiwillig komischen lauten Emotions-Ausbrüchen, das rückt Kleist in … Weiterlesen

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Sechs NRW-Museen zeigen „Westdeutschen Impuls“ – Kunst und Design im Rhein- und Ruhrgebiet nach 1900

Von Bernd Berke

Im Westen. Vom „Museum der gescheiterten Hoffnungen“ war die Rede, und Johann Heinrich Müller, Direktor des Hagener Osthaus-Museums, sah bestätigt, daß „Kunst seit jeher in politischen Sackgassen endet.“ Eine Pressekonferenz mit Molltönen: Dabei lautet der Titel des gestern in Essen vorgestellten Ausstellungsprojekts von sechs NRW-Museen selbstbewußt: „Der westdeutsche Impuls.“

Die insgesamt 1,1 Mio. DM teure Gemeinschaftsaktion von Museen in Hagen, Wuppertal, Essen, Düsseldorf, Krefeld und Köln soll künstlerische Anregungen und deren Umsetzungen in Architektur, Industrie und Handwerk darstellen, die zwischen 1900 und 1914 im Land an Rhein und Ruhr besonders ausgesprägt waren. Nur wenige Relikte haben „überlebt“, von der Aufbruchstimmung ganz zu schweigen. Darauf bezogen sich die eingangs zitierten Aussagen.

Der Anstoß kam vom Essener Folkwang-Museum, das … Weiterlesen

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An der Grenze zur Klamotte – Friedrich Wolfs „Koritke“

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Kunst ist Waffe!“ Mit Stücken, die dieser Parole zu Bühnenwirksamkeit verhelfen sollten, war Friedrich Wolf (1888-1953; das Programmheft verrät so gut wie nichts über ihn) einer der meistdiskutierten Arbeiter-Schriftsteller der Weimarer Republik.

Wolf, im Brotberuf Arzt, ab 1928 Mitglied der KPD, schrieb nach expressionistischen „Oh-Mensch“-Anfängen Agitprop-Stücke immer reineren Wassers. In Wuppertal, wo man jetzt Wolfs „(Die Zeche zahlt) Koritke“ (Regie: Dieter Reible) ausgrub, kam freilich ein grundbiederes Stück auf die Bühne. Arbeitertheater hart an der Grenze zur Klamotte.

Allerdings hat bereits der Text deutliche Schwächen, so zum Beispiel die aus heutiger Sicht überaus dick aufgetragehe Symbolik des Oben und Unten, die überdies um Begriffe wie „Blut“ und „Licht“ kreist. Sprachlich steht dazu ein abgehackter Telegrammstil in … Weiterlesen

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Bert Brecht seziert und kenntlich gemacht – Pina Bauschs Tanzabend „Die sieben Todsünden“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Wer geglaubt hat, „seinen“ Brecht genau zu kennen, kann ihn jetzt anders, nämlich noch genauer kennenlemen. Kaum jemand hat, wie der als „Frauenverbraucher“ selbst notorische „B.B.“, derart illusionslos und präzise Zusammenhänge zwischen Besitzverhältnissen und Sexualität formuliert. Und wie ließen sich die Gesten solcher, in Geld- und Werteinheiten abzurechnenden Tauschverhältnisse ausdrücklicher darstellen als im Tanz? Pina Bauschs Brecht-Tanzabend „Die sieben Todsünden“ stand schon 1976 bis 1979 auf den Spielplänen. Er erlebte nun eine glanzvolle Wiederaufnahme.

Das Ensemble – Pina Bausch arbeitet seit 10 Jahren in Wuppertal – „schreibt“ zugleich seine eigene Geschichte nach, aber auch fort. Die Rekonstruktion der Erstfassung gerät nicht zur faden Reprise, sondern gewinnt im neuen Zugriff neue Unmittelbarkeit.

