Schlagwort-Archive: Wuppertal

Wenn man dem Glück gar nicht entrinnen kann – Wuppertal stellt den populären Künstler Otmar Alt vor

Von Bernd Berke

Wuppertal. Otmar Alt (53), vielleicht der populärste deutsche Künstler, hat nichts ausgelassen. Er hat praktisch alle Techniken erprobt, mit jedem denkbaren Material gearbeitet und seinen bunten Kosmos in vielerlei Richtung wuchern lassen. Ist er etwa ein Allerwelts-Schöpfer?

Kaum einer seiner Kollegen versteht auch so ausgiebig über die eigenen Arbeiten zu sprechen wie der Mann aus Hamm-Norddinker, dem das Wuppertaler Von der Heydt-Museum jetzt eine Retrospektive widmet. Von der landläufigen Kunstkritik fühlt sich Otmar Alt offenbar verkannt, also muß er sich wohl selbst deuten: „Ich bin keine Märchentante!“ ruft er all jenen entgegen, die sein farbig-fröhliches Kunst-Universum unter dem Etikett „naiv“ abheften wollen. Er selbst sieht sich lieber in der Nachbarschaft eines Paul Klee und eines Joan Miró. … Weiterlesen

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Wuppertal: Museum muß vorerst keine Bilder verkaufen – Ratsbeschluß sorgt nur für vorläufige Entwarnung

Von Bernd Berke

Wuppertal. Vorläufige Entwarnung: Das Ansinnen der Stadt ans Von der Heydt-Museum, zwecks Aufbesserung der Finanzen einige Bilder zu veräußern, ist erst einmal vom Tisch. Dennoch hängt weiter ein Damoklesschwert über dem Museum.

Einstimmig beschloß der Wuppertaler Stadtrat am Montagabend eine Dreipunkte-Erklärung zum bundesweit beachteten Bilder-Streit. Darin heißt es u. a., einen regelmäßigen (!) Verkauf von Kunstwerken zur Etat-Steigerung dürfe es nicht geben. Damit bleibt die Möglichkeit offen, von Fall zu Fall eben doch solche Aktionen ins Auge zu fassen.

Weiter enthält der Ratsbeschluß einen Dank an die Stifter von Kunstwerken, denen man die Sorge nehmen will, die von ihnen zur Verfügung gestellten Werke könnten zur etwaigen Verkaufsmasse gehören. Schließlich wird festgelegt, daß nur die Museumsleitung selbst über … Weiterlesen

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Zartbitterer Scherz – Alan Ayckbourns „Familiengeschäfte“ zeitweise mit Zuschauern auf der Bühne

Von Bernd Berke

Wuppertal. Das Wuppertaler Stadttheater kann sich keine Schauspieler mehr leisten. Also müssen die Zuschauer auf die Bühne kommen und alles selbst machen.

Gemach, gemach. Ganz so schlimm ist es noch nicht. Doch im Zeichen allfälliger Kultur-Sparmaßnahmen hat das Ensemble zur Premiere von Alan Ayckbourns Komödie „Familiengeschäfte“ schon mal eine Zukunftsschau gewagt: Regisseur Hans-Christian Seeger betrat eine fast ratzekahle Bühne und bat vielmals um Entschuldigung. Doch eine Ausstattung könne man halt nicht mehr bezahlen. Sprach’s und holte – Rolle für Rolle – dreizehn verdutzte Leute aus dem Publikum auf die Bretter. Die sollten nun gefälligst spielen…

Natürlich war’s nur ein zartbitterer Scherz. Die ins Rampenlicht gezogenen Zuschauer durften sich wieder hinsetzen, denn es gab doch noch echte Schauspieler. … Weiterlesen

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Der kinderleichte Traum von einer besseren Welt – Jean Giraudoux‘ „Die Irre von Chaillot“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Ein paar Kapitalisten wollen halb Paris abreißen, um vermeintliche Ölquellen auszubeuten. Doch die Erd- und Menschenschinder werden in eine tödliche Falle gelockt – und schon ist die Welt ein für allemal befreit. So simpel geht das in Jean Giraudoux‘ Stück „Die Irre von Chaillot“, das in Wuppertal Premiere hatte.

Selten wird der Zweiakter gespielt. Er ist schwer in den Griff zu bekommen. Ziemlich diffus wirkt das Figureninventar zwischen windigen Geldsäcken und Gestalten aus jener niederen Gegenwelt der Clochards und der „irren“ Frauen. Die sind hier natürlich im höheren Sinn die einzig Vernünftigen, weil am mißlichen Zustand der Welt irre geworden. Das Stück hegt eine verstiegene Hoffnung auf rebellische Randgruppen.

In Wuppertal (Regie: Kresimir Dolencic) verklammert man … Weiterlesen

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Im Bett mit Karl Marx – „Die Verkündigung oder: Friedrich, du bist ein Engel“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Der olle Karl Marx räkelt sich im Ehebett. Neben ihm liegt seine liebe Frau. Sie erdrückt ihn mit ihrer Fürsorge, sie hält ihn dauernd vom Schreiben und – na, sowas! – vom Fremdgehen ab. Und wenn seine Feder doch mal kratzt, ruft sie gleich; .„Was schreibst du da?“ Bedauernswerter Marx? Im Gegenteil.

„Die Verkündigung oder: Friedrich, du bist ein Engel“, jetzt in Wuppertal als deutsche Erstaufführung zu sehen (Regie: Hans-Christian Seeger), zeigt uns Karl Marx zwei, Stunden lang im Nachtgewand, doch nicht im Büßerhemd: Dieser Mann ist, ganz ungebrochen, ein Patriarch, der mit Frau und Geliebter nach männlichem Belieben umspringt.