„Die sieben Todsünden der Kleinbürger“, … Weiterlesen

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Traumreise zum müden Monarchen – „Insel des König Schlaf“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Manuel lebt in einem kleinen Fischerdorf, irgendwo im Süden Europas. Seine Tante drängt ihn keifend, er solle sich den Realitäten selten, vor allem aber Schularbeiten machen. Alles, was den Jungen beschäftigt, tut sie als „spinnert“ ab.

Er aber braucht nicht einmal Phantasie, um Phantastisches zu erleben. Ein Boot wird ihm geschenkt, das ihm als „Traumschiff“ dient. Und ab geht die Reise zur „Insel des König Schlaf“. Das gleichnamige Stück des Portugiesen Norberto Avila hatte am Samstagmorgen in Wuppertal Premiere. Für die von Gerhard Kelling erstellte deutsche Fassung war es sogar eine Uraufführung.

Besagte Insel ist ein Schlaraffenland. Nur einige Probleme, die der pfiffige Gast Manuel (Boris Voland) nach und nach löst, gibt es: Der König (Heinz … Weiterlesen

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Halbherzig: „Ada und Evald“ von Monika Maron in Wuppertal uraufgeführt

Von Bernd Berke

Wuppertal. Monika Maron DDR-Autorin, Jahrgang 1941, hat ein Prosastück geschrieben, einige Mono- und Dialoge hineinverwoben und das Ganze ..Ada und Evald. Ein Stück“ genannt. Wuppertals Bühnen nahmen das Titelanhängsel „Ein Stück“ wörtlich und brachten „Ada und Evald“ als Uraufführung.

Schon im Vorfeld dieses Ereignisses hatte es Auseinandersetzungen gegeben. Schauspieldirektor Dieter Reible zog, unzufrieden mit erreichten Resultaten, die Regie-und Bühnengestaltung an sich, die Premiere mußte verschoben werden. Man ahnt nun, wo die Probleme gelegen haben könnten. Das „Stück“ ist eher zum Lesen geeignet, es wirkt im Theater deplaziert.

Schriftstellerin Ada (Andrea Witt) liebt den Schriftsteller Evald (Michael Wittenborn), weil der sich ihr entzieht. Evald übertüncht seine innere Leere, indem er Weltschmerz- und Geniephantasien nachhängt. Ada will, „daß etwas … Weiterlesen

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Künstler will 350 Kilometer langen Kreidekreis ziehen – Gunter Demnig kommt auch durch Dortmund und durchs Sauerland

Von Bernd Berke

Im Westen. „Spuren-Demnig“ ist ab Sonntag wieder unterwegs. Mit einer 350 Kilometer langen Linie aus Schlämmkreide“ (Titel: „Kreidekreis“) will Günter Demnig (35) binnen 14 Tagen eine abgezirkelte Spur um die Wuppertaler „Galerie Brusten“ ziehen.

Weil er sich dabei stets im 40-Kilometer-Abstand vom Kreismittelpunkt bewegt, wird er auch in Dortmund (Scharnhorst) und Iserlohn Kreide hinterlassen sowie an Altena, Lüdenscheid und Olpe vorbeikommen. Start und Ziel: der Kölner Kunstverein.

Demnig wird sein Plexiglaswägelchen, aus dem die Kreide (umweltfreundlich und bei trockenem Wetter eine Woche haltbar) rinnt, von Köln aus im Uhrzeigersinn durch die Lande schieben. Für den Kreidenachschub hat er Depots ausgeguckt, etwa Gaststätten am Streckenrand. Genächtigt wird im Zeit.

Was soll der Betrachter denken? Demnig will der Phantasie … Weiterlesen

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Der Staub der vielen Jahre – John Osbornes „Blick zurück im Zorn“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Wie auf einer verlassenen Baustelle erhebt sich das ärmliche Zimmer der Porters. Bescheiden möbliert, leben die Anti-Helden von John Osbornes „Blick zurück im Zorn“ auf unsicherem Grund: Bühnenbildner Raimond Schoop hat die realistisch ausstaffierte Ein-Zimmer-Hölle auf eine zerfetzte Beton-Armierung gesetzt.