Autor Milan Uhde ist, politisch besehen, kein Geringer. Er ist tschechischer Parlamentspräsident. Die Handlung seines Stückes … Weiterlesen

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Der illusionslose Blick auf die Gewalt – „Violence Report“ von Leon Golub in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Gewalt gibt es immer und überall“, stellt der New Yorker Künstler Leon Golub fest. Was folgt daraus? Sollen wir, um nicht abzustumpfen, die Augen verschließen oder im Gegenteil genauer hinsehen? Golub empfiehlt mit seiner Wuppertaler Ausstellung „Violence Report“ den illusionslosen Blick.

Der Besucher geht wie durch ein Labyrinth, ständig aus dem Tritt gebracht. Denn die 31 großformatigen Bilder hängen nicht etwa an den Wänden, sondern – auf durchsichtige Plastikfolien gebannt – von der Decke herab und mitten in die Räume hinein. Solch direkte Konfrontation erzwingt Umwege. Fast wie bei Skulpturen eröffnen sich beim Umhergehen immer neue Perspektiven auf Vorder- und Rückseiten. Mehr noch: Schon ein leichter Luftzug kann die frei im Raum hängenden Bilder in gespenstische … Weiterlesen

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Als Natur schon künstlich wurde – Deutsche Graphik der Goethezeit im Wuppertaler Museum

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Zurück zur Natur!“ rief Jean-Jacques Rousseau. Um 1800, zur vielbeschworenen Goethezeit, folgten auch viele deutsche Künstler dem Appell. Es war fast zu spät, denn am historischen Horizont dämmerte schon die Industrialisierung herauf und drohte die Idyllen zu zerstören. Wie Graphiker des Klassizismus und der Romantik die Natur sahen, zeigt jetzt ein breiter Überblick Im Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum. 260 Arbeiten aus Eigenbesitz sind zu sehen.

Das Verhältnis zur Natur muß schon damals oft recht künstlich gewesen sein. Zahllose Ideallandschaften mit all ihren pittoresk drapierten Zutaten hat es so niemals gegeben. Es waren geschönte Postkarten-Ansichten, aus lauter Versatzstücken gefügt. Hier eine antike Säule, dort ein edel, tugendsam oder heroisch aussehendes Menschlein, und im Hintergrund hatten sich derweil Wald und … Weiterlesen

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Fremdling auf der Erde – Bilder von Auguste Chabaud in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Paris behagte ihm nicht, in der Provence fühlte er sich auch nicht wohl. Auguste Chabaud (1882-1955) war ein Fremdling auf Erden. Jetzt zeigt das Wuppertaler Von der Heydt-Museum eine große Retrospektive mit 120 Ölbildern und 100 Zeichnungen – Wiederentdeckung einer vergessenen Nuance der Moderne.

Die Franzosen haben den Beginn der Chabaud-Renaissance verschlafen. Zwar richteten sie ihm 1992 in Graveson (bei Avignon) ein Museum ein, doch da hatte längst der Bochumer Galerist Alexander von Berswordt-Wallrabe die Bedeutung Chabauds erkannt und den Anstoß für die jetzige Schau gegeben.

In seinen besten Jahren, etwa um 1907, war Chabaud ein Meister der kühnen optischen Raffung: ein paar Striche, ein Auge – fertig war die Schafherde. Ein roter Hotelflur, zwei Türen, … Weiterlesen

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Durch die Hölle in das sittsame Leben – Graphik von Hogarth und Chodowiecki in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Tugend kann man den Menschen auf zweierlei Art beibringen: Entweder malt man die Freuden sittsamen Lebens aufs Schönste aus (und flunkert dabei notfalls ein bißchen) – oder aber man läßt die Leute tief in den Höllenschlund des Lasters blicken, auf daß sie womöglich zurückschrecken.

William Hogarth (1697-1764) hat den zweiten Weg gewählt und damit allzeit gute Geschäfte gemacht. Als Raubdrucke seiner Bilder überhand nahmen, setzte er sogar ein frühes Copyright durch.

Nehmen wir Hogarths Radierungszyklus „Die Stufen der Grausamkeit“ als Extrembeispiel. Schon im ersten Bild quälen einige Rabauken Katzen und Hunde. Die weitere Beschreibung ersparen wir uns. Weiter als das vierte Bild gehen wohl auch Horrorvideos nicht. Ein gravierender Unterschied: Hogarth wollte den heilsamen Schock, … Weiterlesen

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Wenn es den Künstler übermannt – üppige Werkschau über Max Klinger in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Eine Dame liegt nackt am Strand, hingegossen wie auf einer billigen Postkarte. Da kommt Besuch: ein paar Vögel, darunter zwei Marabus, mit langen Schnäbeln und gierig-spöttischem Blick. Da frage jemand, wofür die Schnäbel auf dem Bild „Gesandtschaft“ symbolisch stehen könnten.

Das Pendant sind jene Krebsscheren, die beinahe zärtlich Gegenstände in sich hineinsaugen. Von dieser fiebrig-feuchten Art sind viele Bilder des Max Klinger (1857—1920). Sigmund Freud, des Künstlers Zeitgenosse in einer Epoche sexueller Unterdrückung, ist stets in der Nähe. Wuppertals Von der Heydt-Museum zeigt jetzt einen in Leipzig konzipierten Klinger-Überblick mit Gemälden, Graphik, Zeichnungen und Skulpturen, angereichert um Eigenbesitz.

Es ist ein späte, ja überreife Frucht des einstigen Kulturabkommens zwischen Bundesrepublik und DDR. Der gebürtige Leipziger Klinger … Weiterlesen

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So leicht ist „Warten auf Godot“ – jedenfalls in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Im Museum steht ein mit Kinogestühl möblierter Kasten. Darin sitzen zwei schwatzende, brabbelnde Herren. Die Zuschauer nehmen das anfangs durch eine Scheibe wahr, die einer der beiden Männer eifrig glasklar wienert: Keine Unklarheiten also!

Die Herren heißen Wladimir und Estragon, bilden mithin jenes Duo, das in Samuel Becketts Stück so sinn- und endlos auf „Godot“ wartet – eine Tätigkeit, die längst zu einer Vielzahl von (Theater)-Witzen geronnen ist. Zudem hat „Warten auf Godot“ in seiner leerlaufenden Logik gewisse Parallelen zu Komikern vom Schlage eines Karl Valentin. Warum also Beckett nicht als Hochkomiker spielen, statt als Tiefgründler?

So geschieht es in Wuppertal, wo Hans-Christian Seeger das Stück im Forum des Von der-Heydt-Museums inszeniert hat – mitten in … Weiterlesen

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Poster, Platten und kein Starkult – Besuch im Wuppertaler Institut für Popkultur

Von Bernd Berke

Warum sind amerikanische Rockplakate aus den 60er Jahren meist kleiner als eine durchschnittliche Zeitungsseite? Weil man sie an Telefonmasten heftete. Dafür hatten sie genau das passende Format. Warum entstand und boomte damals die Poster-Industrie? Weil eben jene Plakate haufenweise geklaut wurden und die Fans der Rockgruppen heftig Nachschub verlangten…

Erscheinungsbild der Titelseite der Wochenendbeilage, Westfälische Rundschau vom 2. März 1991. (Plakate aus der Sammlung des „Instituts für Popkultur“, Reproduktionen von Bodo Goeke)

Solch knifflige Fragen kann Uwe Husslein (32) beantworten. Kein Wunder. Er leitet, bislang noch im Einmann-Betrieb, das „Institut für Popkultur“ (Kürzel: „Inpop“) in Wuppertal, eine bundesweit einmalige und auf mittlere Sicht wohl auch beispielhafte Einrichtung. Hier will man Pop und Rock endlich als Kultur wirklich … Weiterlesen

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Das Ziel der Kunst kann die Reklame sein – Wuppertaler Retrospektive des Konstruktivisten Walter Dexel

Von Bernd Berke

Wuppertal. Reklame war für ihn kein Anhängsel der Kunst, sondern beinahe ihr Ziel: Wie so viele Künstler der ersten Jahrhunderthälfte, hat auch Walter Dexel (1890-1973) mit seinen Arbeiten ins Alltagsleben hineinwirken wollen. Für die Stadt Frankfurt entwarf er gar eine ausgefeilte „Reklame-Ordnung“, die allerlei werbliche Aussagen zum Stadtbild komponieren sollte.

Dexel, an den jetzt mit einer breit angelegten Retrospektive in Wuppertal erinnert wird, war von Haus aus Kunst-Wissenschaftler und zeitweise selbst Ausstellungsmacher mit besten Kontakten zu „Szene“. Es mag sein, daß ihm all sein Hintergrundwissen bei seiner Entwicklung als bildender Künstler zuweilen im Wege gestanden hat, denn der Autodidakt Dexel folgte bis in die 30er Jahre so getreulich den aktuellen Strömungen der Kunst, daß man ihn fast … Weiterlesen

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Wenn jede Kunst es mit der anderen treibt – Wuppertaler Pop-Institut zeigt in Hamburg Ausstellung über Andy Warhol und „Velvet Underground“

Von Bernd Berke

Hamburg/Wuppertal. Unter der Decke schweben Cassetten-Recorder mit Kopfhörern, beim Aufschlagen eines Buches entfaltet sich eine dreidimensionale Suppendose aus Papier. Fotos zeigen ekstatisch verzerrte Gesichter im Stroboskop-Gewitter, Platten und Plakate animieren zu Rockmusik-Räuschen, es laufen bizarre Filme und Videos. Wohin sind wir denn da geraten? In die ehrwürdige Hamburger Kunsthalle.

Die große Andy Warhol-Ausstellung vor Jahresfrist in Köln war ein Publikumsrenner. In der Euphorie fiel aber kaum auf, daß ein wichtiger Werkaspekt des berühmten Pop-Künstlers total vernachlässigt wurde: seine intensive Beziehung zur Rockszene. Warhol wollte gar, auch weil er auf diesem Feld erhöhte Öffentlichkeit sowie Geschäfte witterte, mit seinen Künstlerkollegen Claes Oldenburg und Jasper Johns selbst eine Rockband gründen, die freilich ein Flop wurde. Seine Zusammenarbeit mit der … Weiterlesen

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Die Leinwand ist der „Tatort“ des Künstlers – Retrospektive über Hann Trier in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Als sein heute hoch gehandelter Schüler Georg Baselitz wegen „obszöner“ Bilder hartnäckig bei der Justiz denunziert wurde, sah Hann Trier buchstäblich „Rot“. Da malte er eine Bilderserie, deren Titel „von Staatsanwälten verstanden werden“ (Trier): „Tatort“, „Lokaltermin“, „In Tateinheit mit Rot“, „Indizienkette“ und „Tatverdacht“. Das war 1963/64, lange bevor es den TV-„Tatort“ gab.

Das Wort weist denn auch weit über kriminologische Bedeutungen hinaus. Hann Trier (75), wichtiger Anreger der Nachkriegskunst im Umkreis des sogenannten „Informel“, nennt die Leinwandfläche eines Bildes überhaupt den „Tatort“ des Künstlers. Bevorzugt beidhändig setzt er dieser Fläche zu. Doch er ist kein Vertreter einer begriffslos zupackenden Aktionskunst, sondern im Gegenteil einer Kunst aus dem Geist der Sprache. Dies macht jetzt mit 75 Exponaten … Weiterlesen

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Experten warnen: Auch neue Kunst verfällt schon

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Kunst-Restauratoren schlagen Alarm: Nicht nur Werke alter Meister verfallen, auch moderne und zeitgenössische Arbeiten sind schon bedroht. Das Thema steht bei der Jahrestagung des Deutschen Restauratoren-Verbandes (bis Samstag in der Wuppertaler Stadthalle) auf der Tagesordnung obenan.