Dort läßt Jimmy Porter (Peter Hommen) seine mittlerweile etwas angestaubten Haßtiraden auf Gott und die Welt der 50er Jahre vom Stapel, ein „abgebrochener Student“, der seinen Unterhalt als Bonbonverkäufer bestreitet. Die aus Verbitterung und Resten von Sehnsucht nach wilder Lebendigkeit gespeisten Zorn-Monologe verschonen niemanden. Jimmys phlegmatische Frau Alison (Claudia Gehre), sein hilflos um Frieden bemühter Freund Cliff (Alexander Pelz) und Helena (Claudia Amm) werden zu Zielscheiben verbitterter Rede.

In Wuppertal geht das auf biedere Weise seinen … Weiterlesen

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„Lauf doch nicht immer weg“ – Jens Pesel inszeniert britische Pfarrhaus-Farce in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Verkleidungs- und Verwechslungsspiele bereiten, kommt man nicht mit zu hohen Ansprüchen ins Theater, immer Vergnügen.

Wenn auf den Brettern und hinter jeder Bühnentür Leute stehen, die etwas nicht sehen dürfen oder selbst auf keinen Fall gesehen werden wollen und alles bis kurz vor Schluß unentdeckt bleibt, so mischt sich die Erleichterung des Kindes mit hinein, das bei Heimlichkeiten nicht ertappt wurde. Wenn dann noch das Spiel mit Konventionen betrieben und ein Pfarrer mit Sex, Alkohol und Irrsinn in Berührung gebracht wird, ist der derbe Spaß komplett.

Philip Kings 1945 uraufgeführte Farce „Lauf doch nicht immer weg“, ein ähnlicher Dauerbrenner wie „Charleys Tante“, bietet all das mit britischem Humor ausbalanciert. Die neue Wuppertaler Inszenierung (Jens Pesel) bringt … Weiterlesen

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Emigrant gerät in Schweizer „Eiszeit“ – Thomas Hürlimanns Stücvk „Großvater und Halbbruder“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Lag’s an den Osterferien oder befürchtete man, Schwerverdauliches vorgesetzt zu bekommen: Zur Wuppertaler Premiere von Thomas Hürlimanns „Großvater und Halbbruder“ blieb gut die Hälfte des Gestühls im Schauspielhaus unbesetzt.

Zur Aufführung kam das knapp drei Jahre alte Stück eines heute 32jährigen Schweizer Autors, dessen Vater eidgenössischer „Bundesrat“ und als solcher für die Kultur des Alpenlandes ministeriell zuständig ist. Das Stück hat, obwohl während des 2. Weltkriegs spielend, viel mit dem Generationskonflikt zu tun, der sich Anfang der 80er Jahre in der „Zürcher Revolte“ am Mißverhältnis zwischen offizieller und Subkultur entzündete und heftig entlud.

Thomas Hürlimanns Hauptfiguren entstammen dem konkret-familiären Bereich: „Mein Großvater; meine Mutter; mein Vater Hans Hürlimann.“ An Hand dieser privat anmutenden Konstellation zeigt der … Weiterlesen

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Diffuses Figuren-Inventar – Shakespeares „Maß für Maß“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Den Angelo würde man heute wohl einen „Zombie“ nennen. Blutleer, Grau in Grau gekleidet, betritt er die Bühne, ein Abgestorbener mit abgetöteten Gefühlen. Ausgerechnet ihm überträgt Herzog Vincentio die Gewalt im Staate. Angelo, selbst nicht ohne Fehl, nutzt das weidlich, bis an und über die Grenzen der Diktatur.

Die Ausgangssituation von „Maß für Maß“, die als Shakepeares tiefgründigste Komödie gilt und dieser Gattung über weite Strecken gar nicht mehr angehört, gibt einiges her für die Gegenwart. Das Stück hatte jetzt in der Inszenierung Jörn van Dycks in Wuppertal Premiere.

Geradezu idealtypisch lassen sich anhand des 1603 uraufgeführten Stücks Mißbrauch von Macht und Überdehnung des Rechts im Namen lebensferner Prinzipien darstellen. Daß das Drama darüber hinaus in … Weiterlesen

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Auch Dortmunder Theater erwägt verbilligte Karten für Arbeitslose – Umfrage nach Krefelder Initiative

Von Bernd Berke

Im Westen. Sehr unterschiedliche Reaktionen hat die Nachricht ausgelöst, daß das Krefelder Theater als angeblich erste deutsche Bühne Karten für Arbeitslose um die Hälfte billiger abgeben will.

Während es beim Wuppertaler Theater auf WR-Anfrage hieß, dies könne beispielgebend sein, meinte Bochums BühnenVerwaltungsdirektor Dr. Rolf Paulin: „Verbilligte Theaterkarten für Arbeitslose sind ein uralter Hut. Die gibt’s in Bochum schon seit langem“.

Während in Bochum der Eintrittspreis für Erwerbslose um 50 Prozent reduziert ist, gibt es beim Westfälischen Landestheater (WLT) in Castrop-Rauxel 40 Prozent Ermäßigung. WLT-Rendent Günter Dammeier: „Was die Krefelder jetzt machen wollen, praktizieren wir schon seit Jahren“. Das Angebot werde freilich nicht sehr intensiv genutzt. Eine möglich Erklärung dafür hat Bochums Verwaltungsdirektor Paulin parat: „Kaum ein Arbeitsloser … Weiterlesen

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Bühnen-Effekte aus der Trickkiste – Wuppertaler Premiere „Alice im Wunderland“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Im Wunderland der Theater-Effekte glaubte man sich zeitweise zu befinden, und das war gar nicht verwunderlich: Auf dem Programm der Wuppertaler Bühnen stand schließlich die Premiere von „Alice im Wunderland“.

John V. Baer und Götz Burger zeichneten für Dramatisierung und Inszenierung der Geschichte verantwortlich. Lewis Carrolls 1864 für ein Kind geschriebene Erzählung ist – wie so vieles, was Kindern in Buchform angedient wird – eigentlich eine hochintellektuelle Spielerei. Da geht es zum Beispiel um Überlappungen von Traum und Wirklichkeit. Mathematik- und Logik-Dozent Carroll konnte sein Metier kaum verleugnen. Sein Welterfolg behandelt – im Gewand des Märchens – Probleme der Wahrnehmung, der Identität und der Erkenntnis, die bisweilen zu aberwitzigem Nonsens vorangetrieben werden.

Sehr zweifelhaft, ob die … Weiterlesen

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Der Prinz als Privatmann und ein vielbeschäftigter Kammerherr – „Emilia Galotti“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die erste Schauspielpremiere der neuen Saison in Wuppertal, Lessings Trauerspiel „Emilia Galotti“, entfachte im Zuschauerraum beinahe mehr „Theater“ als auf der Bühne.

Einige Theaterbesucher auf den hinteren Rängen forderten vehement, die Schauspieler möchten doch lauter reden. Von den empörten Vorderreihen niedergezischelt, erhöhten die Hinterreihen die Phonstärke (Gebrüllter Dialog: „Ich will hören!“ – „Dann kauf Dir doch ’nen Fernseher!“) – immer mitten in den Vortrag der Darsteller hinein. Dabei hätte es solcher Aktivitäten gar nicht mehr bedurft, um die Schauspieler aus dem Konzept zu bringen. Wie ich finde, waren die meisten Darsteller ohnehin aus dem Konzept, und dieses Konzept ließ seinerseits zu wünschen übrig.

Die Rollen der Dienerschaft und des bezahlten Mörders Angelo. blieben in dieser Aufführung … Weiterlesen

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