Experimentierlust und Geldsorgen moderner Künstler machen den Restauratoren zu schaffen. Manch mittelloser Künstler hat einfach beim Material gespart – mit schlimmen Folgen für die Haltbarkeit. Und: Seit dem Aufkommen neuer Materialien in der Objektkunst (von Plastik-Teilen bis zur berühmten „Honigpumpe“ oder „Fett-Ecke“) laufen die für den Erhalt zuständigen Experten der Entwicklung sowieso hinterher. Man ist gerade erst dabei, einen Katalog der Stoffe, also eine Art Ersatzteilliste zu erstellen.

Manche Gegenwarts-Künstler wollen gar, daß Werke allmählich verwittern und vergehen; es … Weiterlesen

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Puppenhafte Spiele im goldenen Rahmen – Oscar Wildes Komödie „Bunbury“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Ein Abend mit Goldrand: Die ganze Bühnenöffnung ist in einen riesigen Bilderrahmen eingefaßt. Unten rechts steht der Titel des ausgestellten Theater-Kunstwerks: „Oscar Wilde: ,Bunbury'“. Die leichtfüßige VerwechslungsKomödie aus der Feder des lässig-eleganten Zynikers – ein museales Stuck? Nun, jedenfalls tut sich vor unseren Augen eine enthobene Kunstwelt auf.

„Bunburysieren“, das heißt bei Wilde: Ausreden erfinden, um sich heimliche Genüsse erlauben zu können. Zwei dandyhafte Junggesellen sind darin Meister: Jack Worthing erfindet einen liederlichen Bruder namens Ernst, den er angeblich immer mal wieder in London zur Tugend ermahnen muß. In Wahrheit erlaubt sich der vom öden Landleben enervierte Jack selbst als jener Ernst Eskapaden in der Großstadt. Sein Londoner Freund Algernon macht’s umgekehrt: Er ersinnt den ständig … Weiterlesen

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Männer als dienstbare Geister der Weiblichkeit – Pina Bauschs Tanzabend „Palermo“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Bevor Pina Bauschs neuer Wuppertaler Tanzabend anfing, betrat Intendant Holk Freytag die Bühne: Man möge keine fertige Inszenierung erwarten, sondern ein „work in progress“, einen Werkstatt-Einblick also. Freytag sprach den Standardsatz dieser Tage ironisch: Es werde auch hier in den nächsten Wochen zusammenwachsen, was zusammengehöre.

Dann die erste Szene. Stille. Lang blicken wir auf eine Mauer, die schließlich mit Getöse in sich zusammenstürzt. Heiterkeit im Publikum. Deutsch-deutsche Anspielungen auch hier? Nun, zwangsläufig wird dieses Bild derzeit so „gelesen“; es steht (und fällt) aber vielleicht eher als allgemeines Zeichen für Durchbruch. Auch sollen wir ja nicht starr nach Deutschland schauen, sondern – dem vorläufigen Arbeitstitel „Palermo“ gemäß – nach Sizilien.

Freilich sind die dort landläufigen Szenerien, die … Weiterlesen

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Grausame Komödie des gescheiterten Widerstands – Joshua Sobols Ghetto-Stück „Adam“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Ein deutscher Kulturmensch: feingliedrig, fahrig-nervös und etwas gedankenblaß. Später wird er Goethe und Shakespeare geläufig zitieren. Zunächst aber nimmt er, bestens herausgeputzt, in einem Theatersessel Platz. Er will eine Komödie genießen, eine grausame „Komödie der Irrungen“.

Kittel (Daniel Hajdu), so heißt dieser ach so kunstsinnige Mann in Joshua Sobols Stück „Adam“, ist als SS-Kommandant im Ghetto von Wilna (Litauen) Herr über Tod und Leben – in einer innigen Zwangsgemeinschaft von Tätern und Opfern. Das Drama im Drama, über das sich Kittel so köstlich amüsiert, ist der scheiterende Widerstand der Juden und ihrer historisch verbürgten Untergrundorganisation F. P.O.

Der israelische Autor arbeitet seit jeher mit Schocks: In seiner gleichfalls in Wilna spielenden Todesrevue „Ghetto“, zu der „Adam“ … Weiterlesen

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Über die Revolte wird nur geredet – Roland Gall inszeniert Hauptmanns „Weber“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Unter der gebieterischen Titelzeile „Schluß jetzt mit Hauptmann?“ bezeichnete der Kritiker Peter Iden („Frankfurter Rundschau“) 1987 die Beschäftigung unserer Bühnen mit Gerhart Hauptmanns Dramen als überflüssig. Das sei „totes Theater“, ganz von gestern.

Nun gibt es immer mal wieder Sternstunden, in denen angeblich „unspielbare“ Stücke sich als überraschend spielbar erweisen. Eine solche Sternstunde wurde Wuppertal, wo Roland Gall (1980-84 Dortmunder Oberspielleiter) Hauptmanns „Die Weber“ in Szene setzte, allerdings nicht zuteil.

Die Bühne (Frank Chamier) ist naturalistisch gestaltet, die Dinge bedeuten nur sich selbst: Szenen wie Genre-BiIder, insgesamt zu harmlos. Auch eine Symbolik der Art, daß die Fabrikantenwohnung sich als Luxus-Gehäuse über einer Weberhütte befindet, ist gar zu offensichtlich.

Zudem wird das Elend der schlesischen Weber von … Weiterlesen

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Der dumpfe Untergrund bürgerlicher Spießigkeit – Kotzebues „Die deutschen Kleinstädter“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Goethe, in Weimar auch Theaterdirektor, wußte, warum er mehr Stücke von August von Kotzebue als etwa von Schiller spielen ließ. Weil, so befand Goethe, Kotzebue uns Mittel „in die Hand gegeben hat, die Zuschauer zu unterhalten und der Kasse zu nutzen“.

Das Kassen-Argument wird auch in Wuppertal eine Rolle gespielt haben. Dies ist legitim, aber ist es auch hinreichend, um Kotzebue (1761-1819) heute noch mit Zipfelmützen und Schlafröcken zu spielen, ganz so, als müsse es uns lediglich um „Die deutschen Kleinstädter“ (Stücktitel) von Anno 1800 gehen?

Titelsucht, Prinzipienreiterei, Engstirnigkeit, Kleinigkeitskrämerei, lachhafter (Lokal)-Patriotismus und eine „christliche“ Moral, die man festtags wie eine Monstranz vor sich herträgt, während man alltags als Prozeßhansel um Nichtigkeiten streitet – das alles … Weiterlesen

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Geisterbahn preußischer Geschichte – Heiner Müllers „Leben Gundlings…“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Das Licht im Zuschauerraum ist noch nicht verloschen, da staksen auf der Bühne schon zwei laszive Krankenschwestern herum. Stehen die Handelnden der folgenden Szenen allesamt unter Kuratel, sind sie Insassen eines verrückten Hospitals? Wohl möglich!

Heiner Müllers „Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei“ ist ja eine drastisch-haßgesättigte Psychopathologie des Preußentums, seines Machtgebarens und seiner ohnmächtigen Intellektuellen.

Anfangs ist „Friedrich der Große“ noch klein und trägt kurze Hosen. Die Szenen, in denen sein Vater, Friedrich Wilhelm, dem Knaben jegliche Lust aus- und eiskalte Gewalt eintreibt, könnte man sich als bitterböse Komödie im täuschend leichten Konversationston denken; doch in Wuppertal, wo Hans Peter Cloos das Stück inszeniert hat, befinden wir uns gleich wieder mitten in der … Weiterlesen

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Cleverer Onkel und ein Kultur-Eckchen für die Damen – Carl Sternheims „Tabula rasa“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Diese Farbsymbolik ist schon reichlich dick aufgetragen: Wenn in der Wuppertaler Inszenierung von Carl Stemheims Stück „Tabula rasa“ wirtschaftlich-politische Dinge verhandelt werden, spielen sie sich in Wolf Münzners Bühnenbild auf einer großen grauen Fläche ab, die bis in die Tiefe der Bühne reicht und fast nur den Herren der Schöpfung vorbehalten bleibt.

Für die dienenden Damen gibt’s links vorn, schräg nach hinten gekippt, ein kleines rosarotes „Kultur-Eckchen“ mit Klavier, Staffelei, Ballettstange und Spiegel. Die Verbindung beider Sphären ist denkbar gering und wacklig: Mit einem Bein ragt ein Tisch aus dem grauen in den rosaroten Bereich, nur gestützt von einer winzigen Klassiker-Büste.

An dem Tisch residiert Wilhelm Ständer, Sozialdemokrat auf Abwegen: Heimlich ist er zum Mitaktionär der … Weiterlesen

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Provokation ohne Ertrag – Franz Xaver Kroetz‘ „Stallerhof“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

In der Geisterbahn bekommt die geistig „zurückgebliebene“ Stallerhof-Tochter „Beppi“ dermaßen Angst, daß ihr etwas höchst Peinliches passiert. Der alte Hofknecht Sepp heißt sie die Unterwäsche ausziehen und beseitigt hilfreich die Spuren des Malheurs. Dann geschieht’s, wie in einem Anfall: „Nimmt sie, entjungfert sie“, heißt es lakonisch in Franz Xaver Kroetz‘ Szenenanweisung.

Auf dem Wuppertaler Bühnenboden folgt die Andeutung eines hastig-bizarren Beischlafs. Einem praktizierenden Zyniker im Parkett reichte das quicke Tempo noch nicht: „Schneller!“, feuerte er die Darsteller lautstark an. Auch andere wollten es hinter sich haben: Diese Szene der „Stallerhof“Inszenierung (Regie: Ulrich Greiff) sorgte bei der Premiere für einen veritablen Publikums-Exodus. Dutzende verließen zornig das Elberfelder Schauspielhaus. Hier kann Theater noch schockieren.

Der Inhalt des 1972 uraufgeführten … Weiterlesen

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„Maria Stuart“ und die Lust an der Buße

Von Bernd Berke

Wuppertal. Aus dunklem, augenscheinlich königlich teuren Holz sind die Wände in Maria Stuarts Gefängnis und in den Räumen ihrer Widersacherin, der Königin Elisabeth. Der Vorhang: kostbares violettes Tuch. Die Musik: Streichquartett von Franz Schubert. Durchweg edel eingefaßt wie ein Kleinod, wie ein sorgsam verwahrtes Text-Geschmeide, sieht man in Wuppertal Schillers „Maria Stuart“ – im wahrsten Wortsinn ein Schmuck-Stück.

Adelheid Müthers Inszenierung behandelt die Vorlage äußerst schonend, fast scheu. Rena Liebenow spielt die Elisabeth. Würde oder Herrscherstolz sind bei ihr nur in Ansätzen zu spüren. Auch wird sie gar nicht so sehr von erotischer Frustration umgetrieben, wie dies Text und Aufführungskonvention nahelegen könnten. Nein, eigentlich ist sie – man kann es kaum anders ausdrücken – eine „ganz patente … Weiterlesen

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Überlebende durch Traum und Lüge – Gorkis „Nachtasyl“ an neuer Spielstätte in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Szenen aus der Tiefe“ lautet der Untertitel von Maxim Gorkis Elends-Drama „Nachtasyl“. In Helmut Palitschs Wuppertaler Inszenierung (zeitnahe Übersetzung von Thomas Brasch) wird diese Frühform von „Ganz unten“ wirklich ins Kellergeschoß verlegt.

Die „alte Küche“ unter der Stadthalle am Elberfelder Johannisberg, erstmals als Spielstätte genutzt, ist ein öder, verkommener Raum, rundum mit Kacheln ausgekleidet und wie geschaffen, eine trostlose letzte Zuflucht der Ausgestoßenen darzustellen. Dieser Spielort erspart das Bühnenbild, er ist aussagekräftig genug. Wenige Requisiten, etwa Bierflaschen und Zigarettenkippen, die am Schluß den Boden übersäten, reichen aus. Die Entscheidung für diese Spielstätte ist richtig. Man sollte „Nachtasyl“ nicht im schmucken Schauspielhaus vor gepolsterten Sesseln spielen. Auch daß hier ohne Pause gespielt wird, hat seinen Sinn. Snacks, … Weiterlesen

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Dichtes und konzentriertes Schauspielertheater – Ibsens „Gespenster“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Schon Theatertradition hat die Spöttermeinung, nach der mit dem medizinischen Fortschritt ein Großteil der Konflikte in Henrik Ibsens „Gespenster“-Drama sich von selbst erledigt hätte. Das schlimme Erbteil des alten Lüstlings Alving, der seinem Sohn Osvald Syphillis und Hirnparalyse „vermacht“, hätte quasi ausgeschlagen werden können, und der ganze Familienabgrund, den dieses 1881 uraufgeführte Stück aufrührt, wäre bedeckt geblieben.

Man muß gar nicht an „Aids“ denken, um dem Stück neue Aktualität aufzuzwingen. Es handelt natürlich nur nebenbei auf medizinischer, vor allem aber auf psychologischer und gesellschaftlicher Ebene von den „Gespenstern“ einer Vergangenheit, die „nicht einmal vergangen ist“, mächtig das Heute überschattet und „späte Geburt“ eher zum Fluch macht.

Ulrich Greiffs Wuppertaler Inszenierung riskiert keine Neudeutung, sie ist konventionell … Weiterlesen

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Plötzlicher Sinneswandel: Wuppertals Intendant Fabritius gibt auf

Von Bernd Berke

Wuppertal. Kehrtwende um 180 Grad: Während noch bei der Spielplan-Pressekonferenz am Mittwoch beim Wuppertaler Theater alles in schönster und stabilster Ordnung zu sein schien (WR berichtete), brach gestern unverhofftes Chaos aus. Generalintendant Jürgen Fabrilius, der am Mittwoch noch in „voller Gewißheit“ (Fabritius) seine Bereitschaft zur Vertragsverlängerung um fünf Jahre angekündigt hatte, warf wenige Stunden später das Handtuch.

In einem gestern bekannt gewordenen Brief an den Kulturdezernenten Heinz Theo Jüchter schrieb Fabritius: „Ich möchte Ihnen mitteilen, daß ich für eine weitere Abstimmung über meine Vertragsverlängerung nicht mehr zur Verfügung stehe.“ Er sehe keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit, weil der Kulturausschuß eine bereits empfohlene Vertragsverlängerung abgelehnt habe.

Anlaß für den urplötzlichen Sinneswandel war eine offenbar turbulente Sitzung des … Weiterlesen

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Wuppertal: Theater hofft auf Früchte der Beständigkeit – Stabiles Ensemble, zum Bleiben entschlossener Intendant

Von Bernd Berke

Wuppertal. Am Wuppertaler Theater stehen die Zeichen ganz auf Beständigkeit. Generalintendant Jürgen Fabritius will, wie er gestern vor der Presse bekräftigte, seinen Vertrag um fünf Jahre (bis 1992) verlängern, wenn die – fest in Ansicht gestellte – Aufstockung des Bühnenetats um rund 1,2 Mio. DM erwartungsgemäß vom Rat der Stadt gebilligt wird.

Eine bessere finanzielle Polsterung seines (1986 zu 74,8 % „ausgelasteten“) Dreispartenhauses hatte Fabritius zur Bedingung seines Verbleibs gemacht. Weiteres Signal für Kontinuität: Personell gibt es kaum Änderungen, das Schauspielensemble geht gar gänzlich unverändert in die Saison 1987/88. Fabritius äußerte sich befriedigt über diese Stabilisierung, denn in den 70er Jahren habe eine personelle Fluktuation geherrscht, die – mit Ausläufern bis heute – an der künstlerischen Substanz … Weiterlesen

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„Dreigroschenoper“ ohne Zähne

Von Bernd Berke

Wuppertal. War es Lust- oder Hilflosigkeit? Regisseur Brian Michaels jedenfalls hat Brechts „Dreigroschenoper“ in Wuppertal nur „an“-inszeniert und sonst den Dingen freien Lauf gelassen. Hier wurde ein bißchen choreographiert, da etwas verorpert, dort ein wenig verrockt und aufgegagt, aber nichts konsequent durchgehalten. Brechts Stück als Selbstbedienungsregal, wahllos geplündert.

Es fehlen auch Schärfe und Widerspruchsgeist. Letzterer könnte sich ja notfalls auch am Autor selbst reiben. Doch hier wird weder getreulich mit Brecht noch widerborstig gegen Brecht, sondern – und das ist am schlimmsten – ohne Brecht agiert. Daß man auf den revolutionstrunkenen Schlußchoral von 1948 verzichtet, mag angehen. Daß aber sogar die gedämpft aggressive „Abbitte“-BaIlade von Machheath „entfällt, legt den Verdacht nahe, daß hier ein entkernter Brecht „für … Weiterlesen

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Konflikte aus der Ferne: Adelheid Müther inszeniert Hebbels „Maria Magdalena“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“ ist weniger ein Schau-Spiel als ein Sprach- und Denkstück, das in der stickigen Enge rigoroser Moral nicht theatralisch bildreich erblüht, sondern in oft doppeldeutigen, ja fast sphinxhaften Redefiguren befangen bleibt, die mehr Gefühle verbergen als erhellen.

Auch der Konflikt – eine „Affäre“ mit Schwangerschaftsfolge, aber ohne Ehe-Absicherung bedeutet unweigerlich den gesellschaftlichen Tod – liegt uns fern. Adelheid Müthers sehenswerte Wuppertaler Inszenierung des (klein)-bürgerlichen Trauerspiels läßt denn auch keine falsche Nähe aufkommen. Am Beginn und am Schluß erklingen kurze Opern-Ausschnitte – ein „Rahmen“, der das Stück wie ein museales Bild einfaßt und „wegrückt“. Auch vor dem Pathos tragischer Tode hütet man sich. Gestorben wird da ganz achtlos und beiläufig; ein oder zwei bewußt … Weiterlesen

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Wenn die Bundeswehr „Gesellschaft“ spielt – Stefan Dähnerts Stück „Herbstball“ uraufgeführt

Von Bernd Berke

Wuppertal. Ein Theaterstück über die Bundeswehr – das tat wirklich not. Bemerkenswert, daß erst jetzt eins auf die Bühne kommt: „Herbstball“, geschrieben vom 25jährigen Stefan Dähnert, wurde am Samstag gleichzeitig in Wuppertal und Köln uraufgeführt.

Dähnert, Sohn eines Offiziers und selbst als „Kasernenkind“ aufgewachsen, verfährt nach erprobter Manier: Jedwede Ideologie läßt sich am besten da entlarven, wo man die Zügel schießen läßt, nämlich im Freizeitbereich. Also führt er uns auf besagten Herbstball im Offizierskasino, wo Alkohol die Zunge löst und die Gegenwart von Damen auch das „Thema Nummer eins“ ins Spiel bringt.

Bei dieser Festivität kann es natürlich nicht so subtil abgezirkelt zugehen wie etwa im Paare-Passanten-Reigen von Botho Strauß‘ „Trilogie des Wiedersehens“. Dähnerts Militär-Party ist schrill, … Weiterlesen

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Rätselhafte Appelle an die dunkelsten Schichten der Seele – Augusto Boal inszeniert die Uraufführung von Garcia Lorcas „Das Publikum“ in Wuppertal

Von Bernd Berke

Wuppertal. Roms Kaiser grunzt und kotzt aus vollem Halse. „Julia“ vergeht nicht vor Liebe, sondern hebt kurzerhand den Rock, windet sich dann in Sturzbächen von Pferde-Urin. Auch „Helena“ ist alles andere als klassisch, sie kommt als verruchte Salondame daher. Irgendwann leiert dann noch der Gekreuzigte seine bekanntesten Bibelsprüche herunter, und zwei elfenhafte Schwuchteln, die auf einem griechischen Säulenstumpf herumturnen, kommen – klar doch! – auch vor.

Befremdliche Dinge begeben sich im „Theater unter dem Sand“, in dem man alle Masken ablegen will, um die Untiefen der Existenz direkt auf der Bühne auszuleben. „Herr Direktor, das Publikum ist da!“ So vermeldet es der „Diener“, schon halb resignierend. Es folgt circensischer Klamauk: Vier Menschenpferdchen tänzeln trompetend herein. Hernach wird … Weiterlesen

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Bewegungs-Bilder aus unterirdischer Endzeit – Pina Bauschs Tanzabend II („Viktor“) uraufgeführt

Von Bernd Berke

Wuppertal. Die Erde ist nur mehr ein „umgestürzter Hafen“; Büchners mächtiges Einsamkeits-Wort aus dem „Woyzeck“ wird gesprochen. Die Bühne für Pina Bauschs „Tanzabend II“ („Viktor“) ist Todesstätte. Oder: Katakomben, Ort des allerletzten Überlebens.

Erdwälle ringsum, meterhohe Aufschüttungen; drei Stunden lang wird von droben Erdreich heruntergeschippt. Begräbnis? Wir Zuschauer – eine imaginäre vierte Erdwand liegt hinter unseren Rücken – sind mit drunten, wo „das Ungeordnete“ geschieht, wo das Unbewußte sich Bahn bricht in Wiederholungs-Ritualen aus Kindheit, Alltag und Wahnsinn. Immer wieder werden autistisch in sich selbst rasende Bewegungsabläufe von Hereinkommenden abgebremst, unterbrochen oder allmählich ruhiggestellt, wie von einem Wachpersonal.

Pina Bauschs Körpertheater, dessen „Sprache“ die Beherrschung des Tanzes voraussetzt, unternimmt, dabei oft über Gebühr sich selbst zitierend, einmal … Weiterlesen

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Der „Weg nach Mekka“ führt durch einen bizarren Garten der Symbole – Arno Wüstenhöfer inszenierz Athol Fugards neues Stück

Von Bernd Berke

Wuppertal. „In unserem Alter brauchen wir frisches Gemüse … Nein, nein. Sie brauchen es nicht zu waschen!“ Bemerkenswerte Bühnensätze in diesen „strahlenden“ Tagen, die vom Publikum teils mit bitterem Gelächter quittiert wurden. Die Sätze stehen, natürlich nicht auf Tschernobyl gemünzt, in Athol Fugards Stück „Der Weg nach Mekka“, das jetzt in Wuppertal seine deutschsprachige Erstaufführung erlebte (Regie: Arno Wüstenhöfer).

Eine Pyramide von Spiegeln und glitzernde Glassplitter an der rückwärtigen Wand, davor Batterien von leeren Flaschen und Legionen von Kerzen, die das Ganze beizeiten illuminieren. Der Blick nach „draußen“ weist in einen bizarren Skulpturengarten, in dem morgenländische Weise, Meerjungfrauen und ein Hahnen-Mann, der mit lüstern gesenktem Schnabel seine Hose rauf- oder runterzieht, ihr steinernes Wesen treiben. Dieter Flimms … Weiterlesen

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Wechselbäder zwischen Revolte und Schunkellied – Lokalrevue „Oh, du mein Wuppertal“ uraufgeführt

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Oh, du mein Wuppertal“ heißt die Revue. „Ach, du meine Güte!“, könnte man antworten. Denn schier alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde für diese (andernorts kaum nachspielbare) Uraufführung im Wuppertaler Schauspielhaus gleichsam „eingemeindet“. Stellenweise wuchs sich das zu einem monströsen Panoptikum der Beliebigkeit aus.

Worauf herauf? Sollte es eine Polit-Revue sein – mit jenen Texten von Ernesto Cardenal (dessen Bücher in einem Wuppertaler Verlag erscheinen) und Heinrich Böll (der 1966 die Eröffnungsrede im Wuppertaler Schauspielhaus hielt)? Oder ein Abend mit karnevalsreifen „Vertällches“, dargeboten vom Orts-Original Hans „Ötte“ Geib? Oder gar doch ein poetischer Abend mit Lyrik der Wuppertalerin Else Lasker-Schüler? Oder eine trunkene Liebeserklärung an Stadt und Region mit dem „Bergischen Heimatlied“ und Songs … Weiterlesen

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Horváths Nazis als Hampelmänner

Von Bernd Berke

Wuppertal. Das Stammlokal der Republikaner ist Schauplatz politischer Machtkämpfe. Die NS-Horden haben hier schon mehr als nur den Fuß in der Tür. Ausgerechnet hier wollen sie ihren „Deutschen Tag“ begießen. Noch dazu an }enem Abend, an dem auch die „Italienische Nacht“ der Demokraten steigen soll. Besorgt um seinen Schweinebraten-Absatz, gibt der Wirt allen eine Zusage.

Kaum haben die Nazis ihre Krüge geleert, heißt es also hastig die Tischfähnchen auswechseln (schwarzweiß-rot raus, schwarz-rotgold rein) – und schon wiegen sich die Demokraten in der Illusion, es „denen wieder mal gezeigt zu haben“.

Ödön von Horváths „Italienische Nacht“, uraufgeführt 1931, gehört auf die Spielpläne. Marx ohne Freud ging schon damals nicht mehr: Das Stück erhellt die innige Verschränkung von Politik … Weiterlesen

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„Hohn der Angst“: Gag-Potential weidlich ausgeschöpft

Von Bernd Berke

Wuppertal. Auf die rundum weiß verhangene Bühne wird ein gigantischer Lastwagen (Marke: Fiat) gewuchtet. Das Riesenspielzeug enthält sämtliche Bühnenaufbauten für die kommenden Szenen. So gebiert der Blech-„Bauch“ des Konzerns die ganze Farce.

Um Fiat-Boß Agnelli geht es in Dario Fos „Hohn der Angst“. Scheinbar von Terroristen entführt, ist Agnelli ausgerechnet von einem seiner stramm kommunistischen Arbeiter, Antonio, gerettet und in der Klinik abgeliefert worden. Während Antonio sich aus Angst vor allgemeiner Hatz versteckt, wird das zur Unkenntlichkeit zerschundene Gesicht Agnellis nach dem Paßbild des Arbeiters chirurgisch modelliert. Das Foto steckte in der Jacke, die Antonio ihm vor dem Krankenhaus überwarf. Der Herr als Doppelgänger des Knechts – das Verwechslungsspiel kann beginnen.

In der Wuppertaler Aufführung (Regie: Helmut … Weiterlesen

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Kultur soll die Städte retten – 28 NRW-Kommunen starteten Kampagne „Kultur 90″ mit Expertenanhörung

Von Bernd Berke

Essen. Die 90er Jahre könnten, wenn nicht rechtzeitig und entschlossen gegengesteuert wird, unerquicklich werden: Immer mehr Technik, immer mehr Umweltgifte, immer mehr Fernsehkanäle – und immer weniger Arbeitsplätze.

Vor diesem düsteren Szenario wollen sich unter anderem jene 28 NRW-Städte zwischen Aachen und Bielefeld retten, die sich gestern bei einem Hearing (Anhörung) auf dem Essener Messegelände von Experten – mehrheitlich Professoren verschiedenster Fachrichtungen – den Ist-Zustand erläutern und Zukunftsperspektiven abstecken ließen.

Die erhofften Retterinnen“ vor den kommenden Übeln sinnentleerter Freizeit und bedenkenlosen Konsums heißen „Kultur“ und „Kreativität“. So firmierte das gestrige Hearing denn auch unter dem Motto „Kultur 90″. Es war der Auftakt zu einer Vielzahl von Veranstaltungen und Aktionen in den beteiligten Städten, von denen man sich … Weiterlesen

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„Dantons Tod“: Die Revolution als Kasperltheater

Von Bernd Berke

Wuppertal. „Dantons Tod“ ist von der ersten Szene an eine Tatsache, die nur noch nicht ganz eingetreten ist.

Der ehedem revolutionäre Melancholiker verbirgt sich vor der elenden Schreckensherrschaft Robespierres unter Julies weißem Rock – und der ist schon ein symbolisches Leichentuch. Mit Georg Büchners Stück, dessen Untertitel „Die Revolution frißt ihre Kinder“ lauten könnte, eröffnete das Wuppertaler Schauspielhaus die neue Spielzeit.

Von „Revolution“ ist nichts mehr zu spüren in Ulrich Greiffs Inszenierung. Robespierres Guillotinen-Terror, im Namen einer genußfeindlichen „Tugend“ rasend geworden, hat nicht nur die politische Vernunft, sondern die ganze Realität ausgelöscht. Simon (Holger Schamberg) hockt, dem Publikum zugewandt, wie ein Shakespearscher Narr in seinem Souffleurkasten und pocht – zum Ersten, zum Zweiten, zum Letzten – die … Weiterlesen

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